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Zuerst gab es eine Ehrenmedaille (2013) - ... und dann drei Jahre später: Haft

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Dr. Kerstin Schön, Erfurter Bürgerrechtlerin und Psychiaterin

- Eine Familie suchte bei ihr Zuflucht, in der es generationenübergreifende sexualisierte Gewalt gegeben hat

Das ist Deutschland am Beginn des 21. Jahrhunderts: 

Im 2013 erhält eine angesehene Erfurterin Bürgerin eine Ehrenmedaille ihrer Stadt für Zivilcourage, nämlich für jene Zivilcourage, die sie im Jahr 1989 - davor und danach - wieder und wieder erwiesen hat. 

Und im Jahr 2016 kommt sie - für fast ein Jahr - in Untersuchungshaft. Sie hatte - vermutlich - wieder Zivilcourage gezeigt, aber für eine solche bekommt man - noch heute - keine Ehrenmedallie, sondern - offenbar - Untersuchungshaft.

- War sie kriminell geworden? Womöglich kriminell erneut im Sinne der Stasi? Aber, ach so, .... die Stasi gibt es ja gar nicht mehr?

Jedenfalls: Derartiges widerfährt einer bekannten, angesehenen Tochter der Stadt Stadt Erfurt - und bis heute scheint es darüber so gut wie keinen Aufschrei in der Öffentlichkeit zu geben.

Abb. 1: Dr. Kerstin Schön (Mitte) und ihre Lebensgefährtin Sabine Fabian (rechts) im Gespräch mit "Freeman" Dirk, 2014 (Youtube)


Sind die Erfurter heute toter als 1989?

.... Aber: Worum geht es überhaupt?

- Nun gut, .... im Raum stehen Vorwürfe elitärer, mehrgenerationaler, systematisch organisierter Sexsklaverei und Pädokriminalität ....

Die Psychiaterin Dr. Kerstin Schön (geb. 1957) wird von der Thüringer Presse eine "einstige Ikone der oppositionellen DDR-Frauenbewegung" genannt (Thüringer Allgemeine, 9.10.2018). Sie hatte in den Jahren 2015 und 2016 einer Familie als Psychiaterin Hilfe angeboten, in der es, wenn man es recht versteht, generationenübergreifende sexuelle Gewalt und Folterungen gegeben hat. Schön bot der Familie Unterstützung an bei deren anfänglichem Wunsch, intrafamiliär einen Weg der Versöhnung miteinander zu beschreiten. Dafür organisierte sie auf deren Wunsch und mit deren Einverständnis mediale Begleitung durch ein Dokumantarfilmteam und einen  Reporter. Als sie 2017 nach vielen Monaten Untersuchungshaft unter Anklage steht, heißt es darüber in der "Thüringer Allgemeinen" (Hanno Müller, Thür. Allg., 1.9.2017):
Bei der Angeklagten handelt es sich um Kerstin S., Psychiaterin und DDR-Bürgerrechtlerin. Zu DDR-Zeiten war sie einer der Köpfe der oppositionellen Frauenbewegung. Sie hat Frauenzentren initiiert und sich in der Bewegung „Frauen für Veränderung“ engagiert. Anfang Dezember 1989 besetzte sie mit anderen Mutigen in Erfurt erstmals eine Bezirks-Stasizentrale, um die Vernichtung der Akten zu verhindern. Ebenfalls machte sie mit anderen als eine der Ersten nach der Wende den vielfach vertuschten sexuellen Mißbrauch von Frauen und Mädchen in der DDR öffentlich. 
Wird S. ihr Engagement jetzt zum Verhängnis? Die Ärztin gilt als streitbar, unbequem, als jemand, der sagt, was er denkt und dabei auch die Konfrontation mit Freunden nicht scheut. Seit Jahren legt sie sich mit Gerichten wegen zu zögerlicher Entschädigung von SED-Opfern an. (...) Ist ihr bekanntes Bemühen, Täter und Opfer aller Art zusammenzubringen und in Gesprächen zu versöhnen, aus dem Ruder gelaufen? (...) Obwohl in der Anklage laut Gerichtssprecherin von gemeinschaftlichen Taten die Rede ist, geht es beim Prozeß in Gera nur um S.. (...)
Für die Lebensgefährtin von S., die mit ihr in der Ottermühle lebt und die beim Prozeß als Zeugin geladen ist, sind die Vorwürfe unvorstellbare und haltlose Anschuldigungen. Sabine F. erzählt eine ganz andere Geschichte, eine vom Mißbrauch der Frau und ihrer Kinder durch mehrere Täter, der beim Aufenthalt in der Ottermühle zur Sprache kam, von reuigen Großeltern, die Unrecht wieder gut machen wollten, die dann aber umkippten und sich nun mit ihrer Anzeige aus der Affäre zu ziehen versuchen. Aus dieser Sicht war die spätere Überwältigung und Fixierung des Ex-Ehemannes ein Akt der Notwehr der Hausbewohner. Ohnehin habe man selbst zum eigenen Schutz die Polizei gerufen. (...)
Ein Großteil dessen, was die Anklage als therapeutische Sitzungen bezeichnet, ist nämlich in Videoaufzeichnungen von vielen Stunden Länge dokumentiert. Aufzeichnungen, die nicht von S., sondern von der Frau und ihren Kindern veranlaßt worden sein sollen. In diesen Filmmitschnitten seien sowohl schreckliche Erinnerungen an Gewalt und Mißbrauch als auch die Reue des Großvaters festgehalten, versichert die Verteidigung. Die Landgerichtssprecherin bestätigt, daß umfangreiches Videomaterial beschlagnahmt wurde. Ob und wie es in den Prozeß einfließt, läßt sie offen.
Für jeden, der sich auch nur ein bisschen ernsthafter mit der Thematik des internationalen elitären und rituellen Satanismus und der damit verbundenen folterbasierten Mind control-Programmierung durch Freimaurerlogen, Jesuiten und Geheimdienste auseinander gesetzt hat - so wie dieser Blog über mehrere Jahre -, genügen diese wenigen Andeutungen, um zu verstehen, was hier gerade los ist. Und es gibt ein weiteres mal Grund, hochgradig schockiert zu sein über das, was hier nun seit 2016 in Thüringen passiert. Und es gibt auch Grund, schockiert zu sein darüber, wie zu großen Teilen in der Presse darüber berichtet wird, besonders in welchem - ansonsten - sehr einseitigen, Kerstin Schön kraß belastenden Tonfall das geschieht (Thür. Allg., 9.11.17):
Die Anklage wirft Kerstin S. erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit Geiselnahme und Nötigung sowie gemeinschaftlichen Diebstahl und gemeinschaftliche Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und übler Nachrede vor.
Da versucht aber jemand ganz sicher zu gehen, daß kein etwaig möglicher Tatvorwurf ausgeschlossen bleibt. Da feuert jemand die ganze Breitseite ab gegen eine lebenslang couragierte ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und Psychiaterin. Wer steht hinter diesen Vorwürfen? Man erfährt - ebenfalls in den Presseberichten: Der Verein "False Memory" geht aktiv gegen diese Frau vor. Und diesem Verein nun scheint innerhalb der Masse der deutschen Presseberichterstattung und innerhalb des deutschen Justizsystems mehr Glaubwürdigkeit zugesprochen zu werden als einer angesehenen DDR-Bürgerrechtlerin, die durch Schlagzeilen und durch das Handeln der Jusitz gerade einmal eben von einer Versöhnerin und Heilerin zu einer Kriminellen umgedeutet wird.

Wie so häufig scheint auch die alternative Öffentlichkeit wieder einmal mit ganz anderen Dingen beschäftigt zu sein als daß sie solch einen Fall zwischenzeitlich einmal aufgegriffen hätte. Oder haben wir etwas übersehen? Hat das "Leitmagazin" der alternativen Öffentlichkeit, "Compact", über diesen Fall berichtet? Das Magazin, das gleichzeitig mit der Berichterstattung über den NSU-Prozeß so viele Schlagzeilen machte und durch sie seine Verkaufszahlen erhöhte?

Hier wird eine krasse Schuldumkehr vor den Augen der großen Öffentlichkeit betrieben, genau das, was satanistische Logen seit Jahrhunderten so lieben und womit sie besonders gerne arbeiten. Kerstin Schön wird als Verbrecherin dargestellt in einer geradezu hohnvollen Weise. Und das versteht man eigentlich sofort, wenn man die Binnensicht von Kerstin Schön über ihre Lebensgefährtin übermittelt bekommt (siehe oben) und wenn man sich nur ein wenig sonst mit ihrem Leben, ihrem Tun, ihrem Denken beschäftigt.

Guantanamo in Deutschland?


Und während man sich mit dem Thema - wieder einmal - beschäftigt, wird einem wieder bewußt: Dieselben gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Eliten, die die Völker der Nordhalbkugel gerade bewußt und mit aller harten Konsequenz und der ausgefeiltesten Methodik der Massenmanipulation, Lüge und Verblödung gegen die Wand fahren, leben in einem internen generationenübergreifenden Terrorsystem, dem sie vollständig unterworfen und ausgeliefert sind. Sie können - vermutlich - in der Regel gar nicht anders handeln als sie es tun, wenn sie nicht selbst ermordet werden wollen oder fürchterlichsten Folterungen, fürchterlichster psychischer und körperlicher Gewalt ausgesetzt sein wollen. Ermordet sagen wir wie: Kennedy, Dutschke, Kelly, Bastian, Möllemann, Barschel, Haider und viele andere mehr (eine gut recherchierte erste Übersicht zum Thema politischer Mord bietet etwa Anneliese Fikentscher auf Arbeiterfotografie.com).

Guantanamo ist also gar nicht so weit weg wie sich das die meisten Menschen vorstellen und wie es der deutschen Bevölkerung als Realität verkauft wird. Guantanamo findet statt, mitten unter uns. Und im Kern ist das Leben eines nicht unbeträchtlichen Teils der gesellschaftlichen Eliten der Nordhalbkugel geprägt durch wiederholte Aufenthalte in solchen Folterlagern. Sie bewegen sich in solchen Folterlagern, wuchsen in solchen Zusammenhängen schon auf, waren in diesen Zusammenhängen zunächst selbst bloße Überlebende, die allen Gewalttaten ausgeliefert waren, die nur denkbar waren, bis sie selbst in eben denselben Zusammenhängen zu Tätern ausgebildet wurden. Und aus solchen internen Zusammenhängen heraus terrorisieren diese Eliten dann die Einzelmenschen, Familien und Völker weltweit.

Und wir regen uns auf über diese "Eliten", anstatt hinter die Fassade zu blicken und zu erkennen, daß ein großer Teil jener terrorisierten Menschen, die uns heute regieren, nicht nur uns terrorisieren, sondern auch selbst einem Terrorregiment unterworfen sind, einem Terrorregiment, das sorgsam vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten wird und das über Jahrhunderte gewachsen ist und dessen Methoden über Jahrhunderte verfeinert worden sind. In diesem Sinne sind die Vordergrundpolitiker und Politikberater eigentlich nur die Kapo's (Wiki) in jenem kaum sichtbaren Konzentrationslagersystem, das für moderne Völker eingerichtet worden ist. Und diese Kapo's werden vom Terrorregime mit billigen Vergünstigungen für ihre Arbeit "belohnt".

Und aus diesem internen Terrorregime heraus versucht man uns alle zu schweigenden, nicht aufmuckenden Mitwissern zu machen. So etwa im Januar 2016 durch Ausstrahlung des Fernsehfilmes "Operation Zucker - Jagdgesellschaft" und seine begleitende Presseberichterstattung (23).

1957 bis 1989


Der Vater von Dr. Kerstin Schön war vertriebener Ungarndeutscher, ihre Mutter war vertriebene Schlesierin. Sie selbst wurde 1957 in Erfurt geboren (1). Die Eltern konnten 1961 nicht mehr in den Westen gehen wie es eigentlich ihre Absicht gewesen war. Der Vater wurde SED-Mitglied und für die Tochter ein "Mann mit zwei Gesichern". Sie haßte seine Unaufrichtigkeit zutiefst (2). Da sie selbst immer offen ihre Meinung gesagt hat, versucht hat, aufrichtig zu sein, war sie allmählich umgeben von Zuträgern der Staatssicherheit, die über sie an diese berichtet haben. Der erste war der Direktor jenes Gymnasiums, auf das sie ging. Man beachte: Schon Gymnasialdirektoren können oft in das Herrschaftssystem mit einbezogen sein, und nicht nur in der ehemaligen DDR.

Während ihres Medizinstudiums in Erfurt bewegte sich Kerstin Schön in Kreisen der katholischen Kirche und erhielt hier die Anregung, 1980 auf ein Taizé-Treffen nach Polen zu fahren. Dort kam sie mit der polnischen Solidarność-Bewegung in Berührung, erhielt Widerstands-Schriften und Adressenlisten, die sie mit in die DDR nehmen wollte. Sie wurde damit aber als Anhalterin an der deutsch-polnischen Grenze entdeckt. Es wurde ein Exmatrikulations-Verfahren gegen sie an der Universität eingeleitet. Sie wurde von der Staatssicherheit verhört. Diese wollte sie anwerben. Dem hat sie sich entzogen.

Innerhalb der katholischen Stadtmission in Erfurt hat sie dann einen "Friedenskreis" aufgebaut, der sich "Albert-Schweitzer-Friedenskreis" nannte. Von dort aus gelangte sie in Frauengruppen der Frauenbewegung der DDR. Im November 1989 gehörte sie dann mit anderen Frauen zu den wenigen führenden Köpfen, die die Besetzung der Amtes für Staatssicherheit in Erfurt organisierte, um die dortige Aktenvernichtung zu stoppen. Sie erhielt dafür im Herbst 2013 zusammen mit Gabriele Stötzer, Claudia Bogenhardt, Sabine Fabian und Tely Büchner die Ehrenmedaille der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt für Zivilcourage.

Nach 1989


Dr. Kerstin Schön war praktizierende Psychiaterin und konnte als solche  - natürlich - mancherlei Erfahrung sammeln im Umgang mit den Folgeschäden sexualisierter Gewalt und Folter. Es haben dann für mehrere Jahre offenbar Reisen im Vordergrund ihres Lebens gestanden. Sie schreibt auf ihrer Internetseite (auf der sie sich selbst den spirituellen Namen "Rakuna" und ihrer Lebensgefährtin den Namen "Anomatey" gibt) (Kraft der Kreise):
Wir haben nach der Wende schwerpunktmäßig mißhandelte und gefolterte Frauen in ihrem Heilwerden begleitet und auf der sozialpolitischen Ebene durch Vernetzung Wege gesucht, gesellschaftliche Veränderungen im Sinne von Gemeinschaftlichkeit zum Wohle aller zu bewirken. Uns war klar, daß die Gesellschaft, in der wir lebten, auf allen Ebenen auf Herrschaft und Gewalt beruhte und dringlichst grundlegender Veränderung bedurfte, damit alle, die in ihr leben, heil werden und ihre einzigartige Wahrheit in Kraft und Würde leben können. Um diese notwendigen Veränderungen mit zu bewirken, gaben wir 1997 unsere Berufe auf und gingen nach Schweden, um unmittelbar mit der Natur zu leben und nach mütterlichem Heilwissen der Völker zu forschen. 1996 empfing Rakuna durch geführtes (‚automatisches’) Schreiben die 46 Wahrworte mütterlicher Kraft und 1999 die zugehörigen 46 Wahrzeichen mütterlicher Kraft, die mit der Aufforderung verbunden waren: „Teilt sie mit den Schwestern und bringt sie nach Haus.“ Damit begann im Jahr 2000 eine mehrjährige Reise, die uns zuerst nach Vancouver-Island in Kanada führte, wo wir die uns anvertrauten Wahrzeichen und Wahrworte mit vorwiegend indigenen Frauen in Kreisen teilten, unser Wissen mütterlicher Heilkraft miteinander austauschten und voneinander lernten. Unsere Reise führte dann durch die USA nach Neuseeland, wo wir wegen unseres Wirkens als Sufi-Priesterinnen für die Frauen-Mysterien geweiht wurden und über drei Jahre spirituelle Frauen-Kreise anregten sowie weiterhin nach mütterlichem Heilwissen forschten. 2005 kehrten wir „nach Hause“ nach Deutschland zurück, um das gesammelte mütterliche Heilwissen wie auch die Kraft und Weisheit der 46 Wahrworte und Wahrzeichen zu teilen. 
Und (Kraft der Kreise, 18.1.2014):
Seit ihrer Rückkehr nach Deutschland im Jahre 2005 laden sie Menschen ein, miteinander in Kreisen zusammen zu kommen und ihre einzigartige Weisheit als Ausdruck allmütterlicher Kraft wieder miteinander zu teilen. Sie vertrauen darauf, daß aus der Kraft der Kreise und der Kraft der Mütterlichkeit alle Wunden gemeinsam geheilt werden und lebendige Gemeinschaft überall auf Mutter Erde entsteht.

2009/10 - Kauf der Ottermühle im Thüringer Wald


2009 fand sie eine reparaturbedürftige Mühle zwischen den Dörfern Liebschütz und Drognitz im Thüringer Wald, 30 Kilometer östlich von Saalfeld/Saale, 20 Kilometer westlich der A9, Abfahrt Dittersdorf (Liebschütz):
Die am Otterbach an der Straße nach Drognitz gelegene "Ottermühle" gehört heute noch zu Liebschütz.
Die Mühle liegt sehr einsam knapp drei Kilometer nordwestlich des Dorfes Liebschütz. In den Presseberichten finden sich Abbildungen von ihr (siehe Bildersuche "Ottermühle bei Liebschütz", s.a. Strassenkatalog). Sie erwarb sie 2011 (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Vor sechs Jahren sind S. und F. hier eingezogen. Nach Jahren im Ausland wollen sie den Traum von einer einfachen Lebensgemeinschaft mit Gleichgesinnten umsetzen. Ihr Anwesen nennen sie Mutterland, es soll offen sein für alle Menschen. Bei der Übernahme ist die Mühle in beklagenswertem Zustand. Viele Eigenleistungen sind nötig. Die meisten Mitstreiter bleiben nicht lange. Die Anforderungen des Lebens als Selbstversorger sind hart. 

2015 - Was geschah?


2015 suchten zwei anerkannte SED-Opfer bei Kerstin Schön und Sabine Fabian Zuflucht, und zwar das Erfurter Geschwisterpaar Claudia und Michael May. Darüber berichtete der Journalist Henryk Goldberg (Thüringer Allgemeine, 20.8.2015):
Wir sitzen jetzt hier im Haus bei Kerstin Schön und Sabine Fabian, hier wurden die Flüchtlinge aufgenommen, eine Art Refugium, eine Fluchtburg in einer kleinen Thüringer Gemeinde. Ein Asyl. Die beiden Frauen gehörten zu den Protagonistinnen der Wende, seither wurden sie zu Protagonistinnen ihrer Lebensweise und ihrer Lebensweisheiten. Kerstin Schön, eine promovierte, nicht mehr praktizierende Psychiaterin und Neurologin, möchte an dem Gespräch teilnehmen, was mir nicht so recht ist, aber Claudia May besteht darauf. (...) Claudia May ist besessen von ihrer Geschichte. Das bedeutet nicht, daß sie nicht das Recht auf dieses Haus hätte, daß ihre Forderung sachlich falsch wäre. (...) Diese Frau führt kein Schwert, sie hat das Gesetzbuch und die Paragrafen. Und die Wut, den Zorn.
Aber dieses Thema soll hier nicht weiter verfolgt werden. Außerdem suchte 2015 eine Frau Zuflucht in der Ottermühle (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
2015 hätte die Frau um Aufnahme in die Gemeinschaft gebeten, wenig später seien ihre 24-jährige Tochter und der 26-jährige Sohn dazugekommen. Man wohnt getrennt, trifft sich aber zum gemeinsamen Leben im Hauptgebäude. Schnell seien dabei Spannungen in der Familie spürbar gewesen. Das Angebot der gelernten Therapeuten S. und F., darüber zu reden, sei schließlich angenommen worden. Frühzeitig sei auf Wunsch der Familie während der Gesprächskreise eine Kamera mitgelaufen. Anfangs geht es um Unausgesprochenes zwischen Mutter und Kindern. Die Mutter sei vor der Scheidung mehrfach vom Ehemann bzw. Vater verlassen worden, mit den Kindern habe niemand geredet. In den Gesprächen wirft man sich gegenseitig Verletzungen und Vernachlässigung vor.
Kerstin Schön stellte es auch folgendermaßen dar (Hanno Müller, Ostthür. Ztg., 22.9.2017):
Die Vorwürfe des sexuellen Mißbrauchs (waren) in freiwilligen Gesprächskreisen zur Sprache gekommen und alle Beteiligten an einer innerfamiliären Aufarbeitung interessiert. Dokumentiert sei dies in über 800 Videoclips von über 160 Stunden. Detailliert wurde in der Erklärung aufgelistet, in wie vielen der Clips und wie lange die beteiligten dort über den Mißbrauch sprechen.
Und wir erfahren (Thür. Allg., 9.11.17):
Laut Kerstin S. kamen Traudel K. und ihre Kinder in labilem und nicht belastbarem Zustand in die Mühle. Die Kinder hätten Suizidgedanken geäußert. Mutter und Kinder hätten von sich aus Übergriffe durch einen Freund der Familie und durch ihren Vater sowie weitere Personen berichtet und seien dabei in den täglichen Gesprächskreisen begleitet worden. Dafür habe sie auch Unterstützung bei Vereinen sowie beim Bundesbeauftragten für den sexuellen Kindesmißbrauch gesucht.

2016 - Was geschah?


Auch die Eltern von Traudel K., der 82-jährige Manfred K. und seine Frau Martha K. aus Ludwigshafen, beide Jahrgang 1934, kamen in die Ottermühle (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Dann sei der in der Anklage erwähnte ältere Herr, der Vater und Großvater der Familie, zu Besuch gekommen. Und freiwillig geblieben, wie F. versichert. Auf ihn habe die Frau aggressiv reagiert. In den Gesprächen seien jetzt zunehmend verdrängte sexuelle Übergriffe zur Sprache gekommen, die der Großvater schließlich, nicht selten unter Tränen, eingeräumt habe. Betroffen seien nicht nur die Mutter, sondern auch ihre Kinder gewesen. Die Kamera habe all dies aufgezeichnet. Daraus sei dann auch die Bereitschaft des Alten zur finanziellen Wiedergutmachung erwachsen. Die Frau habe ihrerseits 15.000 Euro für die Erhaltung des Anwesens zur Verfügung gestellt, ganz im Sinn des Gemeinschaftsgedankens im Mutterland.

Auch die in der Anklage angeführte Freiheitsberaubung des Ex-Ehemanns stellt sich aus Sicht der Beschuldigten anders dar. Der Fixierung auf einem Stuhl seien Handgreiflichkeiten zwischen ihm und dem Sohn vorausgegangen, nach dem Letzter seinem Vater eine Anzeige wegen sexueller Übergriffe in der Vergangenheit offenbart habe.
Erst nach dem Eingreifen der von Kerstin S. alarmierten Polizei hätten die beiden Alten und deren Schwiegersohn ihre Vorwürfe der Freiheitsberaubung und Fremdbestimmung gegen Kerstin S. erhoben. Und auch die Mutter sei nunmehr völlig unvermittelt von ihren bisherigen Angaben abgerückt und in ein Frauenhaus umgezogen. (...)
Dem Vernehmen nach werden Großvater und Ex-Mann inzwischen von der False Memory-Bewegung unterstützt, einem Verein von nicht näher genannten Privatpersonen, die sich gegen falsche Erinnerungen an sexuellen Mißbrauch infolge von Therapien stark machen.
Aha, die False-Memory-Bewegung hat eingegriffen. Es dürfte sinnvoll sein, sich mit dieser dubiosen Vereinigung auch noch einmal gründlicher zu befassen.

Juni 2016


In der späteren Anklage sollten der Geschehensablauf noch etwas detaillierter beschrieben werden (Ostthür. Ztg., 1.9.2017, Peter Hagen):
Am 11. Juni 2016 sollen der Ludwigshafener und dessen Frau den Wunsch geäußert haben, das Anwesen wieder zu verlassen. (...) Zum Monatsende hin soll die Angeklagte den Mann intensiv dazu aufgefordert haben, die ihm vorgeworfenen sexuellen Mißbrauchshandlungen zu gestehen. (...) Es folgten bis zum Oktober offenbar die üblichen Gesprächskreise. (...) Am 9. Oktober war in der Ottermühle ein Mann aufgetaucht, der seine von ihm geschiedene Frau besuchen wollte. Es handelte sich hierbei um die Tochter des Ludwigshafeners. (...) Auch ihn soll die Nervenärztin aufgefordert haben, Taten des sexuellen Mißbrauchs zu gestehen.  (...) Erst ein Polizeieinsatz am 27. Oktober setzte dem Treiben ein Ende.
Die Formulierung "setzte dem Treiben ein Ende" klingt natürlich sehr neutral und ohne Voreingenommenheit. Dieser Tonfall ist aber in der Presseberichterstattung über Kerstin Schön fast der vorherrschende.

August 2016


Weiter ist zu erfahren (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Um das Unrecht wieder gutzumachen, sollte der Senior laut Anklage Geld an seine Tochter und seine Enkel übergeben und dafür eine Abtretungserklärung über sein Vermögen unterschreiben. (Die Gerichtssprecherin) Böttcher-Grewe: "Weil er so eingeschüchtert war, hat er das auch gemacht. Im August 2016 soll die Angeklagte mit den Enkeln des älteren Herrn nach L. gefahren sein und aus der Wohnung 45 000 Euro Bargeld und Edelmetalle über 23 900 Euro mitgenommen haben."

September 2016


Just in dieser Zeit, im September 2016, wurden auf dem Zeitzeugen-Portal die Zeitzeugen-Berichte von Kerstin Schön in Videoform veröffentlicht. Sie waren zwar sicherlich schon früher aufgenommen worden. Aber in ihnen kann man ja sehen und erleben, was für eine ruhige, nüchterne und außerordentlich gemäßigt und besonnen auftretende Frau Dr. Kerstin Schön ist. Diese Frau soll andere ihrer Freiheit beraubt haben und anderes mehr - - -?

