Wahrheit und Dichtung eines bislang unbeachtet gebliebenen Geheimdienst-Berichtes zur Geschichte des Dritten Reiches
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Die Schauspielerin Renate Müller (1906-1937) - Hitlers "Girl", dann Opfer seiner "Guns and Gangsters"? |
Vorbemerkung: Die Erkenntnisse der folgenden Ausarbeitung benötigen eine deutliche Neubewertung seit ein späterer Blogartikel zu seinem Thema veröffentlicht ist.Bei der Vorbereitung meines Buches „Hitler und die Astrologen“wollte ich die Angabe des Autors Johannes Müllern-Schönhausen aus den 1950er Jahren überprüfen, dass Adolf Hitler den Wahrsager Erik Jan Hanussen schon 1926 im Berliner Haus der engen Freundin Adolf Hitlers, Helene Bechstein, kennengelernt habe. Eine Angabe, die sich mit der Behauptung von Otto Strasser decken würde, nach der Adolf Hitler schon Mitte der 1920er Jahre Redner-Unterricht bei Hanussen bekommen hatte. Ich suchte also auf „Google Bücher“ mit den Suchworten „Hanussen Bechstein Hitler“ und stieß dabei auf ein bis heute wenig bekanntes und von der zeitgeschichtlichen Forschung so gut wie gar nicht ausgewertetes Buch aus dem Jahr 1941 mit dem Titel „Hitler's Girls, Guns and Gangsters“. Es ist heute auch nur in wenigen deutschen Bibliotheken vorhanden.
In ihm wird ein spiritistischer Zirkel um Helene Bechstein in einem Atemzug genannt mit Erik Jan Hanussen, und dass beide spätestens seit 1931 Einfluss genommen hätten auf die Politik Adolf Hitlers. Das würde natürlich gut zu den beiden eben genannten Angaben passen. Allerdings arbeitet dieses Buch gänzlich ohne Quellen- und Literaturangaben. Es erläutert auch nicht andeutungsweise schon allein nur den biographischen Hintergrund seines Autors und wie der Autor eigentlich zu all seinem Wissen gekommen sein will. Als Autor war angegeben ein Felix Gross. Er hatte schon ein Jahr zuvor im selben Verlag ein Buch über die Geschichte der Geheimdienste im 20. Jahrhundert herausgegeben.
Abb. 1: Felix Gross - „Hitler's Girls, Guns, and Gangsters" (1941)
Um die historische Zuverlässigkeit seiner Angaben überprüfen zu können, ergibt sich die Notwendigkeit einer gründlicheren Auseinandersetzung mit dem Autor selbst und seinem übrigen Leben und seinen literarischen Produktionen. Und dabei stellt sich heraus, dass man auf einen thematisch sehr vielfältigen Autor stößt mit einem sehr interessanten Leben. Ein Leben, das nicht geringen Anteil hatte nicht nur an politischen, sondern auch an wesentlicheren philosophischen, wissenschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in Deutschland zwischen 1907 und 1934.
Über Felix Groß, einen erstaunlich veränderlichen, aber auch vielseitigen und kenntnisreichen Journalisten, gibt es bis heute keine monographische Darstellung, noch nicht einmal einen wissenschaftlichen Aufsatz. Da sein Leben so gut wie nicht aufgearbeitet zu sein scheint, möchte ich hier meine vorläufigen Recherche-Ergebnisse, die nach und nach zu ergänzen sind, in vorläufiger Form veröffentlichen.
Es geschieht dies insbesondere auch deshalb, um womöglich Nachfahren und Verwandte von Felix Groß auf diesem Weg zu erreichen und gegebenenfalls noch Auskünfte übermittelt zu bekommen. 2011 lebte – wahrscheinlich in Wien – eine Nichte von Felix Groß, die sich gut mit dem Werk ihres Onkels ausgekannt hat. Sie stand in Verbindung mit dem christlichen Wiener Autor David Leitha, der 2011 Auszüge aus einem Buch über Jesus Christus von Felix Groß neu heraus gegeben hat, und dessen Original-Ausgabe er an sie verkauft hat. David Leitha schreibt über diese Nichte im Vorwort:
Einige Tage danach hatte sich die spätere Käuferin gemeldet und mit mir über das Schicksal sämtlicher Werke des Autors Felix Groß gesprochen. Es war ausgesprochen interessant und stellte mir das (…) Büchlein in immer besseres Licht. (…) Aufgrund dieses Gesprächs mit der späteren Käuferin war mir die Bedeutung dieses Buches erst richtig bewusst geworden. (…) Schließlich stand sie unten vor meiner Haustür, die das Buch kaufen wollte. (…) Sehr neugierig und jetzt hoch erfreut nahm sie das Büchlein aus meinen Händen entgegen.
Leider weiß Leitha auf Nachfrage nicht mehr den Namen der Nichte, nur noch die Tatsache, dass es sich eben um eine Nichte gehandelt hat.
Im folgenden soll dargestellt werden, was sich durch Literatur-Recherche - ohne Rückgriffe auf etwaig staatliche oder Privatarchive in Deutschland, England oder Südafrika, die etwaig Bestände zu Felix Groß aufweisen - über ihn zusammentragen lässt. (Bis jetzt kann dieser Darstellung leider noch nicht einmal eine Fotografie von Felix Groß beigefügt werden.)
Das Leben von Felix Groß
Der in Wien (oder Leipzig) geborener „Halbjude“ Dr. Felix Groß (vermutlich 1890-1960) hat bis 1934 Bücher veröffentlicht, in denen eine völkische und christliche Weltanschauung vertreten wurde. Und zwar eine solche, wie sie im engsten Umfeld der Wagnerianer von Bayreuth vertreten worden ist. Er ist 1933 nach Südafrika emigriert und hat 1941 in London das eingangs genannte, im grotesken Boulevardblatt-Stil geschriebene Hitler-Buch herausgebracht. Offensichtlich um den Durst der britischen Öffentlichkeit nach „Geschichten“ über den damaligen Kriegsgegner, das nationalsozialistische Deutschland, zu stillen. Wobei bei den damaligen hochgehenden Emotionen offenbar weniger nach dem Wahrheitsgehalt dieser Geschichten gefragt worden ist.
In diesem Buch schreibt Felix Groß ohne jede Erklärung, aber zugleich auch ohne jeden noch erkennbar fortbestehenden inneren Bezug über die ihm zum Teil persönlich bekannten Anhänger seiner vormaligen Weltanschauung. Hat er sich in seinem Verhalten ein Vorbild genommen an der von ihm selbst ausgedeuteten Figur des „Logi“ in Wagners „Ring der Nibelungen“, dem Loki der germanischen Göttersagen? Ihn jedenfalls lässt Richard Wagner in „Rheingold“ von Gott Wotan ansprechen mit den Worten:
„Loge heißt du,
doch nenn' ich dich Lüge!“
Sein Hitler-Buch ist in der vergleichsweise bekannten Hitler-Studie des Psychoanalytikers Walter Langer (1899-1981) ausgewertet worden, sonst aber offenbar so gut wie gar nicht bis heute.
Abb. 2: Houston Stewart Chamberlain (1855-1927) - In Wien (1890)
Wer also war dieser Felix Groß?
Zunächst wird er in der Literatur genannt als der Privatsekretär von Houston Stewart Chamberlain (1855-1927), des Schwiegersohnes von Richard Wagner und Verfasser des einflussreichen Werkes „Grundlagen des 19. Jahrhunderts“. Dann war Groß – auf Weiterempfehlung von Chamberlain an seinen Freund, den deutschen Biologen und Philosophen Jakob von Uexküll (1864-1944) - Forschungsassistent des letzteren.
Daraus hervorgehend wurde Felix Groß ein von diesen beiden offenbar sehr geschätzter und geförderter Spezialist nicht nur für Richard Wagner, sondern auch für den Philosophen Immanuel Kant. Noch 2012 druckte die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt eine „klassisch“ gewordene Sammlung biographischer Texte über Immanuel Kant nach, die Felix Groß 1912 erstmals in dieser Form herausgebracht hatte.
Abb. 3: Jakob von Uexküll (1864-1944) (1930)
Felix Groß wurde dann Journalist und – offenbar irgendwann nach 1914 - Mitarbeiter der preußischen (oder der österreichischen?) Aus- und Inlandsspionage, also vielleicht des Nachrichten-Dienstes des Großen Generalstabs, bzw. der politischen Polizei. (Vorläufer von Organisationen wie Wehrmacht-Abwehr, BND, Gestapo und „Bundesamt für Verfassungsschutz“). Über seine Erfahrungen als Geheimagent brachte er, wie schon gesagt, 1940 in London ein Buch heraus („I knew those spies“). Sein Hitler-Buch aus dem Jahr 1941 schrieb er dann wohl insbesondere als Fortsetzung seines 1940 erschienen Buches.
Beide waren offenbar aus den Emotionen der damaligen Kriegszeit heraus geschrieben, die repräsentiert wurden etwa durch die „Gespräche mit Hitler“ von Hermann Rauschning, ebenfalls ein Buch, in dem bis heute Wahrheit und Dichtung auf nur noch schwer aufzulösende Weise miteinander vermischt worden sind.
Die Spannweite solcher Lebensinhalte - zwischen dem Ernst der Wahrheitssuche eines Immanuel Kant und der anderen schon genannten Größen der deutschen Wissenschaft und Kultur auf der einen Seite und einem Buch der psychologischen Kriegsführung über Adolf Hitler und das Darstellen seiner Person privat ausdrücklich auch mit Bezug zum Charly Chaplin-Hitler andererseits, das oft bis ans Groteske streifende Anhäufen und Fabulieren von zahllosen Geheimdienst-„Geschichten“ über das Privatleben Adolf Hitlers und aller anderen führenden Nationalsozialisten – diese Spannweite sollte wohl das Zeug in sich haben, zu monographischen Darstellungen herauszufordern.
Abb. 4: Hans von Wolzogen (1848-1938)
1907 - „Der Sieg über das Antigermanische“
Seit 1878 lebte in der Nähe von Richard Wagner (1813-1883) in Bayreuth der Literat Hans von Wolzogen (1848-1938) und gab die Monatszeitschrift „Bayreuther Blätter“ für Richard Wagner heraus. Dieser Hans von Wolzogen sollte auch zumindest ein guter Bekannter von Felix Groß werden, der 1907 einer seiner Autoren wurde. Hans von Wolzogen gab die „Bayreuther Blätter“ bis zu seinem eigenen Tod im Jahr 1938 heraus und gehörte noch 1931 zu den Freunden von Felix Groß, deren positive Urteile Felix Groß auf den Umschlag seines eigenen Wagner-Buches druckte. Will heißen zwischen die Urteile von Chamberlain und Uexküll (siehe Abb.).
Abb. 5: Immanuel Kant (unbekannter Maler 1790)
In diesen „Bayreuther Blättern“ schrieb Felix Groß 1907 schon als 17-Jähriger (?), die gegenwärtige Kultur werde nur dann
als notwendige Vorstufe zu höchster Gesamtkultur erscheinen (…), wenn nur in dem Kampfe des Un- und Antigermanischen gegen das Germanische der Germane den Sieg erringt. Ob das geschehen wird, kann freilich erst die Zukunft sagen. - Dieser Sieg wird kein plötzlicher sein und kein Name wird ihn kennzeichnen. Er ist schon jetzt errungen und wird in hunderten von Jahren noch nicht errungen sein. Denn sein Schauplatz ist das innerste Herz jedes Einzelnen.
Es handelt sich also um jenen „jungen Felix Groß“, der von der Autorin Anne Harrington als ein Schüler von Houston Stewart Chamberlain und als Wagnerianer genannt wird. Im selben Jahr begann Felix Groß, eine umfangreiche Deutung des „Rings der Nibelungen“ von Richard Wagner in derselben Zeitschrift erscheinen zu lassen. Diese stand im Gegensatz zu der noch zu Lebzeiten von Richard Wagner vorherrschenden unpolitischen Art der Deutung:
Ein über sechs Jahrgänge und insgesamt acht Jahre gehendes, großangelegtes Interpretationstableau - die umfangreichste Deutung, die in den Bayreuther Blättern überhaupt je veröffentlicht worden ist - entwirft ab 1907 Felix Groß. (…) Sie ist zunächst einmal entschieden darauf ausgerichtet, die Tetralogie als Vorstufe zum Parsifal zu verstehen und dies heißt: sie in einen religiösen Bezugsrahmen zu stellen. Der Ring theatralisiert in seinen Figuren und Aktionen die Geschichte des germanischen Heidentums, er zeigt dessen notwendiges Scheitern. (…) Wenn damit der Ring als Parabel eines weltumspannenden Rassenkampfes verstanden und ausgelegt wird, so hat das mit den Ursprungsintentionen Wagners nun gewiss nichts mehr zu tun.
Und weiter ist darüber zu erfahren:
Die offizielle Entpolitisierung wird erst ab 1907 aufgehoben mit dem Erscheinen einer breit angelegten Ring-Deutung von Felix Groß, dem Privatsekretär des Wagner-Schwiegersohns und Rassentheoretikers Houston Stewart Chamberlain. Die Exegese von Groß deutet den Ring als „neuen germanischen Mythos“ und erklärt die germanische Geschichte als Vorstufe des Christentums. Groß zielt auf den „arischen Mythos“ und den Kampf zwischen „edlem und unedlem Menschengeschlecht“ ab. Bermbach kritisiert diese Umdeutung von Wagners radikaler Kritik an Politik und Macht in „einen alle Politik beherrschenden Rassenkampf (…), wobei merkwürdigerweise alle Arier, Wotan, Siegmund und Siegfried untergehen, während der Nichtarier Alberich überlebt“.
Soll schon in dieser Ring-Deutung jener „hintergründige“, groteske „Humor“ wiedergefunden werden, den man dann auch für „Hitler's Girls“ anzunehmen gezwungen ist?
Abb. 6: Felix Groß „Der Mythos Richard Wagners“ (Frohe Zukunft Verlag, 1931)
Felix Groß hat jedenfalls einen wesentlichen Anteil an der Politisierung der Wagner-Verehrung. Die Inhalte dieser Aufsatzreihe hat Groß 1927 unter dem bezeichnenden Titel „Die Wiedergeburt des Sehers“ in einem umfangreichen Buch veröffentlicht, das 1931 noch einmal erschien mit den werbenden Worten seiner drei Freunde auf dem Umschlag (s. Abb.). In diese „mythische Weltreligion“ ordnete Groß dann auch eine besondere „weltgeschichtliche Mission“ des Judentums ein. Man darf durchaus schlussfolgern: Zumindest noch bis 1927, wahrscheinlich auch bis 1931 muss sich Felix Groß mit den völkischen Wagnerianern in Bayreuth sowohl weltanschaulich als auch persönlich bestens verstanden haben.
Es ist sehr wesentlich, diesen Umstand festzuhalten. Denn schon lange zuvor – 1923 – war es andererseits - über Helene Bechstein – zu besten persönlichen Beziehungen zwischen den Familien Wagner und Chamberlain zu Adolf Hitler gekommen.
Schauen wir uns die Aktivitäten dieses Wagner-Kreises - und des Felix Groß in diesem - seit 1907 noch ein wenig genauer an. Anne Harrington behandelt sehr ausführlichen den Briefwechsel zwischen den beiden Förderern von Groß – Chamberlain und Uexküll - bis 1927, dem Todesjahr von Chamberlain. Nach diesem hat etwa von Uexküll – sicherlich unter dem Einfluss von Chamberlain – schon 1920 sehr heftig auf die „Zionistischen Protokolle“ reagiert. Das hier beschriebene jüdische Komplott sei in der bolschewistischen Revolution Wirklichkeit geworden. „Ist Jehova vielleicht selbst der Teufel?“, fragte Uexküll Chamberlain in einem Brief aus dem Jahr 1921. Und in diesem Zusammenhang bemerkt die Autorin Harrington dann:
Uexkülls theoretischer Hass auf die Juden als Gruppe hinderte ihn nicht daran, freundschaftliche Beziehungen zu besonderen Juden aufzubauen, die er mehr oder weniger als Ausnahmen von der allgemeinen Regel der jüdisch-deutschen Umwelt-Unverträglichkeit ansah. Zu diesen Freunden gehörten (…) die Wagnerianer Felix Groß und Arthur Trebitsch, beide ergebene Schüler Chamberlains und tragische Beispiele jüdischen Selbsthasses.
In der dazugehörigen Anmerkung (ebd., Anm. 131, S. 405f) bezieht sie sich auf das Buch „Evangelist of race“ von Geoffrey Field aus dem Jahr 1981 über Chamberlain und ergänzt mit Berufung auf dieses:
Vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete Groß als Uexkülls Forschungsassistent. Er half ihm bei der Fertigstellung seiner wichtigsten Studien über den Tonus von Wirbellosen.
Aus der Zusammenarbeit zwischen Uexküll und Felix Groß ging dann auch 1913 eine Aufsatzsammlung von Uexküll hervor. Harrington weiter:
Geoffrey Field bemerkt, dass Groß „Halbjude“ gewesen sei, sich seiner Herkunft aus einer „Mischehe“ geschämt und noch Ende 1933 Traktate über germanische Ideologie verfasst habe, in denen die Juden aufgefordert wurden, sich an das heroische teutonische Ideal zu assimilieren. Groß selbst schrieb über Uexküll in einem Artikel für die konservativen Wagnerianer in Bayreuth, die forderten, zur goetheschen Auffassung der Naturwissenschaft als „systematische Kunst“ zurückzukehren.
Aus all dem geht hervor: Noch 1933 stand Felix Groß ganz auf der Seite der völkischen Wagnerianer von Bayereuth. Harrington macht dann noch längere Ausführungen über den zugleich erwähnten blondhaarigen Juden Arthur Trebitsch, dem die physische Ähnlichkeit mit Chamberlain wichtig gewesen ist, und der sich in dessen Todesjahr 1927 das Leben genommen hat. Der Uexküll-Biograph Florian Mildenberger berichtet 2007 über Chamberlain:
Zudem empfahl er ihm 1908 den aus Wien stammenden Biologen Felix Groß (1886-19??) als ersten Assistenten. Dieser kombinierte erstmals Uexkülls Umweltlehre mit Gedanken Kants.
Hier wird deutlich, wie unsicher noch heute die Forschung über viele biographische Details zu Felix Groß ist (Wien?, Biologe?, 1886?). Wichtig aber ist, dass Felix Groß die Anregung, sich mit Kant zu beschäftigen, von Jakob von Uexküll erhalten zu haben scheint. In einer Anmerkung schreibt Mildenberger dazu:
Zudem publizierte Groß ein populärwissenschaftliches Buch zur Verbreitung der Kantianischen Philosophie.
Dieser Satz kann der Breite des in jenen Jahren von Felix Groß über Immanuel Kant Veröffentlichten und Herausgegebenen nicht gerecht werden. Darunter Bücher, die bis heute Nachdrucke bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt erfahren. Jakob von Uexküll führte nun viele Forschungsreisen durch:
Bald schlägt er in Biarritz ein fliegendes Aquarium auf oder wendet sich nach Monaco und Schloss Liebenberg in der Mark, um mit seinen Mitarbeitern Felix Groß und Lothar Tirala den Tonus der Krebsbeine zu erforschen.
In Liebenberg in der Mark befand sich das Schloss des Fürsten Philipp von Eulenburg (1847-1921), eines Freundes nicht nur des damaligen Kaisers, sondern auch des Barons von Uexküll, der deshalb von Uexküll auch in seinen Erinnerungen vor dem Homosexuellen-Vorwurf, der 1906/07 große Wellen schlug im Deutschen Reich, in Schutz genommen wird. Immerhin ist vielleicht von Interesse, dass die Tischrunde auf Schloss Liebenberg zumindest bis 1907 als ein HomosexuellenTreffpunkt galt. Womöglich hat Felix Groß, der in seinem Hitler-Buch von 1941 so genüsslich breit über die homosexuellen Neigungen hochstehender Nationalsozialisten zu erzählten hatte, und der kritisiert wird, dass er in seiner Cecil-Rhodes-Biographie von 1956 seinem Hauptprotagonisten ebenfalls Homosexualität unterstellte, auch hier Erfahrungen mit einem solchen Milieu machen können.
Jakob von Uexküll hatte sich in dieser Zeit um die Stelle eines Leiters an einem neu geplanten Institut für Biologie der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin-Dahlem beworben. Ein solches Institut war aber zunächst nicht geplant worden und deshalb wurden ihm lediglich Gelder für Forschungsreisen bewilligt.
Das bedeutete für seine Assistenten, sich nach einem anderen Gelderwerb umsehen zu müssen. Über den fast 50-jährigen von Uexküll, der kurz vor 1914 doch noch eine Professorenstelle bekommen hatte, schreibt Mildenberger:
Die Arbeitsbedingungen gestalteten sich zunächst allerdings äußerst schwierig. Zum einen waren Uexkülls frühere Assistenten längst zu anderem Broterwerb gezwungen. Lothar Tirala hatte sich als Frauenarzt in seiner Heimatstadt Brünn niedergelassen und Felix Groß verdingte sich als Journalist, Freizeitphilosoph und Angestellter einer Handelsfirma.
Auch diese Worte empfindet man wieder als zu wenig ernsthaft gegenüber Groß. Die von Felix Groß im Jahr 1912 zusammengestellten drei Kant-Biographien sind immerhin 1968, 1993 und 2012 von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt nachgedruckt worden.
Auch gab Felix Groß zusammen mit Chamberlain im Insel-Verlag eine Auswahl der Schriften Richard Wagners heraus, sowie weitere Veröffentlichungen über Richard Wagner. Die Herausgabe von „Immanuel Kant's sämtliche Werke in sechs Bänden“ durch Groß zog sich von 1912 bis 1921. Was ihn dabei antrieb, geht hervor aus einer 63-seitigen Schrift „Kant und wir“ aus dem Jahr 1913, deren Untertitel lautete:
Eine Darstellung der Kantischen Philosophie als der einzig möglichen Grundlage einer Kultur der Zukunft, zugleich eine Berichtigung des monistischen und anderer moderner Kulturideale.
1912 brachte Groß zudem eine Biographie über den Dichter Matthias Claudius heraus.
1914 bis 1933 – Randständiger Beobachter der deutschen Aus- und Inlandsspionage?
Zwischen 1914 und 1927 werden von Groß über viele Jahre hinweg zumeist nur noch begonnene Buchprojekte beendet oder Neuauflagen derselben heraus gebracht. An diesem Aufhören von neuen Buchveröffentlichungen von Seiten von Felix Groß wird deutlich erkennbar, dass sich sein beruflicher Schwerpunkt ab dieser Zeit verschoben hat.
Viele Inhalte seiner Bücher von 1940 und 1941 deuten darauf hin, dass er in irgendeiner Form ein randständiger Beobachter der Arbeit der Nachrichten-Abteilung des deutschen Großen Generalstabes unter Walter Nicolai (1873-1947) und dessen Stellvertreter Friedrich Gempp (1873-1947) gewesen ist. Eine erste Vorstellung darüber, wie die weitmaschig vernetzt die damalige deutsche Auslandsspionage gearbeitet hat, erhält man übrigens aus dem Wikipedia-Artikel zu Mata Hari.
Auch erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt - in den frühen 1920er Jahren - auch Beobachtungsaufträge für den ihm gut bekannten Wagner-Kreis in Bayreuth erhalten hat, zu dessen Politisierung er selbst zwischen 1907 und 1934 mit Buchveröffentlichungen nicht unwesentlich beigetragen hatte.
