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Charakterbildung als Wissenschaft - Der "Wirtschaftswoche" wird sie wichtig

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Die "Behavioral Economics" 
- Sie beginnen zu verstehen, daß es auf Charakterbildung ankommt

Schon seit vielen Jahren kann man beobachten, daß der Soziobiologe Ernst Fehr (geb. 1956) (Wiki) (1, 2) in Zürich in seinem Fachbereich "Behavioral Economics" hervorragende wissenschaftliche Arbeit leistet. Er publiziert sie in führenden Wissenschaftsjournalen der Welt. Und das nicht nur über nebensächliche Themen, sondern darüber, wie Altruismus, Aufopferungsbereitschaft in modernen Gesellschaften eigentlich funktionieren kann, ohne daß diese Handlungsmotivationen durch die in Gesellschaften ebenfalls vorhandenen Handlungsmotivationen zur Bosheit (engl. "spite") oder durch die mangelnde Fähigkeit zum Belohnungsaufschub ("Geduld") außer Kraft gesetzt werden. Er erforscht also, um es einfacher zu sagen, wie sich das Gute gegenüber dem Bösen behaupten kann oder durchsetzen kann in Gesellschaften, wie das Gute verteidigt werden kann gegen die überall zu beobachtenden boshaften Handlungsantriebe wie: Betrug, Täuschung, Lüge, Verschwörung, Trittbrettfahren, organisierte Kriminalität, Regierungs-Kriminalität, sowie Verrat an den eigenen Landes- und Volksinteressen.

Abb.: Ausschnitt eines Wandgemäldes 1913/14, von Arthur Kampf (1864-1950):
“Fichtes Rede an die deutsche Nation” (Gehalten Winter 1807 bis 1808).

Ernst Fehr hat einen Bruder Gerhard Fehr (3). Dieser berät Journalisten und Marketing-Leute auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse seines Bruders im Bereich der "Behavioral Economics". Hier findet also ein sehr intensiver Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis statt. Und zwar auf einem Gebiet, das im Grunde das zentrale Gebiet der gesamten alternativen Öffentlichkeit ist. Nur hat die gesamte alternative Öffentlichkeit davon noch gar nicht Kenntnis genommen. Noch nicht einmal - soweit übersehbar - der am meisten akademisch ausgerichtete Teil derselben, als welcher vielleicht die "Wissensmanufaktur" von Andreas Popp gekennzeichnet werden kann. (Womöglich beschäftigt man sich auch dort lieber mit abseitigeren und esoterischeren Themen - ?) Auch im Zusammenhang mit dem Suchwort Ken Jebsen finde ich derzeit keine Hinweise im Internet auf das gleichzeitige Suchwort Ernst Fehr.

Die Frage von Ernst Fehr lautet so schlicht wie möglich: Wie können wieder Redlichkeit und Ehrlichkeit und Vertrauen in der Öffentlichkeit, in der Politik und im Wirtschaftsleben hergestellt werden? Und da ist es doch sehr schön, zugleich bei dem Einsatz von zwei Brüdern auch das Phänomen des Verwandtenaltruismus eine Rolle spielen zu sehen. Von Ernst Fehr findet sich jedenfalls ein aktuelles Interview in der Wirtschaftswoche (1). In diesem wird er zu seiner provokanten Aussage befragt, daß er "Ökonomie (versteht) als Wissenschaft von der Charakterbildung". Sollte man nicht sehr glücklich sein, wenn man merkt, daß man in Zeiten lebt, in denen in der Wissenschaft (noch? - oder schon wieder? oder erst jetzt?) Erkenntnisse gewonnen werden, die um solche Themen kreisen? Diese Frage wird ganz und gar ohne Zynismus gestellt. Oftmals stellen fortgeschrittene Gesellschaften die ihnen wesentlichsten Fragen erst ganz zuletzt.