Oktober 2016


Weiter ist detaillierter über den Geschehensablauf zu erfahren (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Am 19. Oktober 2016 (...) sei auch der geschiedene Ex-Ehemann der Frau und Vater der Kinder zu Besuch gekommen. (...) Und auch ihm gegenüber soll der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhoben worden sein, verbunden mit der Aufforderung zu gestehen, was er nicht tat. 
Am 27. Oktober 2016 also wurde Manfred K. gegenüber seinem Sohn gewalttätig, woraufhin Kerstin Schön von sich aus die Polizei gerufen hat (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Am 27. Oktober gab es dann einen Polizeieinsatz.
An anderer Stelle heißt es (Thür. Allg., 9.11.17):
Nachdem er von seinem Sohn über dessen Anzeige gegen ihn wegen sexuellen Mißbrauchs informiert worden sei, habe A. ihn angegriffen und gewürgt. Daraufhin habe man ihn überwältigt und festgebunden und sofort die zuvor informierte Polizei dazu gerufen.
Die Polizei erhielt einen Durchsuchungsbefehl.
 

Dezember 2016


Am 15. Dezember 2016 wird Kerstin Schön dann in Untersuchungshaft genommen. Dazu kommt sie nach Chemnitz (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller).

2017 - Prozeßbeginn in Gera


Im Zuge der Vorbereitungen auf den Prozeß wurden viele Anzeigen erstattet (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller):
Auf die schriftliche Nachfrage unserer Zeitung zu der Redaktion vorliegenden Hinweisen auf weitere Anzeigen gegen die Frau, ihre Kinder oder die beteiligten Männer, verweist der Sprecher der Geraer Staatsanwaltschaft, Steffen Flieger, auf die Staatsanwaltschaft Rottweil. "Eine Vielzahl der gegen verschiedene Personen erstatteten Anzeigen beschäftigen die Staatsanwaltschaft Rottweil. Sofern hier Anzeigen erstattet worden sind, wurden die Verfahren an die Staatsanwaltschaft Rottweil abgegeben", so Flieger. 
Vermutlich leben die Kinder und/oder Enkelkinder des 1934er Ehepaares aus Ludwigshafen in Rottweil. Und weil sie Kerstin Schön mit Aussagen belasten, wird sie zu ihrem eigenen Schutz gegen diese mit Anzeigen vorgehen, so darf man vermuten.

September 2017


Erst ein Jahr nach den Vorfällen, im September 2017 begann der Prozeß gegen Kerstin Schön. Wie oben schon zitiert, lautete die Anklage (Thür. Allg., 9.11.17):
Die Anklage wirft Kerstin S. erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit Geiselnahme und Nötigung sowie gemeinschaftlichen Diebstahl und gemeinschaftliche Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und übler Nachrede vor.
Das ist ganz schön viel für eine so sanft wirkende Frau wie Kerstin Schön. Am 1. September 2017 wird berichtet (Thür. Allg., 1.9.2017, Hanno Müller) (Hervorhebung nicht im Original):
Für den Augsburger Strafverteidiger Thomas Galli, einer von drei Rechtsbeiständen, die S. in Gera vertreten werden, wird es beim Prozess deshalb auch um die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe gehen. Galli ist in der Öffentlichkeit kein Unbekannter. Er war Gefängnisdirektor in Sachsen und macht in Büchern, Interviews und Talkshows keinen Hehl aus seiner Kritik am bestehenden Rechts- und Strafsystem. Der Jurist hat sich nicht nur die gut 20 Ordner mit Ermittlungsakten, sondern auch die Videos angeschaut. Die dokumentierten Entwicklungen seien eindeutig und dürften vom Gericht nicht ignoriert werden. Vor diesem Hintergrund hält Galli sowohl die lange Untersuchungshaft gegen S. als auch die Vorwürfe der Anklage für völlig unangemessen und überzogen. „Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ich erwarte einen Freispruch“, sagt der Augsburger bestimmt. (...) Angesetzt seien vorerst 18 Verhandlungstage, zu denen 39 Zeugen geladen wurden, sagt Gerichtssprecherin Böttcher-Grewe.
Der zweite Prozeßtag fand am 21. September 2017 statt. An diesem Tag gab Kerstin Schön erneut eine Erkärung ab. (Aus dieser wurde oben schon berichtet.) Am Folgetag, den 22. September 2017, wird der Vertreter der Nebenkläger, Rechtsanwalt Jürgen Zillikens,  nach diesem zweiten Prozeßtag in der Presse angeführt mit der folgenden Aussage (Ostthür. Ztg., 22.9.2017, Hanno Müller):
In der Ottermühle habe eine Art Gehirnwäsche durch Abschottung, Manipulation und Bedrohung stattgefunden (...). Selbst ernannte Therapeuten wie Kerstin S. müßten gestoppt werden.
Interessant, daß hier eine Fachärztin für Psychiatrie mit langjähriger Berufserfahrung einmal eben zu einer "selbst ernannten Therpeutin" umgewandelt wird und daß diesen Rechtsanwalt der hier im Raum stehende Vorwurf von generationenübergreifender sexueller Gewalt gar nicht zu interessieren scheint. So einfach geht das?

November 2017


Am 14. November 2017 berichtete die "Thüringer Allgemeine" ganz neutral (!) vom "Geiselnahme-Prozeß":
Der Geiselnahme-Prozeß gegen die Ärztin und Bürgerrechtlerin Kerstin S. vor dem Landgericht Gera ist gestern ausgesetzt worden. Die Vorsitzende Richterin Andrea Höfs begründete dies mit einem erheblichen Ermittlungsbedarf und der Notwendigkeit, weitere Zeugen hinzuzuziehen. Wann das Verfahren neu begonnen werden und wie lange es sich dann hinziehen könnte, ließ die Richterin offen.

2018 - Prozeßpause


Am 9. Oktober 2018 heißt es dann in der "Thüringer Allgemeinen" (Hanno Müller):
(Es) ist unklar, ob und wann der Prozeß weitergeht. Wie ein Sprecher des Landgerichtes auf Nachfrage mitteilte, warte man auf zwei wichtige Gutachten. (...) Im Falle einer Verurteilung drohen der Angeklagten schlimmstenfalls 15 Jahre Haft, bis zum Prozeßbeginn im September 2017 saß sie bereits fast 10 Monate in Untersuchungshaft. (...)
In den Prozeß hatte sich auch die Initiative „False Memory Deutschland“ (Arbeitsgemeinschaft gegen falsche Mißbrauchserinnerungen) eingeschaltet, die Kerstin Schön vorwirft, mittels fingierter Vorwürfe gegen Manfred K. und weitere Männer diesen bewußt bedrängt und eingeschüchtert zu haben. Dagegen beharrte Schön darauf, in der Ottermühle der Familie lediglich bei der Aufarbeitung ihrer schwierigen Vergangenheit geholfen zu haben.
Um welche zwei Gutachten es geht, sagte der Geraer Gerichtssprecher nicht. Offen geblieben war im Verfahren von 2017 etwa die Frage nach der Vernehmungsfähigkeit von Manfred K. und Tochter Traudel K.. Auch zum Fortgang der Ermittlungen gab es keine Auskünfte.  Im Verfahren von 2017 ging es nur um die Vorwürfe gegen Kerstin Schön. Der angebliche sexuelle Mißbrauch durch Manfred K. und andere spielte im Geraer Prozess keine Rolle. 
Soweit übersehbar, scheint also alles offen zu sein. Zu Gerichtsverfahren wegen sexueller Gewalt gegen die genannten beteiligten Personen scheint es bislang nicht gekommen zu sein, obwohl dafür stundenlange, auf Video aufgenommene Zeugenaussagen vorliegen. Dumpf spürt man aus allem hindurch die ungeheure Macht mehrgenerationaler, systematisch organisierter Sexsklaverei, die alle Bereiche der Gesellschaft horizontal und vertikal durchdringt, die eine juristische und öffentliche Behandlung ihrer Verbrechen zu verhindern trachtet und - womöglich - versucht, weitere mögliche Aufklärung auszusitzen.
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Literatur
(auf viele Artikel erhält man am besten Zugriff über Bildersuche "Ottermühle bei Liebschütz") 
  1. Schön, Kerstin: Zeitzeugen der Nation, Gedächtnis der Nation, Zeitzeugenportal, Aufnahmen aus dem Juni 2014, veröffentlicht 20.9.2016, https://www.zeitzeugen-portal.de/personen/zeitzeuge/kerstin_sch%F6n
  2. Schön, Kerstin: Eingemauert und was nun? Zeitzeugen der Nation, Gedächtnis der Nation, Zeitzeugenportal, 20.9.2016, https://www.zeitzeugen-portal.de/personen/zeitzeuge/kerstin_sch%F6n/videos/gyNeRR51YNU
  3. Schön, Kerstin: Der Mann mit den zwei Gesichtern. Zeitzeugen-Portal, 20.09.2016, https://www.zeitzeugen-portal.de/videos/W1j9tWr4sow,
  4. Schön, Kerstin: Wahrworte und Wahrzeichen mütterlicher Kraft. 2008
  5. Schön, Kerstin: Immer wieder lieben - Die Kraft und die Weisheit der Mütterlichkeit. 2008
  6. Schön, Kerstin: Segen so tief wie  die Seele. 2010
  7. Schön, Kerstin: Licht & Schatten um 2012 -  Weissagungen und Wissen für die Zeit des Wandels. 2010
  8. Schön, Kerstin: Ich will meine Wahrheit mit Freude leben - Mein Leben begann erst mit dem Brustkrebs. 2011
  9. Müller, Hanno: Fünf Frauen forderten die Stasi heraus: Film "Zivilcourage" in Erfurt. Thüringer Allgemeine, 3.10.2013, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/kultur/detail/-/specific/Fuenf-Frauen-forderten-die-Stasi-heraus-Film-Zivilcourage-in-Erfurt-1931754756 
  10. Erfurt: Film "Zivilcourage" würdigt den Mut von fünf Frauen - Dem Frauen-Quintett, das am Morgen des 4. Dezember 1989 im Trabi loszog, um der Vernichtung von Stasi-Akten in der Andreasstraße entgegenzutreten, hat Diethard Klante ein filmisches Denkmal gesetzt. Thüringische Landeszeitung, 4.10.2013, https://erfurt.tlz.de/web/erfurt/startseite/detail/-/specific/Erfurt-Film-Zivilcourage-wuerdigt-den-Mut-von-fuenf-Frauen-391156168
  11. Freeman Dirk im Gespräch mit Rakuna und Anomatey über die Kraft der Kreise. Videokanal Sejalina1, 15.09.2014, https://youtu.be/GFA6nSZKfaw (zu Freeman Dirk s.a. hier: https://www.youtube.com/channel/UCx_OrfvgkETw7KBxuZg3Qfw/featured)
  12. Goldberg, Henryk: Geschwister May aus Erfurt und das Versagen des real existierenden Rechtsstaates. In: Thüringer Allgemeine, 20.8.2015, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Geschwister-May-aus-Erfurt-und-das-Versagen-des-real-existierenden-Rechtsstaates-757595381
  13. Hagen, Peter: Mysteriöse Vorgänge in der Ottermühle enden mit Razzia: Prozessauftakt gegen Nervenärztin, Ostthüringer Zeitung, 1.9.2017, https://www.otz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Mysterioese-Vorgaenge-in-der-Ottermuehle-enden-mit-Razzia-Prozessauftakt-gegen-222673617 
  14. Müller, Hanno: Prozessauftakt gegen Nervenärztin: Was geschah wirklich in der Ottermühle? Ab Montag steht in Gera die Ärztin und Bürgerrechtlerin Kerstin S. vor Gericht. Vorgeworfen werden ihr Freiheitsberaubung, Nötigung und Diebstahl. Ihr Umfeld weist dies zurück. In: Thüringer Allgemeine, 1.9.2017, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Prozessauftakt-gegen-Nervenaerztin-Was-geschah-wirklich-in-der-Ottermuehle-525681030
  15. Wichmann, Martin: Psycho-Ärztin vor Gerich, 4.9.2017, https://www.bild.de/wa/ll/bild-de/unangemeldet-42925516.bild.html
  16. Müller, Hanno: Prozeß gegen Thüringer Ärztin. Anwalt spricht von Gehirnwäsche. Ostthüringer Zeitung, 22.9.2017 (auf Pressreader.com)
  17. dpa: Ärztin nimmt Geiseln und lässt sie Missbrauchsfilme anschauen. Thüringen24, 25.9.2017, https://www.thueringen24.de/thueringen/article212043363/Aerztin-nimmt-Geiseln-und-laesst-sie-Missbrauchsfilme-anschauen.html 
  18. Zahlreiche Presseartikel bis 25.9.2017, https://www.false-memory.de/aktuell/presse/
  19. Müller, Hanno: Prozess gegen Thüringer Ärztin: Das sagt die Angeklagte - In einer ausführlichen Erklärung widerspricht Kerstin S. vor dem Landgericht den gegen sie erhobenen Vorwürfen - hier eine Übersicht. 9.11.2017, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Prozess-gegen-Thueringer-Aerztin-Das-sagt-die-Angeklagte-1120694797 (meist nur gegen Bezahlung)
  20. Geiselnahme-Prozess gegen Ärztin vor Gericht in Gera geplatzt Erheblicher Ermittlungsbedarf und die Notwendigkeit weitere Zeugen hinzuziehen lassen den Prozess platzen. 14. 11. 2017, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Geiselnahme-Prozess-gegen-Aerztin-vor-Gericht-in-Gera-geplatzt-2012131423 (nur gegen Bezahlung)
  21. Müller, Hanno: Geiselnahme-Prozess gegen Ärztin - das Gericht wartet auf zwei Gutachten - Es steht noch kein Termin für die Fortsetzung des Prozesses gegen die Ärztin und ehemalige Bürgerrechtlerin fest. Thüringer Allgemeine, 9.10.2018, https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Geiselnahme-Prozess-gegen-Aerztin-das-Gericht-wartet-auf-zwei-Gutachten-222962264
  22. Fikentscher, Anneliese: Politische Morde und Fälle, bei denen ein politischer Mord nicht auszuschliessen ist. Auf: Arbeiterfotografie.com
  23. Bading, Ingo: Der Fernsehfilm "Operation Zucker - Jagdgesellschaft" - Hat er etwas Positives bewirkt?, GA-j!, 11. August 2017, https://studgenpol.blogspot.com/2017/08/staatsraison-in-deutschland.html

MAOA 2R-Gen und Gewalttätigkeit in islamischen Ländern

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Der Anthropologe Andreas Vonderach auf "Sezession.de"

Im Jahr 2013 hat der wissenschaftlich von uns sehr geschätzte Anthropologe Andreas Vonderach einen Beitrag über das Werk des US-amerikanischen Psychologen Kevin MacDonald (geb. 1944) (Wiki) veröffentlicht unter dem Titel "Jüdische Gruppenstrategie" (1). In einer Inhaltsangabe heißt es:
Andreas Vonderach untersucht abwägend die jüngst übersetzten Bücher des US-Psychologen Kevin MacDonald, dessen Lebenswerk dem Judentum gewidmet ist.
Dieser Artikel war zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung 2013 im Internet nicht zugänglich. Jetzt, im April 2019, entdeckten wir, daß er zugänglich ist und weisen hiermit auf ihn hin (1). Er dient der Volksbildung.

Im Jahr 2013 wurde damit im Zusammenhang berichtet:
Ellen Kositza (...) schloß das Lektorat am neuen Buch von Andreas Vonderach ab, das die Völkerpsychologie zum Thema haben wird.
Abb.: "Bestraft Vergewaltiger, nicht Protestierende"
Dieses Buch ist 2014 erschienen (2). Einen ersten Vorgeschmack auf dieses erhielt man schon in Äußerungen von Andreas Vonderach, die er aus Anlaß jener abstoßenden Vergewaltigung in Indien getätigt hat, die 2013 auch hier auf dem Blog angesprochen worden war (Wenn Politiker vergewaltigen) (3) (Hervorhebung nicht im Original):
Ich fürchte, das ist nicht nur eine Sache der Kultur. 

Die meisten außereuropäischen Rassen sind impulsiver und aggressiver als wir. Das 2er-Allel des Monoaminoxidase A-Gens (MAOA 2R), eine Variante des sogenannten „Krieger-Gens“, das mit Impulsivität und Aggressivität korreliert ist, und das bei wegen schweren Straftaten verurteilten Gefängnisinsassen fast dreimal so häufig ist wie in der Normalbevölkerung, kommt bei weißen Europäern zu 0,1 bis 0,5 %, bei Ostasiaten nach bisherigen Untersuchungen gar nicht, bei Schwarzafrikanern zu 5,0 bis 5,5 % und bei Arabern zu 15,6 % vor. 

Da das Gen auf dem X-Chromosom liegt, von dem Frauen zwei haben, betrifft die Korrelation mit Impulsivität und Gewalttätigkeit fast nur Männer. Dazu paßt, daß in diesen Kulturen nach ethnologischen Berichten und der allgemeinen Homizidrate (Häufigkeit von Mord und Totschlag) Gewalt viel verbreiteter ist als bei uns.
Das dürften in der Tat wichtige Ausführungen sein. Auf die Frage:
Daß das verminderte Vorkommen des „Krieger-Gens“ bei innereuropäischen und innerasiatischen Rassen eine Folge der Kultur ist (und nicht deren Ursache) halten Sie für ausgeschlossen ?
schreibt Vonderach:
Nein, das halte ich sogar für wahrscheinlich. Wir und die Ostasiaten haben uns unsere aggressiven Impulse in der Zivilisation weitgehend weggezüchtet, während die Araber als ausgesprochene Kriegergesellschaft sich die, verstärkt durch die Polygamie, wahrscheinlich regelrecht angezüchtet haben.

Ich kenne keine MAOA-2R-Daten für die Inder. Aber allgemein gelten die Südinder als eher friedlich, während die Nordinder schon etwas zu den Iranern und Arabern tendieren.
In diesen Ausführungen wird einmal erneut auf jene Gen-Kultur-Koevolution hingewiesen, die in den letzten Jahren immer stärker in das Blickfeld der Humangenetik gerät. Auch schreibt Vonderach:
Die Impulsivität, Aggressivität und starke sexuelle Ansprechbarkeit der Araber entspricht nicht nur der allgemeinen Erfahrung, sondern ist auch seit der Antike und dem Mittelalter immer wieder bezeugt. Die extremen Sanktionen in der islamischen Rechtsprechung scheinen hier ein notwendiges Korrektiv zu sein. Ebenso wie die Wegsperrung und Verschleierung der Frauen, die es in Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten schon in der Antike gab, lange vor dem Islam.

Den ethischen Unterschieden in der Aggressivität und der sexuellen Ansprechbarkeit entsprechen übrigens auch der Testosteronspiegel, bzw. der anderer Androgene (männliche Geschlechtshormone). Der ist bei den Ostasiaten am niedrigsten, bei uns etwas höher, und bei Arabern und Schwarzen am höchsten. Die ethnischen Unterschiede bestehen übrigens in erster Linie bei jungen Männern und verschwinden im Alter weitgehend.
Und:
Kulturen unterscheiden sich auch in den Werten, die in ihnen gelten. Verwegwaltigung als Tatbestand ist eine europäische Erfindung. In anderen Kulturen gibt es höchstens den Tatsbestand der „Schändung“, aber dabei geht es um die (Familien-)Ehre und die Jungfräulichkeit, nicht um das Wohlergehen der Frau.

In vielen Kulturen gilt es nicht als Schande, wenn ein Mann sich eine Frau „nimmt“, wenn er die Gelegenheit dazu hat. Deswegen werden ja im Islam die Frauen so weggeschlossen, weil man es dort für geradezu normal hält, daß es zu Sexualkontakten kommt, wenn ein Mann und eine Frau allein und unbeobachtet sind. 

Vergewaltigung in der Ehe war im Islam geradezu die Norm. Im Irak war es üblich, daß der Mann zu Beginn der Hochzeitsnacht vor den Augen seiner Braut eine Katze schlachtete, um sie gefügig zu machen. Die Frau sollte beim ehelichen Beischlaf ausdrücklich keine sexuelle Befriedigung erlangen, denn sonst würde sie die auch bei anderen Männern suchen, meinte man. 

Und die Zwangsheiraten von Minderjährigen in Indien sind ja wohl auch nicht allzuweit von Vergewaltigungen entfernt.
Nun, diese Aussagen von Vonderach wären sicherlich noch nach vielerlei Richtungen hin zu differenzieren. Es wäre natürlich insbesondere hervorzuheben, daß die islmaische Hochkultur reiche Zeugnisse für beseelte Liebesgemeinschaft zwischen Frau und Mann kennt. (Hier wäre auch zurückzugreifen auf Sigrid Hunkes "Allahs Sonne über dem Abendland".) 

Niedrigerer IQ = geringere Empathiefähigkeit?

Was man noch keinesfalls unbesehen hinnehmen möchte, ist die folgende Aussage von Andreas Vonderach:
Die Grausamkeit in vielen außereuropäischen Kulturen hängt übrigens auch mit dem – praktisch überall außer in Ostasien – niedrigeren IQ zusammen. Mit dem ist eine geringere Fähigkeit, von sich selbst zu abstrahieren und die Position des anderen einzunehmen, verbunden. Dies bedingt nach Auffassung der kulturvergleichenden Piaget-Forschung (Georg W. Oesterdiekhoff u.a.) eine geringere Empathiefähigkeit. Eine Folge ist die große Grausamkeit im Strafrecht oder gegen Gefangene oder auch gegenüber Tieren. Das gilt tendenziell auch für unsere Unterschichten.
Ob hier Oesterdiekhoff zu folgen ist, dessen Forschungen doch bei weitem nicht so breit anerkannt (oder auch nur bekannt sind) wie sonstige IQ-Forscher, darf noch in Frage gestellt sein. Man liest so etwas sonst in der Literatur auch vergleichsweise selten. Daraus müßten sich ja auch große Schwierigkeiten ergeben in der sozialen Kommunikation zwischen Menschen mit höherem und niedrigerem IQ. Darf das so allgemein unterstellt werden? Wo doch Forscher wie der auch von Vonderach so geschätzte Eibl-Eibesfeldt von mangelnder Empathiefähigkeit von Jäger-Sammler-Völkern nun wirklich nichts zu berichten wußte!? 

Gegenüber einem üblichen Einwand betont Vonderach noch einmal - es dauert in derartigen Diskussionen heute noch lange, bis es alle verstanden haben:
Ich habe nicht gesagt, daß a l l e s Genetik ist, und ja auch selbst einige Beispiele für kulturelle Faktoren angeführt. Und natürlich erklärt auch ein einziges Gen wie das MAOA-2R-Gen nicht a l l e s.

Aber ganz sicher ist auch nicht a l l e s Kultur. Es besteht eine Wechselbeziehung zwischen Kultur und Biologie. In traditionellen Kulturen (quasi allen außer unserer seit dem 19. Jhdt.) ist sozialer, ökonomischer und politischer Erfolg mit größerem Fortpflanzungserfolg verbunden. Dadurch züchtete sich jede Kultur auf die Werte hin, die in ihr anerkannt waren und die den sozialen Erfiolg ermöglichten. Bäuerliche Kulturen züchteten sich so auf Fleiß, Voraussicht und Verläßlichkeit, kriegerische auf Maskulinität und Aggressivität. 

Die Araber sind auch körperlich maskuliner als wir, haben einen maskulineren Körperbau, stärkeren Bartwuchs usw. und eben auch mehr Androgene, die Ostasiaten dagen einen weniger maskulinen Körperbau, weniger Androgene usw. Das sind natürlich nur grobe Tendenzen, die in jedem Volk ihre besondere Ausprägung finden.

Die Wikinger und alten Germanen waren sicher aggressiver als wir, weil sie auf einer entsprechenden historischen kulturellen Entwicklungsstufe standen, mit entsprechenden Werten. Aber wir sind auch nicht mehr genetisch mit ihnen identisch. Zwischen den alten Germanen und uns liegen außerdem 2 000 Jahre bäuerliche und städtische Kultur. Übrigens besteht auch heute noch eine positive Korrelation zwischen hellblonder Haarfarbe und Risikobereitschaft.
Das dürfte man alles als wesentliche Ausführungen erachten. Und auf einen weiteren Einwand:
Die Korrelationen des MAOA-2R-Gens sind eine Tatsache, genauso wie die von mir angeführten Populationsunterschiede. Die kann man nicht einfach so als „angeblich“ vom Tisch wischen. Der Begriff „Krieger-Gen“ ist natürlich eine Journalistenerfindung gewesen. Es geht um spontane, impulsive Aggressivität und geringe affektive Selbstkontrolle.

Das ist eine Eigenschaft, die nach allem, was wir wissen, wir Deutschen sehr wenig aufweisen. Das zeigt zum Beispiel die Tatsache, daß die spontanen Gewaltverbrechen in Deutschland und den anderen germanischen Ländern seit Beginn der Kriminalstatistik wesentlich seltener sind als in Ost- oder Südeuropa, von Außereuropa ganz zu schweigen. Meiner Meinung nach zeigt das auch das Verhalten der deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, wo spontane Übergriffe auf Zivilisten viel seltener waren als bei unseren Kriegsgegnern. Man denke nur an die Exzesse der Russen oder Tschechen, und selbst die Franzosen hatten da mehr auf dem Kerbholz als wir.
Das ist übrigens eine Frage, die hier auf dem Blog nach und nach noch genauer zu klären ist, inbesondere anhand der neueren Veröffentlichungen des Historikers Neitzel. Leider hat Neitzel noch nicht den Versuch gemacht, sein reichhaltiges, geheimdienstliches Quellenmaterial diesbezüglich statistisch auszuwerten, was erst eine wirklich fundierte Auswertung wäre. Vonderach aber ganz richtig weiter:
Soldatische Leistungen beruhen natürlich auf ganz anderen Eigenschaften.

Die amerikanischen Nationalcharakter-Studien im II. WK waren rein spekulativer, großteils psychoanalytischer Natur und keine wissenschaftlich seriösen Untersuchungen.