Houston Stewart Chamberlain hatte 1908 Eva Chamberlain geb. Wagner (1867-1942) geheiratet. Sie war die Tochter von Richard und Cosima Wagner und Schwägerin von Winifred Wagner (1897-1980), der Ehefrau ihres Bruders Siegfried Wagner (1869-1930), die dreißig Jahre jünger war als sie. Ebenso wie ihre beiden Männer begeisterten sich auch Eva Chamberlain und Winifred Wagner sehr früh für den Nationalsozialismus und für Adolf Hitler. Houston Stewart Chamberlain und Winifred Wagner lernten Adolf Hitler 1923 bei Helene Bechstein kennen. Wenn Groß 1940/41 über einen spiritistischen Kreis rund um Helene Bechstein schreibt, von dem aus Einfluss genommen worden wäre auf politische Entscheidungen von Adolf Hitler, so kann man eine solche Geschichte nicht von vornherein und ohne Begründung als „aus der Luft gegriffen“ bezeichnen. Schließlich wird Felix Groß viele Möglichkeiten gehabt haben, davon etwas mitzubekommen.
Stattdessen wundert man sich ein wenig, warum dieses Buch von Felix Groß bislang in der zeitgeschichtlichen Forschung so unbeachtet geblieben ist.
In seinem Hitler-Buch schildert er die okkulten Beeinflussungen Hitlers sehr detailliert, und zwar einmal durch durch Magda Goebbels, dann durch einen spiritistischen Kreis um Helene Bechstein und zum dritten durch Erik Jan Hanussen. Und alle drei jeweils manipuliert durch andere führende Nationalsozialisten. Sehr offensichtlich ist Groß – ähnlich wie Hans Bernd Gisevius – bemüht, die Manipulationsrolle jeweils untereinander „rivalisierenden“ Nationalsozialisten zuzusprechen. Wobei auffälligerweise ausgerechnet Hitler alle anderen nicht zu manipulieren versucht haben soll. Dabei sind diese Manipulationsversuche doch klar – das ergibt sich schon aus der Sache selbst - von einem hinter alle diesen „Vordergrundpolitikern“ stehenden Geheimdienst ausgegangen oder mehreren, die nicht zuletzt durch ihre Kontakte zu Allen Dulles in der Schweiz ihre Traditionen über die Epochenjahre 1933 und 1945 hinwegretten konnten.
In dem gleichen Londoner Verlag, in dem „Hitler's Girls“ erschien, war ein Jahr zuvor schon das Buch von Felix Groß „I Knew Those Spies“ erschienen. Beiden Bücher werden – etwa - auch in der Biographie „Stephanie von Hohenlohe - Hitlers jüdische Spionin“ angeführt. In einem Buch aus dem Jahr 2006 nennt der Historiker William C. Fuller jr. Felix Groß
one German intelligence professional,
der in seinem Buch „I Knew Those Spies“ nützliche Hinweise auf deutsche geheimdienstliche Erfolge in Russland vor 1914 und bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gegeben habe. Felix Groß wird auch zitiert über die Spionagehysterie in Deutschland bis Ende 1914:
Anyone with black hair or a beard was arrested as a Russian while whoever appeared in an English-looking raincoat was brought by a cheering mob to the nearest police station.
Im Leben des Mitarbeiters der preußischen politischen Polizei Groß wird das Interesse an Bärten noch einmal eine Rolle spielen (siehe unten), ebenso wie er auch in seinem nachfolgenden Buch von 1941 über Erik Jan Hanussen schreibt, dass dieser sich nach der Machtergreifung 1933 auf offener Straße schon allein wegen seiner dunklen Haare in Gefahr gefühlt hätte. (Was doch jedes mal reichlich unglaubwürdig und aufgesetzt klingt.)
Seine beiden Bücher erschienen in einem kleinen Londoner Verlag - Hurst & Blackett -, der 1933 auch eine erste gekürzte englische Ausgabe von „Mein Kampf“ herausgebracht hatte.
Über „I Knew Those Spies“ heißt es 1940 in Verlagsanzeigen:
Amazing Revelations of Secret Services in Wartime-German, French, Russian, English. No story is so topical today as the spy story, for thousands of aliens are still in our midst and of these a fairly large proportion must be considered as secret agents in the pay of Germany. Such at least is the opinion of Felix Groß, and it is based on first-hand knowledge, for in the course of his career he has come in contact with most of the master spies of the last twenty-five years and had excellent opporunities of observing their technique. Consequently his assembly of facts makes more enthralling reading than any fiction.
Den Autor Felix Groß nicht ganz so zu ernst zu nehmen, empfiehlt eine Buchbesprechung der „Northern Times“ vom 6. Dezember 1941 (auf Seite 5):
The author, Felix Groß, if you don't take him too seriously, presents a riot of party intrigue. Goebbels as the match-maker for an apparently half-wit Fuehrer, who makes love by haranguing his female audience.
Building on a structure of fact, and rumour, Groß gives you a shorthand acount of what this and that person said in the desperate intrigue to get Hitler married - or at least compromised - with beauty and wealth, ranging from actresses to substantial widows.
There is Frau Magda Goebbels, who plays handies with Hitler, Leni Riefenstahl, the film actress, who failed to seduce him, Eva Baun. Emmy Goering, the former Frau Sonnemann - they race across the pages, matching their wits against the counter-plots of the party's fancyboys, Roehm, Ernst and Heines and Co. „I think, boys, in order to maintain a place in the front line, each of us had better also acquire a female sweetheart,“ says Roehm. „It's honestly sickening now to watch this female mass attack on Adolf.“ If you want a minute to minute newsreel („Wochenschau“) of the private life of the Fuehrer, „Hitler's Girls, Guns and Gangsters“ is it.
Nun, ein Vergleich dieser Geschichten mit einer „Wochenschau“ ist nicht richtig. Richtiger wäre gewesen, den Buchtext bezüglich dieser Inhalte in Bezug zu setzen zu Charly Chaplins „Der große Diktator“.
Eine genaue Analyse des Buchtextes wie wir sie unten unternehmen werden, ergibt: Das Buch enthält einesteils seltene und deshalb keineswegs unwesentliche seriöse und ernsthafte Aufklärungen Hintergrund-Vorgänge bei der Entstehung des Dritten Reiches. Diese sind aber andererseits „eingerahmt“ und umgeben von einer unglaublich krassen Hochstapelei, also von solchen offensichtlichen Münchenhausen-Geschichten, dass diese eben den Rezensenten sagen ließen, dass man den Autor über weite Strecken nicht gar „zu ernst“ nehmen dürfe.
Zu klären bleibt eigentlich nur noch, ob einige „interessantere“ Behauptungen dieses Buches eher in die erstgenannte oder in die letztgenannte Kategorie gehören. Außerdem stellt sich natürlich die Frage: Was waren die Beweggründe für ein solches krauses Vermischen von ernsthaften Aufklärungen und burlesken „Münchhausiaden“? Mussten die ernsthaften Botschaften, die dieses Buch enthält, im Jahr 1941 in England so sehr inmitten von Lügengeschichten versteckt werden, um überhaupt veröffentlicht werden zu können? Dies ist der Verdacht, der sich aufdrängt. Allerdings bleibt dann immer noch die Frage zu klären, ob die wenigen wertvollen Botschaften es wert gewesen waren, in eine solche Fülle von Nazi-Burlesken verpackt zu werden. Oder war Felix Groß einfach ein früher Drehbuchschreiber für all die oft nur allzu hohlen „Anti-Nazi-“Spielfilme, die Hollywood seither in vielen Jahrzehnten produzieren sollte?
1928 - Verlagsgründung in Wien
Im Adressbuch des deutschen Buchhandels von 1931 ist Dr. Felix Groß verzeichnet als Inhaber des „Frohe Zukunft Verlag“ in Wien mit den Angaben:
Wien VII, Karl Schweighofer-Gasse 3, gegründet 1928, Auslieferung nur in Leipzig.
Wahrscheinlich ist die Auslieferung erfolgt über den F. K. Koehler Verlag in Leipzig (wie es Antiquariatsangaben andeuten). Soweit übersehbar, bringt er in seinem Verlag nur seine eigenen Bücher heraus. 1928 erscheint die 32-seitige Schrift „Aus einem Zimmer drei machen“, die in einer Architekten-Fachzeitschrift rezensiert wird:
Mit Raumnot haben 80 % unserer Bevölkerung zu tun, weil es finanziell sehr schwer ist, sich für jede Beschäftigungsart einen eigenen Raum zu schaffen und weil es unserem Rationalitätsempfinden widerspricht, solche Raumwerte dann nur mit 5, 10 ...
Über sein „Die Erlösung des Judentums, abgeleitet aus seiner weltgeschichtlichen Mission“ heißt es 1932 in einer Kurzvorstellung:
Vier Jahrtausende jüdischer Geschichte werden in knappester, aber treffender Darstellung mit dem Ergebnis aufgezeigt, dass die schickalhafte Verbindung zweier grundverschiedener Menschenstämme durch Christus erfolgt.
Über sein Jesus-Christus-Buch schreibt 2011 der christliche Wiener Autor David Leitha:
Während der ersten Seiten fiel mir sofort auf, dass es sich um das Buch eines sehr gläubigen, aber auch realistisch denkenden Menschen handelte. Da auch ich meinen Glaube in Form von innerer Motivation im Gebet, innerer Freude und innerer Genügsamkeit, als auch in Form von Hilfsbereitschaft nach außen, Toleranz und Entgegenkommen anderen Menschen gegenüber, sowie Bekunden und Bekennen von persönlichen Heilserlebnissen, täglich lebe und erlebe, war ich sehr erfreut über den Inhalt des Werkes.
1933 – Emigration nach Kapstadt
Im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek ist zu Felix Groß verzeichnet:
Geboren in Leipzig, gestorben in Cape Town (1933 Emigration nach Südafrika); Journalist und Schriftsteller.
Nach 1933 oder 1934 hat Felix Groß also in Kapstadt in Südafrika gelebt. Auf dem schmalen, exotischen Landstrich zwischen wilder Meeresküste und Tafelberg in jener Stadt, die der niederländische Schiffsarzt Jan van Riebeeck (1619- 1677) im Jahr 1652 gegründet hatte.
Abb. 7: Ozeandampfer vor Kapstadt (1958) (Postkarte)
Von dort aus veröffentlichte Felix Groß etwa am 17. Januar 1938 einen kleinen Artikel über Heilmethoden in Westafrika in der Zeitschrift „Life“, unterzeichnet mit „Felix Groß, Cape Town South Africa“.
Noch während des Zweiten Weltkrieges brachte er ein Buch heraus über den deutschen Lebemann Fürst Pückler, in dem seine Affäre mit der Opernsängerin Henriette Sontag besonderen Raum einnimmt.
Womöglich hat er sich auch mit der Frage des Föderalismus in Osteuropa beschäftigt, was, vorausgesetzt Felix Groß war Wiener, von seiner Herkunft auch naheliegend hätte sein können.
Am 17. Oktober 1947 erschien von ihm in der Zeitschrift „Spotlight“ ein Artikel über den Wagner-Dirigenten Albert Coates.
In seinem Buch „Rhodes of Africa“ von 1956 bedankt sich Felix Groß bei einer Tochter. Über diese Biographie heißt es in einem Buch über den Burenkrieg aus dem Jahr 2000:
Gross' biography is superficial and some times seems unfounded, as when he bases arguments on the assertion that Rhodes was homosexual. Overall it is one of the most critical.
Abb. 8: Kapstadt mit Riebeeck-Denkmal, dahinter der Tafelberg (Postkarte)
Mit der Homosexualität ist Felix Groß ja auch in seinem Buch von 1941 umfangreicher befasst (siehe unten). Zu dem letzten Satz des Zitats passt übrigens, dass Reginald Reynolds (1905-1958), ein politisch linksstehender Kritiker der britischen Kriegs- und Kolonialpolitik, der 1949 ein Buch über Bärteherausbrachte, 1955 in einem weiteren Buch über einen Besuch bei Felix Groß schrieb:
At Riebeeck Square I found the offices of Dr. Felix Gross. We had not met before, but he had written to me originally as a „fan“ after I wrote „Beards“. He was no ordinary fan. (…) Like Felix Groß with the Kenya settlers, I had been inclined, up to that time, to ...
Felix Groß wird 1982 auch in einer Geschichte des „Owl Club“in Kapstadt als ein prominenter Journalist erwähnt - sicherlich als ein Mitglied dieses kulturell und literarisch ausgerichteten Männerclubs:
Dr. Felix Gross, prominent as a journalist.
Abb. 9: Universität Kapstadt
„Hitler's Girls, Guns and Gangsters“
„Loge heißt du,
doch nenn' ich dich Lüge!“
(Wotan in Richard Wagners „Rheingold“,
Kapitel 2, 3. Szene)
1939 bis 1943 – Westliche Hitler-Deutungen
So wie es während des Kalten Krieges eine „Kreml-Astrologie“ gegeben hat, ein Rätselraten um die jeweiligen Absichten und Ziele der Kreml-Herrscher, so gab es zwischen 1939 und 1943 in den westlichen Demokratien öffentlich und intern ein Rätselraten um das Phänomen Adolf Hitler. Es bestand ein Bedürfnis, seine Psychologie zu verstehen. Es war das auf Seiten des westlichen Auslandes auch Teil der psychologischen Kriegsführung, dieses Bedürfnis zu stillen. Wir kennen das auch aus unserer Zeit. So wie während des Irakkrieges das Bedürfnis der Öffentlichkeit gestillt werden musste, mehr über Saddam Hussein zu erfahren, so musste zwischen 1939 und 1943 das Bedürfnis der Öffentlichkeit gestillt werden, mehr über Adolf Hitler zu erfahren. Und so wie während des Irakkrieges das Bild, das von Saddam Hussein in der Öffentlichkeit gegeben wurde, natürlich kräftig mitbestimmt war von den starken Emotionen, von denen Kriege begleitet zu sein pflegen (zumindest seit Beginn des 20. Jahrhunderts) und so wie deshalb mehr Stereotypen gezeichnet wurden, Klischees verbreitet wurden, holzschnittartige Darstellungen gegeben wurden als ausgewogene, differenzierte Berichte, so war um 1940 auch das Bild, das von Adolf Hitler gezeichnet wurde, von solchen Emotionen und Gefühlslagen mitbestimmt und von dem, was man in ihm sehen wollte.
Um dieses Bedürfnis zu stillen, erschienen im Dezember 1939 in Frankreich und England - und im Januar 1940 in den USA und in der Schweiz - Hermann Rauschnings „Gespräche mit Hitler“.
Auffallenderweise gab es im westlichen Ausland spätestens seit 1939 auch ein größeres Interesse, möglichst viele Details – oder auch fröhliche Spekulationen - über Adolf Hitlers Privatleben und über sein Verhältnis zu Frauen lesen zu können. Um so weniger darüber an sicherem Wissen bekannt war, um so mehr konnten die Spekulationen ins Kraut schießen. Unbedeutendste Hinweise und Anhaltspunkte zu diesem Thema konnten zu großartigen Geschichten aufgebauscht werden. Es scheint das geradezu eine Modeerscheinung gewesen zu sein, die es sicherlich wert wäre, noch einmal in ihrem Umfang, in ihren Ursachen und Zielrichtungen genauer zu erforschen. Denn Felix Gross hat sich mit seinem Buch kräftig daran beteiligt.
Nicht zuletzt auf der Welle der damals modernen Psychoanalyse glaubte man womöglich, das Phänomen Hitler noch am ehesten durch eine bei ihm vorliegende etwaig reichlich verkrampfte Haltung gegenüber Frauen „erklären“ zu können.
Auch gab es natürlich immer ein Interesse an Spionagegeschichten aller Art. Ebenso war Raunen über okkulte Hintergründe, über Geldgeber Hitlers, über Intrigen und persönliche Rivalitäten zwischen den Führern des Dritten Reiches willkommen. Um so gruseliger und verrückter, um so besser, schien das Motto zu sein. Nur ein Menschen, die sich auch privat und untereinander wie unerklärliche Monster verhielten, glaubte man als verantwortlich hinstellen zu können für all das, für das Deutschland damals in den westlichen Demokratien stand. Und im Grunde wissen wir bis heute nicht, ob an dieser Unterstellung nicht doch zumindest ein Zipfelchen Wahrheit ist. Womöglich erst seit dem Eichmann-Prozess in Jerusalem im Jahr 1960 war auch die These möglich von der „Banalität des Bösen“ (Hannah Arendt). Bis dahin jedenfalls durfte das Böse, das sich im Dritten Reich verkörperte, keinesfalls banal sein. Und Felix Groß gab sich sicherlich alle Mühe, es als nicht gar zu banal darzustellen.
Der Historiker Ron Rosenbaum ist den Bedürfnissen, denen solche Darstellungen um 1940 zugrunde lagen, schon 1999 in seinem „Explaining Hitler“, das auf Deutsch unter dem Titel „Die Hitler-Debatte“ erschienen ist, nachgegangen. Über dieses Buch heißt es in der bis dato bestbewerteten Leserrezension auf Amazon:
Explaining Hitler is a misleading title, for the focus is primarily on the Jewish academic community's attempts to explain Hitler - to put it in grossly oversimplified terms, this is somewhat like the prey explaining the motivations of the predator. The result is that, while Hitler remains a mystery, the academic and personal biases of the explainers are revealed. To each person's theories and comments Rosenbaum adds his own analysis, finding the flaws with precision.
Rosenbaum erwähnt in seinem Buch kurz auch das Hitler-Buch von Felix Gross, aber er setzt sich nicht ausführlicher damit auseinander. Jedenfalls scheint es nicht außerhalb der Absichten der westlichen psychologischen Kriegsführung gelegen zu haben, Hitler und das Dritte Reich gerne auch operettenhaft aufgedonnert darzustellen. Kritiker der Kriegsteilnahme Großbritanniens gab es in der Öffentlichkeit nach 1939 kaum. Es ging also weniger darum, überhaupt ernsthafter nach den wahren Absichten Hitlers zu fragen, sondern einfach viel und operettenhaft über ihn zu reden, ihn zum Thema zu machen, aber niemals gar zu ernsthaft. So passte Charly Chaplin's „Der große Diktator“ sicher gut in das Konzept der psychologischen Kriegsführung oder auch die zahlreichen Spekulationen von „I was Hitler's Maid“, das 1940 erschien und in viele Sprachen übersetzt wurde, und von der unverheirateten Astrologin Margarethe Kistner, die in Hitlers Haus in Berchtesgaden wohnte, ausführlich zu berichten wusste. Auch ihre Geschichte schmückt Felix Gross in einem Buch übrigens bunt aus.
Und so kann man sich denn auch die Entstehung vieler solcher Veröffentlichungen erklären, eben auch „Hitler's Girls, Guns and Gangsters“. Nämlich immer ähnlich der Entstehung von Hermann Rauschnings „Gespräche mit Hitler“. Über letztere heißt es heute auf Wikipedia:
Rauschning selbst hatte Hitler tatsächlich nur etwa vier Mal getroffen und nie in einem Einzelgespräch. So erfand Rauschning wenig konkrete Zeitangaben und Orte und teilte seine wenigen persönlichen Erfahrungen um ein Vielfaches auf. Weitere Anregungen entnahm er Berichten von Bekannten, den Braunbüchern und der Tagespresse, sowie einigen Sitzungen, an denen er in seiner Funktion als Senatspräsident teilnahm. Der damals mittellose Rauschning bekam einen Vorschuss von etwa 125.000 Franc.
Das heißt: Jeweils wurde ein „Zipfelchen“ von Wahrheit oder das, was man dafür hielt – etwas selbst Erlebtes, etwas, was man erzählt bekommen hatte oder etwas Gelesenes – genommen und dieses „Zipfelchen“ von Wahrheit wurde dann gerne und reichhaltig ausgesponnen zu einer Geschichte, „wie es hat gewesen sein können“ aber keinesfalls zu der Geschichte, wie es tatsächlich gewesen ist. Obwohl letzteres behauptet wurde. Und dies tat eben im Jahr 1941 auch der Journalist deutsch-jüdischer Herkunft Felix Gross.
Eine in der Forschung gut bekannte psychologische Studie über Adolf Hitler, die der Psychoanalytiker Walter Langer (1899-1981) 1943 für den amerikanischen Geheimdienst erarbeitete, und die 1972 als Buch heraus kam („The Mind of Adolf Hitler - The Secret Wartime Report“), auf Deutsch unter dem Titel „Das Adolf-Hitler-Psychogramm“, hatte zahlreichst verfügbare Quellen zusammengetragen, ausgewertet und zitiert, darunter auch das Buch des vormaligen deutschen Geheimdienstmitarbeiters Felix Gross aus dem Jahr 1941.
Dessen Buch nennt der Historiker Ron Rosenbaum in Auseinandersetzung mit dieser Walter Langer-Studie und ihren Mutmaßungen zum Tod von Geli Raubal und ihres Liebhabers Baumann
(eigene Übersetzung:) das ziemlich verdächtig klingende, Boulevard-angehauchte Buch von 1940 von einem Felix Groß mit dem Titel „Hitler's Guns, Girls and Gangsters“, das der OSS-Analyst pflichtgemäß (und ausführlich) zitiert. Groß zitiert natürlich die gewöhnlichen verdächtigten Quellen wie Otto Strasser und ergänzt weiter das – wenn es wahr ist – schaurige Detail, dass der misshandelte Körper des unglücklichen Baumann weggeworfen in den Straßen gefunden wurde, tot, nur wenige Tage nachdem Hitler die Kanzlerschaft übernommen hatte. Ein anderes, ziemlich nutzloses Gerücht, so scheint es.
(Original:) the fairly suspect-sounding tabloid-tinged 1940 book by one Felix Gross entitled Hitler's Guns, Girls and Gangsters, which the OSS analyst duly (and heavily) excerpts. Gross, of course, cites the usual suspect sources like Otto Strasser, and further appends the chilling (if true) detail that the „mutilated body“ of the hapless Baumann was found dumped in the street, dead, just days after Hitler's 1933 accession to the chancellorship. Another fairly useless rumor, it appeared.
Es würde sicher gut zum Inhalt dieses Buches von Felix Gross passen, wenn die einzelnen Kapitel zuvor in einer Tageszeitung oder in einem Magazin zum Vorabdruck gekommen wären. Es scheint, als wären sie ursprünglich überhaupt nur für diese Form der Veröffentlichung recht zügig, schnell und unbedacht dahin geschrieben worden. Scheinbar nicht zuletzt auch, um einfach nur Zeilen zu füllen.
Oft hat man das Gefühl, dass Gross sich einfach sehr gut hineinzuversetzen wusste in das, was die britische Leserschaft – oder ein mächtiger britischer Zeitungsboss - damals erwartete, was über Hitler und Deutschland geschrieben werden sollte, als dass er hier wirklich sein eigenes Deutschlandbild wiedergegeben hätte als jemand, der nun einmal die ersten vier Jahrzehnte seines Lebens in Deutschland verbracht hatte und sich mit diesem Deutschland deshalb doch noch irgendwie verbunden fühlen musste. Dieser Eindruck irritiert oft sehr stark. Wie kann er etwa über Friedrich Ebert schreiben (S. 120):
An dem Eichentisch, an dem der frühere Sattler nun saß und versuchte, Deutschland vor dem Chaos zu retten, hatten zuvor sieben Reichskanzler gesessen und die Befehle eines neurotischen, Nero-ähnlichen, megalomanischen Kaisers ausgeführt.