Die zitierte Erkenntnis von Ernst Fehr trifft voll ins Schwarze, wenn man mich nach den innersten Anliegen auch dieses Blogs und seines Bloginhabers fragen würde. Und man kann sogar bereit sein und noch einen Schritt weiter gehen und Wissenschaft selbst verstehen als Charakterbildung. Aber das ist noch einmal ein anderes Thema. Aber dieser Gedanke ist natürlich auch kurz und schnell erläutert: (Natur-)Wissenschaft fragt - im besseren Sinne ideologiefrei - nach der Wahrheit. Dadurch formt sie ja ohne Frage Charakter. Zumindest bei denen, die sich durch sie entsprechend formen lassen wollen. Wie begründete Ernst Fehr im Oktober 2017 seine Meinung in der Wirtschaftswoche:
Es gibt etwa eine Korrelation der durchschnittlichen Geduld der Menschen in Regionen und Staaten und deren Volkseinkommen pro Kopf. Geduldige Menschen sparen mehr und investieren mehr in Human- und Sachkapital. Ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist zudem Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen - etwa in Geschäftspartner und Institutionen - führt volkswirtschaftlich zu geringerer Regelungsdichte und höherer Flexibilität. Wo Unehrlichkeit verbreitet ist, kommen viele wechselseitig vorteilhafte Tauschakte mangels Vertrauen nicht zustande, die Vertragsgestaltung wird aufwendig und teuer. Wichtig ist auch, was Ökonomen positive Reziprozität nennen: Wenn ein Chef seine Mitarbeiter fair behandelt, reagieren die mit höherer Produktivität. Überwiegt dieses Verhaltens- und Vertrauensmuster in einer Volkswirtschaft, wächst sie stärker als andere. (...) Wo die Leute besonders unehrlich sind, liegt auch das Wirtschaftswachstum besonders niedrig.
Geduld im Sinne der Spieltheorie ist (lt. Wiki) "die Fähigkeit oder Bereitschaft, etwas ruhig und beherrscht abzuwarten oder zu ertragen". Dieses Konzept wird auch gerne in Bezug gesetzt zu dem wissenschaftlichen Konzept von der Fähigkeit zum Belohnungsaufschub (4) ("delayed gratification") (Wiki). Es kann also durchaus noch ein bisschen mehr umfassen als nur im engeren Sinne "Geduld" und "abwarten" und "ertragen". Es kann umfassen das Inkaufnehmen von Entbehrungen, von Mühen, von Entsagung, also so etwas wie das, was der Begründer der Soziologie Max Weber einstmals als "Askese" benannte, als die "außerweltliche" (des Mittelalters) und die "innerweltliche" (der Neuzeit). Aber auf Wikipedia werden noch viele andere schöne, passende Begriffe dazu in Bezug gesetzt. So etwa das Konzept der "Zeitpräferenz" (Wiki).

Insgesamt möchte man glauben, daß es für die alternative Öffentlichkeit großen Sinn machen könnte, die Aktivitäten der Brüder Fehr unter Beobachtung zu halten und dabei lernend mitzunehmen, was dort mitzunehmen sein könnte, bzw. dasselbe selbständig weiter zu denken. Natürlich formulieren sie ihre Gedanken so, daß sie möglichst "politisch korrekt" klingen. Denn das stellt ja eine gewisse Überlebensrationalität in der heutigen Wissenschaft dar. Aber Ernst Fehr ist keiner, der wissenschaftlich besonders viel Blatt vor den Mund nimmt vor den Egoismen und egoistischen bis korrupten Einstellungen heutiger Banker. Er hat diese nämlich wissenschaftlich untersucht. Im tiefsten sachlichen Inneren dessen, was hier erforscht und in der Praxis auch erprobt wird, handelt es sich um eine der wesentlichsten Auflehnungen gegenüber der Korruptheit des heutigen politischen und wirtschaftlichen Systems auf der Nordhalbkugel, an die ich mich innerhalb der Wissenschaft erinnern kann.

Charakter wird viel mehr durch Emotionen als durch Wissen gebildet


Denn die Auflehnung geschieht durch (naturwissenschaftsnahe) Wissenschaft. Dazu wird vermutlich in nächster Zeit noch mehr zu sagen sein. Der wesentlichste Gedanke zu all dem ist zunächst einmal: Es kommt - wie schon anklingt - noch viel mehr auf Charakter als auf Wissen an. Dieser Gedanke wird seit etwa einem Jahr verschiedentlich hier auf dem Blog ventiliert. Charakter aber, so soll dieser Gedanke hier ein wenig weiter fortgedacht werden, wird durch Emotionen gebildet. Wenn wir unseren eigenen Charakter bilden wollen - und was wäre denn eigentlich notwendiger als das? - dann kommt es darauf an, an unseren Emotionen zu arbeiten. Der wesentlichste Punkt erscheint mir dabei: Das bestehende politisch-hedonistische System im eigenen Innern nicht mehr mit zustimmenden Emotionen zu belohnen. Vielleicht mag das auf den ersten Blick banal klingen.