Die von Richard Lynn vorgebrachten Daten sind selbstverständlich empirische und belastbare Daten, selbst wenn er irgendwann einmal den IQ eines Landes aufgrund von anderen, ethnisch verwandten Nachbarländern geschätzt haben sollte. Das ist, wenn man den Landes-IQ wissen will und es keine Daten gibt, absolut legitim. Er hat darauf natürlich keine weiteren Schlußfolgerungen aufgebaut. Deswegen seine Ergebnisse, die wie gesagt auf belastbaren Daten beruhen, in Bausch und Bogen zu verwerfen, geht natürlich nicht an. Selbst wenn man Lynn beiseite ließe, gäbe es immer noch genug Daten, um die von ihm beschriebenen Rassenunterschiede zu belegen. 

Sie machen es sich entschieden zu einfach, und, ehrlich gesagt, erinnert mich ihre „Argumentationsweise“ an die von linken „Antirassisten“, die mit ähnlichen Unterstellungen und Verkürzungen arbeiten.
Interessant - wieder einmal: Danach wurde die Diskussion recht schnell geschlossen. Was einmal erneut zeigt: Daß alle Leser und Diskutanten eine einwandfreie Klärung der Zusammenhänge zwischen Genetik, Verhalten und den Unterschieden zwischen den Völkern bezüglich dieser Dinge wirklich verstehen, ist gar nicht das Anliegen der Internet-Seite von "Sezession". Man ist Teil der christ-katholischen Lobby in Deutschland und fühlt sich da geistigen Zusammenhängen verpflichtet, die selten deutlich genug nach außen zum Vorschein kommen. Sie werden aber immer wieder klar erkennbar. Auch in einem solchen Diskussionsabbruch. Man läßt auch einen Andreas Vonderach immer nur so lange reden, so lange es nicht ins Grundsätzliche geht und so lange aus der Forschung nicht gar zu deutliche Schlußfolgerungen gezogen werden in Richtung auf das Weltbild überhaupt.

_________________________________________
  1. Vonderach, Andreas: Kevin MacDonald und die jüdische Gruppenstrategie. Gastbeitrag in: Sezession 55, August 2013, https://sezession.de/47698/kevin-macdonald-und-die-juedische-gruppenstrategie
  2. Vonderach, Andreas: Völkerpsychologie - Was uns unterscheidet. 2014
  3. Vonderach, Andreas: Kommentare zu dem Artikel von Heino Bosselmann "Frauen in der Fremde". Auf: Sezession.de, 19. März 2013, https://sezession.de/37324/frauen-in-der-fremde

Kolonialismus - In umgekehrter Richtung - ?

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Die Rückkehr der Rassewissenschaft 
- Oder: "Wie die indische Wissenschaft gerade die Weltherrschaft übernimmt"

In einem Buch aus dem Jahr 2012 hat die indische Wissenschaftsjournalistin Angela Saini mal eben die "Übernahme der Weltherrschaft" durch die offenbar "überlegene" indische Wissenschaft vorausgesagt. Nun, im Jahr 2019, macht sie sich in einem neuen Buch, betitelt "Superior", Sorgen über die Wiederkehr der Rasseforschung. Ob sich das nicht alles irgendwie ein wenig "bekannt" anfühlt. Aus welchem "Film" kennt man so etwas schon? Soll diese Wissenschaftsjournalistin eine Satire sein?


"Solche Dinge wie 'Rasse', die gibt es nicht. Menschliche Vielfalt kann auch studiert werden ohne derartige uralte, verstaubte Konzepte."*) Das liest man im heutigen Newsletter des "New Scientist". Und man erhält über die Verlinkung zu (1) die Anregung für das Verfassen des nachfolgenden Beitrages. Nach der US-amerikanischen Humangenetikerin jüdischer Herkunft Paige Harden (von uns schon behandelt: 5) wird nun von Seiten des Mainstream einer weitereren "attraktiven", sehr einfühlsamen, sehr weiblichen, ja, auch sehr mütterlich wirkenden Frau, Sichtbarkeit eingeräumt in Erörterungen von heutigen Fragen rund um Begabungsunterschiede zwischen Völkern und Rassen: der britischen Journalistin indischer Herkunft Angela Saini (1). Sie scheint aus der Intelligenzelite Indiens hervorgegangen zu sein (3) und sie hat stolz in einer Buchveröffentlichung des Jahres 2012 den Beginn der Weltherrschaft ihrer indischen "Streber-Nation" voraus gesagt. Also wieder so eine Verschwörungstheoretikerin, eine ganz lustige (Abb. 1).


Abb. 1: Eine neue Verschwörungstheorie: Die Indische Weltherrschaft - Buchveröffentlichung von 2012

Ihr neuer Artikel im "New Scientist" ist nicht vollständig zugänglich, aber ein eingebundenes Interview dort ist es (1; s.a. 2, 3). Noch 2012 hatte sie sich auffallend positiv auf Begabungsunterschiede zwischen Ethnien bezogen, hatte doch ihr Buchtitel gelautet: "Die Streber-Nation - Wie die indische Wissenschaft die Weltherrschaft übernimmt" (4) (Abb. 1). Das war aber natürlich lustig gemeint, lieber Leser, lustig! Es war Satire? Natürlich. Ob es ganz, ganz böse Satire war, wollen wir gerade einmal überhaupt nicht wissen. Nun aber kommt - mal eben so - ihr neues Buch heraus "Superior - The Return of Race Science - The Mad Science of Race and its Fatal Return". Ups, was soll uns das sagen? Ups. Holzauge sei wachsam. Sei mal ganz vorsichtig. Hier will uns doch irgendwer provozieren ..... - - - ?

Der Sinn all dessen könnte nämlich tatsächlich sein: Man möchte Rechtskonservative provozieren und "emotionalisieren". Denn auf sie allein kommt es ja heute nur noch an und auf die Art, wie sie wahrgenommen werden. Um so mehr sich diese "daneben" benehmen, um so besser. Man könnte sich also denken, daß genau das der Hintergedanke von all dem ist, was in diesem Blogbeitrag zu behandeln ist, wenn nämlich Leuten wie Paige Harden oder Angela Saini vom Mainstream bezüglich eines so "brisanten" Themas in so besonders auffallender Weise Sichtbarkeit in der Wissenschaftsvermittlung eingeräumt wird. 

Das Interview ist nämlich überhaupt - sagen wir einmal: auffallend - aufgezogen: Eine ansonsten hervorragende, schätzenswerte englische populärwissenschaftliche Zeitschrift mit großer Tradition (nämlich der "New Scientist") läßt eine Frau afrikanischer Herkunft mit einer Frau indischer Herkunft darüber reden, wie "wir" - in Europa (oder in der Welt) - über ethnische Herkunft denken, reden und handeln sollen. Ob sich Boris Palmer jetzt auch wieder provozieren läßt? Aber man versuche das doch einmal umgekehrt in Indien oder Afrika heute zu machen. Wie würde es sich anfühlen? Könnte da nicht sehr bald der Gedanke von Kolonialismus aufkommen? Hallo? Und weiter gedacht, fällt einem gerade auf, daß womöglich der Mainstream gerade wahrnimmt, daß die Geschichte des Kolonialismus "umgeschrieben" werden muß. Was geschah denn da? Fröhliche Multikulti-Leute wanderten in andere Kontinente ein.

Jedenfalls, umgekehrt lassen diese Dinge schon in einem selbst gerade die Frage aufkommen: Ja, was geschieht denn eigentlich gerade in weiten Teilen der Nordhalbkugel? Etwa - - - Kolonialismus? Und wenn der heutige Kolonialismus "gut" ist - mitsamt zuwandernder Intelligenzeliten - war denn dann nicht auch der Kolonialismus der Frühen Neuzeit "gut" - mitsamt all der damals sich ausbreitenden Intelligenzeliten? Ja, was denn: Übernimmt - etwa - gerade "indische Wissenschaft" (ooooooder Wissenschaft anderer ethnischer Herkunft?) "die Weltherrschaft"? Fragen stellen sich einem hier. So viele Fragen. Man glaubt es ja kaum. Man kommt gar nicht mehr hinterher mit all seinen Irritationen.

Wird gerade bewußt Östrogen-gesteuerten Frauen die Wissenschaftsvermittlung überlassen?


Im Interview (1) sieht man, daß sich Angela Saini auskennt und viel verstanden hat, daß sie sich deshalb auch - zwangsläufig - immer einmal wieder widerspricht. Denn sie anerkennt zwischendurch immer einmal wieder die Bedeutung angeborener ethnischer und rassischer Unterschiede für die soziale Wahrnehmung, für Begabungen und für die Medizin, kleidet das aber zugleich in eine Rhethorik, die das alles zugleich ganz, ganz schlimm findet, da all das ja schon einmal nach Auschwitz geführt habe.

Auch David Reich's Buch wird im Interview ab 5'00 behandelt (1). Insgesamt bekommt man hier ein Gefühl dafür, wie viele Leute im Hintergrund gerade sich Gedanken machen darüber wie man diese neue Revolution, die da aus der Wissenschaft heraus schwappt, "geframed" werden soll gegenüber der Öffentlichkeit, wie man Bevölkerungen weiter gegeneinander aufhetzen könnte, wenn diese Fragen in der Öffentlicheit diskutiert werden. Man lasse besonders Östrogen-gesteuerte Frauen über solche Fragen vor der Öffentlichkeit reden. Das bringt das Testosteron daran Anteil-nehmender Wissenschaftler wahrscheinlich am schnellsten in Wallung. Sind das die Hintergedanken?

Eines ist klar: Mit einer Diskussion über die Fallgesetze Isaak Newtons wird man heute niemanden mehr gegeneinander emotionalisieren können, selbst wenn man die mütterlichsten aller mütterlichen Frauen darüber reden ließe. Künftig wird das sicherlich auch der Fall sein hinsichtlich der Akzeptanz der Bedeutung angeborener ethnischer und rassischer Unterschiede für die soziale Wahrnehmung, für Begabungen und für die Medizin. Aber in der "Zwischenzeit" kann ja noch viel geschehen. Den Zeitpunkt, daß man Naturgesetze einfach ohne Kontroverse als gegeben annimmt und nun weiter Politik und Gesellschaftsgestaltung danach ausrichtet, den kann man ja ggfs. immer noch einmal weit in die Zukunft hinein verschieben. Man muß das von Seiten des "Mainstream" nur geschickt genug aufziehen. Man muß geschickt Anlaß geben zu emotionalen Äußerungen, auch wenn es - rein von der Sache her gesehen - für eine echt humane Gesellschaft gar keinen Grund für Emotionen gäbe.

... Und werden  Arschlöcher im Wandschrank weiter gebraucht?


Angela Saini hat auch den von uns geschätzten britischen Humangenetiker Mark Jobling interviewt und führt ihn als einen Humanegnetiker an, der ihr gegenüber gesagt hätte, es mache keinen Sinn, auf ethnische und rassische Unterschiede besonders zu achten. Er scheint also seine wissenschaftlichen Erkenntnisse gerade ähnlich zu "framen" wie (bislang) unser deutscher Humangenetiker Johannes Krause. Nun, halten wir uns auf dem Laufenden, wie der Mainstream die Erörterungen weiter "framen" wird.

Natürlich auch der Mainstream in vorgeblich ach so "freien Medien", wohlgesagt, wo man ja gerne emotional argumentiert ("populistisch" lautet das Fachwort) und wo man schon munkelt, daß Donald Trump in den USA die Diktatur einführen könnte, wenn er bei der nächsten Wahl nicht wieder gewählt würde. So wie in der Türkei, so wie in Rußland. Und warum auch nicht? Diktaturen fanden Hintergrundmächte immer schon toll, insbesondere gehijackte Diktaturen und insbesondere wenn mit Diktaturen "Strategien der Spannung" gefahren werden konnten und können. Wenn es ein "Arschloch im Wandschrank" gibt, wie das der politisch doch so ganz und gar dumme Volker Pispers nannte, dieser respektlose Mensch.


*) "There's no such thing as race - Studying human variation is possible without outdated concepts, says Angela Saini"
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  1. Saini, Angela: Does population genetics have a racism problem, even today?  Efforts to group us by our genes are arbitrary and encourage the subtle return of race within mainstream science. In: New Scientist, 15.5.2019, https://www.newscientist.com/article/mg24232300-600-does-population-genetics-have-a-racism-problem-even-today/
  2. Saini, Angela: Racism is creeping back into mainstream science - we have to stop it. In: The Guardian, 22.1.2018, https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/jan/22/eugenics-racism-mainstream-science
  3. Fulford, James: The GUARDIAN's Angela Saini (Guess How She Got That Name!) vs. "Eugenics"… AKA Science, 13.2.2018, https://vdare.com/articles/the-guardian-s-angela-saini-guess-how-she-got-that-name-vs-eugenics-aka-science
  4. Saini, Angela: Geek Nation. How Indian Science is Taking Over the World. 2012
  5. Bading, Ingo: "Reine Glückssache" - deine Gene ... Der Diskurs über die Humangenetik wird neu "ge-framed", 1.4.2019, https://youtu.be/LA6E6vbAFKE

Das "Intellectual Dark Web" - Was ist sein Sinn? (Teil 1)

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Neue grundlegendere Entwicklungen auf dem Gebiet der Geistesgeschichte

Das "Intellectual Dark Web" (Wiki) wird in den letzten Monaten in der Berichterstattung der "großen" deutschsprachigen Tages- und Wochenzeitungen weitgehend "nichtssagend" behandelt (1-4). Sprich, man redet über dessen Vertreter, findet sie zum Teil sehr "klug" (es sind ja auch einige Professoren darunter), zeigt sich aber rhetorisch weder geradezu entsetzt und angekeekelt, noch hört man auch nur leiseste wohlwollende Zustimmung zu irgendwelchen Anliegen dieses "Intellectual Dark Web" (1-4). Sogar eine solche Mainstream-Internetseite wie "Perlentaucher" hat schon eigene Rubriken für sie eingerichtet (5, 6). Eine merkwürdige Berichterstattung!





Hier gibt es eine Gruppierung, auf die man einfach einmal "nur so" hinweist, ohne sie sofort als "die Bösen" schlechthin zu kennzeichnen, ohne sie aber auch einmal "eben so" als "Seinesgleichen" zu benennen. Erinnert man sich an ähnliche Erscheinungen im Geistesleben der letzten Jahrzehnte? Zumal wenn es um einigermaßen "sensible" Themen geht, um "gefährliche Ideen" geht, um politisch Unkorrektes geht, wenn gar die ideologische Grundlagen der Nachkriegsjahrzehnte mittelfristig sehr grundlegend infrage gestellt sein könnten - durch dieses "Intellectual Dark Web"? Nein, man kann sich an eine ähnliche Erscheinung eigentlich nicht erinnern. Hier erleben wir gerade etwas völlig Neues im Geistesleben. Was kündigt sich mit diesem Neuen an?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir weiter ausgreifen. (Einen Teil dieses Blogbeitrages habe ich auch in dem eingebundenen Video behandelt [11].)

Martin Lichtmesz nun von der Zeitschrift "Sezession" verweist im März 2019 (7) bezüglich des "reisenden", unglaublich "populären" Professors und Lebensberaters Jordan Peterson, einer der derzeit wichtigsten Figuren des "Intellectual Dark Web", mal eben so im Vorübergehen auf ein Video von "Resurrection Europa", das harrscheste Kritik an diesem enthält, und zwar der folgenden Art (laut Inhaltsangabe) (8):
A documentary exposing Jordan Peterson's agenda to subvert and destroy the rising political right wing, and neutralize European nationalism. This video completely exposes Peterson's anti-White agenda and his strategy for implementing it. Any Peterson fans who are not beyond saving will be deprogrammed by watching this video. Jordan Peterson's primary goal is to neutralize the political right and White identity. He does not care about the Marxist take over of our nations, in fact he was hired by the United Nations to help usher it along. Peterson's only reason for stepping into the limelight was because he saw a massive right wing backlash fomenting, and realized it was going to destroy the left.
His job is to implement "plan B", to steer the rising tide of nationalism into an impotent cul-de-sac of centrist individualism, giving our enemies just enough time to tip the demographic balance of our countries so that our destruction is sealed. Peterson is explicitly targeting young White males for indoctrination with an insidious (heimtückisch) political ideology he calls radical individualism. He has created a pseudo-religion self-help cult; he is delivering his ideology to the disaffected youth by combining it with a self-help regimen wrapped in empty religious metaphor. While our enemies are working tirelessly to destroy our nations in a ruthlessly calculated and organized fashion, Jordan Peterson is brainwashing a generation of young White men to be atomized individuals who perceive group cooperation based on ethnic identity and nationality as the height of evil.
And in the process of doing so, Peterson and his friends are making untold millions of dollars.
Das sind schwerwiegende Vorwürfe in einem Tonfall und in einer "Denke", wie man sie sonst ja von "Sezession" gar nicht kennt. Der Autor dieser Zeilen hat sich noch kein abschließendes Urteil bilden können über dieses "Intellectual Dark Web". Aber dieses Video scheint doch eine gewisse Orientierung zu bieten. Was auffällig ist, ist der Umstand, daß Jordan Peterson das Alte Testament gut findet.

Weiterhin fällt auf, daß diese Leute des "Intellectual Dark Web" untereinander in Gesprächsrunden sich alle allseits als "smart guys" bezeichnen. Das läßt in einem die Frage aufkommen: Wen würde man denn diesbezüglich in Deutschland als "smart guy" bezeichnen? Als erstes fällt einem - man verzeihe - der Papstbewunderer Harald Lesch ein. Er ist gewiß umfassend gebildet und so etwas wie ein - - - "smart guy". Aber im Grunde genommen ist er, wenn man all das länger auf sich wirken läßt, ein Schwätzer. Er verbindet viele wichtige, gute Inhalte mit Geschwätz, irgendwie werden wesentlichste Themen bei ihm "zerredet". Ähnliches mag für David Precht gelten. Wobei ich nicht sagen will, daß man nicht von beiden immer einmal wieder sehr viel lernen kann.

Jedenfalls mag der Verdacht aufkommen, daß es bei den Youtubern des "Intellectual Dark Web" tatsächlich vor allem darum geht, als "smart guys" intellektuell daher kommendes Geschwätz zu verbreiten, wesentlichste Inhalte, die die Zukunft der modernen Wissensgesellschaften auf der Nordhalbkugel betreffen, in einen Haufen von Geschätz zu packen, in dem sie dann völlig untergehen und nur noch als irgendwie "seicht" wahrgenommen werden.*)

Für sich genommen wäre dieses "Intellectual Dark Web" vermutlich gar keiner Erwähnung wert. Aber auffallender Weise formierte es sich in einer Zeit, im Jahr 2018, in der wesentliche Themen aus der Wissenschaft heraus in die allgemeinere gesellschaftspolitische Debatte hinüber schwappen. Das war in den USA kurzzeitig 1994 schon einmal geschehen als es um die "Bell Curve-Debatte" ging und in Deutschland war das einmal kurrzeitig 2010 geschehen, als es um die Sarrazin-Debatte ging. Diese Debatten mußten jeweils innerhalb der Mainstream-Medien geführt werden - wo auch sonst, wenn sie irgendwo weiter hätten wahrnehmbar sein sollen (was jeweils unvermeidlich geworden war)? Irgendeinen anderen öffentlichen Bereich gab es ja nicht.

Aber jetzt, im Jahr 2018, glaubt man klüger zu sein. Jetzt sollen diese Themen - offensichtlich - möglichst lange aus den Mainstream-Medien dadurch heraus gehalten bleiben, daß man sie durch ein extra dafür geschaffenes "Intellectual Dark Web" behandelt läßt, diese Themen durch dieses tolle "Web""framen", umrahmen läßt, sie in dieses und seine sonstigen Themen, die sehr willkürlich ausgewählt erscheinen, "einbettet". Wäre dieses "Intellectual Dark Web" nicht vorhanden, müßten diese Themen nämlich - wie bislang immer - von den ganz normalen Mainstream-Medien aufgegriffen werden. Denn sie kommen aus der ganz normalen Mainstream-Naturwissenschaft heraus. Und genau das versucht man durch die Schaffung des "Intellectual Dark Web" zu vermeiden.

Man baut also einen "Zwischenschritt" ein. Vorher gab es ähnliche Debatten völlig am Rande des Mainstreams und sie konnten von Mainstream deshalb völlig ignoriert oder - sehr dosiert - aufgegriffen werden (Razib Khan, Steve Sailer, Charles Murray und andere). Nun also schafft man neue Fronten in der Debatten-Landschaft. Von vornherein wird das "Intellectual Dark Web" von harten Beton-Kopf-Linken als hochgradig gefährlich beschrieben und zwar in einem geradezu hysterischen, schrillen Tonfall. Nämlich auf dem sogenannten Rational-Wiki, das gewiß alles ist, nur nicht rational. Aber man läßt den Mainstream - vorläufig - diesen Tonfall noch nicht übernehmen, sondern läßt ihn außerordentlich blaß das "Intellectual Dark Web" wahrnehmen.

Scheinbar hat man so immer noch alles weiter im Griff - oder glaubt es, im Griff zu haben.

Das australische Online-Magazin "Quillette" ist etwas völlig Neues


Dennoch kündigt sich damit eine sehr weitgehende Veränderung der öffentlichen Debatten-Landschaft an. Am deutlichsten wird diese Veränderung markiert und repräsentiert durch das - bislang auch innerhalb des "Intellectual Dark Web" - einigermaßen einzigartige australische Online-Magazin "Quillette". Dieses Magazin hat großes Lob von bedeutenden Menschen aus der Wissenschaft erhalten, nicht nur aber weil es auch die sogenannten "gefährlichen Ideen" anspricht, die seit 2005 aus der Wissenschaft herausschwappen und schon damals von Steven Pinker als solche benannt worden waren (auf "The Edge"). Diese Zeitschrift nun spricht sich bezüglich dieser "gefährlichen Ideen" (zu kennzeichnen durch die Dreiheit Rasse - Genetik - Intelligenz) für Wissenschafts- und Diskussionfreiheit aus. Bei den "gefährlichen Ideen" geht es neben den "schlimmsten", nämlich denen über Rasse, Intelligenz und Genetik auch um angeborene ode kulturell erworbene Gewaltneigung in einzelnen Kulturen und Volksgruppen, Neigung zu Boshaftigkeit und vieles, vieles andere mehr.

Auch das Gebiet der naturwissenschaftlichen Kritik der Gender-Forschung wird behandelt (für die in Deutschland u.a. der an den Rand gedrängte, von der Antifa heftig bekämpfte Biologe Professor Ulrich Kutschera steht). Für die "gefährlichen Ideen" der Intelligenz-Forschung steht hierzulande insbesondere Professor Heiner Rindermann von der Universität Chemnitz. Dieser gehört auch zu der "London Conference on Intelligence", die zwischenzeitlich scharfe Angriffe erfahren hat (dazu erfolgt noch ein nächster Blogbeitrag).

Im Grunde taucht angesichts dieser Entwicklungen die Frage auf, wie sich bisherige Leitorgane der deutschen "Konservativen" oder auch der deutschen Kirchenfreien (Giordano Bruno-Stiftung, Humanistischer Pressedienst) zu diesen Entwicklungen stellen. Soweit übersehbar, hat man sich hier bislang nirgendwo deutlich und klar positioniert, auch fast gar nicht überhaupt Bericht erstattet.

Aber gerade auch in einem Interview mit Claire Lehmann, der Gründerin und Herausgeberin von "Quillette" (9), wird streckenweise sehr deutlich spürbar, wie sich alle Beteiligten (und ihre Hinterleute!!!) bewußt sind, daß sie derzeit KEINE genaue Vorstellung darüber haben, WIE konkret die Debatten-Landschaft sich verändert wird, weil alles sehr deutlich in Fluß geraten ist. Sie wissen aber, DASS sie die Formation der neuen Debatten-Landschaft, ... "moderieren" müssen.

All das scheint für die Hintergrundmächte ein so "gewagtes" Experiment zu sein, daß sie die besonders "anfälligen" Deutschen zunächst in dieses gar nicht mit einbeziehen. Man hält die neuen Ideen mit dem Online-Magazin "Quillette" sogar auf die größtmögliche geographische Entfernung von Deutschland - obwohl das im Internetzeitalter natürlich sowieso obsolet ist.

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*) Das ist ein erster Eindruck. Dieser Eindruck ist aber formuliert vorbehaltlich besserer, genauerer Einsichten. Wer Englisch nicht auf Muttersprach-Niveau beherrscht (wie der Autor dieser Zeilen) hat schon allein deshalb oft Mühe, all diesen "smart guys" zu folgen, so klares Englisch sie auch zumeist sprechen mögen. Deshalb ist einem eine schnelle Einsicht und ein schneller Überblick und ein zügiges Urteil über all das verwehrt. Würden diese Leute auf Deutsch "schwätzen", wäre man sich vermutlich im Urteil schneller sicher - so wie bei Harald Lesch oder David Precht, die auffallenderweise beide schon die katholische Kirche irgendwie in Schutz genommen haben.
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  1. Adrian Lobe: Sie handeln nicht mit Drogen, aber mit gefährlicher Gedankenware - Im Netz formiert sich eine Bewegung namens Intellectual Dark Web. NZZ, 15.5.2018, https://www.nzz.ch/feuilleton/sie-handeln-nicht-drogen-sondern-gefaehrliche-gedankenware-ld.1384912
  2. Kolb, Matthias: Jordan Peterson Kämpfer gegen politische Korrektheit. Süddeutsche,  14. September 2018, https://www.sueddeutsche.de/politik/jordan-peterson-kaempfer-gegen-politische-korrektheit-1.4124923
  3. Kolb, Matthias: "Intellectual Dark Web" - Die neuen Prediger in Nordamerika. Im Gespräch mit Teresa Sickert und Tim Wiese. Deutschlandfunk, 29.09.2018, https://www.deutschlandfunkkultur.de/intellectual-dark-web-die-neuen-prediger-in-nordamerika.1264.de.html?dram:article_id=429373
  4. Simon Ingold: Die Postintellektuellen, die aus dem Dunkeln kamen. NZZ, 27.3.2019, https://www.nzz.ch/feuilleton/die-postintellektuellen-die-aus-dem-dunkeln-kamen-ld.1469799
  5. https://www.perlentaucher.de/stichwort/intellectual-dark-web/presseschauen.html
  6. https://www.perlentaucher.de/magazinrundschau/sw/quillette.html 
  7. Lichtmesz, Martin: Filmkritik und Ideologie. In: Sezession, 5.3.2019, https://sezession.de/60510/filmkritik-und-ideologie
  8. Resurrection Europa: Jordan Peterson Dismantled. 24.01.2019, https://youtu.be/WXYuqrO8LLo
  9. The Rubin-Report: Respecting Ideas, Even Dangerous Ones (Claire Lehmann Pt. 1), 26.09.2018, https://youtu.be/lMXYeD6xeRs 
  10. Neumann, Marc: Auf der Suche nach der Debattengemeinschaft. Das Online-Magazin «Quillette» um die Ruhestörerin Claire Lehmann schreibt gegen den Strom. NZZ, 18.1.2019, https://www.nzz.ch/feuilleton/online-magazin-quillette-gegen-den-mainstream-debattieren-ld.1452151
  11. Bading, Ingo: Das "Intellectual Dark Web" - Was ist sein Sinn? 6.6.2019, https://youtu.be/rhViKTJuABo 

Eine neue Zeitschrift für Wissenschafts-Freiheit aus Australien

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- Das "Intellectual Dark Web" - Was ist sein Sinn? (Teil 2)

Im Kampf um die "Deutungshoheit" auf dem Gebiet des Denkens über Völker und Rassen wird die Verbitterung, ja, der Haß gegeneinander auf beiden Seiten größer, erbitterter, der Tonfall erheblich absprechender als er es sowieso immer schon war. Den Hauptfehler, den ideologie-gesteuerte Wissenschafts-Feinde und Feinde der Wissenschafts-Freiheit dabei begehen, ist, daß sie nicht klar unterscheiden zwischen der Wissenschaft selbst, die nur feststellt und nur feststellen kann, "was ist" (oder "was nicht ist"), und die um dessentwillen auch die verrücktesten Fragen stellen und beantworten können muß, die also um dieser ihrer Funktion willen völlig frei sein muß und dem, was Gesellschaften, Philosophen, Denkende aus dem, was dann wissenschaftlich einigermaßen abgesichert ist, machen.