Felix Groß wusste doch genau, dass eine solche Kennzeichnung des Kaisers plumpe britische Kriegspropaganda des Ersten Weltkrieges gewesen war. War er so auf den Hund gekommen, dass er für die paar Schillinge, die er für diese Zeilen bekam, derart seine Seele verkaufte? Hatte Felix Groß, ein Autor, der einstmals über Wahrheitssucher wie Immanuel Kant oder Jakob von Uexküll doch nichts Unwesentliches zu sagen hatte, es etwa nötig, sich so unter Wert zu verkaufen? Hatte er es nötig, all das zu verraten, für das er einst gestanden war?
Das ist das zutiefst Irritierende an diesem Buch. Noch nicht einmal mehr der „Sattler“ Friedrich Ebert genießt letztlich den Respekt und die Anerkennung des Felix Groß. Was bleibt dann überhaupt noch übrig?
Die Angabe seines Buches, dass es einen okkulten Zirkel rund um Helene Bechstein gegeben hat, findet sich sonst, soweit übersehbar, bisher nirgendwo in der zeitgenössischen oder Forschungsliteratur. Wenn es aber nun ein Dietrich Eckart war, der die Bekanntschaft zwischen Helene Bechstein und Adolf Hitler hergestellt hat, dessen vielfältige okkulte Interessen etwa in unveröffentlichten Manuskriptteilen von Alfred Rosenberg's Eckart-Buch geschildert werden, brauchen okkulte Interessen auch auf Seiten von Helene Bechstein keineswegs von vornherein als ausgeschlossen gelten. Und warum sollte ein Felix Groß, in jener Zeit ein bekannter Wagner-Anhänger wie Helene Bechstein, zugleich Mitarbeiter eines deutschen oder österreichischen Spionagedienstes, von ihren okkulten Interessen nichts erfahren haben?
Was bezweckt Felix Gross damit, dass er nicht (nur) einen sachlichen Bericht gab über das, was er aus dem persönlichen Umfeld von Adolf Hitler wusste – oder zu wissen behauptete - sondern aus all dem nur allzu oft eine groteske, burleske „Komödie“ machte und sehr plumpe Erwartungen eines britischen Lesepublikums und britischer Zeitungsmacher bediente?
In dem Buch wird Hitler privat immer wieder als ein weinerlicher Mensch dargestellt, als ein weichlicher, läppischer, ja, womöglich gleichgültiger Liebhaber, der sich zudem überaus linkisch gegenüber Frauen verhalten hätte, insbesondere dann, wenn er mit diesen allein gewesen wäre. Man fragt sich ständig: Warum das alles? Wie kann ein Vertreter der Philosophie Kants und von Uexkülls an all solchen Dingen überhaupt so viel Interesse haben?
Es handelt sich also gerade um der Vorgeschichte des Autors willen um ein sehr ungewöhnliches Buch.
Die Schauspielerin Renate Müller als Geliebte Adolf Hitlers
Aber nachdem man sich durch eine großen Haufen von haarsträubenden Geschichten hindurch gekämpft hat über „Hitler's Girls“, die einem zumeist unglaubhaft erscheinen und aus der heute vorherrschenden Sichtweise der „Banalität des Bösen“ allzu oft auch erscheinen müssen, wird fast gegen Ende des Buches von Felix Gross der Fall der deutschen Filmschauspielerin Renate Müller (1906-1937) gebracht, der einem zuvor gar nicht bekannt war. Und indem man ihm hinterher recherchiert, stößt man darauf, dass Gross diesen Fall in seinem Buch wohl weitgehend richtig dargestellt hat. Auffallenderweise erzählt er den Fall von Renate Müller in diesem Buch gar nicht zu Ende.
Hatte er also womöglich an eine Fortsetzung dieses Buches gedacht? Jedenfalls wird einem an dieser Stelle dann plötzlich bewusst, dass eigentlich alle Geschichten von Felix Gross über „Hitler's Girls“ irgendwie dem Strickmuster dieser Geschichte der Renate Müller folgen. So als wäre der Fall von Renate Müller überhaupt der Ausgangspunkt von Gross gewesen, auch sonst über „Hitler's Girls“ zu mutmaßen. Und dann wird einem zumindest wesentlich leichter nachvollziehbarer, wie Gross überhaupt dazu kommen konnte, dieses Buch zu schreiben.
Über Hitlers Verhältnis zu Frauen hatte man ja in vielen Punkten bis 1940 noch längst nicht so viel Sicherheit wie heute. Dass etwa Leni Riefenstahl eine Affäre mit Hitler oder Goebbels gehabt haben könnte, wird durch ihre sehr offene und sehr ehrliche, nach dem Krieg erschienene Autobiographie wohl ziemlich endgültig ins Reich der Fabel verwiesen. Doch 1940/41 konnte man womöglich diesbezüglich mit manchem Recht ebenso seine Phantasie schweifen lassen, wie dies noch heute die Boulevardblätter bezüglich aller möglicher Stars und Sternchen tun, über deren Privatleben sie eigentlich gar nichts Genaues wissen.
Und wenn im Dritten Reich ein solcher Fall wie Renate Müller möglich war, dann, so möchte man sagen, wird man – letztlich – auch fast alle Geschichten des Felix Groß wenigstens für denkbar halten müssen.
Auch drängt sich nach längerer Beschäftigung der Eindruck auf, dass Groß für viele seiner Erzählungen den Ausgangspunkt genommen hat von Presseberichte oder Buchveröffentlichungen (siehe seine Darstellungen zu Renate Müller, Margarethe Kirstner). Und so wäre es naheliegend anzunehmen, dass auch bei jenen Erzählungen, für die einem bislang keine anderen Presseberichte oder Buchveröffentlichungen bekannt sind (etwa zu Helene Bechstein), derartige Quellen – ob zuverlässig oder nicht - der Ausgangspunkt für die Erzählungen von Gross gewesen sein können.
Womöglich war es also um 1940 auch einfach eine Modeerscheinung, nicht nur Bücher über Adolf Hitler herauszubringen (siehe Hermann Rauschning), sondern insbesondere auch über Hitlers Verhältnis zu Frauen. So war ja am 15. Juni 1940 auch ein Bericht von Pauline Kohler – unter anderem über Hitlers Beziehung zu Renate Müller - erschienen.
1. Kapitel: Hitler „muss“ heiraten
Das erste Kapitel handelt von der Geldknappheit der NSDAP im Jahr 1931, dann davon, dass Geli Raubal unsterblich in Hitler verliebt gewesen wäre, dieser die Liebe aber nicht erwidert hätte, woraus sich von beiden Seiten eine Art Hassliebe aufeinander entwickelt hätte:
The more enamored she became of him, the more cruelly he treated her. (…) With perverted cruelty Hitler kept Angela Raubal like a prisoner, yet took no notice of her, her devotion to him and her suffering. (…) His persecution mania (…) made Hitler suspect his niece of having joined a plot against his life.
Deshalb habe Hitler nur noch selten in seiner Wohnung gegessen und geschlafen. Dann munkelt Groß:
What actually happened between Hitler and Geli in the last days of September, 1931, will never be known.
Diese Munkelei steht aber dann in allzu konfusem Kontrast zu seiner detaillierten Schilderung der Ermordung Geli Raubals im Auftrag von Himmler und Heydrich im 3. Kapitel (siehe gleich).
Als Hitler wegen Geli Raubal immer verrückter geworden sei, habe ein „innerer Zirkel“ der Partei beschlossen (nun, dabei kann es sich auch um eine satanismusnahe Loge gehandelt haben), dass Putzi Hanfstaengl für Ablenkung sorgen solle. Im Haus von Hanfstaengl hätte Hitler dann Putzi's Schwester Erna kennengelernt und sich heftig in sie verliebt. Diese habe die Liebe aber nicht erwidert, sondern nicht wenig später dem Professor Sauerbruch zugewendet.
Kommentar: Dass es eine Liebe Hitlers zu Erna Hanfstaengl gegeben hat, wird in der Literatur nicht ausgeschlossen. In einem Tischgespräch vom 25. Januar 1942 erwähnt Hitler die Schönheit Erna Hanfstaengls und die ihrer Mutter. Hitler war ja schon nach dem mitßglückten 9. November 1923 in das Haus von Putzi Hanfstaengl geflüchtet und hatte sich dort versteckt gehalten. Und dort war auch Erna Hanfstaengl anwesend.
Gross sucht in seinem Buch quasi den Eindruck zu erwecken, als wäre das Hauptproblem in der Zeit vor 1934 in der NSDAP Hitlers Verhältnis zu Frauen gewesen, und als hätten sich alle möglichen Leute mit allen möglichen Motiven darüber Gedanken gemacht, wie darauf Einfluss zu nehmen sei und was für Folgen aus dem jeweiligen Verhältnis zu erwarten seien. Als Motive auf Seiten der „Rivalen“ Hitlers werden von Gross Erwägungen genannt und unterstellt wie: Finanzierung der NSDAP durch „reiche“ Heirat, „Ruhigstellen“ Hitlers durch eine Beziehung, bzw. Gefahr der Ruhigstellung, Verbürgerlichung Hitlers durch eine Beziehung und so weiter und so fort.
All das wirkt ziemlich überzogen und aufgesetzt, geradezu komödienhaft. Aber man fragt sich natürlich auch, warum Gross meinte, diese Dinge so darstellen zu müssen, von denen doch gerade er besser als viele andere hätte wissen müssen, dass das alles zumindest so platt nicht gewesen ist.
Um die Finanzprobleme der Partei zu lösen, seien dann mehrere darauf gekommen, dass Hitler Winifred Wagner (1897-1980), die reiche Witwe Siegfried Wagners, heiraten sollte.
Kommentar: Tatsächlich heißt es auf Wikipedia:
1933 kursierten Gerüchte, eine Eheschließung zwischen Hitler und Winifred Wagner stehe bevor.
Dann wird von einer Konkurrenz zwischen Himmler und Heydrich gegen Goebbels gesprochen, in deren Verlauf die beiden ersteren ein Gespräch zwischen Goebbels und dem Grafen Helldorf abgehört hätten, in dem ebenfalls diese Heiratspläne besprochen worden seien. Und zur Durchführung derselben hätten sie nun den Hellseher Hanussen gewonnen, so lässt Gross Heydrich an Himmler berichten (S. 24f):
„Everything has already been prepared to work with machine-like precision. They – Dr. Goebbels and Count Helldorf – have now secured the services of that dangerous charlatan, Eric Hanussen ...“
So endet das Kapitel I.
2. Kapitel: Der Hellseher Hanussen
Das Kapitel II gibt dann über viele Seiten hinweg einen ausführlichen Bericht über das Leben von Erik Jan Hanussen seit dessen Zeit im Ersten Weltkrieg (S. 26-40). In dem Kapitel heißt es dann (S. 33; Hervorh. n. i. Orig.):
Was ihn am meisten interessierte, waren die ausgezeichneten Geschäftsperspektiven, die sich ihm im Umfeld der Nazis eröffneten. Gemäß zuverlässiger Auskünfte waren alle hohen Nazi-Führer, einschließlich Hitler, gläubige Anhänger der Astrologie. (…) Herr Hitler, Göring, sogar der zynische Röhm, alle konsultierten regelmäßig Horoskope. Der Boden war deshalb gut bereitet für die okkulten Aktivitäten von Hanussen. Es blieb nur die Schwierigkeit, Zugang zum inneren Nazi-Zirkel zu bekommen. (…) Die Bekanntschaft mit Graf Helldorf war deshalb ein Glücksfalls für Hanussen.
(Original:) What interested him most, were the excellent business prospects open to him in the Nazi field. According to reliable information, all the high Nazi officials, Hitler included, were faithful adherents of astrology.Herr Rosenberg had proclaimed the consultation of the stars an old Teutonic custom. Sceptics he had silenced by pointing out that their greatest authority, Goethe, had started his autobiography with a detailed description of the heavens at the time of his birth. Herr Hitler, Goering, even the cynic Roehm, all consulted horoscopes regularly.
The ground was thus already prepared for Hanussen's occult activities. There remained only the difficulty of gaining access to the inner Nazi circle. (…) Count Helldorf's acquaintance, therefore, came as a godsend to Hanussen.
Kommentar: Dass die hier getroffene Behauptung über Röhm stimmte, wird in meinem Buch „Hitler und die Astrologen“ hinreichend aufgezeigt anhand seiner Kontakte zu dem Astrologen Karl-Günther Heimsoth (1899-1934).
Hanussen, so Gross, habe über seine zahlreichen von ihm bezahlten Mädchen in Berlin über ein Spitzelsystem verfügt, über das er viele Informationen erhielt, die er dann einsetzte, um seine zweifelnden Kunden - hier den Grafen Helldorf - von seinen „Künsten“ zu überzeugen. Dem Grafen Helldorf sagte er, er hätte (über Fernwahrnehmung) „gesehen“, dass er sich mit Rudolf Diels getroffen hätte (ebd. S. 34f), damals – wie Gross? - leitender Mitarbeiter der preußischen politischen Polizei unter dem preußischen Innenminister Severing, später Gründer der daraus hervorgegangenen Gestapo. Das habe Helldorf aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht und ihn zur Zusammenarbeit mit Hanussen verleitet. Das darauf folgende Gespräch habe dann folgenden Verlauf gehabt, Helldorf (ebd., S. 38):
„Der Führer ist verrückt nach Astrologie. Seit den Tagen in München hat er immer Horoskope konsultiert, bevor er wichtige Entscheidungen traf..(…) Unglücklicherweise überzeugten ihn seine Sternengucker, dass der 8. November genau der Tag wäre, an dem Mars günstig und Saturn freundlich geneigt wären. Alles war für den 10. vorbereitet. Aber Hitler kümmerte sich nicht darum. Er glaubte mehr an die Macht der Sterne.“
(Original:) „You must put your divine powers at the service of the Party as you say. You must assist our Führer by your prophecies and - -“
„I'm affraid that Herr Hitler will not listen to the predictions of a stranger, and a foreigner at that.“
„This you can leave to me and my friends. Der Führer is crazy about astrology. Since his days in Munich he has always consulted his horoscope before taking any important decisions. For this reason we have often missed good opportunities as in the opinion of his astrologers the constellations were against him, and we had to wait. I suppose those stargazing chaps didn't know their job. Or sometimes we jumped off too early for the same reason. The Munich Putsch in 1923 would have succeed had Hitler only waited a day or two until everything was properly prepared. But unfortunately his star-peepers persuaded him that November 8th was just the day as Mars was favourable and Saturn kindly inclined. Everything had been prepared for the 10th. But Hitler did not care. He believed more in the power of the stars.“
A pact was sealed between Herr Hanussen and Count Helldorf. The great magician was to put his wealth, his organization, and his powers at the disposal of the Party. His reward he could find when the Nazis had seized power in the coming Third Reich.
Kommentar: Diese Ausführungen würden gut zu anderen Ausführungen passen, nach denen Hitler auch die Angriffstermine im Westen 1940 und Osten 1941 mit Astrologen abgestimmt haben soll (siehe „Hitler und die Astrologen“).
3. Kapitel: Der Tod Geli Raubals (18. September 1931)
Die „Story“: Am Anfang des 3. Kapitels fragt Heydrich Himmler (eig. Übersetz.):
Sollen wir diesen Hanussen ermorden?
Und Gross lässt Himmler antworten:
„Mein lieber Heydrich, Sie dürfen nicht vergessen: Tote erzählen keine Geschichten mehr. Aber ein lebender Hanussen wird uns noch einige interessante Geschichten zu erzählen haben über seine Freunde Röhm, Goebbels und Helldorf. Lassen wir Goebbels seinen Krieg mit den Strassers ausfechten. Der Führer hat es so angeordnet. Indem sie einander auszustechen versuchen und die Gunst des Führers zu gewinnen versuchen, denke ich, leisten sie mehr für die Partei, als wenn sie in Harmonie arbeiten würden. Es ist auch für uns persönlich viel sicherer. Irgendwelche anderen Neuigkeiten?“
„Unser Agent in Luzern, der Erna Hanfstaengl beschattet, berichtet, dass dort gestern Abend Frau Hanfstaengl eine Gesellschaft abgehalten hat, um die Verlobung ihrer Tochter mit dem berühmten Münchner Chirurgen, Professor Sauerbruch, zu feiern.“
Das Kapitel schildert dann die Ermordung von Geli Raubal. Ohne jede weitere Motivierung sagt Gross:
Nach langer Diskussion wurde beschlossen, dass Himmler mit der Aufgabe betraut werden sollte, Geli zu „erledigen“.
Merkwürdiger- oder auffallenderweise setzen diese Worte kein Hierarchiegefälle zwischen Himmler und Heydrich voraus. Beide besprechen dann den Plan der Ermordung von Geli. Himmler und Heydrich werden dabei so dargestellt, als wären sie schon im Besitz der Macht und als verfügten sie über den Staatsapparat. Himmler verfügt etwa über Knöpfe an seinem Schreibtisch, mit denen er eine Warnung an seiner Tür einschalten kann. Auch entsteht der Eindruck, als ob beide in ihrer Arbeit schon seit Jahren bestens aufeinander eingespielt wären. Der Mord sollte - wenn nötig - nach Betäubung durch Chloroform stattfinden und dann als Selbstmord getarnt werden. Durchführen sollte ihn ein „Werner“ unter Hilfe von einem „Franz“:
„Der Distriktarzt ist auch einer der unseren.“ (…) „Und was ist mit dem Führer?“ „Er wird nichts damit zu tun haben.“
Kommentar: Erst am 30. April 1931 war Heydrich unehrenhaft aus der Marine entlassen worden und erst im August 1931 hatte er sich erstmals Himmler vorgestellt. Der Beginn der geheimdienstlichen Tätigkeit von Heydrich in München wird nach allen sonstigen Zeugnissen - Lina Heydrich etc. - als äußerst einfach und spartanisch dargestellt, mit spärlichster Personal- und Sachausstattung. Natürlich - diese Darstellungen könnten auch der für Geheimdienste immer so wichtigen „Legenden“-Bildung gedient haben.
Andere oder ergänzende Version: Gross versucht hier 1941 - wie 1946 Gisevius – öffentlich gut bekannten Figuren wie Himmler und Heydrich das zu unterschieben, was ein weniger bekannter, aber eben tatsächlich gut ausgestatteter „Schatten-Geheimdienst“ damals tatsächlich in Szene gesetzt hat. Und warum sollte Gross diesem „Schatten-Geheimdienst“ nicht zumindest ähnlich nahegestanden haben wie Gisevius?
Die ganze Deutung des Falles von Geli Raubal durch Gross – unerwiderte (Hass-)Liebe zwischen Hitler und Geli, weder Selbstmord, noch Mord durch Hitler - klingt so ungewöhnlich, aber zugleich auch psychologisch durchaus in ein Gesamtbild passend, und in der Sache selbst nicht ohne gar zu auffällige Widersprüche zu sonst bekannten Tatsachen, dass sie schon deshalb womöglich mancher Beachtung wert sein könnte.
Dabei brauchen die durch Gross angedeuteten reichlich phantastischen Motivierungen – wie auch sonst – nicht weiter beachtet werden. Die Motive könnten – wie auch sonst häufig - im okkult-satanistischen Bereich gelegen haben und Hitler könnte der Tod Geli Raubals - aus „den und den Gründen“ - vorausgesagt worden sein, so dass er ihn willig und widerspruchslos hingenommen haben könnte.
Gross lässt Himmler dann die Nachricht vom Tod Geli's an Hitler in Berchtesgaden überbringen (S. 44f), wobei er Hitler ohne jede Anteilnahme auf diese Nachricht reagieren lässt. Hitler
gab vor, an ihren Selbstmord zu glauben und drückte sein Missfallen aus über ein Mädchen katholischen Glaubens, das sich das Leben nimmt.
Damit lässt Gross Hitler die wahren Zusammenhänge durchaus erahnen. Gerade auch dieser Umstand passt zu viel von der Art geheimdienstlicher Steuerung, die man auch sonst bei Hitler zu beobachten glaubt. Etwa wenn Hitler 1938 vorgab, an die Homosexuellen-Vorwürfe gegen von Fritsch zu glauben. Auf dieser Linie gibt es ja noch viele weitere Beispiele.
Gross schildert dann, Hitler sei über die gleichzeitig bei ihm eintreffende Nachricht, dass Erna Hanfstaengl sich mit dem Arzt Ferdinand Sauerbruch verlobt habe (der ihn unmittelbar nach dem Hitler-Putsch 1923 im Haus Hanfstaengl an der Schulter behandelt hatte), viel mehr schockiert gewesen, als über den Tod Geli's.
Kommentar: Von einer Verlobung zwischen Sauerbruch und Erna Hanfstaengl ist in biographischen Abrissen zu Sauerbruch nirgendwo die Rede, dort heißt es lediglich:
1923 machte er die Bekanntschaft mit Erna Hanfstaengl, mit der er später zeitweilig eine Liebesbeziehung führte.
Oder:
1923 - Sauerbruch lernt Erna Hanfstaengl kennen, mit der er später zeitweilig zusammenlebt.
Konrad Heiden schrieb 1936 in seiner Hitler-Biographie, an der sich Gross orientiert haben könnte:
Alle seine Beziehungen zu Frauen haben einen merkwürdigen Verlauf. (…) Erna Hanfstaengl ist eine Grosse, eindrucksvolle, viel begehrte Dame der Münchner Gesellschaft, stolz und kühl. Hitlers Neigung ist heftig, aber anscheinend ziemlich einseitig; Erna Hanfstaengl zieht ihm den Chirurgen Sauerbruch vor.
Gross lässt jedenfalls dann Hitler zu Himmler sagen (S. 45):
„Dieser Kerl, Herr Professor Sauerbruch, den Fräulein Hanfstaengl heiraten wird, scheint sich nicht besonders wohl dabei zu fühlen, in München zu bleiben. Ich las grade in der Hanussen-Zeitung, dass er den Ruf an einen Chirurgie-Lehrstuhl an der Berliner Universität angenommen hat. Nebenbei: Lesen Sie eigentlich die Hanussen-Zeitung regelmäßig? Eine ausgezeichnete Zeitung. Der Mann muss wirklich über fabelhafte Voraussicht verfügen ...“
Und Gross schreibt weiter:
Und nun war das Leben von Herrn Hitler diktiert durch die Konstellationen der Sterne und Herrn Hanussen's Voraussagen. Er bot Hanussen ein fabelhaftes Gehalt an, um für ihn allein zu arbeiten, aber der schlaue Magier dankte höflich und war sogar unwillens, den Führer persönlich zu treffen. Hanussen fürchtete, dass die scharfsinnigen Augen Hitlers bald seine nichtarische Herkunft erkennen würden, die Graf Helldorf und noch nicht einmal der feinnasige Dr. Goebbels bisher entdeckt hatten, noch nicht einmal vermutet hatten.
Über Telefon und Telegramm, über seine Zeitungs-Artikel, über Nachrichten übermittelt durch Helldorf, dirigierte Hanussen die Wege von Herrn Hitler. Immer wieder wies er in seinen Prophezeiungen darauf hin, wie günstig die Venus-Konstellation in dieser Zeit zur Lyra stand. Das hieß, so erklärte er, dass eine Frau, die mit Musik in Zusammenhang stand, Herrn Hitlers Schicksal beeinflussen würde. Er sollte vorsichtig sein, was die Zwillings-Konstellation betrifft, sie bedeute Unglück. Hanussen wusste, dass Hitler Venus interpretieren würde als in Verbindung stehend mit Liebe, und Lyra mit Frau Wagner. Die Gefahr der Zwillings-Konstellation warnte vor niemand anderem als den Strasser-Brüdern. Hitler gab sofort Befehl, einen Besuch in Bayreuth zu arrangieren. Und Himmler erhielt zur gleichen Zeit strikte Order, die Strasserbrüder gut zu überwachen und ihm über ihre täglichen Bewegungen zu berichten.