Aber es ist keineswegs gesagt, daß derjenige, der von der tiefen Korruptheit unseres Systems weiß, deshalb auch schon seine Emotionen ihm gegenüber innerlich umgestellt hätte. Emotionen liegen viel tiefer und werden - schon biographisch gesehen - im vorrationalen Raum geformt. Sie werden etwa durch Musik und Rhythmus geformt, lang bevor im menschlichen Leben überhaupt das Denken anfängt. Dies ist auch der Grund, weshalb griechische Philosophen wie Sokrates der vorherrschenden Musik in einem Staat eine so hohe Bedeutung zugemessen haben. Auch chinesische Staatsphilosophen haben das getan. Sie wußten, daß wenn man die Musik in einem Volk, in einer Gesellschaft verändert, man dadurch einen Staat leichter zum Zusammenbruch bringen kann als durch äußere Kriege.

Unsere Emotionen werden außerdem durch Geschichten geformt, die wir uns erzählen - in Büchern und sehr früh im heutigen Leben auch in bewegten Bildern (vor allem vor der "Flimmerkiste"). Stimmt es nicht? Haben wir nicht alle in uns positive Emotionen gegenüber den Filmen, die wir in der Jugend gesehen haben? Sei es die Sesamstraße, sei es Flipper, sei es Lassie, sei es "Unsere kleine Farm"? Der Autor dieser Zeilen ist Jahrgang 1966 - bitte gerne auf den eigenen Jahrgang anwenden. Andere Jahrgänge mögen früh in der Jugendzeit zum Beispiel positive Emotionen gegenüber der Krimiserie "Derrick" entfaltet haben. Bekanntlich hat auch das starke Aufwühlen der Jugend während des Dritten Reiches noch die Emotionen lange danach bestimmt. (Etwa auch jener "zornigen jungen Männer", die in ihrem antifaschistischen Zorn immer gerne verschwiegen, daß sie vor 1945 sehr stramme Nationalsozialisten waren.) Auch die DDR wirkt emotional massiv nach. All das nur als erste Beispiele. Diese Emotionen bestimmen auch massiv politische Entscheidungen - in die eine oder andere Richtung.

Es gilt also mehr noch als das Wissen die Emotionen in uns so umzustellen, daß man dabei nicht in tiefste Bitterkeit, in tiefsten Zynismus oder in unflätiges, andere Menschen provozierendes, beleidigendes, herabsetzendes Benehmen ausartet. Bekanntlich gelingt das auch vielen AfD-Politikern und Pegida-Rednern oder Internet-Kommentatoren - bewußt oder unbewußt - nicht immer. Auch all die vielen Lehren der Zeit von 1968 vom "zivilen Ungehorsam" und vom "subversiven Aktionismus" müssen heute nicht in jedem Fall dazu verleiten, Handelnde und Zuschauende zu edleren Menschen zu machen. Woran vielleicht schon ein wenig erahnbar wird, um welche Herausforderungen es sich hier handeln könnte. Wenn wir genauer hinschauen, dann sind wir heute alle zutiefst mit Hedonismus durchtränkt, imprägniert und belohnen das bestehende System fortlaufend immer noch mit zustimmenden Emotionen, selbst wenn wir rein vernunftmäßig demselben schon lange mit Ablehnung gegenüber stehen.

Der Kakao sind - Emotionen


Erich Kästner hat das einmal genannt: Den Kakao trinken, durch den wir vorher gezogen worden sind.

Genau das ist gemeint. Mit Kakao meint er Emotionen, nicht vornehmlich Wissen.

Diese Neuausrichtung von Emotionen ist deshalb so schwer, weil fortlaufend ablehnende Emotionen zu pflegen in einer Umwelt, in der die sogenannte Dienstleistungs-Mentalität nach außen hin gelebt wird, die ständig von dem Angehörigen das Zeigen von positiven, freundlichen, zustimmenden Emotionen fordert, sehr, sehr schwer ist und sozusagen die größte Form von Entbehrung, Askese und Altruismus darstellen könnte, die denkbar ist. Genau über solche womöglich gesellschaftlich noch längst nicht genug begriffenen Dinge ist künftig hier auf dem Blog deshalb auch noch genauer nachzudenken. Es geht das - im Grunde - immer nur durch die eigene Innenschau und das Arbeiten an sich selbst, an den eigenen Emotionen.