Die Wissenschafts-Feinde begehen - wie seit Jahrzehnten - den unausgesprochenen "naturalistischen Fehlschluß" vom Sein zum Sollen (Wiki). Sie unterstellen, eine wissenschaftliche Feststellung über das Sein enthalte zwangsläufige, "automatische" Schlußfolgerungen dahingehend, wie in unserer Welt wahrgenommen und gehandelt werden solle. Die Entscheidung darüber, ob mit wissenschaftlichen Erkenntnissen human oder inhuman umgegangen wird, liegt aber weiterhin allein bei den freien Gesellschaften und bei jedem freien, einzelnen Menschen selbst. Diese Entscheidung wird niemandem durch die Wissenschaft abgenommen. Alles andere wäre Bevormundung. Die Gegner der Wissenschaftsfreiheit (und damit eigentlich: die Gegner der Wissenschaft selbst) wollen den Menschen und Gesellschaften aber diese Entscheidung abnehmen, bzw. sie unterstellen, diese Entscheidung wäre den Menschen abgenommen - so oder so. Nämlich nach ihrem reichlich kruden Denken: "Weil nicht sein kann, was nicht sein darf."

Damit aber entmündigen sie freie Gesellschaften. Sie stellen damit das Prinzip der Aufklärung, von dem freie Wissensgesellschaften seit 200 Jahren - und mit großem Erfolg - geleitet sind, außerordentlich grundlegend infrage. Sie reden dann gerne von einem sogenannten "genetischen Determinismus", womit sie - mehr oder weniger stillschweigend - unterstellen, Erkenntnisse über das angeborene Sein von Menschen und Völkern enthalte zwangsläufige ("deterministische") Schlußfolgerungen darüber, wie Menschen und Völker sich selbst und andere wahrnehmen "sollten", wie sie bewerten "sollten" und wie sie handeln "sollten".

Und weiterhin legen sie in einem weiteren Fehlschluß - sozusagen "stillschweigend" - nahe oder unterstellen, ohne dabei zum Nachdenken aufzufordern, daß Menschen und Völker nur die allerschlechtesten und allerübelsten Schlußfolgerungen zu ziehen fähig wären aus Erkenntnissen über das angeborene, evolutierte Sein von Menschen und Völkern.

Abb. 1: Karrikatur von Carlos Latuff (Wiki), Dezember 2011 - Ganz selten einmal wird es so deutlich aufgezeigt, daß die Völker und Religionsgruppen von exakt denselben Hintergrundmächten (hier Oberster Rat der Streitkräfte Ägyptens) gegeneinander aufgehetzt werden - Karrikatur eingebunden auf dem Wikipedia-Artikel "Kopten" (Wiki)


In ihrem Diktus: "Pseudowissenschaftliche" Erkenntnisse über angeborene Begabungsunterschiede zwischen Völkern und Rassen führen "automatisch" zur Auf- bzw. Abwertung einzelner Menschen und Völker und Rassen und dann - weiterhin - ("wir haben ja aus der Geschichte gelernt") "automatisch" nach Auschwitz. Daß zwischen allen diesen Entscheidungen
  1. der Entscheidung darüber, ob überhaupt Pseudowissenschaft oder Wissenschaft vorliegt,
  2. der Entscheidung darüber, ob - wenn keine Pseudowissenschaft vorliegt - Wissenschaft gültige Erkenntnisse nach dieser oder jener Richtung gewonnen hat,
  3. der Entscheidung darüber, ob diese Erkenntnisse "automatisch" zu pauschalen Auf- oder Abwertungen von Menschen, Völkern und Rassen führen "müssen",
  4. der Entscheidung darüber, ob irgendwie vorgenommene "Bewertungen"überhaupt zu Benachteiligung, "Diskriminierung" oder gar noch mehr: zu Vertreibung, Mord, Totschlag, Gewalt und Massenmord und Massenmigrationen führen müssen,
daß also zwischen all diesen Entscheidungen Menschen stehen, die - auch in Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen - ihren Edelsinn in sich entfalten können, moralisch über sich hinaus wachsen können, darüber wird im schnellstmöglichen Tempo bei allen Debatten hinweg gegangen. Es wird also im schnellstmöglichen Tempo darüber hinweg gegangen, daß zwischen allen diesen Entscheidungen keinerlei "Automatismen", "Determinismen" liegen. Und es wird dann die Aufmerksamkeit insbesondere auf jene Personen gerichtet, von denen zumindest im Vorhinein nicht völlig klar ist, daß sie diese Entscheidungen auf astreinem moralischen Niveau treffen würden - sprich: weil es eben - im Diktum der Wissenschaftsfeinde - nichts anderes als "Nazis" sind - oder auch: nichts anderes als "Nazis" sein können.

"Der Nazi" nun wird in diesen Debatten gebraucht, er wird unbedingt gebraucht. Er wird gebraucht, um das ganze Feld der humanen Erörterung  dieser Fragen von vornherein in der größtmöglichen Weise zu kontaminieren. Wenn es "den Nazi" nicht schon gäbe (sagen wir in Form von Hampelmännern wie "Trump" oder neuerdings "Strache" und vielerlei anderen) - dann müßte man ihn schaffen - mit allem, was dazu gehört. Sagen wir, indem man von Geheimdiensten aus Parteien wie die NPD gründet und "formt" oder Terrorgruppen wie die NSU etc. etc. pp..

Volker Pispers hat "den Nazi" allgemeiner als "das Arschloch im Wandschrank" bezeichnet, mit dem der amerikanische Auslandsgeheimdienst seit vielen, vielen, vielen, vielen Jahrzehnten weltweit hunderte von "Terrorjahren", Regierungsumstürzen ("regime change"), Bürgerkriegen, Kriegen und Weltkriegen vom Zaun gerissen hat, um "Strategien der Spannung" zu fahren, um Frieden zwischen den Völkern und Kulturen und innerhalb derselben zu zerstören in einem scheinbar geradezu fanatischen Willen, "die Welt in Flammen zu setzen" (so hier von uns formuliert in Anlehnung an einen Buchtitel über den britischen Auslandsgeheimdienst während des Zweiten Weltkrieges: "Setting Europe Ablaze").

Ohne echte Herzhaftigkeit, aber dennoch "zeitgemäßer" als alle sonst: Die neurechte Online-Zeitschrift "Quillette"


Wenn die neurechte Zeitschrift "Sezession" endlich - Jahrzehnte später - jene Themen aufgreifen würde, um die es in diesem Blogbeitrag geht, und die nicht zu thematisieren von Seiten dieses Blogs schon seit mehr als zehn Jahren als ein außerordentlicher Hohn benannt und begriffen worden ist, als Verdummung des Volkes benannt worden ist und wird (was auch etwa Alain de Benoist seit drei Jahrzehnten so betreibt), wenn also die "Sezssion" endlich die Themen "Biopolitik", "Rasse-Realismus" und ganz allgemein naturwissenschaftsnahes Argumentieren aufgreifen wird, was schon seit spätestens zehn Jahren angesagt ist, dann - - - wird sie inhaltlich ähnlich aufgestellt und strukturiert sein wie das heute schon das 2015 gegründete neurechte australische Online-Magazin "Quillette" ist. Ein Blick in dieses Online-Magazin gewährt also einen Blick in die Diskussionslandschaft auch im Deutschland der Zukunft. Im Online-Magazin "Quillette" werden nämlich - natürlich immer noch "wohldosiert" - all jene Kernfragen in einiger Regelmäßigkeit weiter erörtert, die 2010 einmal kurzzeitig in Deutschland erörtert worden waren.

Die "Sezession" wird es dann - sicher - genauso wie "Quillette" machen: alle relevanten Fragen, denen nicht mehr auszuweichen ist, wenn einem die Leser nicht gänzlich zu anderen "Meinungsführern" davon laufen sollen, werden sie dann - notgedrungen - aufgreifen mit so unendlich vielen Jahrzehnten Verspätung. Aber zugleich werden sie auch alle relevanten Fragen gleich wieder unterschwellig zerreden, indem man - wieder - irgendeinen "Mittelweg" ("schmalen Grat") findet, indem man - wieder - die Erkenntnise und Fragen der Forschung nicht vollständig und breit und herzhaft zur Erörterung stellt, abbildet, indem man also - wieder - irgendwo, irgendwie "bremst", "Sand ins Getriebe" streut so gut es eben möglich ist, wenn man diese ganzen Themen eben letztlich gar nicht erörtern will und es nur aller notgedrungenst und ohne alle Herzhaftigkeit tut.

Wer also die einigermaßen entscheidenden gesellschaftspolitischen Diskussionen kennenlernen will, die auch die Erörterungen in Deutschland "irgendwann" in der Zukunft bestimmen werden, der muß in "Quillette" hineinschauen, bzw. besser noch auf Twitter gehen und dort die Twitter-Accounts von Claire Lehmann, Emil Kierkegaard, Paige Harden, Angela Saini und vielen ähnlichen Leuten um diese herum abonnieren und verfolgen. In ihnen spiegelt sich - allein von der Stimmung her und auch von der Art der Verbitterung auf beiden Seiten her - etwas Neues wieder, etwas, das man aus deutschsprachigen gesellschaftspolitischen Diskussionen in diesem gegenseitigen Haß vielleicht noch nicht kennt. Und dies liegt - vermutlich - daran, daß sich eben auch inhaltlich die Schwerpunkte der Erörterung in Richtungen verschieben wie man sie in Deutschland in der Breite so noch nie kennengelernt hatte. Noch nie.

Das früher sehr randständige, Elfenbeinturm-artige Diskussion-"Feld" rund um die sogenannten "Rasse-Realisten" (in Deutschland in den 1970er Jahren auch "Biopolitik" genannt) und rund um die Evolutionäre Psychologie (Soziobiologie) differenziert und fächert sich gerade weit auf, weiter als es jemals aufgefächert gewesen ist. Und das ist sehr, sehr bemerkenswert. Unterschiedlichste politische Strömungen und Interessenrichtungen fühlen sich inzwischen gehalten, sich zu biopolitischen Themen, zu der biologischen Existenz von Rassen und Völkern zu positionieren. Und jede tut das etwas anders. Die bisherigen, oft nur Kennern bekannten Namen auf diesem Feld der Erörterung waren unter anderem: der US-amerikanische Intelligenz-Forscher Charles Murray, der US-amerikanische Wissenschaftsblogger mit indischen Wurzeln Razib Khan, der US-amerikanische Journalist Steve Sailer, der US-amerikanische Evolutionäre Psychologe Kevin MacDonald. Außerdem, aus allgemeineren Zusammenhängen ("Blank Slate", "Egoistisches Gen") oft besser bekannt: Steven Pinker, Richard Dawkins, Sam Harris oder - neuerdings - David Reich. Sie alle sind - die wenigsten Deutschen werden das zwischenzeitlich mit bekommen haben - seit längerem oder erst seit Kurzem "Rasse-Realisten". Und so natürlich auch allerhand bekanntere oder weniger bekannte Leute um diese herum. Diese Menschen und ihre Meinungen zum Thema Rasse traten für die große Öffentlichkeit bislang immer nur kurz und randständig und "wohldosiert" in Erscheinung, wohl eigentlich zuletzt nur 1994 in der "Bell-Curve-Kontroverse", als diese Meinungen einmal kurzzeitig im Mittelpunkt einer größeren öffentlichen Debatte standen.

In Deutschland wurden spärliche Inhalte dessen, für was diese Leute stehen, erörtert im Zusammenhang mit der "Sarrazin-Debatte" des Jahres 2010. Aber abgesehen von diesen beiden Ereignissen waren die Debatten rund um diese Fragen immer außerordentlich randständig geblieben. In Deutschland hat regelmäßiger über Forschungsfragen in diesem Bereich eigentlich nur der Autor dieses Blogs berichtet.

Nun aber deutet sich im englischsprachigen Raum ein einigermaßen neues Geschehen an, ein sich deutlich verbreiterndes Feld der Erörterung. Eine zum Teil ganz neue Diskussions-Landschaft entsteht, geprägt - einmal erneut - durch die so wunderhübsche "Distanzeritis" von fast allen fast allen anderen gegebenüber, also jener Distanzeritis, mit denen Hintergrundmächte die Völker - und insbesondere die volkserhaltenden Kräfte in ihnen - seit Jahrzehnten so wunderbar gegeneinander ausspielen - und damit "in Schach" und im "Zaum" halten. Wenn in Deutschland in positiver Hinsicht von "Distanzeritis" die Rede sein soll, dann redet man - in den Worten von Götz Kubitschek - gerne vom "schmalen Grat". Entscheidend ist jedenfalls immer, daß sich das ganze "Diskussionfeld" nun immer mehr in die Nähe der Naturwissenschaft verschiebt, bzw. zum Teil schon schon mitten in diese hinein, das hat der "schmale Grad" der Leute um Götz Kubitschek bis heute nicht wirklich zugelassen - abgesehen davon, daß man dem "Feigenblatt" Andreas Vonderach Raum gewährte.

Also ein Geschehen, das in den 1970er Jahren mit dem Begriff "Biopolitik" vorweg genommen worden war, dann aber von der gejiackten "Neuen Rechten" (von Alain de Benoist, Karlheinz Weißmann, Götz Kubitschek und Konsorten) Jahrzehnte lang - und bis heute - auf die lange Bank geschoben worden war, entfaltet sich jetzt, im Jahr 2019 in der englischsprachigen Welt.

Seit dem Jahr 2018 nahmen die polygenetische und die Ancient-DNA-Revolution Fahrt auf


Wodurch ist der Umschwung, der hier sichtbar wird, "notwendig" geworden? Das kann leicht und schnell benannt werden: Einerseits durch die "polygenetische Revolution" seit etwa 2016, andererseits durch die "Ancient-DNA-Revolution" seit 2015. Beide haben wir auf unseren Blogs und in unseren Videos schon ausführlicher oder weniger ausführlich behandelt. Erstere Revolution wurde zunächst repräsentiert durch eine Buchveröffentlichung des namhaften Humangenetikers Robert Plomin aus dem Jahr 2018, letztere durch eine Buchveröffentlichung des namhaften Humangenetikers David Reich aus demselben Jahr (im Frühjahr 2019 zog sein deutscher Kollege Johannes Krause mit einer etwas harmloseren Buchveröffentlichung nach).

Die "London Conference on Intelligence"


Inzwischen - nämlich ab Januar 2018 - ist noch eine weitere Gruppierung ins Spiel gekommen, von der man in diesem Zusammenhang wissen muß, nämlich eine Gruppe von Nachwuchs-Wissenschaftlern, die unter dem Begriff "London Conference on Intelligence (LCI)" (Wiki, RationalWiki) bekannt geworden ist, die sich seit 2014 regelmäßig trifft, die aber erst Anfang 2018 - und dann in arg diffamierender Art - öffentlich bekannt wurde. Sie steht unter dem bekannten Verdikt, "wissenschaftlichen Rassismus" zu betreiben, gar Eugenik zu betreiben, "sprich", so der Duktus, sich in der Nähe von "Nazi-Ideologie" zu bewegen. Lauter "Mengeles" quasi in dem außerordentlich absprechenden, abwertenden Sprachduktus der Feinde der Wissenschaftsfreiheit. Zu dieser Gruppe wird aber sogar der namhafte deutsche Intelligenzforscher Heiner Rindermann von der Universität Chemnitz gezählt, ebenso wie andere namhafte Forscher und Lehrstuhl-Inhaber. Sie hat also einiges akademisches Schwergewicht. Und derzeit scheint es geradezu darum zu gehen, diese Gruppe quasi in "Karantäne" zu nehmen, und alle, die sich ihr gedanklich annähern möchten, einzuschüchtern, damit sich der Gedankenvirus derselben nicht weiter innerhab der ganz normalen, etablierten Wissenschaft, für die ein Heiner Rindermann steht, ausbreitet.

Un dazu eben wird neuerdings eine Gruppe von Autoren, die sich für die Wissenschaftsfreiheit dieser "London Conference on Intelligence" einsetzt, halbironisch oder mehr als halb ernsthaft als "Intellektuelles Dark Web" bezeichnet (Wiki), also als Autoren eines vorgeblichen ideologischen "Dunkelfeldes" im Internet. Zu ihnen werden Autoren gezählt, die lange Zeit als völlig seriös und "etabliert" galten: Sam Harris, Steven Pinker, Claire Lehmann, Michael Shermer, Ayaan Hirsi Ali, Jordan Peterson. All diese werden nach und nach stärker unter "die Bösen" eingereiht, weil sie sich für die falschen Ideen und Gedanken stark machen.

Dami ziehen sich die Fronten eines sich neu andeutenden Wissenschafts-Krieges nicht mehr zwischen eher abseitigen Forschern und Autoren einerseits und dem Mainstream andererseits, sondern neuerdings zieht sich die Front mitten zwischen die Forschung selbst hindurch. Und zwar wird dies repräsentiert durch zwei Offene Briefe an die Universität Cambridge, die jeweils von hunderten von Wissenschaftlern unterschrieben worden sind.

1.400 Wissenschaftler für Wissenschaftsfreiheit

Dezember 2018 haben mehr als 500 Wissenschaftler, angeführt durch den anarchistischen US-amerikanischen Völkerkundler David Graeber (geb. 1961) (Wiki), einen Offenen Brief unterzeichnet in Protest dagegen, daß der 28-jährige britische Soziologe und Nachwuchswissenschaftler Noah Carl (geb. 1991) (Wiki) am St. Edmund's College der Universität Cambridge in das angesehene Forschungsprojekt "Human Biological Diversity" mit einem Forschungsstipendium aufgenommen worden ist (1, 2). Noah Carl hat wissenschaftliche Aufsätze veröffentlicht in angesehenen "Peer Review"-Zeitschriften wie: "Intelligence", "Personality & Individual Differences", "The American Sociologist", "Comparative Sociology", "European Union Politics" und "The British Journal of Sociology". Diese Aufsätze wurden seit 2013 235 mal in anderen Aufsätzen zitiert, wurden also in der Wissenschaft zur Kenntnis genommen. All das schützte den Nachwuchs-Soziologen nicht davor, in einem Offenen Brief, der von mehr als 500 Wissenschaftlern weltweit unterzeichnet worden ist, angeklagt zu werden, seine Arbeiten seien "ethisch fragwürdig" und "methodologisch fehlerhaft". In dem Brief wird festgestellt (3):
"Wir sind schockiert darüber, daß eine ganze Reihe von Arbeiten, die wesentlichste Irrtümer in der Datenanalyse und in ihrer Interpretation enthalten, scheinbar so ernst genommen worden sind".
Schon das Vorgehen selbst atmet an Unwissenschaftlichkeit die Fülle. Der normale und gültige Weg, der in der Wissenschaft offen steht, "Irrtümer in der Datenanalyse und in ihrer Interpretation" aufzuzeigen, ist in eigenen Aufsätzen selbst oder in Leserbriefen an jene Zeitschriften, in denen die Aufsätze erschienen sind, die - angeblich - Irrtümer enthalten. Aber es wird im Offenen Brief noch nicht einmal der Versuch des Nachweises irgendeiner Fehlerhaftigkeit unternommen. Weiterhin: Wenn die Aufsätze "ethisch fragwürdig" sind, so hätte sich dieser Vorwurf allein an die Herausgeber der genannten Zeitschriften selbst zu richten, in denen diese Aufsätze erschienen sind, sowie an jeweiligen Gutachter, die die Veröffentlichung der Aufsätze befürwortet haben. Wozu ist sonst das Peer-Review-Verfahren da? Es muß da sehr viele Gutachter gegeben haben, die alle die "ethische Fragwürdigkeit" gar nicht gesehen haben! Es wird vermutet, daß es gar nicht seine wissenschaftlichen Arbeiten selbst sind, die den entrüsteten Offenen Brief hervorgerufen haben, sondern (3):
Das Verbrechen von Dr. Carl ist, daß er Intelligenzforscher verteidigt hat, die über die Tabuthemen von Rasse, Genen und Intelligenz veröffentlicht haben und daß er argumentierte, daß das Abwürgen der Debatte vermutlich mehr Schaden anrichtet als wenn erlaubt würde, daß sie offen durch Wissenschaftler diskutiert werden. Es scheint, daß es dieser Umstand und ist und der Umstand, daß er auf der London Conference of Intelligence von 2017 sprach zusammen mit einigen dieser Forscher (obwohl er selbst gar nicht über Rasse, Gene oder Intelligenz auf dieser Konferenz gesprochen hat), die die Grundlage für die Anklage des Briefes boten, daß er des "pseudowissenschaftlichen Rassismus" schuldig wäre.
Original: Dr Carl’s crime is that he has defended intelligence researchers who’ve written about the taboo topics of race, genes and IQ and argued that stifling debate in these areas is likely to cause more harm than allowing them to be freely discussed by academics. It appears to be this, and the fact that he spoke at the London Conference of Intelligence in 2017 alongside some of these researchers (although he did not himself speak about race, genes or IQ at that conference), that is the basis for the accusation, made in the letter, that he is guilty of “pseudoscientific racism.”
Das ist wirklich eine kraß hysterische Reaktion. Jemand arbeitet wissenschaftlich gar nicht im Bereich Rasse, Gene und Intelligenz, sondern fordert nur die freie Erörterung aller offenen Fragen auf diesem Gebiet und wird schon allein deshalb des "pseudowissenschaftlichen Rassismus" angeklagt. Kann es bessere Zeugnisse geben dafür, daß die Ankläger sich ihrer Sache nicht sicher sind? Wie soll etwas offen und redlich zur Pseudowissenschaft erklärt werden, dessen freie Erörterung sofort bestraft wird? Damit rückt die ganze Debatte zunehmend in den Bereich der gleichen Gesetzmäßigkeiten wie die nicht mögliche freie wissenschaftliche Erörterung des Massenmordes an den Juden während des Zweiten Weltkrieges. Der Hysterie-Pegel steigt, dehnt sich auf weitere Gebiete aus. Ganz richtig wird dazu ausgeführt (3):
Er hat sich noch nicht einmal die Füße naß gemacht in diesen gefährlichen Gewässern - er hat nur das Recht von Wissenschaftlern verteidigt, das tun zu dürfen.
Original: He hasn’t even waded into these dangerous waters himself - he has just defended the right of academics to do so.
Es wird vermutet, daß die meisten Unterzeichner dieses Offenen Briefes die Vorwürfe nur aufgrund von "Hörensagen" unterzeichnet haben, daß sie sich nicht selbst gründlich mit ihnen auseinander gesetzt haben. Viele der Unterzeichner scheinen ganz fachfremd zu sein auf den Gebieten, auf denen Noah Carl veröffentlicht hat, wie gesagt, in völlig anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften. Der nahmhafte Forscher Jonathan Haidt nennt diesen Offenen Brief "schändlich" und eine "Hexenverfolgung". Er sagt ganz richtig (3):
Wenn hunderte von Professoren meinen, daß Noah Carl schlechte Wissenschaft betreibt, dann sollen sie es mit Zitaten und Literaturangaben belegen.
Original: If hundreds of professors think that Noah Carl conducts bad science, let them make the case, with quotations and citations.
Auch der namhafte Forscher Peter Singer hat sich in diesem Sinne zu Wort gemeldet (3). Dieser Umstand bringt in einem die Fragen in Erinnerung: Wie nehmen der Humanistische Pressedienst und die Giordano Bruno-Stiftung in Deutschland, die sich doch so gerne auf Peter Singer berufen, zu dieser ganzen Frage Stellung? Google-Suche scheint uns zu antworten: Sie schweigen sich aus.

Infolge des Offenen Briefes hat das St. Edmund's College eine Untersuchung eingeleitet, durchgeführt von einem Juristen und einem Tiermediziner (!), deren Ergebnis war, daß Noah Carl das bewilligte Forschungsstipendium wieder abgesprochen wurde. Daraufhin haben mehr als 1.400 Wissenschaftler einen Offenen Brief unterzeichnet, in dem das Vorgehen der Unterzeichnen des ersten Offenen Briefes und des St. Edmund's College als Untergraben der Wissenschaftsfreiheit gekennzeichnet wird (4).