So endet das 3. Kapitel.
Kommentar: Hier wird gut erkennbar, wie Gross arbeitet. Er gibt sich wirklich nicht viel Mühe mit der richtigen zeitlichen Einordnung der Zusammenhänge. Er fabuliert darauf los mit allem, was er so in der Erinnerung und im Hinterkopf zu haben scheint. Und von dort scheint er in der Tat viele Details abrufen zu können. Aber er hat alles noch nicht einmal anhand von Nachschlagewerken wie „Who is who“ oder ähnlichem überprüft und zeitlich richtig eingeordnet.
Denn dort hätte er ja schnell herausbekommen können, dass Sauerbruch schon 1928 an die Universität Berlin gewechselt war. Dementsprechend scheint es auch sehr zweifelhaft, dass über die Verlobung Erna Hanfstaengls ausgerechnet im September 1931 in der Hanussen-Zeitung berichtet worden ist. Und auf ähnlich „fabelhafter“ Linie wird dann auch ein Grosser Teil von allem anderen liegen, was Gross so schreibt und berichtet: Ein wahrer Kern mag immer enthalten sein, aber die zeitliche Einordnung kann um mehrere Jahre falsch liegen, womit dann auch die jeweils von Gross gegebenen Motivierungen der handelnden Personen in sich zusammen brechen. Die Sorglosigkeit der Berichterstattung scheint geradezu das Prinzip dieses Buches zu sein. Es scheint nur darum zu gehen, eine schnell dahin geschriebene Geschichte zu liefern.
Abb. 10: Adolf Hitler bei Winifred Wagner (undatiert)
4. Kapitel: Die Bayreuther Festspiele
Das nächste, das 4. Kapitel, gibt dann eine Schilderung der Bayreuther Festspiele. Und es wird natürlich aufgrund der Zusammenhänge nahegelegt, dass es sich um die des Jahres 1931 gehandelt hat. Dabei macht sich der eingefleischte Wagnerianer Felix Gross noch nicht einmal die Mühe, sich klar zu machen, dass die Bayreuther Festspiele bis heute in der Regel vom 25. Juli bis 28. August stattfinden.
Gross, hingegen lässt Hitler Mitte September nach Bayreuth aufbrechen und dann dort die Festspiele stattfinden. Wann aber weilte Hitler in jenen Jahren wirklich auf den Bayreuther Festspielen? Er war das erste mal dort auf Einladung der Familie Bechstein im Jahr 1925. Übrigens auch das ein sicher nicht unwesentlicher Umstand für das Verständnis der Rolle des Ehepaares Bechstein und der Sichtweise von Gross auf diese Rolle. Hitler war dann etwa in Bayreuth am 31. August 1930. Ebenso war er am 14. November 1930 bei Winifred Wagner,
die ihm die Sorgen ums Festspielhaus ausbreitet.
Dass Winifred Wagner diese Sorgen Hitler sagte, schildert der Sache nach auch Felix Gross, verlegt dies allerdings in den September 1931. Über Hitler-Besuche der Festspiele und Winifred Wagners in den Jahren 1931 und 1932 findet sich in der seriösen Literatur (bei nur oberflächlicher Recherche) zunächst kein Hinweis.
Auch womöglich merkt man auch daran wieder: Gross ist einerseits gut informiert, kümmert sich aber nicht im geringsten um die korrekten zeitlichen Zuordnungen, die an einer Stelle einmal leicht ins Bewusstsein zu rufen gewesen wären (jährliches Datum der Festspiele), an anderer Stelle aber durchaus auch nicht ganz so einfach zu recherchieren gewesen sein dürften für Felix Gross wie das heute möglich ist (etwa die tatsächlichen Besuchstermine Hitlers in Bayreuth).
Dass aber Winifred Wagner Hitler wiederholt ihre finanziellen Sorgen mitteilte, dürfte sich unter den Wagnerianern, unter denen sich Felix Gross sicher auch noch im Jahr 1931 ganz selbstverständlich bewegt haben wird, gut bekannt gewesen sein.
Hitler war auch am 27. Juli 1933 auf den Bayreuther Festspielen, ebenso vom 22. bis 27. Juli 1934, also nach den Röhm-Morden. 1934 lässt Hitler die nicht verkauften Eintrittkarten aufkaufen (ebd.), ein Vorgang, von dem Gross ebenfalls weiß (S. 51), den er aber wieder einmal zeitlich falsch zuordnet und in das Jahr 1931 verlegt.
Die Fakten: Adolf Hitler war tatsächlich am Todestag von Geli Raubal morgens aus München Richtung Bayreuth abgefahren. Allerdings kehrte er auf die hinterher gesandte Nachricht vom Tod Geli's sofort wieder nach München zurück und fuhr in diesem Jahr dann – soweit übersehbar - nicht mehr nach Bayreuth. Zumindest hielt er sich die Tage nach dem Tod von Geli in St. Quirin am Tegernsee auf.
An allem wird erkennbar, wie fast grenzenlos sorglos Gross Wahrheit und Falschbehauptungen in diesem Buch durcheinanderwürfelt und miteinander vermischt, geradezu so, als sei dies gar mit Absicht geschehen.
In Kapitel 4 gibt Gross eine schnell dahin geworfene Schilderung der nationalsozialistischen Massenaufzüge in Bayreuth anlässlich der Festspiele (S. 47-50). Natürlich wird er sie selbst so erlebt haben. Dinge und Zusammenhänge, mit denen sein eigenes Leben zutiefst verwoben waren, schildert er dann folgendermaßen (S. 50f):
In der Villa Wahnfried hatten Grosse Veränderungen stattgefunden seit dem letzten Jahr. Frau Cosima Wagner, die Frau des Grossen Komponisten, war in ihrem dreiundneunzigsten Lebensjahr gestorben. Eine Grosse Ära in der Musikgeschichte war mit dem Tod dieser außergewöhnlichen Frau zu Ende gegangen. Die Geschichte ihres Lebens liest sich wie eine dieser romantischen französischen Novellen des frühen neunzehnten Jahrhunderts.
Man merkt: hier spricht ganz und gar der alte, verehrende Wagner-Verehrer, der Felix Gross zumindest bis 1934 gewesen ist. Weiter:
Als illegitime Tochter des Komponisten Franz Liszt und der Gräfin Marie d'Agoult, hatte sie die Unstetigkeit des Charakters ihres Vaters und die romantische Sehnsucht nach Irrealität ihrer Mutter geerbt. Nach Wagners Tod wurde Frau Cosima der spirituelle Kopf und praktische Manager der Bayreuther Festspiele. Strenger Konservatismus und strikte Tradition herrschten vor sowohl in ihrem Haus wie im Opernhaus.
Nach dem Tod dieser Grossen Dame und ihres Sohnes, übernahm Siegfried Wagner's Witwe, Frau Winifred Wagner, die Herrschaft in Bayreuth. Sie war eine geborene Engländerin mittleren Alters und Mutter von drei fast erwachsenen Kindern. Obwohl nicht schön, waren Frau Wagner ein natürlicher Charm und Freundlichkeit mitgegeben und durch viele Reisen und einen ausgeprägten Geschäftsinstinkt hatte sie Erfahrungen gesammelt in der Fähigkeit, sich Freunde zu erwerben. (…)
Es gab noch eine tiefere Verbindung zwischen Hitler und Wagner. Beider Ideen, Leben und ganze Mentalität waren gegründet auf mittelalterlichem Romantizismus, auf Mystizismus und Symbolismus. Nietzsche, Wagners intimer Freund, war der erste, der dieses gefährliche Gift in der Wagnerschen Kunst erkannte.
Das schreibt derselbe Autor, der 1927 ein 370-seitiges Wagner-Buch herausgebracht hatte mit dem Titel „Die Wiedergeburt des Sehers - Wagners 'Ring des Nibelungen' und 'Parsifal' als eine neuerstandene mythische Weltreligion“, der also als vormaliger Privatsekretär ihres verstorbenen Mannes viel zur Propagierung dieses „mittelalterlichen Romantizismus, Mystizismus und Symbolismus“ getan hatte! Man fragt sich bei diesen Worten: Wie ernst hatte es Felix Gross dann eigentlich selbst jemals mit seiner eigenen Wagner-Anhängerschaft gemeint?
Jedenfalls, überall wird spürbar: Hier spricht der Kenner durch und durch. Und auch jemand, der ziemlich leicht selbst das infrage stellen kann, was er Jahre und Jahrzehnte lang nach außen hin betrieben und dargestellt hat. Und dann kommt Gross auch noch auf jenen einstigen persönlichen Förderer zu sprechen, der ihn an Uexküll weiterempfohlen hatte, der seine Bücher beworben hatte und mit dem er eng zusammen gearbeitet hatte. Über diesen äußert er sich - folgendermaßen:
Für ihn (Hitler) hatte Bayreuth in früheren Jahren noch eine andere Attraktion. Im Wagner-Haus hatte, gelähmt und allein, Frau Cosima's Schwiegersohn, Houston Stewart Chamberlain, gelebt, der berühmte Autor eines voluminösen aber ziemlich verwirrten Buches „Grundlagen des Zwanzigsten Jahrhunderts“.
Gross will sogar vergessen haben, dass dieser Klassiker eigentlich heißt „Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“? So sorglos schreibt er in diesem seinem „Hitler's Girls“-Buch? Weiter:
Dieses Buch war, bevor Herr Hitler „Mein Kampf“ schrieb, die offizielle Nazi-Bibel. Aber Chamberlain war seit mehr als vier Jahren tot.
„Offizielle Nazi-Bibel“ dürfte ebenfalls etwas gar zu arg übertrieben sein und markiert einen deutlichen Umfall zurück in den üblichen Jargon und in die übliche oberflächliche Denk- und Darstellungsweise seines „Hitler's Girls“-Buches. Den Besuch Hitlers bei Winifred Wagner lässt Gross dann folgendermaßen vorbereitet sein durch Hintergrundkräfte (S. 53):
Something was definitely in the air. Strange that for several days now she had from an anonymous sender received an extraordinary Berlin newspaper, Hanussen's News. Marked with red pencil, the horoscope of the day had cautioned widows to watch Mars and Venus, whose brightness indicated that love would enter their lives – a love between a widow and warrior.
Hitler wird dann als Blödmann und tumber Thor dargestellt im Umgang mit Frauen - hier Frau Winifred Wagner. Hitler hätte schließlich – im Privatgespräch – einmal erneut schreiend seine oft wiederholten Angriffe gegen das Judentum kundgetan, über eine Stunde lang. Gross wird sich selbst in dem gesehen haben, was er dann weiter schrieb, vielleicht schrieb er dabei ja auch über persönliche Bekannte oder Informanten:
Einige wenige Gäste wie der berühmte Dirigent Bruno Walter, Leo Blech, Otto Klemperer, die einzigen „nicht-arischen“ Gäste im Haus, aber ebenso einige reine Arier wie Adolf Busch und der Prinz Fürstenberg gingen als ein Zeichen ihrer Indignation. Frau Wagner bemerkte ihr Gehen noch nicht einmal. Sie schien hypnotisiert. Ihre Augen verschluckten fast den Redner.
Nach dem Ende von Hitlers Monolog hätten auch alle übrigen „verständnisvoll“ den Raum verlassen, um Adolf Hitler mit Winifred Wagner allein zu lassen. So endet das 4. Kapitel von „Hitler's Girls“.
5. Kapitel: Hitler am Grab Geli Raubals (26. September 1931)
Im 5. Kapitel lässt Gross Hitler von Bayreuth nach Wien fahren, um Geli Raubal's Grab dort zu besuchen. Aber danach lässt er ihn wieder nach Bayreuth zurückkehren.
Hitler fuhr am 26. September 1931 tatsächlich nach Wien, allerdings von Hamburg aus. Über Himmler sagt Gross (S. 58):
Täglich erhielt er Berichte über Goebbels Aktivitäten in Bayreuth von seinen Vertrauensleuten in Berlin. Diese Agenten waren meistens Mitglieder von Otto Strassers und Kapitän Stennes'„Schwarzer Front“, die ohne des Doktors Wissen in Goebbels Propaganda-Abteilung arbeiteten.
Diese Agenten seien bei der Trennung von Otto Strasser und Hitler innerlich auf Seiten von Strasser, äußerlich auf ihren Posten geblieben:
Himmler schaffte es, Informanten auf beiden Seiten zu haben.
In Bayreuth nun habe Goebbels es erreicht, dass Gregor Strasser zum Reichsorganisationsleiter ernannt wurde und hierfür von Berlin nach München versetzt wurde. Auch das war allerdings schon 1928 geschehen und nicht, wie Gross behauptet, 1931. Damit sei Goebbels einen scharfen Kritiker seiner selbst in Berlin losgeworden.
Damit nun Goebbels nicht noch weitere, ähnliche Erfolge in Bayreuth würde erringen können, lässt Gross Himmler mit der „Berliner Illustrierten Zeitung“ das Gerücht ausstreuen, Richard Wagner hätte jüdische Vorfahren gehabt. Und nachdem Hitler diesen Zeitungsartikel gelesen habe, habe er Bayreuth innerhalb einer Stunde und wieder einmal schleunigst und teppichbeissend verlassen. Mit innerem Groll gegen die Ausstreuer dieses Gerüchtes. Komödienschreiber Felix G ross.
6. Kapitel: Magda Goebbels und Hanussen
Im nächsten Kapitel lässt Gross Joseph Goebbels Magda Quandt kennenlernen. Damit liegt er ausnahmsweise einmal zeitlich einigermaßen richtig: Goebbels lernte Magda Quandt im November 1931 in Berlin kennen und heiratete sie schon am 19. Dezember desselben Jahres. Gross erzählt genüsslich die Scheidungsstreitigkeiten von Magda Quandt, bevor sie Goebbels heiraten konnte. Etwa dass sie – noch in erster Ehe verheiratet – ihre neue Nazifreunde eingeladen hätte, die ihr erster Ehemann nicht ausstehen konnte (S. 70):
Auf ihren Vorschlag hin brachte er (Goebbels) seine Freunde, den Grafen Helldorf, Karl Ernst, Prinz Auwi mit sich. Herr Eric Hanussen folgte und Frau Magda kam bald fast täglich in sein Beratungszimmer, um seine Vorhersagen für den Tag zu bekommen (für je 100 Reichsmark).
Von einer Verbindung zwischen Magda Goebbels und Hanussen liest man sonst, soweit übersehbar, in der Literatur nichts. Sehr wohl aber liest man in der Literatur von dem allgemeinen Interesse der Magda Goebbels für Astrologen, Wahrsagen, Handlesen und Kartenlegen, sowie für Buddhismus. Es dürfte sich lohnen, sich darauf hin noch einmal einige biographische Darstellungen zu Magda Goebbels genauer anzusehen:
Als Magda schon mit Goebbels verheiratet ist, liegen auf ihrem Nachttisch immer noch Bücher über den Buddhismus.
(ebd., S. 23):
… Astrologen, Wahrsagen und Handlesen und legt oft und gern die Karten, wenn ihre Tochter, die diese Leidenschaft ihrer Mutter nicht sehr schätzt, gerade nicht in der Nähe ist.
(ebd., S. 158):
… genau nachgeprüft. Die Sterne lügen nicht! 1933 wird das Jahr des Sieges sein!' Maria (Goebbels' Schwester, die zeitweise mit im Haus lebt) und ich blicken verdutzt. Wir wußten zwar, dass meine Tochter seit langem ein Hobby für die Astrologie hatte, aber so ultimativ hatte sie ihre Ansichten bisher nie geäußert.“
… Aber trotz ihres Glaubens an die Astrologie sind auch Magdas Nerven angespannt, und als Goebbels eines ...
Und:
Als Bella Fromm innerhalb eines öffentlichen Porträts Magdas Hang zum Buddhismus erwähnen wollte, wurde sie mit einem Schreiben von Goebbels' Sekretärin gestoppt: „Frau Reichsminister wünscht nicht, dass der Öffentlichkeit berichtet wird, dass sie sich für Buddhismus interessiert.“
Die 1938 emigrierte deutsch-jüdische Journalisten Bella Fromm schrieb (ebd., S. 59):
Magdas hübscher kleiner Kopf war ganz verwirrt von einer Fülle von Ideen und Lehren, die einander widersprachen. Sie interessierte sich plötzlich für Buddhismus und war eine Zeitlang von dieser alten Philosophie gefesselt.
Der Mitarbeiter von Joseph Goebbels, Wilfried von Oven, hat offenbar selbst an Astrologie geglaubt und berichtet über Magda Goebbels:
Dass sie sich schon in ihren Reifejahren und während ihrer ersten Ehe intensiv mit dem Buddhismus beschäftigt hat, steht außer Frage. Auch Goebbels wusste davon. Natürlich musste die – wie Goebbels – streng katholisch erzogene Magda, die darauf bestand, mit ihm protestantisch getraut zu werden, sich mit den Mängeln der beiden christlichen Bekenntnisse auseinandersetzen. Sie fand dabei in Buddhas Lehren, besonders dem Karma, ….
Und (ebd., S. 60):
… waren alle im gleichen Tierkreiszeichen, dem Skorpion (24. Oktober – 22. November geboren. Später wurde die Familie mit der jüngsten Goebbels-Tochter Heide noch um einen vierten Skorpion vermehrt. Man mag der Astrologie noch so skeptisch gegenüberstehen, wird aber doch nicht leugnen können, dass die Gestirne, denen unsere Vorfahren Stonehenge und andere megalithische Monumentalbauten weihten und mit denen sich danach die hellenistische und arabischen Weisen so intensiv beschäftigten, ….
(ebd., S. 61):
… Dieser Astrologe hat Goebbels, ohne ihn gekannt zu haben, treffender charakterisiert als der Ordinarius des Abiturienten-Jahrgangs
(ebd., S. 62):
… Skorpion-Menschen ...
Tagebücher Goebbels nach dem 20. Mai 1941, dem Luftlandeunternehmen auf Kreta (über Rudolf und Ilse Heß?):
... Der nun geriet in die Hände der Astrologen. Das Ergebnis liegt zutage. Seine Frau spielt noch die Grosse und gekränkte Unschuld. Sie trägt viel Schuld am politischen Untergang ihres Mannes. Man kann ihn nur bedauern. Er wird nie wieder in der Öffentlichkeit auftreten können.
Frau Springer empfangen. Ihr Mann ist auf Kreta gefallen. Ich tröste sie, so gut ich kann. Sie bewahrt eine tapfere Haltung. …
Und:
Wenngleich selbst die Astrologie, von der er eigentlich nichts hielt, „sonderbarerweise“ für Deutschland spreche, so schien ihm doch das Leben „so drückend, dass man alle Freude daran verliert“, denn fortwährend quälten ihn ...
7. Kapitel: Die Harzburger Front (11. Oktober 1931)
Im 7. Kapitel heißt es (S. 78):
Herr Hanussen, der erfindungsreiche Magier hat die Angelegenheit in seine eigenen Hände genommen. (…) Innerhalb weniger Tage belieferte Hanussen Goebbels mit einer reichen Auswahl von kompromittierenden Briefen von Kapitän Röhm an seine Liebhaber.
Von Goebbels wurde Hanussen angewiesen, eine Auswahl dieser Briefe – die weniger kompromittierenden – an einen Anti-Nazi-Journalisten liefern. Der gerissene Magier verkaufte sie zu einem erheblichen Preis an eine sozialistische Nachrichtenagentur.
Doch dadurch hätte Goebbels nicht sein Ziel erreicht, seinen Rivalen Röhm auszustechen, da die Veröffentlichung dieser Briefe in der Partei einfach übergangen worden wäre.
Um seinen Rivalen Göring auszustechen, habe Goebbels Hanussen veranlasst, über seine „Mädchen“ Göring mit Drogen zu beliefern. Aber Göring sei dadurch nur noch mehr aufgeblüht, anstatt sich mit diesen umzubringen (S. 79f). Mit Hilfe von Hanussen habe Goebbels dann versucht, seinen stärksten Rivalen, Alfred Rosenberg, auszustechen durch verschiedene Intrigen in der Hanussen-Zeitung und im „Völkischen Beobachter“. Alles habe sich als Fehlschlag herausgestellt. Auch sei es Magda Goebbels nicht gelungen, Adolf Hitler in Berchtesgaden zu verführen (S. 83).
Fast hat es ja den Anschein, als habe Felix Gross mit all diesem aufgesetzten Geschichten als Doppelagent heimlich für seine alten Freunde, die Nazis und Wagnerianer in Deutschland gearbeitet, und ihnen mit einer solchen Fülle von haarsträubenden Geschichten Belegmaterial in die Hände spielen wollen dafür, wie verlogen und „verjudet“ tatsächlich die Sensationspresse im westlichen Ausland wäre. So ganz leicht jedenfalls wollen einem die Beweggründe des Felix Gross beim Niederschreiben all dieser „Sex-and-Crime“-Geschichten ansonsten nicht eingehen.
Das Kapitel endet mit der Abreise Hitlers nach Bad Harzburg zur Bildung der „Harzburger Front“ mit den deutschen Konservativen.
8. Kapitel: Die Berliner politische Polizei und die Auslandsfinanzierung Hitlers (Januar 1932)
Im 8. Kapitel lässt Gross den Leiter der politischen Abteilung der Berliner Polizei (Abteilung IA), einen „Dr. Baschwitz“ auftreten (S. 87ff). Er residiert in seinem Hauptquartier in einem roten Backsteingebäude am Alexanderplatz und erklärt ausländischen Journalisten aus England und anderwärts die Situation in Deutschland, die Straßenkämpfe und politischen Morde, und dass die Nationalsozialisten einen gerichtsbekannten Zuhälter wie Horst Wessel zu ihrem nationalen Heros erhoben hätten.
Soweit aufs erste übersehbar, ist dieser „Dr. Baschwitz“, dessen Vornamen Gross nicht nennt, keine historische Person. Es gab zwar den Journalisten, Massenpychologen und Zeitungswissenschaftler Kurt Baschwitz (1886-1968), der 1928 bis 1933 Chefredakteur des Verlegerorgans „Zeitungsverlag - Fachblatt für das gesamte Zeitungswesen“ (ZV) in Berlin war. Aber von einer leitenden Position in der Berliner politischen Polizei ist in Bezug auf seine Person nirgendwo die Rede.
Gross lässt Baschwitz auch den Heldenmut seines direkten Vorgesetzten, des Vizepräsidenten der Berliner Polizei Bernhard Weiß (1880-1951), hervorheben. Mit diesem betritt man wieder festeren historischen Boden.
Um nun die Angaben von Gross besser einordnen zu können, müssen zunächst einige Daten über die preußische politische Polizei der Weimarer Republik zusammengetragen werden:
In Preußen waren um das Jahr 1930 etwa 1000 Beamte bei der politischen Polizei beschäftigt. In jeder der seinerzeit 44 staatlichen Polizeiverwaltungen Preußens war sie als Abteilung I der Verwaltungspolizei eingerichtet. In Berlin hatte sie 300 Mitarbeiter, in anderen Grossstädten wie Aachen, Dortmund und Kiel jeweils nur ein Dutzend. In der Mehrheit waren sie ausgebildete Kriminalbeamte, die sich meist freiwillig für diese Aufgabe gemeldet hatten.
Und ergänzend:
Etwa 90 % der Beamten der Politischen Polizei gehörten den Kriminalsekretär- bzw. den Kriminalkommissar-Laufbahnen an und nur 10 % den verwaltungspolitischen Beamten.