Es sind das zugleich auch Dinge, die wissenschaftlich gut erforscht sind und noch weiter erforscht werden in den evolutionär ausgerichteten Verhaltenswissenschaften aller Wisssenschaftsdisziplinen. Sie ranken sich um wissenschaftliche Konzepte, die vor allem erstmals von Robert Trivers in die Wissenschaft eingeführt wurden und rund um Begriffe kreisen wie "moralistische Aggression" ("moralistic aggression"), altruistisches Bestrafen ("altruistic punishment") (Wiki), bzw. "teure Bestrafungen" ("costly punishment"). Aber nun bei alle dem in meinem Sinne mehr auf innere Emotionen und Bewertungen bezogen als - wie gegenwärtig in der Wissenschaft noch vorherrschend - auf gar zu krasse äußere Handlungen. Und diese Emotionen würden sich genau damit auf Charakterbildung auswirken.

Man muß Ernst Fehr dankbar sein für seine Forschungen und ebenso Gerhard Fehr für seine Öffentlichkeitsarbeit. Erst jüngst wieder wurde durch "FehrAdvice" auf einen wesentlichen Forschungsartikel hingewiesen (6), wodurch aufgezeigt ist, wie sehr man mit den Brüdern Fehr am Puls der Zeit ist und bleibt. In diesem Forschungsartikel wird gezeigt, daß beim "altruistischen Bestrafen" der Mensch dazu neigt, bei kleineren Vergehen heftiger zu reagieren als bei größeren. Das ist auf äußeres Handeln bezogen. Genau das ist der Punkt. Auch unsere Emotionen - oder vor allem unsere Emotionen - können mit größeren Vergehen emotional kaum angemessen umgehen. Oft sind sie viel zu groß für unsere bewußt klein gemachten und gehaltenen "Teddybär-" oder "Teletubbies-"Emotionen. Unsere Emotionen kommen angesichts der Größe der Vergehen oft kaum noch mit. Wir ertragen es höchstens noch, im politischen Kabarett von der Größe derselben zu hören. Und nur noch selten machen wir uns dabei bewußt, über was wir im politischen Kabarett alles lachen.

Alles Zeichen dafür, daß wir mit großen Vergehen zwar "rational" recht gut umgehen können. Unsere Vernunft arbeiten schon ganz gut. Aber das heißt noch lange nicht, daß wir sie emotional verdaut hätten oder ihnen auch nur ansatzweise gerecht geworden wären, daß wir wie erwachsene, reife Menschen damit umgehen. Oder möchte man es als erwachsenes, reifes Verhalten bezeichnen, "alles zu zerschlagen" ("Macht kaputt, was euch kaputt macht" - wieder so ein destruktiver 1968er-Spruch). Aber kaputt Machen ist für sich gesehen - und zumal unter heutigen Umständen - keinesfalls schon Charakterbildung. Die Gemengelage der Emotionen im eigenen Innern könnten bei allem äußeren Zerstören ganz unverändert bleiben oder sogar noch flacher und noch banaler werden.

Anarchische Tendenzen sind kontraproduktiv


Die anarchischen Tendenzen, mit denen man oftmals schon glaubte, die Gesellschaft voranbringen zu können, sie wirken sich zerstörend aus - wohin man nur blickt.

Vielmehr könnte es darauf ankommen, die nicht-kooperierenden und bestrafenden Emotionen auf die größeren und größten Vergehen zu richten, die wir heute in unserer Gesellschaft erkennen können. Wo erkennen wir sie eigentlich? Eher bei uns oder eher bei anderen? Es könnte durchaus auch Sinn machen, den weisen Grundsatz zu beachten, daß man eher den Dorn im Auge eines anderen sieht, als den Balken im eigenen Auge, daß also jeder - jeder! - dazu neigt, die eigenen Fehler erst einmal bei den Mitmenschen zu entdecken, im "feindlichen" System, bevor man sie - günstigstenfalls und spätestens über diesen Umweg - dann womöglich auch einmal bei sich selbst entdeckt. Es dürfte sogar gesagt werden, daß das der menschlich normale Weg ist, daß man leichter die Fehler der anderen sieht als seine eigenen. Auch darüber, über die Selbsttäuschung (self deception) hat Robert Trivers schon nachgedacht.