Zu den Unterzeichnern des letzteren Offenen Briefes gehören bedeutende und namhafte Wissenschaftler (4). Steven Pinker ist darunter, Jonathan Haidt, Peter Singer, David Gil (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena), der deutsche Intelligenzforscher Heiner Rindermann (Universität Chemnitz), Namen, die längst der Wissenschaftsgeschichte angehören wie der Zwillingsforscher Thomas Bouchard, der Evolutionäre Psychologe John Tooby, der Intelligenzforscher Charles Murray, sogar der - nicht besonders gute - britische Zeithistoriker Niall Ferguson. Ein Magdeburger Physik-Professor befindet sich darunter, ebenso einige deutsche Doktoranden, etwa aus Hamburg, Mainz oder Tübingen. Indem man letzteres erfährt, darf man übrigens innerlich aufatmen. Diese Studenten sind von keiner deutschsprachigen Zeitschrift, auch nicht von "Sezession", auch nicht von Seiten des Humanistischen Pressedienstes dazu aufgefordert oder ermutigt worden. Und sie haben es dennoch getan.

Soweit übersehbar, haben Wissenschaftler der deutschen "MVE-Liste", der deutschen Soziobiologen nicht unterzeichnet. Womöglich ist man dort einfach zu schläfrig, um ein waches Bewußtsein für die Vorgänge zu entwickeln.

Wenn die Arbeiten von Noah Carl in angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind und wenn nun noch über 1400 Akademiker, darunter viele der genannten Namhaften, erklären, daß es ein Fehler ist, diese Arbeiten pauschal als ethisch fragwürdig und als schlechte Wissenschaft darzustellen, dann fällt die Kritik des ersten Offenen Briefen völlig in sich zusammen. Dennoch haben sich die Kritiker - auch in dieser Frage einmal wieder - nicht durchgesetzt (5). Auf dem sogenannten "RationalWiki" werden die Vorgänge übrigens aus Sicht der Kritiker dargestellt (RationalWiki).

Damit ist die Auseinandersetzung mitten in die Naturwissenschaft selbst hinein getragen in einer Weise, wie man es bislang noch nicht erlebt hat (es sei denn in der Sowjetunion ... unseligen Angedenkens). Die Gegner der Wissenschaftsfreiheit sind also gewillt, ihre wissenschaftsfeindlichen Ideologien Zentimeter um Zentimeter zu verteidigen. Darunter werden sich viele Gutwillige befinden, denen es einfach ebenfalls schwer fällt zu durchschauen, daß es hier insgesamt um den naturalistischen Fehlschluß und seine Auflösung geht: Die Feststellung, daß etwas in einer bestimmten Weise ist, enthält keinerlei zwangsläufige Schlußfolgerungen dahingehend, wie etwas von Menschen gestaltet werden sollte.

Die Vorgänge haben in der deutschsprachigen Öffentlichkeit bislang kaum ein Echo gefunden, außer in einem neutralen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung (1) und außer einem außerordentlich skandalisierenden, stimmungsmachenden auf der "World Socialist Website" (2). Womit die große Medienlandschaft - und auch die sogenannten "freien Medien" - aufzeigen, was ihnen wichtig ist und was nicht.

An dem letzteren Artikel (2) kann übrigens gut erkannt werden, mit was für einer massiven Verhetzung und Unsachlichkeit gearbeitet wird. Es wird alles ausgegraben und in entsprechende Zusammenhänge gestellt, was nur immer an Vorwürfen vorgebracht werden kann. Daraus entsteht das Bild von Neonazi's, die sich in die Wissenschaft "eingeschlichen" hätten. Es wird nicht mehr gefragt: Stimmen die Ergebnisse, die ein jeweiliger Wissenschaftler vorträgt und wenn ja: wie wären sie philosophisch und gesellschaftspolitisch einzuordnen? Es wird gar nicht mehr gefragt, ob die Ergebnisse Anspruch darauf haben, ernsthaft erörtert zu werden. Nein, all das geschieht nicht mehr. Es wird nur noch pauschal auf Diffamierung und Kennzeichnung als "böse, böse, böse" umgestellt.

Ob und wie diese Strategie wohl kurz-, mittel- und langfristig aufgeht? Es wäre dies desaströs für die Weiterentwicklung der modernen Gesellschaften, wenn sie aufginge. Verfolgt man aber den tief verbitterten Tonfall, in dem Wissenschaftler rund um Emil Kierkegaard, Charles Murray und andere (auf Twitter) diskutieren, hat man das Gefühl, sie befinden sich völlig in der Defensive und werden immer mehr ins Abseits gedrängt. Dabei ist zugleich offensichtlich, daß sie wesentliche Fragen der Zukunftsfähigkeit moderner Gesellschaften sachlich, wissenschaftlich bearbeiten.

Übrigens ist auch ein einigermaßen bekannter britischer Mainstream-Journalist, nämlich Toby Young (geb. 1963) (Wiki), seit 2017 Autor von "Quillette" und hat auch für kurze Zeit an einer der "London Conferences on Intelligence" teilgenommen, was ihm von der gegnerischen Seite schwer verdacht wird.

Es ist nun natürlich noch ebenso zu beachten und weiter zu beobachten die Art jenes "schmalen Grates", die Art jener "Distanzeritis", wie sie nun auch innerhalb des verbreiternden Feldes der naturwissenschaftsnahen Erörterung betrieben wird. Davon hat Claire Lehmann (geb. 1985) (Wiki), die Gründerin und Herausgeberin des von "Quillette", schon vor einem Jahr in einem Twitter-Beitrag einen Eindruck gegeben, als sie dort am 10. März 2018 schrieb (9):
Das ist wichtig: Kevin MacDonald's Thesen über Juden und Gruppenevolution sind einer der Hauptgründe dafür, daß der Antisemitismus in den letzten Jahren wieder aufgelebt ist. Nun hat Cofnas eine Punkt-für-Punkt-Widerlegung seiner Kernthesen vorgelegt.
Original: This is important: Kevin MacDonald's ideas about Jews & group evolution is a key reason why anti-Semitism has had a resurgence in recent years. Here, Cofnas has produced a point-by-point rebuttal of his key thesis.
Dazu ist zu sagen, daß es eine außerordentlich krasse Behauptung ist zu sagen, eine rein wissenschaftliche Arbeit über Judentum und Antisemitismus als gruppenevolutionäre Strategien hätte zu nicht geringen Anteilen zu einem Wiederaufleben des Antisemitismus in der heutigen Welt geführt. Da ist also die Distanzeritis natürlich wieder sofort in voller Blüte. Kurz zuvor war der hier erwähnte Artikel von Cofnas selbst erschienen, ein Artikel, der - in dieser oder ähnlicher Form - bei der "Anti-Defamation-League" seit bald 20 Jahren im Schrank gelegen hatte, und zu dessen Veröffentlichung sie sich erst jetzt - im Jahr 2018 - angesichts der heranrollenden neuen Welle von Rassewissenschaft in der Forschung entschließen konnte.

Was dieser Twitter-Beitrag sagt, ist: Claire Lehmann will sich zwar mit ihrer Online-Zeitschrift "Quillette" für das die freie Denken einsetzen. Aber durch dieses - angeblich - so "freien Denken" darf der Antisemitismus nicht gefördert werden so wie es - offensichtlich - das freie Denken von Kevin MacDonald getan hat.

Eine solche Vorgehensweise wie diejenige von Claire Lehmann ist eigentlich in der Wissenschaft selbst nicht üblich, aber wir kennen dieses Distanzieren gegenüber Kevin MacDonald, während man gleichzeitig Kernthesen seiner Arbeiten übernimmt und erörtert, schon von anderen namhaften Autoren, namentlich von Seiten von Steven Pinker und von David Reich. Also nichts Neues unter der Sonne, außer daß damit nun allmählich eine "Verhaltensregel" erkennbar wird unter Menschen, die - jeweils bestens erkennbar - für die Verfolgung jüdischer gruppenevolutionärer Strategien gegenüber Nichtjuden stehen, natürlich immer jeweils bestens angepaßt an jene neue Zeitlage, die sich jeweils durch die aktuellsten Entwicklungen in der Wissenschaft selbst ergibt.

Wichtig sind diese Umstände deshalb: Weil diese Menschen es gegenwärtig sind, die die öffentliche Erörterung über die naturwissenschaftliche Erforschung von Begabungsunterschieden zwischen Völkern und Rassen bestimmen und hierbei - sozusagen - die Strippen ziehen, Claire Lehmann vor allem als Herausgeberin der Zeitschrift "Quillette". - Aber auch unter Berücksichtigung solcher Tatsachen bleibt gewiß: Eine völlige Veränderung der öffentlichen Debatten-Landschaft kündigt sich an.
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  1. Neumann, Marc: Vorwürfe statt kluger Debatte - die Intelligenzforschung verheddert sich in Polemik. In: NZZ, 18.12.2018, https://www.nzz.ch/feuilleton/intelligenzforschung-und-genetik-polemik-statt-nuechterne-debatte-ld.1444423
  2. Thomas Scripps: University of Cambridge - Akademiker und Studenten protestieren gegen Vergabe eines Forschungsstipendiums an Eugeniker Noah Carl, in 2 Teilen, erschienen auf Englisch Dezember 2018, auf Deutsch April 2019, https://www.wsws.org/de/articles/2019/04/20/carl1-a20.html, https://www.wsws.org/de/articles/2019/04/23/carl2-a23.html
  3. Quillette Magazine: Academics’ Mobbing of a Young Scholar Must be Denounced. In: Quillette Magazine - A platform for free thought, 7. Dezember 2018, https://quillette.com/2018/12/07/academics-mobbing-of-a-young-scholar-must-be-denounced/
  4. Lehmann, Claire: Cambridge Capitulates to the Mob and Fires a Young Scholar, Quilette, 2. Mai 2019, https://quillette.com/2019/05/02/cambridge-capitulates-to-the-mob-and-fires-a-young-scholar/
  5. Quillette Magazine: Noah Carl: An Update on the Young Scholar Fired by a Cambridge College for Thoughtcrime. May 28, 2019, https://quillette.com/2019/05/28/noah-carl-an-update-on-the-young-scholar-fired-by-a-cambridge-college-for-thoughtcrime/
  6. https://rationalwiki.org/wiki/Noah_Carl
  7. Neumann, Marc: Auf der Suche nach der Debattengemeinschaft. Das Online-Magazin «Quillette» um die Ruhestörerin Claire Lehmann schreibt gegen den Strom. NZZ, 18.1.2019, https://www.nzz.ch/feuilleton/online-magazin-quillette-gegen-den-mainstream-debattieren-ld.1452151
  8. The Rubin-Report: Respecting Ideas, Even Dangerous Ones (Claire Lehmann Pt. 1), 26.09.2018, https://youtu.be/lMXYeD6xeRs
  9. Lehmann, Claire: Über Kevin MacDonald, 10.3.2018, https://twitter.com/clairlemon/status/972571330796077056?lang=de  
  10. Bading, Ingo: Kolonialismus - In umgekehrter Richtung - ? Die Rückkehr der Rassewissenschaft  - Oder: "Wie die indische Wissenschaft gerade die Weltherrschaft übernimmt". GA-j!, 17. Mai 2019, http://studgenpol.blogspot.com/2019/05/kolonialismus-in-umgekehrter-richtung.html

Das Verdrängen des Leids - Unserer Großeltern-Generation

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Dies ist ein wilder, ein "schlimmer" Film (1). Man braucht eine Weile, um das alles zu verarbeiten, was in ihm enthalten ist. Auch den Schluß.

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Mitten aus dem Alltag heraus solche Traumata.

Jeder von uns mag in seinem persönlichen Leben Leid erfahren. Auch in seiner eigenen Familie. Aber es gibt da auch noch das größere Leid, das der Zweite Weltkrieg für das deutsche Volk und viele Völker mit sich gebracht hat. Das Leid des Zweiten Weltkrieges IST da. In ungebremster Stärke. Völlig ungebremst.

Dieser Film ist von einer Frau der heutigen mittleren Generation gemacht über ihre eigene Großmutter. Der Film wurde erstellt mit Unterstützung der film&medien-Nachwuchsförderung von Rheinland-Pfalz, dem Zentrum für interkulturelle Studien Mainz, dem Medienzentrum der Universität Mainz und dem Haus der Donauschwaben in Haar.

Er ist furchtbar und zutiefst erschütternd. Weil er mitten aus dem Alltag heraus kommt. Die Enkelin wollte - nachdem ihre Großmutter gestorben ist - einfach wissen, was ihrer Großmutter widerfahren ist. Und darüber hat sie diesen Film gemacht. Nach einem halben Jahr auf Youtube hat er erst 90 Aufrufe, keine Kommentare, kein "Gefällt mir".

Aber es sind solche Erfahrungen, aus denen heraus wir leben. Welche sollten es sonst sein? Es ist ja auch sonst in dieser mittleren Generation recht häufig ein "Ahnen" da, daß das Verdrängen des Leides unserer Großeltern-Generation viel mit dem seelischen Zustand zu tun hat, in dem wir uns heute befinden.  Deshalb Dankeschön für diesen Film.

Der Bloginhaber kam auf ihn, weil er - aus ganz anderen Zusammenhängen heraus (5) - mehr über die Banater Schwaben lernen wollte, mit denen er sich bislang noch nie genauer beschäftigt hatte.

Der Film gehört im weiteren Sinne in den Zusammenhang der Thematik "Kriegskinder" und "Kriegsenkel" hinein. Diese Thematik ist 2004 und 2009 durch zwei Buchveröffentlichungen von Sabine Bode in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt worden (2, 3).*) 

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*) Etwa folgende Zusammenhänge wurden dabei beobachtet und benannt (Wiki):
Eines der Probleme, mit dem vor allem Psychiater der Nachkriegszeit durch ihre Patienten konfrontiert wurden, habe darin bestanden, daß das Behandeln von deutschen Kriegsopfern gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus in den Hintergrund getreten sei. Das habe dazu geführt, daß die Betroffenen ihr Trauma oft jahrelang mit sich herumgetragen hätten, bis es dann - manchmal nach 40 bis 50 Jahren - unerwartet wieder aufgetreten sei. (...) Andere Erfahrungen der Kriegskinder, so die Autorin, verhalfen ihnen zu der Bezeichnung der "stillen Generation", die sich nicht über ihr Schicksal beschwerte, sondern im Gegenteil Deutschland stillschweigend wieder aufbaute. (...) Die Kriegsenkel, die in den 1960er/1970er Jahren geboren wurden, sind durch das Schweigen ihrer Eltern ebenfalls traumatisiert worden. Eltern und Kinder blieben sich oft fremd.
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  1. Loeffler, Viola: Heimkehr in die Fremde. Ein donauschwäbisches Schicksal. Film, Deutschland, 2019, https://youtu.be/GcFTVtxpG2s
  2. Bode, Sabine: Die vergessene Generation - Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen. Klett-Cotta, Stuttgart 2004 (Wiki)(20. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2014)
  3. Bode, Sabine: Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation. 10. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2013
  4. Bode, Sabine: Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Generation. Klett-Cotta, Stuttgart 2009 (20. Auflage 2015)
  5. Bading, Ingo: Der erste Europäer war ein Banater Schwabe, 1.7.2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/07/der-erste-europaer-war-ein-banater.html

"Tötet den deutschen Adler!"

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Kriegsziel seit 100 Jahren

Die an der Universität von Chicago seit 1929 herausgegebene, der europäischen, neuzeitlichen Geschichte gewidmete Fachzeitschrift "The Journal of Modern History" erinnert auf ihrem aktuellen Umschlagbild einmal erneut an eine Karrikatur aus den Anfangsmonaten des Ersten Weltkrieges (1, 2) (Abb. 1). Mit ihr soll an das Rahmenthema dieser Ausgabe erinnert werden: "Staatliche Gewaltausbrüche im Europa des 20. Jahrhunderts"*).

Abb. 1: "Kill that Eagle" (1914) - Gezeichnet von John Henry Amschewitz (Herkunft: Wikip.)

Die ausgewählte, recht eindrucksvolle Karte ist - offensichtlich im August 1914 - in England gezeichnet worden von dem damals 32-jährigen Rabbinersohn John Henry Amschewitz (1882-1942) (Geni). Den heutigen Herausgebern der Zeitschrift, die offensichtlich zum Teil ebenfalls jüdischer Herkunft sind, wird die jüdische Herkunft dieses Karikaturisten sicher bewußt sein. Amschewitz ging später nach Südafrika. Er wird gekennzeichnet als (Barronmaps):
Ein bekannter, in England geborener jüdischer Künstler, satirischer Kartenzeichner, Laienschauspieler und südafrikanischer Zeitungskarrikaturist.
Freund und Mentor von Amschewitz war - vermittelt von den Müttern beider - der ebenfalls aus einer jüdisch-russischen Emigrantenfamilie stammende britische Künstler Isaac Rosenberg (1890-1918) (Wiki). Dieser ist 1918 im Ersten Weltkrieg - für England - gefallen (s. Google Bücher). Für einen in England geborenen Künstler zeigt Amschewitz in dieser Karrikatur aus dem August 1914 eine ziemliche große innere Distanz gegenüber den damaligen Kriegsanliegen Englands auf, wenn er diese bezeichnet als "Business as usual". Seine Karte ist schon zur Jahreswende 1914/15 in Deutschland nachgedruckt worden mit der Erläuterung (3):
"Ein Dokument der Perfidität Albions bildet diese satirische Europakarte. Während der Deutsche Gut und Blut fürs Vaterland einsetzt, betrachtet England den Krieg nur als Geschäft, indem es lächelnd sagt: 'Business as usual' (Geschäft wie gewöhnlich.)"
Weiterhin macht die Karte insbesondere die Kriegsanliegen Österreich-Ungarns lächerlich. Wir erhalten die Erläuterung (4):
"Diese Karte zeigt Österreich-Ungarn im Zentrum, dargestellt als die tragische Hanswurst-Figur Pierrot der europäischen Pantomime, der ewig nach unerwiderter Liebe schmachtet.
Das ist - zumindest aus heutiger Sicht - eine mehr als sonderbare Wahrnehmung der Vielvölker-Monarchie Österreich-Ungarn. War sie tatsächlich nur noch eine hilflose, traurige Figur im Spiel der Weltgeschichte? Aus Sicht des Rabbinersohnes Amschewitz offensichtlich schon. Weiter wird uns erläutert (4):
Großbritannien wird dargestellt als ein Mann, dessen Arme schon von früheren Konflikten blutig sind. (...) Er sieht die Situation als 'das gewöhnliche Geschäft' an. Italien wird als Opernsänger dargestellt mit dem Liedtext 'Du hast mich verliebt gemacht in dich. Aber nie war das mein Wunsch gewesen.'"
(Italien war zwar mit Deutschland verbündet, wollte aber von dieser vormaligen "Liebe" bei Kriegsausbruch nichts mehr wissen.) Das Ottomanische Reich wird - trotz seiner Furcht - von den Deutschen in die Schlacht getragen. Aus den kleineren europäischen Staaten wird mit Operngläsern auf dieses Szenario geblickt. Man ist noch nicht ganz heraus aus dem Modus der wohlgefälligen Opern-Atmosphäre der Zeit von vor 1914. Man ist fast noch im Reich des Traumes.

Übrigens entsteht nicht der Eindruck, daß der Künstler der Karrikatur, die offensichtlich noch im August 1914 entstanden ist, die Erwartung hatte, daß der hier dargestellte, ausgebrochene Krieg etwa durch einen schnellen deutschen oder russischen Sieg bald beendet sein könnte, was ja sowohl an der Ost- wie an der Westfront Deutschlands damals leicht hätte möglich sein können. Die Zuschauer stellen sich eher stimmungsmäßig auf eine vielstündige Oper ein ... So offensichtlich auch die Stimmung des Amschewitz im August 1914.

Später, 1930, hat Amschewitz auch eine Ausgabe religiöser Texte des Judentums illustriert ("The Passover Hagadah", s. ZVAB). 

Hitlers taktische Erwägungen in "Mein Kampf"


In dieser Folge des "Journal of Modern History" werden Hitlers taktische Erwägungen in "Mein Kampf" von einem deutschen Historiker untersucht (7). Taktische Erwägungen unter anderem dahingehend, sich nicht gegen die katholische Kirche zu stellen wie dies zuvor die Schönerer-Bewegung in Österreich getan hatte. Dies waren Ausführungen, die sich damals - 1925 - vor allem - unausgesprochen - mit den Zielsetzungen von Erich Ludendorff und den damaligen Völkischen Norddeutschlands auseinandersetzten. Außerdem behandelt ein Aufsatz in dieser Ausgabe, die "Staatlichen Gewaltausbrüchen im Europa des 20. Jahrhundert" gewidmet ist "Die drei Gesichter von Freud" (!!!) (6).

Das ist eine gute Gelgenheit, daran zu erinnern, mit welchen klassischen Worten auf Wikipedia Sloderdijk's zentrales Buch "Zorn und Zeit" schon seit Jahren zusammen gefaßt wird (5):
"Sloterdijk zeigt auf, daß eine produktive Form des Zorns zunächst durch das Christentum und dann durch die Psychoanalyse unterdrückt worden ist."**)
Man hat zwar nicht in Erinnerung, daß Sloterdijk das selbst irgendwo tatsächlich so zugespitzt und deutlich gesagt hat. Aber man kann sicher sagen, daß solche Gedanken im Hintergrund seines Buches stehen. Und besser auf den Punkt gebracht werden können die letzten 2000 Jahre Weltgeschichte, gestaltet nach jüdischen, gruppenevolutionären Strategien wohl nicht so leicht.***) In dem Aufsatz wird nun von Vorgängen im Jahr 1994 berichtet, als eine große, unkritische Freud-Ausstellung in Washington D.C. angekündigt worden war (6):
"A leading Freud critic, Peter J. Swales, a dogged independent researcher and self-proclaimed provocateur, gathered forty-two signatures (later fifty) on a petition insisting, among other demands, that the exhibit include “the full spectrum of informed opinion about the status of Freud’s contribution to intellectual history” (...) And open warfare, aimed at destroying institutions and reputations, if not lives, is what followed."
Also 1994 brach ein Krieg aus, an dessen Ende nicht der deutsche Adler getötet worden war, sondern die Psychoanalyse von Sigmund Freud. Im selben Jahr 1994 erschienen ebenfalls in den USA erstens "The Bell Curve" von Charles Murray und zweitens "A People that shall dwell alone" von Kevin MacDonald. Aber wer von den Deutschen hat etwas diesem wesentlichen geistigen Ringen mitbekommen? Und doch gestaltete es die geistige Landschaft des Erdballs grundlegend um. Nun werden also in dem genannten Aufsatz drei neu erschienene Biographien über Sigmund Freud sehr ausführlich erörtert. Das Resümee nach fast hundert Seiten ist vernichtend (6):
"The hold of some of Freud’s most famous theories, and even more his personal authority, have been seriously weakened where they have not entirely dissipated, even among analysts. In its fundamental ways of theorizing psychology generally, and sex and gender in particular, his era is not ours. Within psychoanalysis, Freud’s metapsychology is dead, mentioned if at all only to be dismissed. Freud’s female psychology (...) diagnosed from contemporary feminist perspectives as cultural pathology. Freud himself is now seen as flawed morally and psychologically and very much a figure of his time. A half century of feminist criticism and research on Freud’s life have done their work; he will never again be the larger than life culture hero he once was, even for his advocates."
In einer geisteswissenschaftlichen Zeitschrift wie "The Journal of Modern History" scheinen das ja noch neue Nachrichten zu sein (ähm, räusper). Zu fragen bliebe dann doch eigentlich nur noch, mit welcher modernen, evolutionären Psychologie zu der produktiven Form des Zornes der heidnischen Antike zurückgekehrt werden kann. Vielleicht wollten die Herausgeber der Zeitschrift ja mit der Auswahl des Umschlagbildes einen Hinweis geben, einen Hinweis darauf, daß der zu tötende deutsche Adler diesen gesunden Zorn spätestens seit 1914 verkörpert.

Ob dieser deutsche Adler noch lebendig ist?

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*) "European State Violence in the Twentieth Century"
**) "Sloterdijk argues that a productive form of rage has been suppressed by first Christianity and then psychoanalysis."
***) In dem Zusammenhang stoßen wir gerade auch auf eine Stellungnahme des oft gepriesenen Slavoj Žižek zu Kevin MacDonald (8). Von dieser sollte man wissen, ist sie doch außerordentlich lesenswert und lehrreich. Sie spricht von einer "neuen Barbarei", die sich in den geistesgeschichtlichen Einordnungen von Kevin MacDonald widerspiegeln würde. Es würde sich in ihnen widerspiegeln die "Selbstzerstörung der Vernunft", das "Gegenteil einer hochreflexiven, selbstironischen Haltung". Žižek weiter: "Kein Wunder, daß man sich beim Lesen von Autoren wie MacDonald oft nicht entscheiden kann, ob man eine Satire liest oder eine 'ernsthafte' Argumentationslinie". Kevin MacDonald ordnet er aus altmarxistischer Sicht den "bürgerlichen Irrationalen" zu. Nun denn, dann dürfte damit zu Kevin MacDonald ja wohl alles gesagt sein. - Nur, woher der marxistische Antisemitismus eines Josef Stalin und Konsorten herrührt, darüber dürfen wir uns weiter wundern. Vermutlich auch letzte Überreste "bürgerlichen Irrationalismus" beim "Großen Vorsitzenden" Josef Stalin.
___________________
  1. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e0/European_Revue_%28Kill_That_Eagle%29_1914.jpg
  2. "Cover Image," The Journal of Modern History 91, no. 3 (September 2019): Front Cover. https://doi.org/10.1086/705934, Inhaltsübersicht: https://www.journals.uchicago.edu/toc/jmh/2019/91/3
  3. https://www.europeana.eu/portal/de/record/9200290/bildarchivaustria_at_Preview_14295072.html
  4. https://www.peacepalacelibrary.nl/imagecollection/european-revue-kill-that-eagle-1914/
  5. https://en.wikipedia.org/wiki/Rage_and_Time
  6. Gerald Izenberg, "Three Faces of Freud," The Journal of Modern History 91, no. 3 (September 2019): 625-660.  https://doi.org/10.1086/704384
  7. Thomas Vordermayer, "Tactical Guidelines in Adolf Hitler’s Mein Kampf," The Journal of Modern History 91, no. 3 (September 2019): 525-556.  https://doi.org/10.1086/704567  
  8. Steve Sailer: Slavoj Žižek on Kevin MacDonald's "Culture of Critique" July 8, 2014, http://www.unz.com/isteve/slavoj-zizek-on-kevin-macdonalds-culture-of-critique/

Ernst Jünger - Er schwelgte in der "Schönheit des Untergangs" Europas

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- Und ihn entzückte "in hoher Ordnung konzentrierte Macht"

[Mitautoren dieses Beitrages: Daniel Hermsdorf, Frieder.] Ein fleißiger Blogleser (Frieder) ist auf eine Antrittsvorlesung aus dem Jahr 2009 über den Roman "Gläserne Bienen" von Ernst Jünger aus dem Jahr 1957 gestoßen (1). Und Frieder sieht, so schreibt er uns, Verknüpfungen dieses Buches
"mit den neuesten Erkenntnissen und Themen. Ich dachte da an Transhumanismus, Koevolution von Mensch und Maschine, Bienensterben, Massensuggestionen."
Abb: Jevgenij Kulikov (Bildhauer): Ernst Jünger, 1994
Fotograf: Hoibo [CC BY-SA 4.0]
über Wikimedia Commons
Da werden ja gleich viele Themen zusammen gewürfelt. Folgt man der genannten Antrittsvorlesung, kommt der Roman - typisch für Ernst Jünger - geistreich-hohl daher. Es wird seitenweise geistreich-hohl geschwätzt und alles, was diesen Roman "interessant" macht, ist - typisch für Jünger - nur der Umstand, daß er als "Eingeweihter" in Logen und Priesterorden über viel Hintergrundpolitikwissen und über die Methoden der Steuerung von Politik und Wirtschaft durch Hintergrundmächte verfügt.