Mit 300 von 1000 Mitarbeitern kam natürlich der Berliner politischen Polizei (Abteilung Ia) ganz von selbst eine Leitungsfunktion zu für die gesamte politische Polizei in Preußen.
Bernhard Weiß nun hatte seit 1918 leitende Positionen in der Berliner Kriminalpolizei inne und war 1921 bis 1925 selbst Leiter der (politischen) Abteilung IA beim Polizeipräsidium und danach Polizeivizepräsident in Berlin. Seine Nachfolger waren von 1926 bis 1932 Wilhelm Abegg (1876-1951) und von 1932 bis 1934 Rudolf Diels (1900-1957), der zuvor unter Abegg tätig gewesen war und ihn 1932 zusammen mit dem Preußenschlag aus dem Amt katapultierte („Abegg-Affäre“). Die preußische politische Polizei (Abteilung IA) wurde dann von Diels in die Gestapo übergeleitet.
Polizeipräsident von Berlin war 1925 und 1926 Albert Grzesinski (1879-1947). Er wurde zwischen 1926 und 1930 preußischer Innenminister und in dieser Zeit übernahm den Posten des Polizeipräsidenten von Berlin Karl Zörgiebel (1878-1961). Danach übernahm wieder bis 1932, bis zum Preußen-Schlag, Grzesinski diesen Posten, der ihn nach dem Preußen-Schlag an Kurt Melcher (1881-1970) abgeben musste.
Wilhelm Abegg, der offenbar zu einem Viertel jüdischer Herkunft war (s. Wikip.), wird von Gross in seinem ganzen Buch nicht erwähnt. Abegg lebte 1941, zur Zeit des Erscheinens von „Hitler's Girls“ in der Schweiz. Er stand dort in einem Gedankenaustausch mit Allen Dulles, den Abegg allerdings 1944 von sich aus abbrach (s. Wikip.). Von einem solchen Vorgang hört man selten in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Abegg scheint ein aufrechter Mann gewesen zu sein.
Jedenfalls scheint dieser Abbruch wesentlich dazu beigetragen zu haben, dass Rudolf Augsteins „Spiegel“, seit jener Zeit und bis heute ein Hauptorgan der Public Relation-Abteilungen der westlichen Geheimdienste, 1949 nicht Wilhelm Abegg und seine anderen 1932/33 entlassenen preußischen sozialdemokratischen leitenden Kriminalpolizeibeamten für den Aufbau der neuen deutschen Kriminalpolizei für geeignet anpries, sondern jene „fortschrittliche“ Reichskriminalpolizei rühmte, wie sie unter Arthur Nebe (1894-1945) während des Dritten Reiches entstanden war. Offenbar hatten die hier anvisierten ehemaligen Gestapobeamten und die sie anpreisenden Journalisten keine Gespräche mit Allen Dulles abgebrochen.
Es ist zu vermuten, dass der „Dr. Baschwitz“ des Felix Gross für Wilhelm Abegg steht. Und man glaubt zu spüren, dass Felix Gross – oder Lektoren seines Buchmanuskriptes - mit der Nichtnennung des eigentlichen Namens von Abegg schon 1941 auf Abstand zu Abegg gehen. Denn sonst wird in „Hitlers Girls“ selten ein Name nicht genannt. Es lebt davon, mit vielen historischen Namen um sich zu werfen.
Das Buch geht also zu Abstand zu Abegg - aber nicht völlig. Denn die von Gross dann gegebenen Ausführungen sind eine bis heute nirgendwo beachtete, sehr spannende unabhängige Bestätigung all der Forschungen, die es in den letzten Jahrzehnten rund um das „Abegg-Archiv“ in der Schweiz gegeben hat und rund um die damit verbundene Unterstellung einer Auslandsfinanzierung Hitlers.
Gross lässt Baschwitz zunächst über die den Nationalsozialisten viel zu konziliante Haltung seines preußischen Innenminister Carl Severing (1875-1952) sprechen, um dann – und nun wird es spannend - auf die Verantwortung der westlichen Demokratien zu sprechen zu kommen. Jetzt beginnt man vielleicht zu verstehen, warum die von Felix Gross mitgeteilten Erkenntnisse unter einem so unernsthaften Titel und vermischt mit so unersthafter Behandlungsart erscheinen mussten. All das diente womöglich der Tarnung brisanter Inhalte? „Dr. Braschwitz“ argumentiert im folgenden nicht nur allgemein mit der Haltung des Westens gegenüber Deutschland seit 1918 (Versailles etc.). Nein, Gross lässt „Dr. Baschwitz“ unerwartet konkret werden. Und zwar so konkret wie es nur zu einem Wilhelm Abegg (oder ihm nahestehender Kollegen) passen kann. Und damit wird man verleitet zu vermuten, dass auch Felix Gross die Arbeit, Haltung und Einstellung des Wilhelm Abegg recht gut gekannt haben muss (S. 90f):
„In diesem Gebäude wissen wir vielleicht mehr als allerhand sonstige Leute über die feinen Fäden, die die City und die Wall Street und den Place de la Bourse mit dem Stahltrust in Düsseldorf und dem Kohlensyndikat im Rheinland verbinden. Dass Herr Hitler jetzt in Geld schwimmt und dass er und seine Satelliten mit Banknoten jonglieren können wie sie das noch vor wenigen Wochen noch nicht einmal mit Münzen konnten, das liegt vor allem an der Art der Kollaboration der ausländischen Trusts mit ihren deutschen Brüdern.“
Und ohne wörtliche Rede gibt Gross dann die weiteren Ausführungen von Baschwitz folgendermaßen wieder:
In der Zwischenzeit feilschen deutsche Staatsmänner wie der tapfere aber ahnungslose Dr. Brüning, blind gegenüber den Realitäten, mit gutgekleideten Engländern jener Brigade, die ihre Krawatte nach alter Schule bindet, und den französischen Marionetten der 'Zweihundert Familien' um winzige Konzessionen in Genf. (…) Und in der Zwischenzeit brachte Herr Hitler die Stärke seiner privaten, gut ausgerüsteten Armee dank französischer, englischer und amerikanischer Gelder auf fast eine Million Mann. (...)
„So viel Deutsch sollten Ihre Leute in der Downing Street verstehen, um zu erkennen, dass wenn dieser megalomane, dieser schizophrene Verrückte an die Macht kommt, es bedeuten würde, dass die Reiter der Apokalypse die Menschheit rücksichtslos niederreiten werden.“
Wahre Worte möchte man sagen. Aber was soll man davon denken, dass es gleich danach wieder mit grotesken Münchhausen- (oder Loge-/Loki-)Geschichten weiter geht? Gross lässt den „Dr. Baschwitz“ dann seine Freunde in den Kaiserhof führen, um ihnen dort Adolf Hitler zu zeigen, wie er mit Eva Braun zusammen sitzt (S. 92):
Eva Braun schien die Rolle der offiziellen Favoritin des Führers gegeben worden zu sein. Dr. Baschwitz's Agenten
- also die 300 der politischen Polizei Berlins (Abteilung IA), die ja offenbar Felix Gross ganz gut gekannt hat -
hatten bislang die wahren Zusammenhänge noch nicht ermittelt, aber Hitler war nun überall in ihrer Begleitung zu sehen und hatte sie etabliert in einer sehr eleganten Zwölf-Zimmer-Wohnung in München nahe seiner eigenen – alles bezahlt mit englischem Geld und aus englischen Geldbeuteln. Aber Leute wie Dr. Baschwitz zweifelten, ob hinter dieser sogenannten Affäre überhaupt irgend etwas steckte. Es war gut bekannt, dass die Nazis in der Öffentlichkeit Hitlers Normalität demonstrieren wollten nach all den Gerüchten über unterstellte Homosexualität. Nachdem er sich umgeben hatte mit so unverschämten Perversen wie Kapitän Röhm, Edmund Heines, Karl Ernst, Graf Spreti, Baldur von Schirach und Graf Helldorf, war es kein Wunder, dass es Leute für gesichert hielten, dass der Führer ebenfalls dem dritten Geschlecht angehörte.
Es gab ein Grosses Rennen in der Partei, so setzte Dr. Baschwitz seine Geschichte fort, Hitler mit einer Frau zu versorgen oder zumindest mit einer Mätresse. Nach dem Fehlschlag mit Frau Wagner führte Putzi Hanfstaengl einen Ersatz ein, (…) Frau Bechstein, die Witwe des Klavierbauers.
Immerhin hätte man damit einen Anhaltspunkt zur Datierung dieser Geschehnisse. Denn auf dem Wikipedia-Artikel zu Adolf Hitler heißt es:
Seit Januar 1932 kamen Gerüchte auf, dass Hitler mit Eva Braun, einer Angestellten seines Fotografen Heinrich Hoffmann, ein intimes Verhältnis habe.
Allerdings hat er ihr erst gegen Ende des Jahres eine eigene Wohnung gegeben. Auch heißt all das noch lange nicht, dass sich Hitler, wie hier von Gross geschildert, mit Eva Braun täglich in der Öffentlichkeit hätte sehen lassen. Und weiter: Die hier erwähnte Helene Bechstein (1876-1951) war verheiratet mit Edwin Bechstein (1859-1934). Edwin Bechstein starb am 15. September 1934. Also wieder einmal ein Datum, das Felix Gross leicht hätte recherchieren können, und das er nicht recherchiert hat. 1931 oder 1932 war Helene Bechstein keine „Witwe“.
Es könnte auffallend erscheinen, dass Felix Gross Helene Bechstein als Witwe in Erinnerung hat, obwohl er schon im Jahr 1933 emigriert ist. Das könnte heißen, dass er sich auch danach noch sehr genau auf dem Laufenden gehalten hat über die Vorgänge in Deutschland, oder dass er darüber gut informierte Berichte erhalten hat. Da das Ehepaar Bechstein zu den Wagner-Verehrern gehörte wie er selbst, muss das ja auch nicht allzu unwahrscheinlich sein.
Wobei einem bewusst wird: Dass der britische Geheimdienst überhaupt jemanden mit dem etwaigen Hintergrundwissen eines Felix Gross 1933 nach Kapstadt hat ausreisen lassen, will einem nicht so recht plausibel erscheinen. Vielleicht auch das ein Hinweis darauf, dass es sich bei dem Buch „Hitlers Girls“ vornehmlich um Hochstapelei handelt?
Im übrigen wird in der Literatur erwähnt, dass sich Helene Bechstein Hoffnungen darauf gemacht habe, dass Hitler eine ihrer Töchter heiraten würde. Hatte Felix Gross womöglich diesen Umstand falsch in Erinnerung behalten?
Jedenfalls lässt er den „Dr. Baschwitz“ dann noch von weiteren Versuchen berichten, für Hitler eine Frau zu finden. Nämlich mit der Opernsängerin Rosalind („Rosa“) von Schirach (1898-1981), einer Schwester Baldur von Schirachs. Und mit Henriette („Henny“) Hoffmann (1913-1992), einer Tochter des Hitler-Fotografen.
9. Kapitel: Ernst Röhm im „Eldorado“
Im nächsten Kapitel lässt Gross „Dr. Baschwitz“ abends die ausländischen Journalisten mitnehmen zu einer Razzia in einem Grossen Berliner Transvestiten-Nachtclub, dem „Eldorado“ im Berliner Westend. Die Schilderung, die Gross über dasselbe gibt, passt gut zusammen mit der Schilderung jenes „Eldorado“ in der Lutherstrasse 31/32 auf Wikipedia. Dort heißt es unter anderem auch:
Der englische Journalist Sefton Delmer, der mit SA-Chef Ernst Röhm einen freundschaftlichen Umgang pflegte, berichtete in seinen 1962 erschienenen Memoiren über einen gemeinsamen Besuch des Eldorados im Jahr 1931. Er bezeichnet es als öde und verrauchte Tanzbar. Dort kam ein Transvestit an den Tisch, den Delmer für einen Stricher hielt und Röhm für dessen Kunden. Der Transvestit plauderte mit Röhm über eine vergnügliche Party in den Tagen zuvor. Als dieser wieder gegangen war, meinte Delmer zu Röhm: „Da haben Sie es, Herr Stabschef. Keine weibliche Nutte würde so zu einem früheren Kunden kommen und sich in Gegenwart eines Fremden mit ihm über eine gemeinsam verbrachte Nacht unterhalten.“ Worauf dieser antwortete: „Ich bin nicht sein Kunde. Ich bin sein Kommandeur. Er ist einer von meinen SA-Männern.“ Röhms Lieblingslokal war jedoch das Schattenbild, ebenfalls ein Transvestitenlokal. Der spätere Politiker und SA-Gruppenführer Karl Ernst schlug sich eine Zeit lang mit diversen Jobs durch und war dabei auch - je nach Darstellung - eine Zeit lang Kellner, Angestellter[ oder Stricher im Eldorado in der Lutherstraße.
Und das ist auch genau die Botschaft, die Gross in diesem Kapitel vermitteln will. Die Razzia war auf Anweisung von „Dr. Baschwitz“ von Kriminaloberkommissar Seinemeyer vorbereitet worden. Wilhelm Seinemeyer hinwiederum ist eine historische Person. Baschwitz und Seinemeyer finden in dem Lokal vor (S. 100): Ernst Röhm, Karl Ernst, Edmund Heines, Hans Erwin Graf von Spreti-Weilbach (1908-1934),
dessen Wangen einen zarten Auftrag von Rouge aufwiesen,
und Baldur von Schirach,
dessen rotbemalte Fingernägel viel bewundert wurden.
Und in dieser verrauchten, alkoholisierten Tafelrunde lässt Gross nun Röhm sich darüber ärgern, dass Magda Goebbels keinem Homosexuellen die Hand drücken wolle, und dass sie ständig mit Hitler zusammensitzen würde (S. 104f):
„Wann immer ich Hitler zu erwischen versuche für eine wichtige Besprechung, ob in München oder hier in Berlin, werde ich von Schaub oder Brückner aufgehalten mit einem diskreten Lächeln: 'Entschuldigung, Chef, aber der Führer ist abgehalten und will nicht gestört werden.' (…) Und mir wird gesagt, dass Frau Magda Goebbels ihm die Prophezeiungen des alten französischen Astrologen Nostradamus vorliest, oder dass die damit beschäftigt sind, Horoskope zu gießen (?) oder dass sie bloß Hand in Hand in einem abgedunkelten Raum sitzen kosmische Inspiration erwartend. Wenn er nicht mit ihr zusammen ist, dann sitzt er über Stunden mit dieser alten Schachtel, Frau Bechstein, zusammen, Spiritualismus mit verrückenden Tischen spielend und Unterredungen mit dem Geist des alten Herrn Bechstein abhaltend. Na, wenigstens gibt es den Trost, dass Adolf von diesen Séancen profitiert.“
Und damit kommt Röhm dann darauf zu sprechen, dass Frau Bechstein – wie auch sonst aus der Literatur bekannt - sehr viel Geld an die Partei spenden würde.
Zum Schluss taucht der Polizeipräsident Weiss selbst im Eldorado auf, um Baschwitz mitzuteilen, dass Severing die geplante Razzia in letzter Minute abgesagt habe, da ihm zu Ohren gekommen war, dass Ernst Röhm sich selbst vor Ort befand, und weil ihn Brüning und Hindenburg gebeten hatten, nichts gegen Röhm zu unternehmen.
Gross macht aus all dem wirklich eine bizarre Szene, indem er rundum alle Menschen den Polizeipräsidenten erkennen lässt und sie „I-si-dor“ rufen lässt, so wie Goebbels es sie gelehrt hatte.
10. Kapitel: Die Nachrichten-Abteilung des Kurt von Schleicher
Das 10. Kapitel bereitet auf die Kanzlerschaft von Franz von Papen (1879-1969) vor. schildert Felix Gross Papen als einen bornierten, unerfahrenen, sorglosen und fahrlässigen Militärattaché in den USA in den Jahren 1913 bis 1915, der durch seinen sorglosen Umgang mit Geheimunterlagen das deutsche Auslandsspionagenetz in den USA verraten habe (S. 109):
Er war so sehr von seinen Fähigkeiten des Aufdeckens und Ausspähen überzeugt, dass er es ablehnte, die angebotene Hilfe einiger Experten der Nachrichten-Abteilung des deutschen Generalstabes anzunehmen.
Die Darstellung, die Gross gibt, deckt sich fast nahtlos mit der Darstellung auf Wikipedia, wo es heißt:
Insgesamt unterliefen ihm bei seiner Arbeit, die ihn unter anderem nach Mexiko führte, so viele Missgeschicke, dass er im Januar 1916 des Landes verwiesen wurde. Bei seiner Heimreise konnte er dank eines Diplomatenpasses die britische Seeblockade mit freiem Geleit passieren und so deutschen Boden erreichen. Papens naiver Glaube, dass die diplomatische Immunität seiner Person auch für sein Gepäck gelten würde, erfüllte sich jedoch nicht: Während seiner Kontrolle durch die britische Marine wurden ihm sämtliche Unterlagen, die er mit sich führte, abgenommen, so dass die Briten in den Besitz umfangreicher Geheiminformationen kamen und durch Quittungen, Rechnungsbücher und ähnliche Daten zahlreiche Angehörige Papens amerikanischer Agentengruppe identifizierten, was eine Reihe von Verhaftungen nach sich zog.
Ähnliches wäre von Papen dann geschehen bei seiner nachfolgende Arbeit während des Krieges in Palästina. Man glaubt aus dem Kapitel ablesen zu können, dass Felix Gross damals selbst in der deutschen Auslandsspionage tätig gewesen ist.
Des weiteren lässt Gross in diesem Kapitel auf die Bühne spazieren: Werner von Alvensleben und seinen Herrenclub, Kurt von Schleicher und seinen Spionagering, Heinrich Brüning, Oskar von Hindenburg, den Sohn des Reichspräsidenten, Wilhelm Groener, Kurt von Schleicher und Otto Meissner. Von fast allen erzählt er in flapsiger Weise Ausschnitte aus ihren bisherigen beruflichen und politischen Lebensläufen, von ihren Privatgewohnheiten, von ihrem Verhältnis zu Frauen und in welchen Lokalen sie es gewohnt sind zu essen, zu trinken und zu tanzen.
Und viele von ihnen haben einmal erneut ihre eigenen Detektive, Spione und Agenten. Über die Tätigkeit Kurt von Schleichers nach dem Ende des Ersten Weltkrieges schreibt er (S. 115):
Er hatte gelernt, wie man einen Spionagering organisiert und er wusste, zu welchen Zwecken man ihn benutzen konnte. Nichts passierte in irgendeinem Berliner Ministerium, in den Büros irgend eines Armeegenerals, in den Arbeitszimmern der ausländischen Botschafter, in den politischen Salons der Tiergartenstraße, in den Konferenzräumen des Reichstages, in den Fraktionssitzungen welcher Partei auch immer oder im Karl Liebknecht-Haus, dem Hauptquartier der deutschen kommunistischen Partei, das nicht innerhalb von 24 Stunden in Schleichers kleinen Raum in der Bendlerstrasse bekannt geworden wäre.
War an der Arbeit dieses Spionageringes etwa auch Felix Gross beteiligt? Auf Wikipedia heißt es über Schleicher:
1919 übernahm er die Leitung des politischen Referats im Truppenamt und avancierte zum engen Mitarbeiter und Berater des Chefs der Heeresleitung General Hans von Seeckt.
Erinnert sei, dass das jenes Jahr war, in dem Wilhelm Canaris als geheimdienstlicher Strippenzieher und Geldgeber der Rechtsverbände in die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verwickelt war. Schon damals wird Canaris auch oder insbesondere in guten Kontakten zur Bendlerstraße gestanden sein. Gross jedenfalls weiter (S. 115):
Wenn bestimmte Leute besser informiert gewesen wären, wären ihre Telefongespräche sicher diskreter gewesen. Das Postgeheimnis bedeutete für Schleicher's Agenten ebenfalls kein Problem. Sie erfuhren alles, was sie wollten, aus Telegrammen und Briefen. Doch ihre Aktivität war nicht auf Deutschland beschränkt. In Moskau, London, Paris, Genf, Brüssel beschafften sie für ihren Chef wertvolles politisches Material und erwiesen sich als ziemlich nützlich darin, Gerüchte zu streuen, Nachrichten zu verbreiten, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, Kontakt mit bedeutenden ausländischen Politikern herzustellen und zu beobachten, zu beobachten, zu beobachten.
Wie auch immer. Papen habe Schleicher nun ab einem bestimmten Zeitpunkt (wohl irgendwann 1931 oder 1932) entgegengearbeitet (S. 117):
Papens Agenten begannen, Schleicher zu beschatten. Es brauchte nur einen Tag oder zwei für die Bendlerstrassen-Agenten, um den Plan gegen ihren Chef aufzudecken. Schleicher war ziemlich amüsiert über Fränzchens Naivität. Für einige hundert Mark bestach er Papens Detektive und versorgte sie mit täglichen Berichten zur Übermittlung an ihren Auftraggeber. Als Schleicher im Geheimen durch Roehm im täglichen Kontakt mit den Nazis stand, war er sehr ängstlich, dass diese Aktivitäten nicht den anderen Mitgliedern der „Palast-Kamarilla“ bekannt würden.
Papen sei auch neidisch gewesen auf den Erfolg, den Schleicher bei Frauen hatte (S. 118f). Und dann kommt die nächste „tolle“ Geschichte. Felix Gross erzählt, wie sich Eva Braun täglich im Kaiserhof nach dem stumm eingenommenen Mittagessen mit beidseitigem Strammstehen und Hitlergruß von Hitler verabschiedet hätte und nur die Straße überquerte, um im „Adlon“ ihren Liebhaber, einen jungen, französischen Attaché zu treffen. Dieser habe sich aber auch häufig mit Schleicher getroffen und Eva Braun sei schließlich zu Schleicher als ihrem Liebhaber über gewechselt (S. 119). - Da bleibt man dann als Leser eigentlich nur noch sprachlos zurück.
Jedenfalls sei bei diesen nächtlichen Partien zu dritt oder viert auch Otto Meissner dabei gewesen. Damit kann Gross dann diese Figur über die Bühne spazieren lassen und kann so nebenbei auch die informierte Bemerkung über Paul von Hindenburg fallen lassen (S. 122):
Der alte Mann, ziemlich senil in seinem siebenundsiebzigsten Jahr konnte leicht gemanagt werden. Während des Krieges hatte Ludendorff ihn darin trainiert, alles zu unterschreiben, was ihm vorgelegt wurde.
Das Triumvirat Oskar von Hindenburg, Meissner und Schleicher sei schließlich ergänzt worden durch von Papen. Am ende des Kapitels lässt Gross Papen sich folgende Gedanken machen, um die Kanzlerschaft erreichen zu können (S. 124):
Und die Hindenburgs? Sie würden gekauft werden müssen.
Papen wollte sie mit der Schenkung ihres hoch verschuldeten Gutes Neudeck kaufen, so Gross.