Hat man diese Fehler bei anderen oder "im System" entdeckt, merkt man (vielleicht), daß man die Emotionen nicht nur auf die Fehler der Mitmenschen richten muß, sondern auch auf die eigenen Fehler. Freilich, die Mitmenschen sind eine Hilfe, können eine große Hilfe sein, wenn man den genannten Zusammenhang beachtet. Aber sie können es nur, soweit sie stark sind und zu "Fehlermanagement" gewillt und befähigt. Auch diese Fähigkeit hat nicht sehr weite Verbreitung heute. Denn sie setzt ja schon emotionale Askese, Entbehrung voraus. Aber wollen wir nicht alle "happy" und "fröhlich" sein und erst einmal und vor allem und vorwiegend positive, angenehme Gefühle haben? Und wollen wir deshalb oft nicht zu viel über uns selbst und unser Verhältnis zur Welt nachdenken? Lieber gedankenlos sein?

Doch ohne die genannte innere Distanz, ohne die genannte innere Neuausrichtung der Gefühle gegenüber eigenen Fehlern und denen anderer erscheint Charakterbildung im Sinne einer Veredelung des Menschen kaum möglich. Nur so könn(t)en wir wieder Deutsche werden im Sinne - etwa - von Johann Gottlieb Fichte (1742-1814) (Wiki). Dieser sagte in einer völkischen Aufbruchbewegung vor 200 Jahren in seinen "Reden an die deutsche Nation" (Abb. 1) etwas, was von patriotischen Dummbratzen gerne in der plumpest möglichen Weise verstanden wird, nämlich: "Deutsch sein und Charakter haben, ist ohne Zweifel gleichbedeutend."

Aber ganz ohne Frage dachte er dabei an andere Dinge als heute in der Politik so gemeinhin als "Charakter haben" verstanden wird und werden kann. Wenn es überhaupt noch Sinn macht, über ein solches Phänomen gerade im Bereich der Politik zu sprechen. Es dürfte sehr schwer sein, sich selbst gegenüber diesen Zustand aufrecht zu erhalten oder zu erwerben, wenn man Politiker ist. Aber Politiker sind ja keineswegs die einzigen, die es damit schwer haben.

Halten wir also fest: Es könnte die primäre Notwendigkeit heute darin bestehen, nicht irgendwelche äußeren politischen Veranstaltungen zu besuchen oder zu stören oder sich an einzelnen Politikern abzuarbeiten. Sondern: daran zu arbeiten, bessere Menschen zu werden. Und zwar jeder von uns für sich selbst. Gewiß: Eine Parole, für die man nicht so leicht Zustimmung bei vielen Menschen wird finden können. Was ja genau das Problem ist, das hier erörtert wurde.
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  1. “Politisch nicht sehr korrekt” - Interview mit Ernst Fehr in der WirtschaftsWoche, 4.11.2017, http://www.wiwo.de/my/erfolg/campus-mba/ernst-fehr-politisch-nicht-sehr-korrekt/20521672.html?ticket=ST-1358728-SZmzhkfYWxhIEuCPU7Ht-ap4; erneut auf FehrAdvice, 10. Dez. 2017, https://fehradvice.com/blog/2017/12/10/politisch-nicht-sehr-korrekt-interview-mit-ernst-fehr-in-der-wirtschaftswoche/
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Fehr 
  3. https://fehradvice.com/ueber-uns/fehradvice-im-video-portraet/
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Belohnungsaufschub
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Strafe_(Spieltheorie)
  6. https://fehradvice.com/blog/2016/11/10/altruistic-punishment-im-sinne-der-allgemeinheit-warum-grobe-verstoesse-seltener-geahndet-werden-als-kleine/
  7. https://en.wikipedia.org/wiki/Punishment
  8. https://en.wikipedia.org/wiki/Third-party_punishment
  9. Bading, Ingo: Um so größer die Gesellschaft, um so geringer die Großzügigkeit? - Oder bestätigen auch Ausnahmen die Regel? Studium generale, 31. August 2008, http://studgendeutsch.blogspot.de/2008/01/um-so-grer-die-gesellschaft-um-so.html
  10. Bading, Ingo: Ist Gott der "Bestrafer""von dritter Seite" im allgegenwärtigen sozialen "Third party-punishment"-Spiel? Studium generale, 28. Januar 2008, http://studgendeutsch.blogspot.de/2008/01/ist-gott-der-bestrafer-von-dritter.html

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