Wenn man sich mit dem Leben sozialer Insekten beschäftigen möchte auf heutigem Kenntnisstand, dann lese man meinen Blog "Studium generale" (zuletzt: Monogamie und genetische Verwandtschaft als Wurzel allen komplex-sozialen Lebens auf der Erde), lese man Lehrbücher oder einführende Bücher zur Soziobiologie oder Verhaltenswissenschaft. Alle Bücher von Konrad Lorenz sind diesbezüglich ein Muß. Echte Naturwissenschaft ist um so vieles "lebendiger" und unvorhersehbarer als dieses geistreich-hohle Geschwätz eines Ernst Jünger und solcher Leute, die dieses Geschwätz für geistreich halten können. Jünger war nie echter Naturwissenschaftler, er war seelisch toter "Logen-Automat".

Jüngers Roman ist deshalb - wie fast jeder Zukunftsroman - vor allem Gegenwartsbeschreibung des Jahres seines Entstehens, also hier des Jahres 1957. So wie der Roman "1984" das Jahr 1948 sehr gültig beschrieben hat, worauf schon vor Jahrzehnten unter anderem von dem Orwell-Biographen Schröder hingewiesen worden ist, und worauf ich auch in meiner Magisterarbeit hingewiesen habe. Als Gegenwarts-Beschreibung des Jahres 1957 darf man aus Jüngers Roman etwa die Aussage nehmen (auch nachdem man Regina Igels "Terrorjahre"über dieselbe Zeit gelesen hat) (1):
Die Akten über "jeden der in den Zapparoni-Werken Beschäftigten" waren lang und gingen ins Detail.
Na wunderbar! So haben es doch schnöselige Eingeweihte am Liebsten, seelenlose, seelenarme vor allem. Das dulden sie doch, glorifizieren sie doch, analysieren sie doch "geistreich" - anstatt es zu kritisieren und infrage zu stellen. Ähnlich hat das doch schon Hermann Hesse in den "Morgenlandfahrern" getan. Ernst Jünger und Hermann Hesse sind zwei der bekanntesten deutschsprachigen Logen-Autoren und faszinierte Glorifizierer und Propagandisten von Männerorden, beide hier auf dem Blog diesbezüglich schon sehr gründlich analysiert. Die Firmenleitung des Romans von Jünger befindet sich - wieder einmal typisch für einen Jünger wie für einen Hesse - in einem umgebauten Zisterzienserkloster. Und dann auch das wieder typisch für Jünger (1, S. 15):
Am  Ende  seiner  Betrachtung  des  "Systems  der  Anlage"  steht  allerdings  eine  ästhetische  Beurteilung  des  Schwarms,  keine  "technische":  "Vielleicht  war  es  im  tiefsten  Grunde  die  tänzerische  Kraft  des  Anblicks,  die  mich  entzückte,  in  hoher  Ordnung  konzentrierte  Macht."
Hier redet Ernst Jünger - OFFENSICHTLICH - nicht mit Interessen eines Naturwissenschaftlers. Ein Bienenschwarm hat nicht die Macht, von der Ernst Jünger hier "fasziniert" ist. Ernst Jünger ist von ganz anderen Dingen "fasziniert". Man lasse sich doch solche Worte auf der Zunge zergehen, ihn entzückte "in hoher Ordnung konzentrierte Macht". Darum geht es doch in allen seinen Romanen - in letzter Instanz. Und so nun also auch hier in seinem Roman "Gläserne Bienen". Seelentote Menschen funktionieren wie Automaten. Und sie können auch immer nur das gleiche wiederholen, es bleibt das gleiche, auch wenn ihnen als begabte Schriftsteller viele "geistreiche" Worte dafür zur Verfügung stehen. Und weil sie selbst Automaten sind, reden sie auch gerne über Automaten und sehen alle anderen als Automaten an. Frieder schrieb mir im Zusammenhang seines Hinweises:
Lieber Ingo, ich schreibe gerade Artikel über (meist) vergessene Autoren aus der Zeit des 1. WK. (...) Nun möchte ich mir Ernst Jünger vornehmen. Dazu hast Du doch bestimmt schon was geschrieben: Seine "Gläserne Bienen" von 1957 drehen sich um Nanoroboter und Unterhaltungsindustrie. Ich wollte das Buch verknüpfen mit den neuesten Erkenntnissen und Thesen. Dachte da an Transhumanismus, Koevolution von Mensch und Maschine, Bienensterben, Massensuggestionen.
In der Antrittsvorlesung (1) würde ausgeführt, so Frieder,
dass Jünger die Schwarmintelligenz noch nicht dezentral gesehen hat wie schon vor ihm Stapledon. (...) Ich habe die Möglichkeit des Dezentralisierens noch gar nicht richtig verstanden und denke mir deshalb konspirologisch: Wollen sie damit ablenken von den Dunkelmächten, die oben in der Hackordnung stehen?
Ich möchte im flüchtigen Lesen der Antrittsvorlesung sehr wohl meinen, daß auch Jünger schon gesehen hat, daß "dezentrale" Steuerung der Idealfall - für Hintergrundmächte wie für Staaten insgesamt - ist. Um so selbstständiger und mit um so geringerer Steuerung die "fleißigen Bienen", die "Arbeiter" den Honig für die Hintergrundmächte sammeln, um so besser, oder nicht? Warum sollen das Logen-Autoren wie Ernst Jünger 1957 anders gesehen haben als das die Hintergrundmächte heute sehen. 1989 haben die Maurer "die Mauer" eingerissen, weil sie die starke zentrale Steuerung satt waren und gesehen haben, daß sie kontraproduktiv ist. Ich finde diese Frage insgesamt - zumindest aus konspirologischer Sicht - nicht so bedeutsam. Aus anthropologischer und geschichtlicher Sicht allerdings ist sie sehr bedeutsam. Es wäre hier zu thematisieren der von Hegel/Hölderlin so benannte weltgeschichtliche Weg im Bewußtsein der Freiheit von despotischen Herrschaftsformen des Orients (die schon im Vorkeramikum angetroffen werden können) zu freiheitlichen Herrschaftsformen Nordeuropas.

Ernst Jünger auf Seiten der Vorsehung


Ich antwortete Frieder aber zunächst einmal auf seine Zuschrift:

Hallo Frieder,

das letzte, was ich über Ernst Jünger geschrieben habe, war das hier:

Vorher schon das hier:

Außerdem taucht er im Freundeskreis von Friedrich Hielscher auf, mit dem ich mich auch gründlicher beschäftigt habe:

Mir ist der Hochgradfreimaurer Ernst Jünger - wie man an diesen Beiträgen sehen kann - zutiefst unsympathisch. So ähnlich ging es Erich Ludendorff schon 1926, worauf ich auch irgendwann stieß: 

Ich habe noch nie etwas gelesen von diesem Ernst Jünger, was mich - trotz des Unsympathischen - irgendwie positiv berührt hätte (wie ich das etwa - trotz allem - über den Satanisten Hermann Hesse sagen könnte). Das ist Nihilismus und schönseliges Eliten-Geschwätz und Salonbolschewismus in Reinkultur bei diesem Ernst Jünger und seinem ganzen Freundeskreis und Frauentauschkreis. Auch der Tod seines Sohnes am Ende des Zweiten Weltkrieges und wie Ernst Jünger darüber spricht kommt mir hochgradig "merkwürdig" vor. Sein Sekretär Armin Mohler paßt auch in alles hervorragend hinein. Nein, das sind alles Hochgradfreimaurer, Jesuiten und Satanisten, Eingeweihte, Mitwisser, Mittäter, nichts anderes. Aber ohne allen "Geist". 

Die mir selbst wichtigsten vergessenen Autoren des Ersten Weltkrieges sind: Walter Flex, der damalige Bestseller "Kriegsbriefe gefallener Studenten", viele Kriegsdichter, Bogislaw von Selchow, Agnes Miegel, später Josef Weinheber, die Lebenserinnerungen von Mathilde Ludendorff. Hm, ich habe sicher noch viele wichtige Namen vergessen (Heinrich Lersch ...). Rommels Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg lesen sich toll, Karl Springenschmid ("Costabella, Berg meiner Jugend"), Edwin Erich Dwinger natürlich.

Wo Du da sonst noch alles gedanklich gerade herumspringst zwischen Bienen und Transhumanismus. Über Transhumanismus wird mir zu viel gefaselt, ohne daß man vorher gründlich Evolution und Humanevolution studiert hätte. Ohne solche Grundlagen kann nichts Vernünftiges dabei herauskommen. Erst aus einem gründlichen Studium dessen wie wir GEWORDEN sind, können Schlußfolgerungen abgeleitet werden, wie es wohl künftig weiter gehen könnte mit der Intelligenz-Evolution.  Außerdem sollte man dabei im Auge behalten, daß es nicht der Sinn des Menschenlebens und der Geschichte und Evolution ist, intelligent zu sein, sondern Gott zu erleben. Daraus ergeben sich dann ganz andere Schwerpunkte der Sichtweise. Wir sind unfähig gemacht worden, sinnvoll über Gotterleben zu reden, darin liegt unsere ganze moralische Schwäche.

Da ich meine Antwort CC auch an Daniel Hermsdorf gesendet hatte, schrieb dieser:
Ich mische mich da nur mal kurz ein. Ein Problem, das ich mit Deiner Perspektive habe, ist, dass Du "Freimaurer" als erweiterten Begriff verwendest, soweit ich sehe. Als Google-Ergebnis zu Jünger dazu findest Du als Erstes ... Dich selbst. Du solltest vielleicht besser die in der Literatur gängige Variante "Maurer ohne Schurz" verwenden, wenn Du mich fragst. Man sollte da möglichst genau sein - denn wenn die Gegenseite solche Merkwürdigkeiten und 'Fehler' entdeckt, vermeint sie in der Regel, die Diskussion gleich wieder abbrechen zu können. (Ob das die Lösung ist, sage ich damit auch noch nicht. Du identifizierst ein solches Denken mit "Freimaurern". Kann es, abgesehen von persönlichen Umfeldern und deren Verbindungen, nicht auch das eines Einzelgängers und Freidenkers in seinem Sinne gewesen sein? Das ist ja noch kein Verbot für eine Kritik daran.)  Allgemein habe ich mir immer gedacht, dass Herrn Jüngers Schreibe eine gänzlich andere gewesen sein dürfte, wenn er z.B. im Krieg ein Bein verloren hätte. Vor dem Hintergrund sehe ich solche Haltungen, die in der Geschichte vermeintlich so marmorn vor uns stehen. Jüngers archaische und (ich sage mal verkürzt:) materialistische Weltsicht hat, neben einem geschliffenen Stil, schon ein paar höchst relevante und hellsichtige Texte hervorgebracht, soweit mir bekannt - ich meine etwa den "Arbeiter". Manche Diagnosen zum Technikgebrauch kenne ich aus dieser Zeit nirgendwo anders her. Was Frieder hier anspricht, wirkt deshalb auch nicht abwegig auf mich. Jünger hat Einiges vorausgedacht, was Staunen macht, wie man es von Orwell oder Huxley auch sagen kann. 
Nun darauf habe ich jetzt schon einleitend einiges gesagt. Siehe auch noch eine andere Antwort in einer Anmerkung.*) In unmittelbarer Antwort schrieb ich an Daniel und Frieder unter anderem:

Bei der Schilderung seiner "Mauretanier" (die natürlich gaaaaaar nichts mit "Maurern" zu tun haben), hat Ernst Jünger nun wirklich mit einem fetten Zaunpfahl gewunken. Wenn ich es recht verstanden habe, war der Zaunpfahl für das Jahr 1939 so fett und dick, daß er erstens in dem Roman sagen mußte, daß er und sein Bruder schon seit Ende der 1920er Jahre ihre Mitgliedschaft im Orden der Mauretanier ruhen gelassen hätten (was - bekanntlich - Nonsense und eine billige Schutzbehauptung ist) und daß natürlich auch diese Schutzbehauptung nicht half, daß es Bestrebungen gab, die Veröffentlichung des Romans zu verhindern. Im Roman ist ja ausdrücklich von den Labyrinthen der Männerorden die Rede. Was soll denn das anderes sein als die Freimaurerei? Verwundern tut es mich ALLERDINGS, daß ich immer noch der einzige bin, der den Jünger frank und frei einen Freimaurer nennt. Aber der Jünger hat eben so seine Fürsprecher und Beschützer allerorten noch heute ebenso wie der Karl Haushofer. Man muß halt verstehen wie Eliten-Kontinuität funktioniert und daß die noch heute allerorten "ihre Leut" schützen. Auch bei Hermann Hesse ist das ja spürbar. Es soll immer das gleiche sein: Jeder, der Bescheid wissen WILL, soll Bescheid wissen - aber das naive, blöde Volk soll weiterhin nichts über all diese Katakomben im politischen und geistigen Leben ahnen.

Bei Hermann Hesse liegt ja alles sehr ähnlich. Auch bei ihm ist mir nicht bekannt, daß offiziell gesagt würde, er wäre Freimaurer. Dennoch handeln alle seine größeren Romane von Männerbünden und Priesterkasten, verherrlichen sie.  Hier gilt es eben, für die Literaturwissenschaft ein ganz neues Forschungsfeld zu eröffnen. Sollte mich wundern, wenn das noch kein alter Hut sein sollte.

"Das Vernichtet-Werden der Völker als Voraussetzung einer neuen und höheren Schöpfung"


Toll aber, was darauf dann noch der Frieder geschrieben hat - und um dessentwillen vor allem habe ich diesen Blogartikel zusammen gestellt:
Lieber Ingo,
vielen Dank für das geistige Futter. Zwischenfazit der ersten Lektüre zu den Marmorklippen: Der Maurer-Zaunpfahl ist wahrlich dick. Viele Indizien sprechen dafür: Erstens, dass es sonst in den Interpretationen unerwähnt bleibt. Dann der gegenseitige Schutz: Adolf Hitler hält persönlich Goebbels gegen ihn zurück, dafür macht er bei keinen Attentaten mit. Der Genuß an der Feuerzerstörung, also des "Ganzbrand-Opfers" der Großen Marina (Germania): „Das Schauspiel dehnte sich in fürchterlicher Stille aus […] Von allen Schrecken der Vernichtung stieg zu den Marmorklippen einzig der goldene Schimmer empor. So flammen ferne Welten zur Lust der Augen in der Schönheit des Untergangs auf" bei gleichzeitigem Hochhalten guter Werte, je nach Epoche passend. U.v., von Dir gezeigt.
Wenn er einen Mix aus Hitler und Stalin darstellen hätte wollen, um das Totalitäre an sich zu zeigen, hätte er doch risikolos Stalin zeichnen können mit Merkmalen von Hitler, was viele russische antikommunistische Autoren umgekehrt mit Hitler machten, um zu zeigen, dass der gemeinsame Nenner eine Art Nationalbolschewismus war. Wozu dann das eigene Eingeweihtsein in die Hintergrundmächte präsentieren? Eben weil er wusste, dass ihm daraus kein Strick gedreht werden würde, womit die ungebrochene Macht der Hintergrundstrukturen besungen wird.  Aus einer 1981-Interpretation: "Die ethische Problematik der Erzählung liegt darin, dass sie das Vernichten-Wollen kritisiert, aber das Vernichtet-Werden ästhetisch verbrämt und als Voraussetzung einer neuen und höheren Schöpfung feiert." Ohne Bezug zu den Maurern ist das eine ethische Problematik, also irgendwie komisch, mit Bezug ist das konsequent.
LG Frieder
Da hat Frieder noch einmal eindrucksvoll Dinge auf den Punkt gebracht. Das scheint uns fast zu den Schilderungen von dem Hans Bernd Gisevius zu passen über den Reichstagsbrand, die sich über viele Seiten seines Buches hinweg ziehen, und die sich lesen wie Begeisterung über ein großes satanistisches Ereignis. Und eigentlich noch besser passen diese Dinge zu Ernst Jüngers Freund Friedrich Hielscher, der schon 1931 voller Entzücken war über die "kommende Vernichtung".

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*) [26.9.2019]: Ein Leser schreibt noch zu den von Daniel geäußerten Worten ("Allgemein habe ich mir immer gedacht, daß Herrn Jüngers Schreibe eine gänzlich andere gewesen sein dürfte, wenn er z.B. im Krieg ein Bein verloren hätte. Vor dem Hintergrund sehe ich solche Haltungen, die in der Geschichte vermeintlich so marmorn vor uns stehen"):
Jemand hat mir das Buch "Konzert für die linke Hand" von Lea Singer geschenkt. Dort verliert der Protagonist Paul Wittgenstein im Ersten Weltkrieg den rechten Arm und wird trotzdem ein Klaviervirtuose. Ein bemerkenswertes Stück über die gesellschaftlichen Zustände und Strömungen in Wien und Österreich vor und nach dem Ersten Weltkrieg.
Allgemein ist das Thema Körperbehinderung ja behandelt im ersten Abschnitt von Peter Sloterdijks Buch "Du mußt dein Leben ändern". Und gut, zu diesen Worten von Daniel hatte bislang nichts gesagt, glaube aber nicht, daß sie den Kern treffen. Der Friedrich Hielscher war gar kein Kriegsteilnehmer und hat genauso geredet, Hermann Hesse war Krankenpfleger und so weiter. Aber ich  möchte diesen Hinweis von meiner Seite aus dann doch noch ergänzen mit dem Hinweis auf den - wie ich finde - sehr wertvollen, gehaltvollen, zukunftsweisenden deutschen Schriftsteller Friedrich Franz von Unruh (1893-1986) (Wiki). Er ist der Bruder des expressionistischen Schriftsteller Fritz von Unruh und des Ludendorff-Mitarbeiters Karl von Unruh. Auch Friedrich Franz von Unruh ist ein vergessener Autor aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Auch er hat einen Arm im Krieg verloren. Und wie er zu diesem überaus wertvollen, gehaltvollen Schriftsteller wurde, das schildert er in dem autobiographischen Büchlein "Der innere Befehl", das von dem gleichen inneren Befehl handelt, dem viele Angehörige der damaligen Frontgeneration gefolgt sind. Gerade deshalb ja ist die Literatur während und nach dem Ersten Weltkrieg so reich.
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  1. Niels Werber: Formen des Schwärmens. Ernst Jünger, Olaf Stapledon. Antrittsvorlesung Siegen, 8. Juli 2009, https://blogs.uni-siegen.de/nielswerber/files/2017/06/Formen-des-Schwaermens_lang.pdf

"Informationsportal Esoterik"

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Wie die Evangelische Kirche seit Jahrzehnten über Elitären Satanismus nur halbherzig aufklärt

Die "Evangelische Weltanschauungszentrale" hat ein "Informationsportal Esoterik" zusammen gestellt:


Hier findet man Beiträge der EZW der letzten vierzig Jahre. Da ist - sicher - vieles dabei, was man noch nicht zur Kenntnis genommen hat. Es gibt auch die Rubrik "Satanismus" selbst, außerdem vieles damit in Zusammenhang Stehende, also Magie, Freimaurerei, Astrologie und so weiter .... Also lauter Themen, die hier auf dem Blog in früheren Jahren schon im Mittelpunkt standen.
 
Abb.: EZW-Texte
So findet sich gleich ein uns sehr interessierender "Treffer", nämlich die Erkenntnis, daß von der EZW schon im Jahr 1991 die Identität von "Frater V. D."öffentlich gemacht worden war, nämlich daß es sich dabei um Ralph Tegtmeier handeln würde (1). Das ist eine Erkenntnis, auf die wir selbst uns seit 2011 hier auf dem Blog viel zugute gehalten haben, weil das unser eigener Einstieg in diese ganze riesige Welt der Hintergrundpolitik war (2, 3 - auch viele Folgebeiträge). So kann man sich also täuschen. Auch die EZW hat über solche Dinge schon - verhalten - aufgeklärt.

Allerdings ist in dem Artikel (1) noch nicht von "E. R. Carmin" als einem der Pseudonyme von Ralph Tegtmeier die Rede. Und darüber scheint dort auch bis heute niemand aufgeklärt zu haben. Dabei läßt dieser Umstand so ungeheuer tief blicken (2, 3). Das heißt: Die EZW betreibt "Aufklärung", aber bleibt dabei fast immer "auf halbem Wege" stecken.

Auch zu der Gefahr von "Traumreisen" erschien bei der EZW schon 1988 ein Artikel (4). Die Freimaurer-Kritik der EZW ist mir immer schon als sehr "schonend" aufgefallen, was immer wieder deutlich macht, daß es offenbar doch enge Verbindungen zwischen Evangelischer Kirche und Freimaurerei gibt wie das schon dem Ehepaar Ludendorff Ende der 1920er Jahre aufgefallen war.
 

Die Saharasia-These


Auch erfährt man, daß sich der Ägyptologe Jan Assmann schon mit dem Thema Magie beschäftigt hat. Da Jan Assmann eigentlich immer lesenswert ist, dürfte es sicher sinnvoll sein, dem weiter nachzugehen. Im Zusammenhang mit dem Thema "satanistische Kontinuitäten seit der Antike bis heute" hat uns Peter Töpfer gestern auf Facebook übrigens auf die "Saharasia"-These hingewiesen, die man bezüglich dieses Themas sicher im Auge behalten kann (5, 6). Wir sind gespannt, ob Peter Töpfer dort auf unsere Antwort auch noch einmal antworten wird. Da es sich um grundlegende Themen handelt, seien unsere dortigen Gedanken dazu auch hier abschließend noch eingefügt. Peter Töpfer schrieb am 25. November 2019 als Kommentar zu einem archäogenetischen Beitrag meinerseits auf meinem Facebook-Profil (5): 
Mal eine Frage: Ist die Materie für Sie auch jenseits von Chromosomen usw. von Bedeutung, ich meine in Bezug auf Ihre direkt erfahrene und fühlbare Existenz? Kennen Sie die sog. Saharasia-These, wo diese Fragestellung (nach der Existenz) neben der Wissenschaft (Biologie, Geographie usw.) eine große Rolle spielt? 
Meine Antwort darauf: Die Saharasia-These kannte ich bislang nicht (6). Die früh- und mittelneolithischen Kulturen Europas werden ja in der Regel als eher matriarchalisch gedeutet. Ich finde die Dichtomie Matriarchat/Patriachat zu grobschlächtig. Ich finde in den Kunstdarstellungen der Bandkeramiker viel Liebenswürdiges, Liebe zu Tieren. Die Kultur in Anatolien, von denen sie abstammen, hat diesbezüglich viel mehr "Großes", "Einschüchterndes" aufzuweisen, "große Gottheiten", einschüchternde.

Also ich sehe viele Hinweise darauf, daß despotische Herrschaftsformen den Übergang zum Ackerbau im Vorderen Orient erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht haben, jedenfalls mit ihm parallel gehen, und daß dieser Geist sich aber - vielleicht aufgrund von anderer Muttersprache - im Frühneolithikum Mitteleuropas nicht mehr findet (trotz ähnlicher Gene). Auch nicht in der Trichterbecherkultur des westlichen Ostseeraumes.

Die Frage, ob die Indogermanen als gewalttätig, despotisch anzusehen sein sollten, ist für mich noch nicht abschließend entschieden. Ich finde, wenn wir eine Antwort auf diese Frage suchen, ist es notwendig, sich tief in den Geist und die Welt der "Ilias" von Homer hinein zu denken, und damit insgesamt in den Geist der indogermanischen europäischen Bronzezeit. Ich denke, daß das - so wie in der Ilias - ein sehr hochherziger, sehr edler Geist war, der - zum Beispiel - auch mit großer Frauenhochachtung einherging, so daß sogar "Frauenraub" - wie ich denke - nicht zwangsläufig traumatisch hatte sein müssen. Starke Seelen weisen viel größere Resilienz auf gegenüber traumatischen Ereignissen. Traumatisierungen sind in despotischen Gesellschaften, wo Seelen knechtisch gehalten werden, klein gehalten werden, viel einschneidender. Das sind aber nur ganz vorläufige Überlegungen meinerseits derzeit zu diesem Thema, Überlegungen übrigens, die ich hier zum ersten mal niederschreibe.

Sexualverneinung übrigens kommt meines Erachtens erst nach 500 v. Ztr. in die Welt mit der Entstehung und Ausbreitung des Monotheismus. Es war das eine klare Gegenbewegung zur der großen vollen Lebensbejahung, die die damaligen Juden rund um sich herum in der strahlenden hellenistischen Welt erlebten. (Weil sie beim Nacktturnen nicht als Juden erkannt werden wollten, ließen sich damals viele Juden die Vorhaut wieder annähen - nur als ein Hinweis auf den Anpassungsdruck, der damals von der freien griechischen Welt sogar auf das Judentum ausging.)
 