11. Kapitel: Ein NS-Geheimdienst unter Walter Nicolai?
Das elfte Kapitel beginnt mit einer ausführlichen Geschichte darüber, wie Putzi Hanfstaengl Hitler davon überzeugt, dass alle bedeutenden und wohlhabenden Menschen – Napoleon, Mussolini … - eine Mätresse hätten, bzw. bräuchte, so wie solche Leute „heutzutage“ auch teure Autos führen, und wie Hanfstaengl zugleich Eva Braun davon überzeugt, dass sie die geeignete für diese Rolle wäre (S. 126f). Hitler weiß dann aber mit Eva Braun nicht so viel anzufangen und schlägt vor, sie als Agentin für Himmler arbeiten zu lassen. Als solche landet sie an einem Abend gedankenlos in der russischen Botschaft, was wiederum Himmler in Rage bringt. Aber schlimmer war dann einige Wochen später für Himmler, dass Eva Braun über Ernst Röhm in Kontakt kam zu Schleicher (wie schon im Kapitel zuvor erwähnt). Und dann sagt Gross über Himmler (S. 131):
Er hatte seine besten Agenten auf den General angesetzt. Aber Schleicher war kein einfacher Gegner. SS-Männer hatten versucht, in sein Haus einzubrechen. Am nächsten Tag präsentierte der indignierte General Röhm eine Fotografie, die zeigte, wie zwei Männer vom Balkon aus in sein Arbeitszimmer einbrachen, geschossen von einer automatischen Kamera. (…)
Deshalb übergab Himmler die ganze Angelegenheit General Nicolai, seinem Kollegen vom Nazi-Auslandsgeheimdienst im Vertrauen, dass sie damit in guten Händen läge.
Denn Nicolai hätte noch manches Hühnchen zu rupfen gehabt mit seinem Konkurrenten Schleicher:
Als Chef der deutschen Spionage hatte Nicolai in der Kriegszeit fast unbegrenzte Macht, um jeden auf Dauer ins Gefängnis zu schicken oder um die Taschen seiner Freunde zu füllen mit den Geldmitteln von Millionen, die ihm zur Verfügung standen. (…) Er hatte in den vier Jahren ein ziemlich komfortables Vermögen angesammelt, das er vorsichtig in der Schweiz, in Holland und in Skandinavien angelegt hatte.
Es hätte eine Jahre lange Intrige gegeben zwischen der Groener- und der Ludendorff-Gruppe und als Groener die Nachfolge Ludendorffs angetreten hätte, wäre für Schleicher die Gelegenheit zur Rache gekommen (S. 131):
Die erste Tat war, Nicolai daran zu hindern, über die Geldmittel für die Spionage zu verfügen. (…) Die zweite Tat geschah wenig später, als Schleicher, nachdem er seinen eigenen Geheimdienst im Hauptquartier aufgebaut hatte, aufdeckte, dass mehr als die Hälfte von Nicolai's ausländischen Agenten im Dienst des britischen oder französischen Geheimdienstes standen.
Nun kam für Nicolai die Gelegenheit, einen Ausgleich zu erzielen in ihrer langjährigen Fehde. (…) Unglücklicherweise hatten die vielen Fehlschläge seiner Spionageorganisation während des Krieges dem alten General nicht zur Lehre gedient. Außerdem fehlte ihm Erfahrung in Kriminologie.
Nun folgten also Nicolai's Agenten Schleicher, der wiederum darüber amüsiert gewesen sei. Es folgt wieder eine haarsträubende Geschichte über erfolglose Versuche gegen Schleicher. Aber als Nicolai nun Eva Braun auf Schleicher ansetzen will, offenbart sie ihm, dass sie und Schleicher sich gegenseitig lieben würden und sie deshalb nichts gegen Schleicher tun würde. Harter Tobak!
Dass Walter Nicolai überhaupt einen Auslandsgeheimdienst für die Nationalsozialisten betrieben habe, weiß offenbar nur – Felix Gross. Sonst findet man darüber nichts in der Literatur, auch nicht andeutungsweise. Und indem man das auf sich wirken lässt, wächst natürlich auch der Zweifel dahingehend, was an den Geheimdienst-Geschichten des Felix Gross überhaupt dran ist. War sein Grosses Vorbild etwa nicht nur der leichtlebige Fürst Pückler, über den er 1943 ein Buch herausbrachte, sondern mehr noch - der Baron Münchhausen?
Denn alles folgende ist so grotesk Münchhausen-mäßig, dass man sich schämt, sich überhaupt damit zu befassen: Nicolai lässt Eva Braun in einem Zimmer einsperren und bewachen, Schleicher entführt sie und verbringt mit ihr einen Tag auf der von Hanussen geliehenen Yacht. Hitler ist untröstlich, weint die ganze Nacht, so dass sich schließlich Röhm auf die Suche nach der entschwundenen Eva Braun macht, seinen Freund Schleicher in keinem ihrer gemeinsamen Berliner Nachtlokale findet, schließlich bei Oskar von Hindenburg vorspricht, und der ihm den Aufenthaltsort von Schleicher verrät. Dorthin fliegt Röhm mit einem Flugzeug, das auf dem Wasser landen kann.
Und Schleicher gibt Eva Braun erst heraus, als ihm Röhm verspricht, dass er, Schleicher, in der Bendlerstraße bleiben kann, wenn sie, die Nationalsozialisten die Macht übernommen haben.
Solche Kapitel können natürlich auch den Eindruck erwecken, als ob Felix Gross nur geblufft hat, als ob er sich als ein „Kenner“ der Geheimdienstszene ausgegeben hat, ohne es wirklich zu sein. Und als ob er sich die haarsträubendsten Geschichten ausgedacht hat, um ein Publikum, das nichts anderes hören wollte als Sensationen, zufrieden zu stellen. Dann wäre das alles schlimmste Hochstapelei zu nennen.
Abb. 11: Walter Buch (1883-1949) (Mitte) mit dem Maler Wolfgang Willrich (links) am Bodensee
12. Kapitel: Die „schwarzen Hundert“ des Walter Buch
Das 12. Kapitel handelt dann von Walter Buch (1883-1949), 1927 bis 1934 Leiter des „Untersuchungs- und Schlichtungsausschusses“(UschlA) der NSDAP, ab 1934 umbenannt zum obersten Parteirichter der NSDAP. Auch der enge Mitarbeiter von Buch Emil Danzeisen (1897->1937) ist Thema. Auf dem Wikipedia-Artikel zu letzterem steht, was im April 1932 durch die Presse ging, und was auch das Thema von Felix Gross ist. Nämlich Hinweise auf eine „Tscheka im Braunen Haus“ und auf die Existenz einer mit parteiinternen Mordaufträgen befassten „Zelle G“ in der Reichsleitung der NSDAP. Auf Wikipedia steht auch, der Historiker
Dornheim vertritt die These, dass Danzeisen in den frühen 1930er Jahren das Oberhaupt einer privaten Terrorgruppe gewesen sei, die Buch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Obersten Uschlas der NSDAP unterhalten habe, um ein effektives Werkzeug zur Disziplinierung der Partei in die Hand zu bekommen. Als Beleg hierfür verweist er auf eine Gestapo-Untersuchung aus dem Jahr 1937 über „eine Terrorgruppe Rödl-Danzeisen“, die sich vorwiegend aus Angehörigen des SA-Sturms Laim zusammengesetzt habe.
All das war aufgeflogen im Zusammenhang mit Plänen zur Ermordung der homosexuellen SA-Führung im Jahr 1932. Darüber ist auch zu erfahren:
Der Plan, angeblich von dem „Skalden-Orden“ betrieben, wurde nicht umgesetzt, weil sich Himmler schützend vor Röhm stellte.
Felix Gross nun berichtet zusätzlich, dass 1930 insbesondere auch Otto Strasser um sein Leben gefürchtet habe. Gross weiß von unzähligen Mordanschlägen auf Strasser zu berichten. Was er außerdem über Buch berichtet, findet sich, soweit übersehbar, sonst nirgends in der Literatur:
Während des Krieges (…) war er freiwillig General der Militärpolizei eines Armeekorps. Egal ob ein Spion oder ein beschuldigter Franc-tireur durch ein Erschießungskommando erschossen wurde oder an einem Baum erhängt wurde, Buch besuchte jede Exekution persönlich. Die Todesurteile von Buch's Gerichtshof erreichten bald eine so alarmierende Zahl, dass selbst die kaltblütigsten Stabsoffiziere im Generalhauptquartier sich schüttelten, wenn sie die Berichte von diesen Massenexekutionen lasen. Das Oberkommando versuchte, den Vampirismus dieses augenscheinlich blutdürstigen Verrückten zu beenden.
Als oberster Parteirichter hat Walter Buch auch die zahlreichen Mordtaten und sonstigen Straftaten anlässlich der Reichskristallnacht 1938 für größtenteils straffrei erklärt.
Das Resümee dieses Kapitels ist: Das Verhalten Röhms bei den vorangegangenen Vorgängen rund um Eva Braun und Kurt von Schleicher veranlasst Buch, Himmler anzuweisen, eine Akte Röhm anzulegen, um Material zu sammeln, mit dem eine künftige Exekution Röhms gerechtfertigt werden könne. Buch wird von Gross als der düstere, allen Parteimitgliedern gefährliche und gefürchtete Mann der NSDAP im Hintergrund geschildert. Es passt das überraschend gut zu der Charakterisierung des Skalden-Ordens durch einer Hintergrundpolitikkritikerin wie Mathilde Ludendorff.
13. Kapitel: Sein Leben eine einzige Lüge - Hindenburg
Im 13. Kapitel lässt Gross Paul von Hindenburg über die Bühne spazieren und sich für Franz von Papen als Reichskanzler entscheiden. Neben viel Belanglosem und Dummen sagt Gross dann aber wieder etwas, das so deutlich erst mit den neuesten Hindenburg-Biographien wieder gesehen und gesagt wird. Er charakterisiert Hindenburg nämlich als eine lebenslange Täuschungsmaschine (S. 149f):
Diese neunzehn Millionen Wähler (…) die erst wenige Wochen zuvor in den Reichspräsidentenwahlen für Hindenburg gestimmt hatten und dabei einen königlichen Kampf gegen seinen Opponenten Hitler geführt hatten, fühlten sich nun vom Präsidenten verraten. Den Mann, dem er seine Wiederwahl verdankte, Dr. Brüning, entließ er wie einen untreuen Diener. (…) Allmählich wurde es offenbar, dass das ganze Leben von Hindenburg eine kontinuierliche Lüge gewesen ist, ein fortlaufender Verrat derer, die ihm vertraut hatten.
Und Gross geht dann die ganze Reihe seiner Verrats-Handlungen durch. Auch Falkenhayn, mit dem er befreundet war, sei schon während des Krieges von ihm verraten worden:
Er krönte seine Serie von Treulosigkeiten schließlich, indem er seinen ersten Mitarbeiter preisgab oder viel mehr jenen Mann, der im Namen des Marschalls tatsächlich in den letzten drei Jahren den Krieg und in den letzten zwei Jahren die Politik geführt hatte – Erich Ludendorff. Ohne den leisesten Versuch, Ludendorff gegen die Angriffe des Parlaments zu verteidigen, opferte Hindenburg seinen Kameraden auf dem Altar des Reichstages, um seine eigene Position zu sichern. Einen Sinn für Dankbarkeit und menschlichen Anstand hat Hindenburg nie besessen.
Mit derselben Gleichgültigkeit hatte er seinen Kaiser verraten, seinen allmächtigen Kriegsherrn, an den er durch einen Treueid gebunden war (...). Er bot seinem Souverän nicht die Verteidigung an gegen meuternde Truppen, obwohl sein gutes Beispiel die loyalen Soldaten und Offiziere beträchtlich ermutigt hätte. Nein stattdessen gab er, der höchste Armeekommandeur, seinem Souverän am 9. November 1918 den Rat (…), abzudanken und ein Deserteur zu werden durch eine Flucht nach Holland. (…)
Mit derselben Gewissens-Elastizität gab Marschall von Hindenburg einen Treueid auf die neue Republik ab.
Dann aber gab ausgerechnet wieder Hindenburg den Rat, den Vertrag von Versailles zu unterzeichnen. Reichspräsident Ebert, der in dieser Sache auf Hindenburg vertraut hatte, wäre durch diesen verraten worden. Hindenburg wäre dann 1925 als Nachfolger Eberts durch politisch rechtsstehende Wähler gewählt worden, hätte dann aber die demokratische „Erfüllungspolitik“ gutgeheißen.
Seine alten Freunde nannten ihn einen Erzverräter.
Dann entließ er Seeckt, ohne ihn in Schutz zu nehmen dafür, dass er dem Sohn des Kronprinzen erlaubte, an den Herbstmanövern teilzunehmen. Auch Seeckts Nachfolger Groener wurde von Hindenburg verraten, so Gross. Und mit dem Preußenschlag verriet Hindenburg seinen persönlichen Freund Otto Braun.
Über den Preußenschlag von Papens sagt Gross (S. 153):
Noch willkommener war Herrn von Papen, dem Grossen Verschwörer, die Tatsache, dass er die preußische Geheimpolizei unter seine Kontrolle gebracht hatte mit ihrem ausgedehnten Netzwerk von hunderten von bezahlten und freiwilligen Agenten. Nun hatten sie für ihn zu arbeiten. Es kam nicht in seinen naiven Intellekt, dass die ganze preußische Polizeikraft, insbesondere nachdem die Sozialisten von allen Schlüsselpositionen entfernt waren, durchsetzt war von Nazis auf allen Ebenen. Für Papen war es wichtiger, seine guten Freunde, Oskar Hindenburg, Dr. Meissner und General von Schleicher sorgfältig überwacht zu wissen, ihre Korrespondenz abgefangen und ihre Telefongespräche abgehört.
Er lässt dann den Reichskanzler von Papen am 13. August 1932 darüber nachdenken, wie er zu einer engeren Zusammenarbeit mit Hitler kommen könne und lässt ihn im Herrenclub mit Joachim von Ribbentrop zusammentreffen (S. 155). Nun wird diese neue Bühnenfigur dem Leser vorgestellt samt ihrer Vorgeschichte. Nach dem ersten Gespräch mit Hitler (im Sommer 1932) sei er als künftiger Außenminister vorgesehen gewesen. Und das erste, was Gross ihn tun lässt, ist, einen Geheimdienst zu gründen (S. 161):
So erschien ein neuer Geheimdienst auf dem politischen Schlachtfeld, neben General Schleicher's Nachrichten-Abteilung, der preußischen Geheimpolizei jetzt unter von Papens manikürten Krallen, Herr Himmler's Sicherheitsdienst, das Marine-Auskunftsbüro, das kommunistische Nachrichtenzentrum im Liebknecht-Haus, durch Moskaus GPU gut ausgestattet mit Personal und Geldmitteln, Dr. Meissner's „Untersuchungs- und Nachrichten-Abteilung“, die Dr. Goebbels-Hanussen-Charme-Brigade, Röhms SA-Nachrichten-Abteilung, Rosenbergs Geheimdienst, Major Buch's Schwarze Hundert und General Nicolai's Amateur-Detektive.
Ribbentrop ist von Hitler zu Papen geschickt worden, damit dieser die Aussichten für die nach der Reichstagswahl stärkste Partei des Reichstages, die NSDAP, ausloten würde. In diesem Gespräch im Herrenclub bietet von Papen (laut Gross) Hitler den Vizekanzlerposten:
„Männer können ihn nicht beeinflussen oder überzeugen, aber Geister können es, Gott sei Dank. Ich weiß nicht, wie unsere Hofastrologen es deichseln, aber es funktioniert. Sie kennen sicherlich die alte Frau Bechstein. Ihr verstorbener Ehemann ist sozusagen Adolfs Agent im Himmel. Im Namen unseres Führers konsultiert er regelmäßig die Geister von Friedrich II., Bismarck und Hitlers Mutter und übermittelt ihre Meinung zur lieben Mama Bechstein. Wenn also andere Mittel fehlgehen, kann ich einfach unsere Geisterbeschwörer rufen.“
Herr Hanussen und Frau Bechstein waren tatsächlich in letzter Zeit sehr beschäftigt gewesen. Jeden Tag, manchmal zwei mal am Tag wurde per Telefon oder Telegramm das tägliche Horoskop an Herrn Hitler übermittelt, der es sorgfältig studierte – und seine Vorhersagen, Warnungen und Ratschläge stillschweigend akzeptierte. Aber nicht nur Dr. Goebbels und Graf Helldorf benutzten die Dienste des gerissenen Scharlatans zu Beeinflussung Hitlers. Ohne Dr. Goebbels Wissen hatten auch Röhm und Schleicher ihre Wege in Hanussens magische Hinterzimmer gefunden. Schleicher hatte mehr Geld zu seiner Verfügung als Goebbels, da er Zugriff hatte auf die unerschöpflichen Millionen des Reichswehr-„Propaganda“-Topfes.
Ohne ihr Wissen stand Frau Bechstein drahtlos in Verbindung mit der vierten Dimension. Es war Himmlers Idee, ausgearbeitet durch seine technische Abteilung. Er hatte bei Frau Bechstein ein neues Medium eingeführt, den Jungen „Rudi“, der sie, so überzeugte er die alte Dame, in direkter Verbindung bringen würde mit ihren verstorbenen Ehemann. Alle Fragen, die ihm von Frau Bechstein gestellt wurden, musste Rudi in einen Morsecode auf den Fußboden klopfen. In dem Raum direkt darunter, gemietet von Himmler, waren seine Männer ausgerüstet mit einem tragbaren drahtlosen Sender. Einer der Männer in der Wohnung hielt während der Séance immer einen Miniaturlautsprecher in seiner Tasche und aus ihm kamen in einer rauchigen, geisterhaften Stimme die Antworten. Die arme alte Frau konnte nicht wissen, dass es die Stimme von einem der Himmler-Gruppe war. Andächtig schluckte sie die Worte ihres geliebten verstorbenen Ehemannes, der nun in berühmter Begleitung wandelte und ihr von seinen vielen freundschaftlichen Gesprächen mit den Geistern von Napoleon, Alexander dem Grossen, Bismarck und Richard Wagner erzählte, einmal sogar mit Siegfried, dem Helden, auf einem Besuch in Walhalla. Und war er ihr erzählte, berichtete sie sofort an ihren Führer, der immer gern wertvollen Rat aus der geistigen Welt hörte.
Ribbentrop wusste nichts von den Details dieses spirituellen Übermittlungs-Services, sondern nur von seiner Existenz selbst.
(Original:) „But,“ continued Papen in a rather resigned tone, „what is the use of talking about it? Herr Hitler is too stubborn to be influenced, even by such an experienced negotiator as you are, my dear Rib.“
That was a bull's eye (Volltreffer) for Papen. But Ribbentrop burst out laughing.
„You think our Adolf could not be influenced? That's your opinion. But I know better. Men cannot influence or persuade him, but stars and spirits can, thank heaven. I don't know how our court astrologers manage it, but it works. You certainly know old Frau Bechstein. Her late husband is, so to say, our Adolf's agent in heaven. On our Führer's behalf, he regularly consults the spirits of Frederick II, Bismarck, and Hitler's mother, and communicates their opinion to dear Mama Bechstein. So if other means fail I can simply call on our necromancers.“
Herr Hanussen and Frau Bechstein had, indeed, been kept busy recently. Every day, sometimes twice a day, by telephone or telegram, the day's horoscope was submitted to Herr Hitler, who carefully studied it – and silently accepted its predictions, warnings, and recommendations. But not only Dr. Goebbels and Count Helldorf used the cunning charlatan's services in influencing Hitler. Without Dr. Goebbel's knowledge, Roehm and Schleicher had also found their way to Hanussen's magic chambers. Schleicher had more money at his disposal than Goebbels, having access to the inexhaustible millions of the Reichswehr 'Propaganda' funds.
Unbeknown to Frau Bechstein, she was now in direct wireless communication with the fourth dimension. It was Himmler's idea, worked out by his technical department. He had introduced to Frau Bechstein a new medium, the boy 'Rudi' who, he persuaded the old lady, would put her in direct touch with her late husband. All the questions put to him by Frau Bechstein Rudi had to tap in morse code on the floor. In the room directly below, rented by Himmler, were his men equipped with a portable wireless transmitter. One of the men in the room during the séance always held in his pocket a miniature loudspeaker, and out of it, in a husky ghostly voice came the replies. The poor woman could not know that the voice belonged to one of the Himmler squad. Devoutly she swallowed the words of her beloved late husband, who now moved in illustrious company and told her of his many friendly talks with the spirits of Napoleon, Alexander the Great, Bismarck, and Richard Wagner, once even with Siegfried, the hero, on a visit from Valhalla. And what he told her, she reported immediately to her Führer, who was always glad to receive valuable advice from the spirit world.
Ribbentrop did not know the details of this spiritual relay service, but only of its existence. To Papen it seemed a useful instrument. He agreed to meet Hitler immediately on his arrival in Berlin, after der Führer had been sufficiently prepared by stars and ghosts to seize the hand offered by Herr von Papen.
So endet das 13. Kapitel.
Abb. 12: Adolf Hitler und das Ehepaar Bechstein
14. Kapitel: Helene Bechstein warnt Hitler vor Vizekanzlerschaft (August 1932)
Im 14. Kapitel ist zunächst Magda Goebbels schlecht gelaunt, weil sie die Gunst Hitlers an Eva Braun verloren hat (S. 166f).
Schließlich heißt es über die dann erfolgte Aussprache zwischen Hitler und von Papen (ebd., S. 168):
Sie war ein Fehlschlag gewesen, die Unterredung mit dem Junker. Goebbels fragte sich nun, ob es ratsam gewesen war, den Rat von Hanussen's Horoskopen einzuholen, “dass Hitler alles fordern sollte und sich nicht mit Teilen zufrieden geben sollte.” (…) Die Geister, die von Frau Bechstein angerufen worden waren, hatten seine Entscheidung beeinflusst.
(Original:) It had been a failure, this interview with the Junker. Goebbels now wondered whether it had been advisable to employ Hanussen's horoscopic advice that Hitler should „ask for everything and not be satisfied with parts.“ (…) Nazi prospects, so rosy that morning, seemed to have disappeared. (…) Adolf once again had been afraid of his own courage. The spirits cited by Frau Bechstein had influenced his decisions.
Am gleichen Abend bekommt Hitler in der Gesellschaft von Goebbels einen Brief (ebd., S. 169):
„Mein verehrter Führer, lieber Adolf,
in diesen aufregenden Tagen sind meine Gedanken mit Ihnen. In Ihren starken Händen liegt das Schicksal unseres geliebten Vaterlandes. Aber ich möchte Sie wissen lassen, was mein guter Ehemann von der „anderen Seite” zu berichten wusste. Er sagte mir, dass er mit dem Geist von Bismarck gesprochen hätte, der ihm gesagt hat, dass Sie auf dem richtigen Weg wären, und dass Sie tatkräftig bleiben und nicht nachgeben sollen. Sie werden alles, was sie wünschen mit ein wenig Geduld erhalten.
Ihre Freundin
Tante Bechstein.“
„My adored Führer, dear Adolf,
In these exciting days my thoughts are with you. In your strong hands the fate of our beloved Fatherland is safe. But I wanted to let you know what my good husband had to report from the other side. He told me that he had communed with the spirit of Bismarck, who said that you were on the right path, that you should remain energetic and not yield. You would get all you deserved with a little patience.
Your loving friend
Tante Bechstein.“
„Dear Auntie Bechstein,“ Hitler said with a sigh, „she always was right in her predictions, sometimes even more so than your – what is his name again? - that Herr Hanussen.“
Goebbels thought it wiser not to reply.
Auch die darauf folgende, nur sehr kurze Aussprache zwischen Hindenburg und Hitler – am 13. August 1932 - endet ohne Ergebnis. Gross beendet das Kapitel mit den folgenden abstrusen Worten über Adolf Hitler:
Ein geschlagener Mann kehrte in das Hotel Kaiserhof zurück. Niemand stellte dort noch irgendwelche Fragen. Bis in die frühen Morgenstunden hörten ihn seine Gehilfen Brückner, Schreck und Schaub weinen.
Abb. 13: Die Beerdigung von Edwin Bechstein – Helene Bechstein, Hitler, Hammerstein (September 1934)
15. Kapitel – Leni Riefenstahls Affären mit Schleicher und Hitler
Das 15. Kapitel schildert zunächst eine Affäre zwischen Kurt von Schleicher und Leni Reifenstahl. Und indem man das auf sich wirken lässt, fällt einem auf, dass die abstrusesten Frauengeschichten dieses Buches – neben Hitler - immer mit Kurt von Schleicher zu tun haben. Erst soll Schleicher mit Eva Braun, dann mit Leni Riefenstahl ein Verhältnis gehabt haben. Liegt der Grund dafür nur darin, dass Schleicher 1941 schon tot war und nicht widersprechen konnte? Oder ist das etwa eine späte Rache des Felix Gross an seinem einstigen Vorgesetzten, indem er ihn als so lächerlich wie nur irgend möglich darstellt?
Dann bekommt Schleichers Geheimdienst heraus, dass Hitler während des Ersten Weltkrieges gar kein Eisernes Kreuz erhalten hätte, und dass er sich mehr Heldentum in der Kriegszeit zugeschrieben hätte, als er tatsächlich geleistet hätte. Schleicher sammelt solches Material, um Hitler damit erpressen zu können.
Dann ist Leni Riefenstahl bei Hitler in Berchtesgaden und bringt Hitler in diesen Jahren das erste mal zum Lachen, so Gross, mit einem Witz. Von da an wäre Hitler für niemanden mehr ansprechbar gewesen, da er sich nur noch um Leni Riefenstahls gekümmert habe. Dann lässt Gross Himmler sich Gedanken machen darüber, wie er dennoch Zugang zu Hitler bekommen könne (S. 186):
Sollte er Hanussen benutzen? Aber dieser Schwindler legte schon Goebbels aufs Kreuz, indem er für Schleicher arbeitete. Man konnte sich auf ihn nicht verlassen. Und, nebenbei, Goebbels schien, obwohl noch immer halbherzig, auf Schleichers Seite zu sein.
Mit den Klavierkünsten von Putzi Hanstaengl gelingt es dann doch noch, Hitler aus der Nähe von Leni Riefenstahl abzuziehen. Zurück bleibt die trauende Riefenstahl. Das Kapitel endet mit den Worten: „Leni Riefenstahl weinte.“
Die Haare stehen einem erneut zu Berge beim Lesen.
16. Kapitel – Der Osthilfe-Skandal
Über die Zeit vor der zweiten Unterredung Hitlers mit Hindenburg im Jahr 1932 (am 19. November?) schreibt Gross (S. 193f):
Hitler hörte den unterschiedlichen Meinungen auf den „Führertreffen“ nur zu. Astrologische Schaubilder spielen eine Grosse Rolle in seinen Entscheidungen. Herr Hanussen fuhr fort, sie in ausreichender Zahl entsprechend der Anweisungen von Dr. Goebbels zu liefern. Tante Bechstein, nicht bewusst der Steuerung durch Herrn Himmler und seine kabellosen Experten, schickte Hitler mehrmals am Tag Berichte „von der anderen Seite“.
Das Kapitel wartet mit weiteren geheimen, aber erfolglosen Mordanschlägen auf Kurt von Schleicher auf, der – nach der Erzählung von Gross - „tausend Leben“ gehabt haben muss. Auch habe Himmlers Geheimdienst damals als erster die Methode des Mordes durch Luftembolie (Injektion von Luftbläschen in die Blutbahn) benutzt. Gross (S. 195):
Einige Zeit später starben plötzlich zwei deutsche Diplomaten der alten Schule, die mit Herrn von Ribbentrop in Konflikt geraten waren – Dr. Koester und Herr von Hoesch, die deutschen Botschafter in Paris und London – beide an Luftembolie.
Damit ist gemeint Leopold von Hoesch (1881-1936), über den es auf Wikipedia heißt:
Er galt unter den deutschen Missionschefs der Zwischenkriegszeit als der fähigste Diplomat. Zu seinen persönlichen Gegnern sollte nach 1933 schnell Joachim von Ribbentrop zählen. (…) König Eduard VIII. charakterisierte ihn als „Guten Diplomatischen Vertreter des Deutschen Reichs, und Schlechten Vertreter des Dritten Reichs“.
Hoeschs Warnungen vor einem deutschen Einmarsch in die entmilitarisierte Zone des Rheinlands, durch den der als Lebenswerk des Diplomaten angesehene Locarno-Vertrag von 1925 zerrissen wurde, blieben von Hitler ungehört. Auch erwies sich der am 21. März 1936 nach Berlin übermittelte Eindruck, dass „Europa nur knapp an einem Brand vorbeigekommen sei“, angesichts der Reaktionen der Westmächte als übertrieben.
Leopold von Hoesch erlag am 10. April 1936 einem Herzschlag. Kurz nach seinem Tod kursierten in der britischen Boulevardpresse Theorien über einen angeblichen Suizid des Botschafters oder über eine Ermordung durch die Gestapo. Im August 1936 übernahm Joachim von Ribbentrop seinen Posten als Botschafter in London.
Roland Köster (1883-1935) starb am vier Monate früher am 31. Dezember 1935. Über ihn heißt es auf Wikipedia lediglich:
Von November 1932 bis zu seinem Tod war er Botschafter in Paris. Köster starb an Lungenentzündung. (…) Sein Neffe Ernst vom Rath war ebenfalls in der Botschaft in Paris beschäftigt.
Von Rath fiel zwei Jahre später dem Grynszpan-Attentat zum Opfer.
Diese Mordanschläge führte Schleicher auf Himmler und Nicolai, vielleicht sogar auf Papen zurück. Im Gegenzug versuchte er, so Gross, Klarheit in die Vorgänge rund um den Osthilfe-Skandal zu bekommen (S. 196f):
Schleicher hielt eine Unterredung ab mit dem Chef seiner Nachrichten-Abteilung, Major von Busche, einem sehr tüchtigen früheren Kriminalinspektor.
Sollte Gross hier auf Erich von dem Bussche-Ippenburg (1878-1967) anspielen wollen? Dieser war aber immer nur Berufssoldat und kein Kriminalinspektor. In der „Weltbühne“ von 1933 heißt es über diesen (S. 934-936):
Die Linke in Deutschland hat erhebliche Illusionen auf die Führer des Reichsheeres verschwendet. In den von ihr gelieferten Aspekten erschien der General Kurt von Schleicher als der Ritter Georg, der den Drachen tötet. ...
… Busche-Ippenburg, der noch am 2. Oktober 1918 vor dem Hauptausschuss des Reichstages in Ludendorffs Auftrag jene schwarz in schwarz malende Aufklärungsrede über den wirklichen Stand an den Fronten gehalten hatte. (…)
… Die Gruppe hat sich später durch Kooption verstärkt; so wurde von Hammerstein-Equord zugezogen, von dem Bussche stieg mit Schleicher auf; mit Schleicher übersprang er manchen Vordermann. Zuletzt war er, in Schleichers Vollmacht, Chef …
Auf Wikipedia heißt es über denselben nur:
1930 wechselte er – inzwischen Generalmajor – ins Reichswehrministerium, um dort unter General Kurt von Hammerstein-Equord Chef des Heerespersonalamts zu werden. In dieser Eigenschaft nahm er auch an der historischen Besprechung Hitlers mit der Reichswehrführung am 3. Februar 1933 teil, worin der neuernannte Reichskanzler erstmals sein außen- und kriegspolitisches Programm offenlegte.
Nun, der Chef des Heerespersonalamts hat zwar einen einflussreichen Posten, ist aber nicht Chef der Nachrichten-Abteilung. Diese „Ungenauigkeiten“ erwecken den Eindruck, als ob Gross über die Nachrichten-Abteilung in der Bendlerstraße damals doch nicht vollgültig orientiert gewesen zu sein scheint, also auch nicht Mitarbeiter derselben gewesen sein wird. Oder ist hier die falsche Verwendung, bzw. Verwechslung von Namen – wie bei „Dr. Baschwitz“ - sehr bewusst angewandt worden von Gross?
Jedenfalls gelingt es der Nachrichten-Abteilung der Bendlerstrasse schließlich, an die nötigen Unterlagen über den Osthilfe-Skandal zu kommen.
Auch zum Thema Osthilfe-Skandal, der von Erich Ludendorff damals in seiner Wochenzeitung sehr breit thematisiert worden ist, bringt Gross überraschend umfangreiche Detailkenntnisse zu Tage. Die Bedeutung dieses Skandals für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler jedenfalls wird von Gross mit Grossem Recht hervorgehoben – im Gegensatz zur Mehrheit der Historiker heute. Auch das muss eindeutig als ein Pluspunkt seiner Darstellung gewertet werden. Merkwürdigerweise weist die Darstellung von Gross sowohl überdurchschnittliche Glanzpunkte wie überdurchschnittliche Schwächen auf. Hier also einmal wieder ein Glanzpunkt, Gross schreibt über Schleicher (S. 197-200):
Mit diesem Material in der Hand war Hindenburg abhängig von seiner Gnade. Wenn es veröffentlicht worden wäre, würde sich daraus in Deutschland ein Skandal ergeben, im Vergleich zu dem selbst der Panama-Skandal nicht mehr als eine Taschendieb-Affäre wäre.
Der Staat, so fand Schleicher, war um dreihundert Millionen Mark beraubt worden. Die armen Bauern, für die diese Gelder bereitgestellt worden waren, hatten so gut wie gar nichts erhalten. Doch der Hindenburg-Clan, nahe und entfernte Verwandte des Präsidenten, hatten Millionen erhalten und Schleicher konnte nur annehmen, dass ein Anteil von all diesen Geldern als Kommission in Oskar von Hindenburgs tiefe Taschen gewandert war. Neffen des alten Hindenburg hatten das Beispiel für andere gegeben und kauften schnell einige billige Güter, für die die Unterstützungen vorgesehen waren. Und nachdem sie einige hundert tausend Mark erhalten hatten, verkauften sie die Güter wieder, um das erhaltene Geld zum Spekulieren in Aktien zu benutzen oder auch nur um es zu verschwenden.
Die Frau des Exkaisers, eine Millionärin eigenen Rechtes, hatte eine Unterstützung für eines ihrer Güter erhalten, die über eine halbe Million betrug, und hatte das Geld auf ihr Bankkonto in Holland transferiert. Der alte Baron Oldenburg-Januschau, der wohlhabendste aller ostpreußischen Landbesitzer, und Präsident Hindenburgs intimer Freund und Nachbar, kaufte mit seinen Subsidien ein neues Zehntausend-Morgen-Gut, sein fünftes Gut in jenem Landkreis. Kein Name des preußischen Adels fehlte auf dieser Liste der unterstützten „Bauern“. (…)
Schleicher betrachtete dieses Material als eine schwelende Bombe, bereit geworfen zu werden, wenn der alte Hindenburg nicht aufhörte mit seinen Forderungen, Papen in der Regierung zu belassen. Es stand nun in Schleichers Macht, Hindenburg ebenso zu zerstören wie Papen. (…) Kurti Schleicher musste vorbereitet sein, die Regierung selbst zu übernehmen. (…) Und Präsident Hindenburg sagte dem General in diesen letzten Tagen des November plötzlich, dass er die Kanzlerschaft übernehmen musste. (…)
Am folgenden Tag präsentierte Schleicher Hindenburg Gregor Strasser als einen Kandidat für die Vizekanzlerschaft. (…) Hitler schien zuzustimmen und sagte Strasser, dass er nach Berlin kommen würde, um die Angelegenheit zu besprechen. Die innere Clique (…) war alarmiert.
Von Göring kam nun die Behauptung, dass Gregor Strasser den Führer verraten hätte, denn nach den Auskünften, die er aus der nächsten Umgebung von Hindenburg erhalten hatte, wollte Hindenburg Hitler selbst zum Kanzler machen. Und damit verlor Gregor Strasser die Gunst Hitlers (S. 205). Das stimmt so, soweit übersehbar, ganz gut mit den historischen Tatsachen überein.
Aber gegen Ende des Kapitels muss Gross wieder maßlos überzogen gefühlvoll werden, um seine Darstellung ins Kaffkaeske überzuleiten. Nachdem Strasser - nach Hitlers Verratsvorwurf – abrupt Hitler verlassen hat, fängt Hitler einmal erneut an – zu weinen. Ja, er bricht sogar zusammen und windet sich mit tierischen Schreien auf dem Boden (S. 206). Ohne dergleichen scheint es bei Gross am Ende eines Kapitels nicht abgehen zu können und allmählich wittert man dahinter Methode. Hat er womöglich zunächst die ernsthaften Abschnitte dieses Buches geschrieben, um sie dann schmückend mit wilden „Sex and Crime“-Geschichten zu umgeben? Und warum? Wollte er die Wahrheit sagen – aber dennoch gut versteckt und getarnt?
17. Kapitel: Machtübernahme (Januar 1933)
Das 17. Kapitel behandelt dann die Reichskanzlerschaft Schleichers und dass Schleicher an jedem Tag derselben nur Verrat und Fehlschläge sehen würde. Auch sein Zugehen auf die Sozialdemokratie als Bündnispartner und das Alarmiert-Sein seiner politischen Gegner durch diese Schritte werden erwähnt (S. 207). Eine neue Figur lässt Gross auf die Bühne spazieren: Hjalmar Schacht als Unterstützer Hitlers (S. 208f) und als Alternative zu Gottfried Feder (S. 212).
Felix Gross schildert Hitler dann am Weihnachtsabend 1932 in Berchtesgaden folgendermaßen (S. 213):
Hitler schüttelte traurig seinen Kopf. Das Ende kam mit Grossen Schritten. Das Ende der Partei. Und noch mehr sein eigenes Ende. Eher als unter dieser Schande zu leben, eher als das eigene Werk zerstört zu sehen, würde er sich erschießen.
Und dann werden wieder einige „Nur-Unterhaltungs“-Abschnitte eingeschoben. Münchhausen Felix Gross erzählt wieder eine seiner wilden komödiantischen Geschichten. Wahrscheinlich um gegen Schluss noch einmal das ganze Bühnenpersonal von „Hitler's Girls“ aufmarschieren lassen zu können: Magda Goebbels, Emmy Sonnemann, Leni Riefenstahl, Eva Braun, Frau Esser, Rosa von Schirach, Henny Hoffmann und Frau Bechstein kommen, um dem einsamen Hitler zu helfen, Weihnachten zu feiern. Und dahinter steckt ein „Scherz“ von Kurt von Schleicher und seinem Mitarbeiter „von Busche“, die diese Besuche durch fingierte Anrufe bei den Frauen ausgelöst hatten. Und zwar als eine kleine Bestrafung dafür, dass Hitler Schleicher Leni Riefenstahl ausgespannt hatte.
Aber dann geht die Geschichte wieder ernsthafter weiter (S. 217):
Es wurde Schleicher berichtet, dass es ein lebhaftes Telefongespräch gegeben hätte zwischen Ribbentrop und einem gewissen Herrn von Schroeder, Bankier in Köln, in dessen Verlauf geheimnisvolle Vorschläge gemacht wurden, dass Schroeder zwei Freunde Ribb's treffen würde und helfen würde, sie zu versöhnen.
Schleicher kannte von Schroeder als einen der reichsten Männer des Rheinlandes, Besitzer einer alt-etablierten Bank, die dort die meisten Kohle- und Stahl-Unternehmungen finanzierte. Herr von Schroeder hatte nie Interesse an Parteipolitik gezeigt. Selbstgefällig glaubte Schleicher deshalb, dass der Kölner Bankier nicht plötzlich irgendwelche politischen Geschäfte mit der antisemitischen Nazipartei haben könnte, besonders da er einen jüdischen Partner in seiner Bank hatte.
Auch hier wieder Andeutungen von jüdischen Hintermännern der Machtergreifung Hitlers. Und schließlich schreibt Gross (S. 219):
Schleicher, der niemals geglaubt hatte, dass Hitler sich mit Papen einig werden würde, musste jetzt, allerdings unglücklicherweise zu spät, erkennen, dass er sich geirrt hatte. (…)
Erneut floss mehr Geld in die Nazi-Kassen. (…) Das neue Geld, das so reichlich aus dem Rheinland kam, diente nicht nur dazu, die wesentlichsten Parteiausgaben zu bezahlen ...
Sondern natürlich hätten – nach Meinung von Gross - auch die vielen Nazi-Frauen einmal erneut von diesen Geldern profitiert. Nun erfolgt die Machtergreifung Hitlers und die von ihm versprochene „Nacht der langen Messer“ der SA. Die Ermordung von Hanussen wird dabei ganz einfach in den allgemeinen Zusammenhang dieser versprochenen „Nacht der langen Messer“ gestellt (ebd., S. 222):
Herr Eric Hanussen also thought, on account of his dark complexion and black hair, that it was more advisable to stay at home. Otherwise he felt sure of himself. He had worked for der Führer by doing good propaganda work in his paper and supplying him – free of charge at that – with two horoscopes daily, for which others willingly paid up to fifty marks apiece. He was entitled to an honorary membership in the Party now. That little dark spot in his pedigree should not matter to a man of his merits. Count Helldorf had only recently reassured him on this point.
19. Kapitel – Die Deutschen waren nicht antisemitisch
Das 19. Kapitel schildert dann, wie sich Berlin bis zum Frühling 1934 für ausländische Besucher verändert hatte, wobei klar ist, dass er eigentlich die Entwicklung beschreibt, wie sie sich bis etwa 1939 vollzogen hat. Gross schreibt auch über eine heidnisch-germanische Religion, die er selbst in Büchern bis 1934 behandelt hatte (S. 229):
Rosenberg, von Schirach und Heß stießen den Schlachtruf aus, dass „ein guter Nazi nicht Anhänger der judaisierten christlichen Religion sein kann, an Jesus den Juden glauben kann und Trost und Kraft in der Bibel suchen kann, dieser Sammlung von Schwindeleien, Märchen und lächerlichem Unsinn, erfunden von hakennasigen, krummbeinigen, Geld-anbetenden orientalischen Betrügern.“ Sie hatten der deutschen Jugend einen neuen heidnischen Glauben aufgedrängt, eine Vergötterung von „Blut und Boden“, einen Glauben an die alten germanischen Götter. Nazi-Deutsche verehrten die Sonne und die Sterne wie es ihre Vorfahren zweitausend Jahre zuvor getan hatten. Und sie führten alte nordische Rituale wieder ein: Feuerprobe, Blutsbrüderschaft und andere schreckliche heidnische Gebräuche.
Gross stellt dann den heldischen Widerstand von Martin Niemöller und Kardinal Faulhaber dar. Interessant ist, was Felix Gross dann schreibt (S. 231):
Das deutsche Volk als Ganzes war niemals antisemitisch. Einige Klassen, vor allem die untere Mittelklasse, mochte die Juden nicht, aber die Mehrheit der Deutschen, besonders die deutsche Arbeiterklasse und die gebildete Mittelklasse interessierten sich überhaupt nicht für die Juden. Sie waren mit viel wesentlicheren Problemen beschäftigt. Es ist eine Tatsache, dass man von einer jüdischen Frage in Deutschland gar nicht sprechen konnte, bis sie von den Nazis aufgegriffen wurde als ein politisches, wirtschaftliches und soziales Problem. Die deutschen Juden war schon im Prozess des Verschwindens durch Anpassung und Mischehen. Ohne Hitler hätten die Juden nach weiteren hundert Jahren gar nicht mehr existiert.
Aber selbst Menschen, die aus verschiedenen Gründen leidenschaftliche Antisemiten waren, lag es nicht, der gnadenlosen Ausrottung der Juden aus dem kulturellen Leben Deutschlands zuzustimmen. Denn in Musik, Kunst, Wissenschaft, Literatur, Medizin, Rechtswesen, Philosophie hatten die Juden mehr beigetragen als ihrem Bevölkerungsanteil entsprach, wodurch sie Deutschland mit dazu verhalfen, unter die führenden zivilisierten Länder zu zählen. Nun wurden ihre Positionen besetzt von Männern, deren vornehmliche Qualifikation in ihrer Parteimitgliedschaft bestand.
Deutlich wird spürbar, dass Felix Gross hier an einer ganz seltenen Stelle seines Buches einmal recht authentisch über sich und über seine persönlichen Erfahrungen sprach.
Gross spricht wiederholt von „Beefsteak-Nazis“, die außen braun und innen rot gewesen wären. Von diesen wissen wir heute womöglich mehr, als zu damaliger Zeit bekannt gewesen ist.
19. Kapitel – Hitlers Astrologin Margarete Kistner (1934)
Das 19. Kapitel befasst sich wieder mit Adolf Hitler und seinen Lebensgewohnheiten. Womöglich diente Gross als Quelle der folgenden Schilderung das 1940 (??) erschienene Buch „I was Hitlers maid“, das er dann aber dennoch mit seiner auch sonst vorhandenen blühenden Phantasie ausgeschmückt zu haben scheint (S. 238):
Tatsächliche oder eingebildete Schlaflosigkeit machten die Nacht zum Tag. (…) Nicht ganz klar ist, ob diese Gewohnheit womöglich etwas zu tun hat mit Hitlers Glauben an Astrologie und Okkultismus. (…) Seine neue Hausastrologin, Fräulein Kistner, ernannt nach dem vorzeitigen Tod von Erik Hanussen, war ihm von Hitlers alter Freundin, Frau Bechstein empfohlen worden, geleitet vom Geist ihres toten Ehemannes. Fräulein Margarete Kistner war eine einfache, ruhige, fast schwachsinnige Person, eine alte Jungfer von über vierzig.
Sie wohnte in einem der neuen Anbauten des Hauses Wachenfeld, beschränkt auf ihre eigenen drei Räume und eine Küche. Auf dem Tisch in ihrem Wohnzimmer lagen die Berechnungstabellen der Sterne, astrologische Bücher, das ägyptische Traumbuch in verschiedenen Ausgaben, einige Stapel von dreckigen, abgegriffenen Spielkarten, ein Kristall, ein Pendel, das über einem Grossen Porträt von Hitler schwang, das auf den Tisch geheftet war, Tassen, um Teeblätter zu lesen, eine Haselnuss-Wünschelrute, ein altmodisches Stundenglas, einige Grosse Knochen und ein menschlicher Schädel. Es sah aus wie das Zimmer eines alten Alchemisten. Fräulein Kistner sah Hitler selten persönlich. Er war es gewohnt, sie zu jeder Uhrzeit anzurufen. Deshalb konnte sie ihre Räume nicht verlassen aus Furcht, dass der Führer sie brauchen könnte. Sie sprach niemals zu irgend jemanden, außer zu Frau Bechstein während ihrer seltenen Besuche. Nachdem sie sich in Berchtesgaden eingerichtet hatte, besuchte Himmler sie von Zeit zu Zeit. Major Buch stoppte diese Besuche sofort. Buch wusste, dass diese alte Jungfer die mächtigste Person in Deutschland geworden war.
Die Schauspielerin Renate Müller
Außerdem lässt Gross in diesem Kapitel Emmy Sonnemann eine offenbar von Gross erfundene älter gewordene Hollywood-Filmschauspielerin Hitler zuführen, Rona Blanca, eigentlich Ilona Weisz (S. 246-251). Und Gross schreibt weiter (S. 251):
Der Filmstar war in Emmy Sonnemann's Schule gut ausgebildet worden darin, wie Hitler zu beeinflussen sei, was ihm gesagt werden müsse, was er gefragt werden müsse. Ihre Hauptaufgabe war, Hitler Misstrauen gegenüber Röhm einzuflößen und beim Führer Furcht vor einem möglichen Aufstand der braunen Sturmtruppen zu erwecken. Göring und seine beiden weiblichen Helfer wurden unterstützt durch eine dritte Frau – das alte Fräulein Margarete Kistner, des Führers Pythia im Haus Wachenfeld.