Zum Beispiel in der Kultur Babylons (Gilgamesch-Epos) sehe ich keinerlei gebrochenes Verhältnis zur Sexualität, ebensowenig in der antiken Kultur Ägyptens. Ich denke, daß diese Verneinung von Sexualität erst etwas sehr Spätes in der Menschheitsgeschichte ist.
 
Und Kindesmißbrauch ist wieder ein anderes Thema, das ich vor Jahren einmal mit dem Religionswissenschaftler Michael Blume sehr intensiv auf seinem inzwischen aus dem Netz genommenen Blog "Religionswissenschaft aus Freude" erörtert habe. (Bedauerlich, daß ich auf die damaligen Erörterungen nicht mehr zugreifen kann.) Die Karthager kannten Kinderopfer, ohne Frage. Und so ist es auch naheliegend, daß das bei den antiken Juden möglich war - wie es in einigen historischen Berichten heißt. Aber wie man sich von dort aus die Geschichte ritueller Folterungen und Morde an Kindern bis heute vorstellen soll, "rekonstruieren" soll, das weiß ich vorderhand nicht zu sagen. 
 
Mit all dem will ich sagen, daß mir in der Saharasia-These die eine oder andere Grundwahrheit enthalten zu sein scheint, daß mir aber auf den ersten Blick bei ihr auch zu viel zu undifferenziert durcheinander geworfen wird. Sie erscheint mir insgesamt als zu pauschalisierend. Aber sie ist mit wesentlichen geistesgeschichtlichen, mentalitätsgeschichtlichen Fragestellungen beschäftigt, ja.
_________________________
  1. https://www.ezw-berlin.de/downloads_informationsportale/e_mdezw_1991_05_144-150.pdf
  2. https://studgenpol.blogspot.com/2010/12/e-r-carmin-das-schwarze-reich.html
  3. https://studgenpol.blogspot.com/2011/01/zombifizierung-der-politik-durch.html
  4. https://www.ezw-berlin.de/downloads_informationsportale/e_mdezw_1988_09_250-260.pdf
  5. https://www.facebook.com/ingo.bading/posts/2828877283812753
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/James_DeMeo

Die Hohenzollern verabscheuten die Freimaurerei - Heute schlägt diese folgerichtig massiv zurück

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1927 war Kaiser Wilhelm II. "tief erschüttert"über das Buch "Vernichtung der Freimaurerei" von Erich Ludendorff. Ähnliches galt für seinen ältesten Sohn, den Kronprinzen, und dessen ältesten Sohn, den Prinzen Wilhelm.
- Und heute wollen die Hohenzollern - bei einer solchen "Tradition" - mitsprechen bei der Darstellung ihrer eigenen Geschichte im geplanten Hohenzollernmuseum in Berlin? Eine solche Unmöglichkeit darf nicht eintreten. Das gesamte Arsenal der Hetzpresse muß in Stellung gebracht werden.
- Und deutsche Historiker - bzw.: "Hysteriker" - haben die Aufgabe, sich "Sooooooooorgen" zu machen.

Warum wurde im letzten Jahr 2019 so viel gegen die Hohenzollern gehetzt? "Landstraß auf und Landstraß ab" in jeder sich nur halbwegs "seriös" gebenden - aber letztlich nur von Hintergrundmächten gekauften - Hetz-Zeitung, möge sie nun Namen haben wie "Spiegel", "Süddeutsche", "Welt", "FAZ", "Focus", "Zeit" oder wie immer alle diese vorgeblichen "Sturmgeschütze der Demokratie" heißen mögen. Vom "Sturmgeschütz""#Böhmermann" ganz zu schweigen. - - - Oder wäre vielmehr andererseits zu sagen, daß er immer noch gilt, der Grundsatz: "Viel Feind - viel Ehr!" - ?

Abb. 1: Kronprinz Wilhelm von Preußen - Bei der Taufe seiner Enkelin Felicitas 1934 in Bonn in der Villa Salvati

Wenn es um die Hohenzollern geht, offenbar allemal.  Oder wird nicht viel eher und wahrhaftiger und - unbezahlt - zu sagen sein: Getroffene Hunde bellen - ? Die Hohenzollern fordern ein Mitspracherecht bei der Darstellung ihrer eigenen Geschichte im geplanten Hohenzollern-Museum in Berlin. Was kommt wohl dabei heraus, wenn die Hohenzollern selbst mitreden bei der Darstellung ihrer eigenen Geschichte?  Nun, das kann man nachlesen. Nehmen wir doch einmal ganz sanft die Erinnerungen der jüngsten Tochter des letzten deutschen Kaisers in die Hand, der sanften, fröhlichen Prinzessin Viktoria Luise von Preußen (1892-1980) (Wiki). Sie lebte bis zum Jahr 1980 und war Zeit ihres Lebens in Deutschland sehr beliebt und eine lebenslustige, tanzfreudige Person. Ihre Lebenserinnerungen - 1965 das erste mal erschienen -, haben seither mindestens 15 Auflagen erlebt.  Aber was mag schon großartig drinstehen in solchen Lebenserinnerungen? Da berichtet die Prinzessin etwa über die Bemühungen ihres Vaters im Juli 1914, den Frieden zu erhalten. Sie berichtet davon, daß ihr Vater seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, nach England geschickt habe in den kritischen Tagen, um mit König Georg persönlich zu sprechen. Der Prinz brachte das Wort des Königs von England mit nach Deutschland, daß England neutral bleiben würde. Dieses Wort hat König Georg wenig später gebrochen. Die Prinzessin Viktoria Luise schreibt weiter und belehrt nachfolgende Generationen (1):
"Als ich mich bei der Abfassung dieses Berichtes zwecks Überprüfung an meinen Vetter Sigismund, einen Sohn des Prinzen Heinrich, (...) wandte, fügte dieser seinem Bericht über die Aktion seines Vaters beim König von England die Bemerkung an: 'Wie sich herausgestellt hat, nutzten Familienbeziehungen oder gar Freundschaften unter den Monarchen Europas gar nichts. Die Geheimgruppen von Personen, welche hinter der Weltpolitik ihre Fäden zogen, waren so mächtig, daß familiäre Einflüsse gegen diese nicht aufkommen konnten, trotz aller Versuche.'"
Hat man solche Worte schon jemals gelesen - etwa - in Büchern von Angehörigen des britischen Königshauses? (Vielleicht war ja die Prinzessin Diana verdächtig, daß sie solche Worte irgendwann einmal niederschreiben könnte ...) Jedenfalls: Das kommt also heraus, wenn Hohenzollern ihre eigene Geschichte schreiben. Dabei könnte doch noch viel mehr herauskommen wie wir im folgenden darstellen wollen.

Aber dürfen wir denn wohl solche eben zitierten Worte lesen im künftigen Hohenzollern-Museum in Berlin? Nein, ganz bestimmt nicht. Die gekaufte "Meinungsfreiheit" und "Meinungsvielfalt" der Hetzpresse und des Hetzfernsehen muß viel mehr sehr, sehr laut bellen, damit niemand auf den Gedanken kommt, irgendjemand anderer könne mitsprechen, wenn es um die Geschichte der Hohenzollern geht außer diesen gekauften Hetzzeitungen und dem gekauften Staatsfunk und den vielen gut bezahlten Historikern auf den deutschen Lehrstühlen, die ihren "Mut" - etwa - im Historikerstreit des Jahres 1985 so glänzend zur Schau gestellt haben. Und deshalb wird allerseits so laut gebellt und wird überall so herumgepinkelt. Das Bellen und der Gestank sollen dazu führen, daß niemand mehr genauer hinschaut und hinhört und hinriecht ....  Wau - wau - wau. Nicht daß jemand auf die Idee käme, sich mit dem zu beschäftigen, was bei den Hohenzollern schon bis in die 1960er Jahre alles bekannt war:
"Die Geheimgruppen von Personen, welche hinter der Weltpolitik ihre Fäden zogen, waren so mächtig, daß familiäre Einflüsse gegen diese nicht aufkommen konnten, trotz aller Versuche."
Wer sich in der freimaurerkritischen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auskennt, fühlt sich beim Tonfall und der Intensität der gegenwärtigen Hohenzollern-Hatz vielmehr ständig und geradezu reflexhaft erinnert an ein Wort erinnert, das schon im Dreikaiser-Jahr 1888, nachdem Kaiser Friedrich III. auf so mysteriöse Weise ums Leben gekommen war, im "Bulletin maçonnique de la Grande loge symbolique écossaise" (Bulletin) vom 2. September 1888 gestanden ist zu der Tatsache, daß der damals junge Kaiser Wilhelm II., der soeben den deutschen Kaiserthron bestiegen hatte, sich - im Gegensatz zu seinem Großvater und seinem Vater - geweigert hatte, der Freimaurerei beizutreten (zit. n. Lüb. Kunterb.):
"Der junge Kaiser weigert sich, dem Bunde beizutreten. Wilhelm II. möchte Deutschland wieder zum Mittelalter zurückführen, er kann mit solchen Bestrebungen nur das Ende der Hohenzollern beschleunigen. Es ist kein weiter Weg von Ludwig XIV. zu Ludwig XVI. In unserem mit Elektrizität und Dampf arbeitenden Zeitalter wäre es leicht möglich, daß das Volk, um den Abstand zu verkürzen, einige Stufen überspränge. Wir Freimaurer werden und nicht einschüchtern lassen. Weil der Kaiser sich nicht einweihen lassen will, werden wir das Volk einweihen; und wenn das Kaiserreich uns verfolgt, werden wir in Deutschland die Republik errichten."
Abb. 2: "Symbolisch-Schottische Großloge", 1884
Nach der Meinung dieses linksanarchistischen Logenblattes also, das aber dennoch zugleich sich mit der Freimaurerei ganz allgemein identifziert und auch in ihrem Namen ganz allgemein spricht, heißt es, eine moderne Gesellschaft in das Mittelalter zurückzuführen, wenn seine Regierenden nicht der Freimaurerei angehören. Wenn das nicht elitär-schönselig und männerbündlerisch formuliert sein soll - was dann? Und die Freimaurer scheinen schon Anlaß zu sehen, "eingeschüchtert" zu sein, wenn ein regierendes Haupt nicht ihrem "erlauchten Bunde" angehört. Das ist schon alles sehr, sehr auffällig und spricht nicht gerade von reinem Gewissen.

Im übrigen aber handelt es sich um unglaublich emphatische, nein, fanatische Worte, die Menschenhaß und Menschheitsverbrechen in sich bergen, und bei denen man dann schon versteht, warum die Freimaurer Sorge sehen, daß man sie verfolgen könnte. Wenn sie doch nur verfolgt worden wären!!! Stattdessen aber hat Kaiser Wilhelm II. noch 1913 mit ihnen zusammen (und ohne daß damals Nichtfreimaurer irgend etwas geahnt hätten) den größten Freimaurertempel der Welt eingeweiht, als der nämlich - bezeichnenderweise - das Völkerschlachtdenkmal von Leipzig gilt (siehe andere Beiträge hier auf dem Blog).

Davon jedenfalls, daß die Freimaurerei in Deutschland vor 1918 "verfolgt" worden wäre, davon ist weit und breit nichts zu sehen und zu hören. Es drängt sich aber sehr deutlich der Eindruck auf, daß die heutige Hetze, daß der in den Mainstream-Medien versammelte Hohn gegenüber dem Haus Hohenzollern einer irgendwie sehr ähnlichen Gefühlslage zu entspringen scheint, aus der die eben zitierten Worte einstmals gespeist gewesen sind. Vermutlich war dieses Wort auch Wilhelm II. selbst bekannt, sowie seinen Brüdern, Neffen und Nichten, sowie seinem ältesten Sohn und dessen Söhnen, vielleicht Enkeln, vielleicht Urenkeln.

Denn nichts hat sich ja klarer und deutlicher "bewahrheitet" als diese Prophezeiung, diese Drohung. In der Züricher Zeitschrift "Schweizerbanner", die nach dem Freimaurer-Lexikon von 1932 die Freimaurerei "im Geiste Ludendorffs" bekämpfte (Freimaurer-Wiki), hieß es am 19. Januar 1929 dementsprechend (zit. n. Lüb. Kunterb.):
"Von den Kaisern von Deutschland war Wilhelm II. der erste, der nicht Freimaurer war.  Es fragt sich immer, ob die Karte Europas heute nicht ganz anders sein würde als sie ist, wenn der Kaiser Freimaurer gewesen wäre."

Und das fragen sich Menschen bis heute. In der "Grande Loge symbolique écossaise (GLSE)" (Wiki), die 1880 gegründet worden ist, wurden - wie schon angedeutet - politisch extrem links und anarchistisch eingestellte Menschen gesammelt, so etwa der französische Handelsminister von 1895/96 Gustave Mesureur (1847-1925) (Wiki), außerdem sind in solchen Logen natürlich immer auch sehr wichtig "namhafte" Okkultverblödete wie - in diesem Falle - der Schweizer Oswald Wirth (1860-1943) (Wiki).

Im weiteren Verlauf dieses Beitrages soll nun darauf hingewiesen werden, wie der deutsche Kronprinzen Wilhelm von Preußen (1882-1951) (Wiki) Zeit seines Lebens ein sehr freundschaftliches, verehrendes Verhältnis zu dem bedeutendsten Freimaurerkritiker der Weltgeschichte innegehalten hat, nämlich zu Erich Ludendorff. Ja, wie er dieses freundschaftliche, verehrende Verhältnis sogar noch gegenüber dessen Witwe bis mindestens zum Jahr 1941 beibehielt. Und es sollen in diesem Beitrag nach und nach mehr Hinweise darauf gesammelt werden auf eine etwaige freimaurerkritische Haltung innerhalb der Familie Hohenzollern bis heute und ebenso von Historikern, die sich mit solchen Themen beschäftigen. Da wäre etwa der Historiker Wolfram Pyta, der in seiner verdienstvollen Hindenburg-Biographie nicht nur herausgearbeitet hat, daß Hindenburg ein bloßer "Vordergrund-Militär" war ohne alle eigenen militärischen Verdienste, sondern der neuerdings auch die Rolle des Kronprinzen Wilhelm herausgearbeitet hat, in Zusammenarbeit mit monarchiefreundlichen Kräften ein Gegengewicht zu bilden gegenüber der Diktatur des Nationalsozialismus (2).

Abb. 3: Kronprinz Wilhelm von Preußen und Graf Schulenburg vor dem Kartentisch, 1917

Der Kronprinz hat in seinen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg (3) sehr viele Seiten seiner Sicht auf das Wirken Erich Ludendorffs zwischen den Jahren 1916 und 1918 als Leiter der deutschen Gesamtkriegsführung gewidmet. Diese konnte er - als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz im Westen - aus nächster Nähe mitverfolgen. Aus Anlaß des Todes von Erich Ludendorff schrieb er am 20. Dezember 1937 dementsprechend an die Witwe (siehe unten), daß ihn "viele unvergeßliche Erlebnisse"mit Erich Ludendorff verbinden würden. Aufgrund derselben hat der deutsche Kronprinz Zeit seines Lebens sich ein viel herzlicheres Verhältnis zu Erich Ludendorff bewahrt als alle übrigen Söhne des Kaisers. Auch Erich Ludendorff hat dem Kronprinzen in seinen Kriegserinnerungen ehrenvolle Worte gewidmet (4).

Aber erst nach dem Tod des Kronprinzen im Jahr 1951 machte die Witwe Erich Ludendorffs die Öffentlichkeit auf den Umstand aufmerksam, daß der Kaiser Wilhelm II. in seinem Exil in den Niederlanden und sein ältester Sohn, der Kronprinz, die freimaurerkitischen Schriften Erich Ludendorffs ab 1927 mit sehr großem Interesse und mit sehr großer Zustimmung gelesen haben (siehe unten). Von den Angehörigen welchen europäischen Herrscherhauses könnte derartiges sonst noch gesagt werden? Ist von diesen gegenwärtig nicht ganz anderes, völlig Gegenteiliges in der Presse zu lesen?

1972 ist sogar bekannt geworden, daß der deutsche Kronprinz nach seinem Geburtstagsbesuch bei Erich Ludendorff am 9. April 1935 in Tutzing mit Begeisterung über die Philosophie Mathilde Ludendorffs an seinen Vater in Doorn berichtet hat (siehe unten). Im vorliegenden Beitrag sollen deshalb nach und nach alle vorliegenden Hinweise auf das Verhältnis zwischen dem deutschen Kronprinzen und dem Ehepaar Ludendorff zusammengetragen werden, bzw. alle Hinweise auf hintergrundpolitikkritische Äußerungen aus dem Hause Hohenzollern überhaupt.

Der Thronfolger in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg

Wie in Monarchien üblich, war das Haus Hohenzollern in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg außergewöhnlich populär. Jeder kannte damals den deutschen Kronprinzen. Und zwar mindestens ebenso gut wie heute der Thronfolger von England bekannt ist und seine Söhne. Und so waren der deutsche Kronprinz und seine Sportbegeisterung im Jahr 1914 auch in aller Munde.

Abb. 4: "Unser Kronprinz", vor 1914

Zur allgemeinen Kennzeichnung sei einleitend zunächst einmal nur gesagt, daß der Deutsche Kronprinz bis 1914 in der deutschen Öffentlichkeit einfach als harmloser, sportbegeisterter Zeitgenosse galt. Als er Anfang 1914 zeitweise im Gebäude des Deutschen Generalstabs in der dortigen vormaligen Privatwohnung des Generals von Moltke des Älteren wohnte (also an der Stelle des heutigen Bundeskanzleramtes in Berlin), spießte der Karikaturist E. Wilke in der Satire-Zeitschrift "Jugend" diesen Umstand auf: Im Bildrahmen zu einem ehrwürdigen Gemälde Moltkes ließ er Karten eingesteckt sein zu: "Polo-Match", "Einladung zum Cabaret Oho", "Abonnement Circus Busch", "Metropol-Theater, Mittel-Loge", "Programm 6-Tage-Rennen", "Hockey-Match" und anderes mehr (5). Mit diesem heiteren, unbedarften Leben der Vorkriegszeit hatte es im August 1914 ein jähes Ende - und ein Neffe des Kronprinzen wußte schließlich 1965 auch die Ursachen dafür (siehe oben).

Der deutsche Kronprinz im Ersten Weltkrieg

Aber zu Beginn des Ersten Weltkrieges war alle Welt noch weitgehend ahnungslos was die internationale Hintergrundpolitik der Freimaurerei betraf. Der Kronprinz Wilhelm war dann wie schon gesagt über den ganzen Ersten Weltkrieg hinweg nomineller militärischer Oberbefehlshaber der Heeresgruppe "Deutscher Kronprinz" an der Westfront. Die eigentliche Generalstabsarbeit haben bei ihm Generalstabsoffiziere gemacht, nicht der Kronprinz selbst. Erich Ludendorff schrieb 1919 in seinen Kriegserinnerungen (4, S. 16):
Besonders gern denke ich an meine Beziehungen zum Hauptquartier des Deutschen Kronprinzen. Der Kronprinz zeigte viel Verständnis für den militärischen Beruf und stellte kluge, sachgemäße Fragen. Er liebte den Soldaten und bekümmerte sich um die Truppe. Er war nicht für den Krieg, sondern sprach für den Frieden. Dies blieb richtig, auch wenn andere das Gegenteil behaupten. Der Kronprinz hat stets bedauert, daß er für seinen Beruf als späterer Kaiser nicht genügend vorbereitet wurde, und hat sich alle mögliche Mühe gegeben, dies nachzuholen. Er meinte mir gegenüber, er habe es schlechter als ein Facharbeiter. Auch hat er eine Denkschrift darüber ausgearbeitet, die er seinem kaiserlichen Vater und dem Reichskanzler überreichte. Dem Kronprinzen haben seine Äußerlichkeiten geschadet, er war mehr, als er hiernach schien.
Was für Worte, so sei im Vorbeigehen festgehalten: "Dem Kronprinzen haben seine Äußerlichkeiten geschadet, er war mehr, als er hiernach schien." Genau diesen Eindruck erhält man tatsächlich, um so mehr man sich mit dem Leben des Kronprinzen beschäftigt (etwa anhand von: 2, 3). Weiter schrieb Ludendorff über ihn (4, S. 23):
Er widmete sich ernst und mit Eifer seinen Aufgaben und zeigte gleichzeitig gutes militärisches Verständnis und Blick für große Lagen.
Über den Angriff auf Verdun schrieb Ludendorff was noch am ehesten über den Kronprinzen bekannt ist (4, S. 191):
Der Deutsche Kronprinz hatte sich schon sehr frühzeitig für die Einstellung des Angriffs ausgesprochen.
Sowie (4, S. 208):
Der Kronprinz war über die Einstellung des Angriffs auf Verdun in hohem Maße befriedigt, es wäre ihm damit ein langgehegter Wunsch erfüllt worden. Er streifte dann andere Fragen und betonte auch mir gegenüber seinen Wunsch nach Frieden; wie dieser aber von der Entente zu erlangen sei, sagte er mir nicht.
Die Sichtweise, die der Kronprinz selbst auf Ludendorff in seinen Erinnerungen entwirft, ist an dieser Stelle noch nach und nach nachzutragen.

Abb. 5: Der Kronprinz - offenbar - mit seinen drei Söhnen, die die Uniform des Stahlhelms tragen, etwa 1926
Es sollte auch bald der älteste Sohn des Kronprinzen in diesem Verhältnis eine Rolle spielen, über die vielleicht noch zu wenig bekannt geworden ist.

Abb. 6: Der Kronprinz und sein ältester Sohn bei einer patriotischen Veranstaltung, etwa 1926


September 1925 auf Gut Markienen in Ostpreußen


Schon im Jahr 1913 als der älteste Sohn des Kronprinzen Wilhelm, ebenfalls mit Namen Wilhelm, neun Jahre alt war, brachte die Presse eine Fotografie, wie der Prinz zu Pferd (aber in Zivil) dem General Mackensen in der Paradeuniform der Husaren in Danzig-Langfuhr grüßt (Alamy). Der Untertitel zu diesem Foto lautete (Die Woche, 1913, S. 1486):
Prinz Wilhelm von Preußen, der älteste Sohn des Kronprinzenpaares, und General von Mackensen beim Regimentsexerzieren in Langfuhr.
Als der Kaiser das Langfuhrer Husarenregiment 1911 an seinen Sohn, den Kronprinzen übergab, wurden auch Filmaufnahmen von dem dortigen Regiment in seinen prachtvollen Husarenuniformen gemacht, die sich erhalten haben.

Zwölf Jahre und einen Weltkrieg später dann, am 9. September 1925, traf Prinz Wilhelm zusammen mit seinen Eltern den General Mackensen wieder auf dem Gut Markienen des Herrn von Berg in Ostpreußen, des vormaligen Oberpräsidenten von Ostpreußen und des nunmehrigen Hausministers des Hauses Hohenzollern. Von Berg war ein Jugendfreund des letzten Kaisers und hat ihn im Herbst 1918 in den politisch bristantesten Zeiten beraten. (Das wurde von Seiten des Bloginhabers an anderer Stelle ausführlicher behandelt.) Ein Jahr später erinnerte man sich an dieses Zusammentreffen, weil es jene Geschehnisse anbahnte, die am 1. Oktober 1926 zur Entlassung des Reichswehr-Chefs, des Generals von Seeckt führten. Seeckt hatte dem Kronprinzen-Sohn Wilhelm in der Folge die Teilnahme an einem Reichswehr-Manöver in Uniform erlaubt. Welch ein Frevel. Die ganze Weimarer Schickeria war empört. Das "böse" monarchische Unrechtssystem erhob wieder drohend und unheilvoll sein Haupt. Diese Empörung mußte ... (S. 214)
... Reichswehrchef von Seeckt erfahren, als er 1926 dem ältesten Sohn des Kronprinzen die Teilnahme an einem Manöver erlaubte. Mackensen kannte das militärische Faible jenes Prinzen Wilhelm noch vom Danziger Paradefeld, wo der halbwüchsige Reiter begeistert vor ihm salutiert hatte. Für Mackensen und seine Gattin hatte es im Vorjahr bei einer Ostpreußenreise auf dem Gut von Friedrich von Berg-Markienen, dem Generalbevollmächtigter des preußischen Königshauses und Vorsitzenden der Deutschen Adelsgesellschaft, ein "sehr herzliches" Wiedersehen mit dem Kronprinzenpaar und dessen Söhnen Wilhelm und Louis Ferdinand gegeben. Nach einem vierstündigen Zusammensein charakterisierte Mackensen die beiden Prinzen, von denen der Jüngere von 1951 bis 1994 der Chef der Hohenzollernfamilie wurde: "Sichere Ruhe und verständige Redeweise des Älteren. Der zweite mag elastischeren Geistes sein; er ist zweifellos ein sehr begabter Kopf und eigener Wille. Wilhelm ist ganz Preuße und Soldat im Denken und Auftreten, Louis Ferdinand international im besten Sinne des Wortes und vielleicht ein zukünftiger 'königlicher Kaufmann' im Bismarckschen Sinne." In diesem Fall verwarf Mackensen einmal ... ... [nur als Google-Bücher-Ausschnitt zitiert]
So war zu jenem Zeitpunkt noch die Zukunftserwartung an die ältesten Kaiserenkel.

Abb. 7: Der vormalige Kaiser Wilhelm II. (Mitte) mit seinem ältesten Sohn Kronprinz Wilhelm von Preußen (links) und seinem ältesten Enkel Wilhelm Prinz von Preußen (rechts), Doorn 1927

Der Kaiser tief erschüttert über das Buch "Vernichtung der Freimaurerei" (1931)

1957 berichtete die Witwe Erich Ludendorffs, Mathilde Ludendorff, in ihrer Zeitschrift "Der Quell" (6) (Hervorhebung nicht im Original):
Ende Juni erhielt ich eine Nachricht, die mir sehr lieb ist. Herr Walter Kahlewey, der in der Schlacht bei Tannenberg das Augenlicht verloren hat und später mit dem Feldherrn in Freimaurerangelegenheiten eng zusammengearbeitet hat, sandte einen Brief, den Frau L. Döring, Hann. Münden geschrieben hat. In ihm berichtet sie über die Wirkung, die das Werk des Feldherrn "Vernichtung der Freimaurerei" auf Kaiser Wilhelm in Doorn gemacht hat. Ich möchte diese Worte im Wortlaut unseren Lesern bekannt geben:
"Prinz Wilhelm, der älteste Sohn des Kronprinzen, sagte mir 1931 in Königsberg, daß dieses Werk des General Ludendorff den Kaiser in Doorn tief erschüttert habe. Mit diesem Werk habe sich Ludendorff wieder unsterblich gemacht."