Göring oder eher seine Freundin Emmy hatten gelernt, wie voller Gebrauch von der Berliner Geheimpolizei gemacht werden könne, die unter dem Befehl des preußischen Ministerpräsidenten stand. Als Himmlers direkter Vorgesetzter hätte Göring ebenso auch Gebrauch von der Gestapo machen können. Aber zu jener Zeit war er noch unsicher, ob er Himmler vertrauen könne. Görings eigene Agenten waren in direkten Kontakt mit Frau Bechstein durch ein neues Medium gekommen, eine junge Studentin, die klug all die spirituellen Tricks beherrschte und die in Frau Bechstein's okkulten Zirkel gelotst worden war. Ausgestattet mit dem notwendigen Material über die Privatangelegenheiten der alten Dame konnte sie sie leicht hereinlegen. Nachdem das neue Medium Nachrichten vom der geistigen Welt übermittelt hatte, geschrieben in der Handschrift von Frau Bechstein's verstorbenem Ehemann – vorbereitet von einem Spezialisten in Himmlers Diensten, der einen alten Brief als Modell genommen hatte – war die alte Dame überwältigt und leitete diese Nachrichten weiter zu Fräulein Kistner in Berchtesgaden.
Hitler erhielt die Voraussagen von seiner privaten Hexe, dass die Sterne ihn warnen würden, nicht einem „Mann ohne Nase zu trauen“, nicht einem Mann „ohne gesunde Beine“ - was sich auf Roehm und Goebbels bezog – aber Vertrauen zu haben in eine „dunkle Frau aus dem Ausland“ und in Shakespeare's Rat in „Julius Cäsar“, 1. Akt, 2. Szene, Vers 191: „Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein.“ Als Frau Bechstein berichtete, dass sie ähnliche Nachrichten aus der geistigen Welt erhalten hätte, war der Samen in Hitlers Gedanken gelegt. Göring musste nur noch auf das Auskeimen warten.
Nun gut, mit dem Shakespeare-Zitat bringt Gross wenigstens etwas echten Humor hinein. Ansonsten riecht das alles natürlich wieder einmal deutlich viel zu sehr nach „Baron Münchhausen“ als nach ernster Aufklärung.
Was womöglich einer historischen Tatsächlichkeit entsprochen haben könnte, ist bestenfalls, dass Frau Bechstein tatsächlich okkultgläubig gewesen ist, womöglich auch einen spiritistischen Kreis um sich geschart hatte, und dass sie Hitler durchaus den einen oder anderen Rat gegeben haben könnte, der diesem Kreis – auf welchem Weg auch immer - „geworden“ ist. Aber auch das kann auf keinen Fall so gar zu platt geschehen sein, wie hier wieder einmal von Gross geschildert wird und wie es natürlich zu vielen anderen seiner Geschichten passt.
Auch fehlte in dem Buch noch ein Auftritt von Julius Streicher, der nun erfolgt (S. 252-255).
Und eine weitere, nun historische Schauspielerin tritt auf: Renate Müller (1906-1937)(S. 258). Zum Grossen Erstaunen liest man auf Wikipedia über sie:
Am 7. Oktober 1937 verstarb sie unerwartet in einem Berliner Krankenhaus, nachdem sie vierzehn Tage zuvor aus dem ersten Stockwerk ihrer Villa gestürzt war. Ihr Tod gab Anlass zu vielen Spekulationen. Sicher ist, dass der damalige Propagandaminister Goebbels sie mit Hitler verkuppeln wollte und sie kein Interesse zeigte.
Das würde allerdings zu der Grundthese des Buches „Hitler's Girls“ bestens passen und vielleicht bildete dieses Ereignis überhaupt den gedanklichen Ausgangspunkt für das Buch von Felix Gross? Bei Renate Müller, deren Lebensschicksal es offenbar wurde, sich in einen jüdischen Schauspieler – anstelle von Hitler zu verlieben - wird Felix Gross tatsächlich poetisch und zeigt fast authentische persönliche Anteilnahme (S. 259):
In ihrem einfachen weißen Kleid und entsprechend griechischer Art nur ein goldenes Stirnband tragend in ihrem langen goldenen Haar sah Renate Müller aus wie das perfekte deutsche Mädchen, das Maler oft versucht hatten zu malen, was ihnen aber nie gelungen war. Sie hatte den verträumten Blick in ihren grünen Augen, die Anmut in ihrem Körper, den unschuldigen Charme in ihrem Gesicht, das erinnerte an Heine's Gedichte, Mozart's Musik und Dürer's Madonnas.
Wenn es uns so gesagt wird, dann muss es ja wohl stimmen. Nach seiner Erzählung hätte Hitler bei der ersten vom Ehepaar Goebbels arrangierten Begegnung mit Renate Müller „Feuer gefangen“ (S. 259). Rona Blanca lässt Gross aus dieser Gelegenheit empört und rauschend aus Deutschland abreisen, nachdem sie bemerkt hat, dass die „Schokoladenschachtel-Schönheit eines Hitlerjugend-Mädchens“ ihr den Rang bei Hitler abgelaufen hätte.
Das Lebensschicksal der Renate Müller ist tatsächlich bewegend. Insbesondere nachdem man sich einen Eindruck von ihr als Sängerin und Schauspielerin verschafft hat. Hören wir, wie die historischen Ereignisse waren rund um Renate Müller:
Renate Müller wird eingeladen: zu privaten Gesellschaften in die Reichskanzlei, von Goebbels am Tisch direkt neben Hitler platziert, ein eleganter Hinweis. Zweimal geht sie hin, beim dritten Mal sagt sie ab. Eine mutige Aktion: Der Führer ruft, und Müller verweigert sich. Das nimmt man ihr übel. Von nun an lässt Goebbels sie beobachten. Ein Berufsverbot erteilen kann er ihr nicht, dazu ist sie zu berühmt. Aber schikanieren kann er sie lassen. Hat sie da nicht neulich während der Trauerfeierlichkeiten zum Begräbnis des Generalfeldmarschalls Hindenburg in ihrem Haus bei offenem Fenster lustige Klaviermusik gespielt? Das fasse man als bewusste Provokation auf. Bitte äußern Sie sich dazu, umgehend und schriftlich. So geht das in einem fort.
Und auch Dr. Goebbels äußert sich schriftlich. Er verweigert Renate Müller einen Reisepass nach Paris. Denn dort, das weiß Goebbels, wartet Müllers langjähriger Freund, ein junger Mann namens Georg Deutsch, Sohn eines Bankiers und Jude. Deutsch ist aus Deutschland emigriert, Müller filmt dort noch, allerdings unter erschwerten Umständen. Sie leidet unter der Situation, mittlerweile trinkt sie und nimmt starke Schlaf- und Aufputschmittel. Goebbels konfrontiert sie mit Fotos: Sie habe sich doch heimlich mit ihrem Freund in Paris getroffen. Wenn das noch mal vorkommt, werde er ihren Vater ins KZ schaffen lassen. Müller wird abgehört und von der Gestapo vernommen, die Post wird kontrolliert, die Bankkonten werden überwacht.
2011 heißt es in einem „Life“-Artikel:
According to the exiled German director Adolf Zeissler, Mueller confessed to him that she had had a disastrous one-night stand with Hitler, in which the German chancellor writhed around on the floor begging her to kick him so that he could become sexually aroused. Her defenestration occurred only days later, and several witnesses reported seeing Gestapo agents enter her building just before her fall.
Und:
A film actress and one of Hitler's earlier infatuations. The relationship did not last long. After spending an evening in the Chancellery where, as Renata confided to her director Adolf Zeissler, Hitler threw himself on the floor and begged her to kick him and inflict pain. Shortly after this experience, Renata Mueller was found unconscious on the pavement in front of her hotel, forty feet below the window of her room. Renate's sister, Gabriel, maintains that she did not commit suicide but that she died from complications following an operation to her leg at the Augsburger Strasse Clinic.
Und:
Renate described to Adolf Zeissler how Hitler had invited her one night to the Chancellery and began the evening by going into detail about Gestapo methods of torture, comparing them with medieval techniques. Renate was totally horrified …
Der emigrierte Filmdirektor Adolf Zeissler gab Walter Langer am 24. Juni 1943 in Hollywood ein Interview darüber.
20. Kapitel
Das 20. Kapitel hat unter anderem einen Streit zwischen Göring und Schacht zu bieten (S. 266-270). Und es lässt Schleicher weiter mit Röhm Intrigen spinnen. Am Ende des Kapitels warnt Rudolf Diels Schleicher vor einem Mordanschlag. Auch Röhm stünde auf der Liste.
21. Kapitel: Die Röhm-Morde (Juni 1934)
Das 21. Kapitel beginnt mit Sonntag, dem 17. Juni 1934 (S. 282):
Himmler war noch nie so beschäftigt gewesen wie während der letzten wenigen Wochen. Major Buch hatte die „Säuberung“ der Partei befohlen und entsprechend seiner Anweisungen sollten weder Rang noch persönliche Beziehungen das Abgleichen der Rechnung mit den rebellischen Elementen verhindern.
Und er lässt Heydrich Himmler vorbereitete, gefälschte Briefe Röhms und Schleichers zeigen, die Hitler vorgelegt werden sollen (S. 283f). Und dann lässt er Major Buch sein baldiges Gespräch mit Hitler überdenken (S. 291):
Eine bittere Pille zu schlucken für Adolf, dieses Opfern seines Freundes Röhm, aber die Wohlfahrt der Partei und des Reiches sind wichtiger als Gefühl und Freundschaft.
Und er lässt dann Hitler zu Buch sagen (S. 292):
„Ich werde dieses Grosse Opfer bringen. Sie können handeln. Sie haben alle Vollmachten.“ „Ich danke ihnen, mein Führer, für ihr Vertrauen in mich. Ich werde mein bestes tun, um es zu rechtfertigen.“ „Und wann werden Sie beginnen?“ „So früh wie möglich, mein Führer.“ „Nein, warten sie lieber bis 30. Juni (...)“ Major Buch lächelte, als er Hitlers Räume verließ.
Wenig später lässt Hitler zu Fräulein Kirstner in Berchtesgaden gehen (S. 297-300):
Nachmittags ging Hitler in den Anbau, wo Fräulein Kirstner lebte und verbrachte viele Stunden mit ihr. Die alte Jungfer war beschäftigt damit, für ihren Meister in den Sternen zu lesen, neue Enthüllungen in der Kaffeetasse und in Teeblättern zu finden und schob ihre fettigen Spielkarten herum. Und was die Sterne, ihre Kristallkugel, ihre Karten, die Kaffeetasse und die Teeblätter ihr noch nicht aufdeckten, das lernte sie durch die Nachrichten aus der geistigen Welt, die ihr freundlicherweise von Frau Bechstein übermittelt wurden. Die spirituellen Treffen in Frau Bechsteins Wohnung waren kürzlich noch lebendiger geworden. Ein neues Medium, eine junge Studentin, eine Agentin in Görings Geheimpolizei war damit beschäftigt, die vielen Nachrichten zu übermitteln, die sie von dem späten Herrn Bechstein erhielt. Die alte Frau Bechstein konnte sie nicht verstehen. Soe leitete sie sie weiter zu ihrer Freundin, Fräulein Kirstner. Die Nachrichten enthielten mysteriöse Warnungen der Geister vor einem „alten Freund, der den Führer verrät“, vor „braungekleidete, vom Ehrgeiz gebissenen Männern“, „sich zu hüten vor dem 30. Juni, wenn die Sternen eine Katastrophe voraussagten, die nur durch schnelle Aktion vermieden werden kann“, und „nicht zu vergessen, dass alle Grossen Männer das Blut ihrer Freunde zu opfern hatten, um ihr Land zu retten.“ Die Warnungen wurden mit jedem Tag alarmierender. Hitler konnte überhaupt nicht mehr schlafen. Erneut wurde er von schrecklichen Träumen geplagt. (…)
Die unterstellte S.A.-Revolte hatte sich ursprünglich Major Buch ausgedacht, der an einem Morgen in Himmlers Büro erschienen war und ohne jede Vorankündigung oder Begrüßung zu Himmler gebellt hatte: „Röhm startet seinen Putsch mit der SA am 30. Juni. (…) Hier ist eine Liste von allen Leuten, von denen ich will, dass sie beteiligt sind. Sie werden hinter den meisten Namen ein Kreuz finden. Ich werden Ihnen später sagen, was dieses Kreuz bedeutet.“ (…)
Nachdem Buch die Befehle gegeben hatte, hatte Himmler nur noch zu gehorchen. (…)
Und langsam begann Hitler an die Möglichkeit zu glauben, dass Röhm ihn verraten könnte, dass Röhm die oberste Macht für sich selbst wollen könnte. Eine Weile später erachtete er Röhm als einen Verräter!
(Original:) In the afternoon Hitler went into the annexe where Fräulein Kirstner lived, and spent many hours in her company. The old maid was kept busy reading the stars for her master, looking for new revelations in the coffee grounds and tea leaves, and shuffling her greasy playing cards. And what the stars, her crystal, her cards, the coffee grounds, and the tea leaves did not disclose to her, she learned through messages from the spirit world kindly conveyed to her by Frau Bechstein. The spiritualist meetings in Frau Bechstein's flat had lately become even livelier. The new medium, the young girl student, an agent in Goering's Secret Police service, was kept busy transmitting the many messages received from the late Herr Bechstein. Old Frau Bechstein could not understand them. So she passed them on to her friend, Fräulein Kirstner. The messages contained mysterious warnings from the spirits against an „old friend who is betraying der Führer,“ against „brown-clad men bitten by his ambitions,“ „to beware of June 30th when the stars predict a catastrophe which can only be avoided through swift action,“ and „not to forget that all great men have had to sacrifice the blood of their friends to save their country.“
Dann lässt Gross Hitler am 30. Juni in Bad Wiessee noch über viele Absätze hinweg höhnische Worte mit Röhm wechseln.
Vorläufiges Resümee
Ein abschließendes Resümee bleibt beim derzeitigen Stand noch schwierig. Es deutet sich aber an, dass Felix Gross zum Teil - und durchaus ähnlich wie etwa ein Zeitzeuge wie Hans Bernd Gisevius - gut informierte Kenntnisse zur Hintergrundgeschichte des Dritten Reiches hatte. Und zwar auch jenseits vorherrschender Propagandabilder. Was sich etwa zeigt an seinem Bild von Paul von Hindenburg oder an seinen Ausführungen über die Auslandsfinanzierung Hitlers.
Bei anderen Themen lässt sich bislang nur vermuten, dass ihre Behandlung auf ähnlich guten Kenntnissen beruht wie die Behandlung der beiden genannten Themen.
So weckt es zum Beispiel Verwunderung, mit welcher Sicherheit Felix Gross ganz ungewöhnliche Hierarchieverhältnisse zwischen Walter Buch, Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich darstellt. Auch wird der Eindruck erweckt, als würde er - ähnlich wie Hans Bernd Gisevius - geheimdienstliche Hintergrundsteuerungen, deren Verantwortliche der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt sind, und die er selbst ebensowenig nennt, um sie überhaupt darstellen zu können, diese jeweils miteinander rivalisierenden Naziführern zuschreiben. Das wirkt – zumindest auf die Länge seiner Darstellung hin – ganz überzogen, oft wenig in der Logik der Sache liegend und darum unglaubwürdig.
Aber dieser Umstand wird nicht von vornherein ausschließen können, dass das Unterstellen von geheimdienstlicher Steuerung nicht dennoch zutreffend gewesen ist. In Zeiten merkwürdigster NSU- und NSA-Affären sollte man jedenfalls über ein derartiges Vorliegen von Schattenregierungen und Schattengeheimdiensten in jenen Jahren keinesfalls mehr gar zu flüchtig hinweggehen. Und um der Auswägung solcher Möglichkeiten willen erscheint das Buch von Felix Gross vergleichsweise dienlich und nützlich zu sein.
Veröffentlichungen von Felix Gross
(unvollständig)
1907
Groß, Felix: Die Kultur der Zukunft. In: Bayreuther Blätter, 30, 1907, S. 8-24
Groß, Felix: Philosophische Deutungen des Wagner'schen Mythos. Ihre Berechtigung und ihr Wert. Ein einleitender Vortrag. In: Bayreuther Blätter, 30, 4-6 (Apr.-Juni 1907), S. 112-120
Groß, Felix: Versuch einer vollständigen philosophischen Deutung von Wagner's Ringmythos. I. Vortrag. Die Gestalt Loges im Ring. In: Bayreuther Blätter, 30,10-12 (Okt-Dez. 1907). S. 257-269; weitere Teile bis zum 7. Vortrag in den Jahrgängen 1909, 1910, 1914, 1915
Groß, Felix: Kant Laienbrevier. Eine Darstellung der Kantischen Welt- und Lebensanschauung für den ungelehrten Gebildeten aus Kants Schriften, Briefen und mündlichen Äußerungen zusammengestellt. Reichl, Berlin 1909 (216 S.) (erneut: 1912, 1916, 1920)
Richard Wagner. Auswahl seiner Schriften. Ausgewählt und unter Mitwirkung von Felix Groß hrsg. von Houston Stewart Chamberlain. Inselverlag, Leipzig, o.J., um 1910 (279 S.)
Wagner, Richard: Oper und Dramen. Hrsg. v. Felix Groß. Deutsche Bibliothek o.J. (332 S.)
Groß, Felix: „Form“ und „Materie“ des Erkennens in der transzendentalen Ästhetik. Eine erkenntnistheoretische Untersuchung. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1910 (61 S.)
1912
Immanuel Kant's sämtliche Werke in sechs Bänden. Hrsg. v. Felix Groß. Großherzog Wilhelm Ernst Ausgabe. Inselverlag, Leipzig 1912, 1920, 1921 [Band 1: Vermischte Schriften, Band 2: Naturwissenschaftliche Schriften, Band 3: Kritik der reinen Vernunft, Band 4: Kleinere Philosophische Schriften, Band 5: Moralische Schriften, Band 6: Ästhetische und Religions-philosophische Schriften.]
Immanuel Kant - Sein Leben in Darstellungen von Zeitgenossen. Die Biographien von L. E. Borowski, R. B. Jachmann und E. A. Wasianski. Hrsg. von Felix Groß. Deutsche Bibliothek, 1912 (305 S.) (1968, 1993 und 2012 Nachdrucke bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, ab 1993 mit einer neuen Einleitung von Rudolf Malter, 2012 einem neuen Vorwort von Volker Gerhardt)
Groß, Felix: Der Wandsbecker Bote. Die Persönlichkeit im Spiegel ihrer Werke. Deutsche Bibliothek, Berlin 1912 (281 S.)
Montaigne Essays. Hrsg. v. Dr. Felix Groß. Deutsche Bibliothek, Berlin o. J. (350 S.)
Uexküll, Jakob von: Bausteine zu einer biologischen Weltanschauung. Gesammelte Aufsätze. Hrsg. und eingel. von Felix Groß. Bruckmann, München 1913 (298 S.)
Groß, Felix: Kant und wir. Eine Darstellung der Kantischen Philosophie als der einzig möglichen Grundlage einer Kultur der Zukunft, zugleich eine Berichtigung des monistischen und anderer moderner Kulturideale. Weiß'sche Universitäts-Buchhandlung, Heidelberg 1913 (63 S.)
Groß, Felix: Richard Wagner. Deutsche Bibliothek, 1914 (344 S.)
1927 bis 1934
Groß, Felix: Die Wiedergeburt des Sehers. Wagners „Ring des Nibelungen“ und „Parsifal“ als eine neuerstandene mythische Weltreligion. Amalthea-Verlag, 1927 (377 S.)
Groß, Felix: Zweckmöbel. Frohe Zukunft Verlag, Wien 1928
Groß, Felix: Aus einem Zimmer drei zu machen. Frohe Zukunft Verlag, Wien 1928
Groß, Felix: Der Mythos Richard Wagners. Wagners „Ring des Nibelungen“ und „Parsifal“ als eine neuerstandene mythische Weltreligion. Neue Ausgabe. Frohe Zukunft-Verlag, 1931 (377 S.) (K. F. Koehler, Leipzig) [Philosophie für Laien. Handbücher der Weisheit für den ungelehrten Gebildeten. 2. Reihe: Weltbilder.]
Groß, Felix: Die Auffindung der Wahrheit. Das Märchen eines Lebens. Frohe Zukunft Verlag, Wien (1932) (25 S.)
Groß, Felix: Die Erlösung des Judentums, abgeleitet aus seiner weltgeschichtlichen Mission. Frohe Zukunft Verlag, Leipzig u. a. 1932 (96 S.)
Groß, Felix: Jesus Christus - Die Gestalt eines Ewigen. Gesehen von einem Heutigen. Frohe Zukunft Verlag, Leipzig & Wien 1932 (30 S.); erneut: Leitha, David: Jesus Christus - Auszüge aus „Jesus Christus“ von Felix Groß, GRIN-Verlag, 2011
Groß, Felix: Die wahre Botschaft Jesus. Frohe Zukunft Verlag, Wien 1934 (236 S.)
1940 bis 1960
Gross, Felix: I Knew Those Spies. Hurst & Blackett, London 1940 (255 S.)
Gross, Felix: Hitler's Girls, Guns, and Gangsters. Hurst & Blackett, London 1941 (320 S.) („First published March1941, Reprinted May 1941“)
Gross, Felix: Some trends in European Federalism. In: New Europe, September 1941
Gross, Felix: Grand Seigneur. The Life and Loves of Prince Hermann Pueckler-Muskau, 1785-1871. Creative Age Press, New York 1943 (328 S.)
Gross, Felix. Rhodes of Africa. Cassell, London 1956
Veröffentlichungen, in denen Felix Groß erwähnt wird
Langer, Walter: The Mind of Adolf Hitler - The Secret Wartime Report (1943), 1972, dt. u. d. T. „Das Adolf-Hitler-Psychogramm“, 1982
Abb. 1: Felix Gross - „Hitler's Girls, Guns, and Gangsters" (1941) 7
Abb. 2: Houston Stewart Chamberlain (1855-1927) - In Wien (1890) 10
Abb. 3: Jakob von Uexküll (1864-1944) (1930) 11
Abb. 4: Hans von Wolzogen (1848-1938) 12
Abb. 5: Immanuel Kant (unbekannter Maler 1790) 13
Abb. 6: Felix Groß „Der Mythos Richard Wagners“ (Frohe Zukunft Verlag, 1931) 16
Abb. 7: Ozeandampfer vor Kapstadt (1958) (Postkarte) 27
Abb. 8: Kapstadt mit Riebeeck-Denkmal, dahinter der Tafelberg (Postkarte) 29
Abb. 9: Universität Kapstadt 30
Abb. 10: Adolf Hitler bei Winifred Wagner (undatiert) 47
Abb. 11: Walter Buch (1883-1949) (Mitte) mit dem Maler Wolfgang Willrich (links) am Bodensee 69
Abb. 12: Adolf Hitler und das Ehepaar Bechstein 76
Abb. 13: Die Beerdigung von Edwin Bechstein – Helene Bechstein, Hitler, Hammerstein (September 1934) 79
(Dies ist der Versuch, ein 100-seitiges nur vorläufiges Buchmanuskript als Blogartikel zu veröffentlichen. Die Abbildungen werden mit Copy-and-Paste allerdings nicht übernommen. Mit dieser Vorveröffentlichung soll auf die Thematik aufmerksam gemacht werden und wird um weiterführende Auskünfte gebeten.)