Prinz Wilhelm fiel im Frankreich-Feldzug 1940.
Aus diesen Worten dürfte hervorgehen, daß nicht nur der letzte Kaiser und sein ältester Sohn, sondern auch der älteste Enkelsohn des letzten Kaisers, der Prinz Wilhelm, viel Anteil genommen haben an dem Kampf Erich Ludendorffs gegen die Freimaurerei. Und damit bekäme das Wort eines ungenannten Heerführers des Zweiten Weltkrieges (vielleicht General Guderian?) - „Wenn der 20 Jahre älter wäre, würde unser Land anders aussehen“ - erweiterte Bedeutung. Mathilde Ludendorff schrieb 1957 weiter (6):
Wenn ich bedenke, wie sehr des Kaisers Brief an den sterbenden Feldherrn ihm damals eine Freude war, so erfahre ich jetzt in tiefer Freude, daß das Werk "Vernichtung der Freimaurerei" dem Kaiser offenbar die Augen über die Urheber des Zusammenbruchs trotz aller Siege des Feldherrn geöffnet hat. Hiermit ist es auch geklärt, weshalb der Kronprinz bei seinem Besuche in unserem Hause anläßlich des 70. Geburtstages des Feldherrn so voll überzeugt war von der Gefahr der überstaatlichen Mächte und deshalb auch - nach dem Hohenzollern-Rechte hierzu befugt - seinen Söhnen verboten hatte, in die Loge einzutreten.
In den gleichen Zeitraum wird fallen, worüber Mathilde Ludendorff ein Jahr später in derselben Zeitschrift berichtete (7):
Prinz Wilhelm, der älteste Sohn des Kronprinzen, der in Frankreich im 2. Weltkrieg an der Front gefallen ist, antwortete im kleinen Kreise, als gesagt wurde, daß die ganze Öffentlichkeit General Ludendorff nun totschwiege, seit er den Kampf gegen die Freimaurerei aufgenommen habe: "Die Welt habe von Ludendorffs Buch 'Vernichtung der Freimaurerei' usw. mit Entsetzen Kenntnis genommen. Ludendorff habe das große Verdienst, daß er diese Veröffentlichungen mit seinem unsterblichen historischen Namen gemacht habe."

Gratulation zum 50-jährigen Dienstjubiläum Ludendorffs (April 1932)

In ihren Lebenserinnerungen berichtet Mathilde Ludendorff über den 15. April 1932 (Bd. VI, S. 252):
Es sollte in diesem Jahre der Tag würdig gefeiert werden, an dem der Feldherr vor 50 Jahren Soldat geworden war, der 15. 4. 1932. (...) Außer den Mitkämpfern kümmerte sich überhaupt niemand um dieses militärische Jubiläum des größten Soldaten des Weltkrieges. Nur der Kronprinz dachte an den Tag, telegraphierte und bedauerte es sehr, nicht kommen zu können.
Jüngst erst hat der schätzenswerte Historiker Wolfram Pyta darauf hingewiesen, daß es Ende 1932 ein informelles Bündnis gegeben hat zwischen dem vormaligen Reichskanzler Heinrich Brüning, dem damaligen Reichskanzler Kurt von Schleicher, Gregor Strasser und dem Deutschen Kronprinzen, um eine Machtübergabe an Adolf Hitler zu verhindern (2). Diese Vorgänge hat damals auch Erich Ludendorff sehr scharf beobachtet und kommentiert. Und es wäre womöglich noch einmal herauszuarbeiten, ob nicht zu berücksichtigen ist, daß einige der hier Genannten "Ludendorffs Volkswarte" gelesen haben könnten und daß ihr Handeln auch von dem dort Mitgeteilten und Bewerteten mitgeleitet gewesen ist. Gregor Strasser hatte bis 1925 in gutem Verhältnis zu Erich Ludendorff gestanden, der Kronprinz ja sowieso (siehe "'Osthilfe-Skandal' von 1932/33 - entscheidend für die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler?" - GA-j!, Teill 1, GA-j!, Teil 3).

Juni 1933 - Der Hoffnungsträger Prinz Wilhelm von Preußen

Der damalige, hier auf dem Blog schon ausführlicher behandelte Ludendorff-Verehrer Wilhelm Breucker hat in seinem Ludendorff-Buch (8) eine Frage Erich Ludendorffs über den ältesten Sohn des deutschen Kronprinzen im Juni 1933 erwähnt.

Abb. 8: Prinz Wilhelm von Preußen (Wiki Commons) 1926/27
Breucker berichtet nämlich unter anderem (8, S. 113):
Als sich der älteste Sohn des deutschen Kronprinzen, der später im 2. Weltkriege gefallene Prinz Wilhelm von Preußen mit Fräulein Dorothea v. Salviati in Bonn verlobte, frug Ludendorff bei mir, der ich damals in Bonn lebte, mißtrauisch an: "Ist die Familie Salviati katholisch oder protestantisch?" Ich antwortete: "Ihren Artikel 'Die Hohenzollern in den Händen Roms' müssen Sie in der Schublade behalten, die Familie Salviati ist einwandfrei portestantisch."
Das wird sich also im Juni 1933 zugetragen haben. Denn über den Prinzen Wilhelm von Preußen (1906-1940) (Wiki, Wiki Com., Kaiserl. Samml.) heißt es auf Wikipedia:
Am 3. Juni 1933 heiratete er Dorothea von Salviati (* 10. September 1907 in Bonn; † 7. Mai 1972 in Bad Godesberg), eine Ehe, die nach dem hohenzollerschen Hausgesetz als nicht ebenbürtig eingestuft wurde. Wilhelm verzichtete daher auf sein Erstgeborenenrecht und damit auf eine mögliche Thronfolge.
Der letzte Satz dürfte nicht ganz richtig sein, daß es alle Beteiligten letztlich offen ließen, wie sie die Anrechte auf den Thron bewerteten, zumal sie damals nicht aktuell waren. Der ehemalige Kaiser in Doorn als damals noch Maßgebender setzte ab diesem Zeitpunkt allerdings auf den Bruder des Prinzen Wilhelm, auf den Prinzen Louis Ferdinand als Thronfolger. Aber als wie berechtigt man das Interesse Erich Ludendorffs an dem Handeln und Schicksal des Prinzen Wilhelm auch heute noch wird ansehen müssen, geht aus dem weiteren Satz auf Wikipedia hervor (Wiki):
Für den monarchisch-konservativen Teil der Opposition gegen das NS-Regime galt Wilhelm als Hoffnungsträger.
Als solcher galt übrigens auch der Prinz Louis Ferdinand, nachdem sein Bruder 1940 gefallen war. Deshalb hielt der dubiose Geheimdienstmann Otto John während des Zweiten Weltkrieges die Verbindung zu Louis Ferdinand aufrecht. Sicherlich wäre es wertvoll, einmal noch mehr Daten zur Person und zum Leben dieses früh gefallenen antinationalsozialistischen "Hoffnungsträgers" der Hohenzollern zusammenzustellen.

Der deutsche Kronprinz - begeistert von der Philosophie Mathilde Ludendorffs (April 1935)

Es kommt aber alles noch viel, viel dicker. Erich Ludendorff schreibt in seinen Lebenserinnerungen über die große öffentliche Feier seines 70. Geburtstages in Tutzing am 9. April 1935 (die auf unserem Parallelblog schon ausführlicher behandelt wurde):
Am Nachmittage konnte ich noch den Deutschen Kronprinzen in meinem Hause begrüßen, der der einzige Hohenzollernprinz war, der mir stets mit der gleichen Achtung und Ehrerbietung entgegengetreten ist. Er weilte viele Stunden bei mir. Wir tauschten Rückerinnerungen aus dem Kriege aus. Ich begrüßte es, daß seine Ansichten über den Generalfeldmarschall von Hindenburg sich mit meinen völlig deckten.
Diese Ansichten sind ja zwischenzeitlich durch die Hindenburg-Biographie des schätzenswerten Historikers Wolfram Pyta vollkommen bestätigt worden. Mathilde Ludendorff berichtete anläßlich des Todes des deutschen Kronprinzen im Jahr 1951 über diesen (9) (Hervorhebung nicht im Original):
Am 9.4.1935, dem Tage des 70. Geburtstages meines Mannes, lernte ich Kronprinz Wilhelm von Preußen persönlich kennen. Wie zuvor verabredet, kam er am Nachmittag um 15 Uhr, also nach allen offiziellen Empfängen und Feiern der Wehrmacht. Er blieb bei uns zum Tee. In seiner offensichtlichen Freude über das Zusammensein mit dem von ihm so verehrten Generalquartiermeister des Weltkrieges blieb er bis abends 19 Uhr unser Gast im kleinen Kreise. -

Die Unterhaltung war herzlich und sehr angeregt. Dabei kam es zu meines Mannes Freude sehr bald durch die Worte des Kronprinzen zu Tage, daß er die aufklärenden Schriften seines Kriegsvorgesetzten „Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse“ und „Kriegshetze und Völkermorden“ mit großem Interesse gelesen hatte und von deren Wahrheit überzeugt war. Er betonte, wie viele Ereignisse ihm nun erst voll in ihren Ursachen geklärt seien und wie er nun die Rolle, die Hindenburg dem Kaiser gegenüber 1918/19 offenbar zur Genugtuung der Freimaurerei gespielt hatte, nur zu klar sei. Er sagte auch, wie begründet doch die Warnung seines Großvaters seinem Vater gegenüber vor der Freimaurerei gewesen sei und lange verweilte die Unterhaltung bei den historischen Ereignissen jener Jahre. -
Daß aber bei diesem Anlaß auch über ihre Philosophie gesprochen wurde - wie wir gleich sehen werden - scheint Mathilde Ludendorff 1951 gar nicht mehr in Erinnerung gehabt zu haben, zumindest nicht in einer solchen Sicherheit, daß sie darüber berichten wollte. Oder es war ihr nicht gründlich genug darüber geredet worden, um diesen Umstand zu erwähnen. Ihr Schwiegersohn Franz von Bebenburg berichtet über Erich Ludendorff (10, S. 90):
Er war eine achtungsgebietende, eindrucksvolle Erscheinung. Er war meistens sehr ernst, was allerdings kein Wunder in den damaligen Zeiten war. In seinem privaten Umgang besaß er außerordentliche Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit. Und er hatte sehr viel Humor, was aber nur wenige Menschen an ihm kennengelernt haben. An seinem 70. Geburtstag waren einige Freunde und Bekannte eingeladen, wobei auch der Kronprinz zu Besuch kam. Als der Abend zu Ende ging, begleitet Mathilde Ludendorff den Kronprinz zur Tür, worauf dieser zu ihr sagte: "Mein Gott, wenn mein Vater Ihren Mann so kennengelernt hätte, so heiter und vergnügt ... Es wäre alles anders gekommen." Das hat mich enorm beeindruckt.
Sigurd von Ilsemann, der bis 1941 in der Nähe des Kaisers in Holland lebte, schrieb nun am 27. April 1935 in sein Tagebuch (zit. n. 11):
Der Kronprinz hat seinem Vater jetzt nach seinem Besuch bei Ludendorff begeistert von diesem Ehepaar und ihrer vernünftigen Religion geschrieben, die allerdings nur für wenige sehr Gebildete geeignet sei.
Diese Angabe deckt und ergänzt also die Erinnerungen von Mathilde Ludendorff selbst. Diese Angabe wurde erst 1972 veröffentlicht, sechs Jahre nach ihrem Tod. Sie hätte sich sicher sehr über sie gefreut, wenn ihr auch zu entnehmen ist, daß sich der Kronprinz mit dieser "vernünftigen Religion" noch nicht sehr gründlich beschäftigt haben kann. Denn jede elitäre Attitüde, die nur "Gebildete" ansprechen würde, war ja Erich und Mathilde Ludendorff gar nicht gemäß, ebenso wenig dem völkischen Gedanken, für den sie standen. Auch paßt es nicht zu der Tatsache, daß damals viele Anhänger dieser Philosophie "einfache" Bauern, Arbeiter, Handwerke (z.B. Schmiede) oder Menschen anderer, ganz "praktischer" Berufe waren.

Aus den Aufzeichnungen von Ilsemanns geht ansonsten hervor, wie sehr der Kaiser seit 1918 innerlich mit Ludendorff haderte und wie leicht auch gegensätzlichste Ansichten bei ihm von einem Tag zum anderen wechseln konnten. Wie aber schon erwähnt, schrieb er Erich Ludendorff im Dezember 1937 noch einen Brief an dessen Sterbelager, worüber sich Erich Ludendorff sehr gefreut hat. Daß der Kaiser und Ludendorff "gegensätzliche Naturen" waren, war beiden bewußt und haben auch beide so empfunden.

Der Deutsche Kronprinz kondoliert (20. Dezember 1937)

Mathilde Ludendorff berichtete anläßlich des Todes des deutschen Kronprinzen im Jahr 1951 (9) (Hervorhebung nicht im Original):
Als mein Mann 2 Jahre später auf dem Sterbelager lag, gewann ich Einblick in die tiefe Anhänglichkeit und Verehrung, die der Kronprinz für ihn empfand.
Als Ludendorff am 20. Dezember 1937 starb, schrieb er an Mathilde Ludendorff (s. Abb. 9):
20.12.1937, Unter den Linden
Euer Exzellenz,
Tief bewegt durch die traurige Nachricht, daß Ihr Gemahl nun doch seinem schweren Leiden erlegen ist, bitte ich Sie, meine wärmste Anteilnahme entgegenzunehmen.
In Dankbarkeit der Leistungen und unvergänglichen Verdienste des Generals Ludendorff in Krieg und Frieden gedenkend, werde ich den großen Soldaten und aufrechten Deutschen Manne, mit dem mich viele unvergeßliche Erlebnisse verbinden, stets ein treues Erinnern über das Grab hinaus bewahren.
Ich bitte, meinen Kranz an der Bahre niederzulegen.
Wilhelm.
An die hochverehrte
Frau Dr. M. Ludendorff
Tutzing bei München
Sollte man nicht meinen, daß schon allein um eines solchen Briefes willen heute die Hohenzollern-Hatz so hohe Wellen schlagen muß? Darf ein Herrscherhaus, das ein so warmherziges Verhältnis sich bewahrt hat zu einem so schlimmen Menschen wie Erich Ludendorff, darf ein solches Herrscherhaus noch irgendwelches Ansehen in Deutschland genießen? Muß es nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden (a la "#prinzdumm")? Von hier aus meint man doch, vieles rundum verstehen zu können.*).

Abb. 9: Kondolenzschreiben des Kronprinzen, Dezember 1937
Mathilde Ludendorff berichtete 1951 weiter über diese Anhänglichkeit (9):
Und diese fand ihren Ausdruck auch nach dem Tode meines Mannes in Briefen, die der Kronprinz mir alljährlich bei der Wiederkehr des Todestages schrieb.
Man fragt sich bei dieser Gelegenheit auch, wie das eben angeführte originale Kondolenzschreiben in den Auktionshandel hatte kommen können, da es doch aus dem Nachlasß von Mathilde Ludendorff stammt, und da diese ihren Nachlaß doch testamentarisch vollständig dem Ludendorff-Archiv in Tutzing überließ.*) Auch schließt sich die Frage an, wo sich dann derzeit die anderen hier erwähnten Briefe des Kronprinzen befinden und wo sich die Antwort-Briefe erst Erich Ludendorffs, dann Mathilde Ludendorffs an den Kronprinzen befinden.

Prinz Wilhelm fällt in Frankreich (26. Mai 1940)

Der schon erwähnte älteste Sohn des deutschen Kronprinzen, der als Hoffnungsträger unter dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber stehenden Deutschen galt, ist im Mai 1940 im Frankreichfeldzug als Soldat gefallen. Nachdem keiner der Söhne des Kaisers während des Ersten Weltkrieges gefallen war (da die Kaiserin keinen lebensgefährdenden Einsatz derselben wünschte) mußte dieser Gefallenentod zusätzliche Anteilnahme in Deutschland wecken (Hervorheb. n. i. Orig.):
Der Trauergottesdienst fand am 29. Mai 1940 in der Friedenskirche im Park von Potsdam-Sanssouci statt. Von dort aus bildeten 50.000 Menschen ein kilometerlanges, stummes Spalier zum Antikentempel, dem Begräbnisort. Die größte unorganisierte Massenkundgebung seiner Regierungszeit veranlasste Hitler zur Verkündung des sogenannten Prinzenerlasses, der den Angehörigen ehemaliger deutscher Herrscherhäuser zunächst den Fronteinsatz und ab 1943 den Dienst in der Wehrmacht untersagte.
Welche Auswirkungen das beispielsweise auf die drei in der Wehrmacht an der Front verdienstvoll dienenden Söhne der Prinzessin Victoria Luise hatte, schildert sie sehr anschaulich in ihren Erinnerungen (1). Obwohl sie alle drei als hervorragend tapfere Offiziere in Kampf standen, wurden sie - ohne daß ihnen Gründe genannt wurden - mitten im größten Krieg Deutschlands um seine Existenz vom Kriegsdienst frei gestellt. Ein Affront sondergleichen, der deutlich macht, wie sehr Adolf Hitler selbst die Hohenzollern fürchtete, und der auch deutlich macht, wofür die Hohenzollern damals standen - und wofür Adolf Hitler damals stand.

Abb. 10: Achtseitiges Heft zur Trauerfeier für Prinz Wilhelm von Preußen, 1940
(Herkunft: Ebay-Angebot)
Das Haus Hohenzollern stellte einen Machtfaktor innerhalb des Dritten Reiches dar. Es war gefürchtet. Erst von dieser Seite her bekommen viele zustimmende Adressen des Kronprinzen Wilhelm an Adolf Hitler ihre angemessene Beleuchtung. Alles andere schon wäre als Kritik und Gefahr empfunden worden. Die heutigen Historiker haben für solche Dinge kein Gespür mehr. Sie glauben ja, im freiesten Land der Geschichte zu leben und keinerlei Meinungsdiktatur zu unterliegen. Gerade sie glauben das. Selbst Hans Huckebein, der Rabe, hat darüber ganz andere Meinungen. Aber Hysterikern ist nicht zu helfen.

Abb. 11: Achtseitiges Heft zur Trauerfeier für Prinz Wilhelm von Preußen, 1940
(Herkunft: Ebay-Angebot)

Eine Zugfahrt mit dem Kronprinzen (Winter 1941/42)

Mathilde Ludendorff berichtete anläßlich des Todes des deutschen Kronprinzen im Jahr 1951 auch (9) (Hervorhebung nicht im Original):
Als ich im Winter 1941/42 in Berlin zwei Vorträge gehalten hatte und mit meiner Tochter, Frau Karg von Bebenburg, in der Bahn zurück nach München fuhr, sah ich den Kronprinzen noch einmal wieder, der mir durch unseren Briefwechsel anläßlich des Todes seines Sohnes an der Front in Frankreich noch persönlich durch seine gemütstiefe Vaterliebe näher getreten war. Er bot mir und meiner Tochter Plätze in seinem für ihn allein reservierten Wagenabteil an und so fuhren wir bis München zusammen.

Wenn er auch oft an der Türe des Abteils, wie er scherzhaft sagte, Hof halten mußte, da immer wieder führende Männer der Politik und Wehrmacht ihn zu sehen und wenn möglich kurz zu sprechen wünschten und seine klugen und mit feinem Humor gewürzten und ungeheuer kühnen Kritiken am dritten Reich und seiner Art Kriegführung uns gar sehr erfreute und die Fahrt kürzten, so blieben doch auch manche Stunden anregendster und inhaltreicher Unterhaltung. Wieder offenbarte er eine echte, ehrliche Begeisterung für seinen Kriegsvorgesetzten und da er sie ihm selbst nicht mehr zeigen konnte, betreute er nun dessen Frau und Tochter geradezu väterlich, ruhte nicht, bis wir uns sein mitgebrachtes Essen servieren ließen, während er selbst sich mit dem Essen im Speisewagen begnügte. Immer wieder kam er in der Unterhaltung auf den Feldherrn zurück. Unfaßlich nannte er dessen Leistung und Unermüdlichkeit im Kriege, in dem er in gleichmäßiger Frische mit einer einzigen Unterbrechung von drei Tagen Urlaub durchgehalten und in den furchtbarsten Lagen die Ruhe bewahrt und die Lage trotz allen Ernstes immer erneut gemeistert habe. Über alle die lästernden Märchen von dem ‚Nervenzusammenbruch’ sprach er sich als ‚jämmerliche Versuche von Lügnern’ drastisch aus. Das Rätselhafteste aber an den unfaßlichen Leistungen sei die souveräne Ruhe gewesen, in der dieser Mann wenige Monate nach dem Zusammenbruch in wenigen Monaten sein umfassendes wundervolles Werk „Meine Kriegserinnerungen“ geschrieben habe! So etwas habe die Weltgeschichte noch nicht gesehen, meinte er, und dies Werk selbst sei der beste Gegenbeweis gegen alles Geschwätze von einer seelischen Veränderung oder einem Abstieg der Geisteskräfte im letzten Kriegsjahre und bei Ausbruch der Revolution. - Aber wenn er das auch alles ja wohl wisse, so sei er dann doch wieder wie vor einem Wunder gestanden, als er den General am siebzigsten Geburtstag so heiter, so jugendfrisch vor sich sah. ----

Prinz Louis Ferdinand will Freimaurer werden, sein Vater verbietet es (1947)

Außerdem berichtete Mathilde Ludendorff Jahr 1951 (9) (Hervorhebung nicht im Original):
Im Sommer 1947 erfuhr ich in Bremen von einem Bekannten des Sohnes des Kronzprinzen, Louis Ferdinands, daß dieser sehr bestürmt worden war, in die Loge einzutreten, daß aber der Kronprinz Wilhelm in Ausübung seiner Vorstandschaft in der Familie Hohenzollern sein Veto eingelegt habe, als er erfuhr, daß Louis Ferdinand den Überredungen, in die Loge einzutreten, Gehör zu schenken begann. Aus dieser Nachricht, deren endgültigen Entscheid ich ja nicht kenne, entnahm ich nur das eine, daß der Kronprinz 1947 seine Einstellung der Freimaurerloge gegenüber noch innehielt, die ich 1935 mit angehört hatte.
Louis Ferdinand von Preußen (1907-1994) war von 1951 bis zu seinem Tod das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern. Er war - sozusagen - der Erzieher des heutigen Repräsentanten des Hauses Hohenzollern, des angeblichen #prinzdumm. Wie es um das Verhältnis von Louis Ferdinand zur Freimaurerei bestellt war, scheint uns ungeklärt. Prinz Louis Ferdinand war vor 1939 eng befreundet mit Henry Ford in den USA, ein Umstand, der aus Sicht der Hetzpresse auch nicht gerade für ihn sprechen wird.

Da die beiden ältesten Söhne von Louis Ferdinand bürgerliche Ehefrauen heirateten, designierte er seinen dritten Sohn zu seinem Nachfolger. Nachdem dieser aber schon 1977 bei einem Bundeswehr-Unfall starb, wurde dessen 1976 geborener Sohn Georg Friedrich Prinz von Preußen ab 1994 Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, der seit 2019 viel geschmähte "#prinzdumm". Schon von all diesen Schmähungen meint man ablesen zu können, daß dieser Freimaurer nicht geworden sein kann. Sonst müßte er dem Schutz der Loge unterliegen und würde für Dinge stehen, die man über das britische Königshaus immer wieder einmal "so" erfährt.

Im Jahr 2011 gratulierten anläßlich der Hochzeit  "Seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit Georg Friedrich Prinz von Preußen und Ihrer Durchlaucht Sophie Prinzessin von Isenburg" auch ein "Tim Fabian Kloss, Abgeordneter Meister der St. Johannisloge 'Zum Pilgrim'""im Namen aller Brüder Freimaurer der St. Johannisloge 'Zum Pilgrim' zu Berlin" (12). Das darf und muß man als eine symbolische Handlung verstehen, die womöglich das erstrebte Ziel nicht erreichte.

Übrigens wird auch Philip Kiril Prinz von Preußen (geb. 1968) mitunter in den Medien erwähnt. Er ist der älteste Sohn des ältesten Sohnes von Louis Ferdinand, der aber für die Thronfolge nicht infrage kam, da er eine Bürgerliche geheiratet hatte. Dieser Philip Kiril von Preußen ist inzwischen evangelischer Pfarrer geworden, vertritt aber in Interviews immer noch sein Anrecht auf die Thronfolge. Heute Pfarrer auf den Dörfern des Landes Brandenburg. Wahrlich ein trauriger Posten, Pfarrer zu sein heute auf den Dörfern des Landes Brandenburg ....

Ein verschollene Kaiser-Biographie (1969)

Einer der engeren Mitarbeiter Erich Ludendorffs, der Schriftsteller Karl von Unruh (1884-1969), plante noch in den 1960er Jahren eine Biographie über Kaiser Wilhelm II. zu schreiben (13):
Als letzter Page Kaiser Wilhelms II. und späterer Offizier ragte er selbst wie ein Stück preußisch-deutscher Geschichte in unsere Zeit hinein. Er versuchte stets, dem letzten deutschen Kaiser gerecht zu werden und nicht einzustimmen in jene nur allzu bekannte einseitige Geschichtsbetrachtung Wilhelms II. Er wollte eine Ehrenrettung in Form einer Kaiserbiographie schreiben, die durchaus nicht etwa vorhandene Schwächen des Kaisers übersah, die aber jene Mächte stärker ins Auge zu fassen trachtete, die General Ludendorff die Überstaatlichen genannt hatte.
Als ich ihn einmal fragte, wann wir denn mit der Veröffentlichung seines Buches über den letzten deutschen Kaiser rechnen könnten, da gab er zögernd, ja fast ein wenig verlegen zur Antwort, er habe zwei Brüder (Friedrich Franz und Fritz von Unruh), die sich als Dichter einen Namen gemacht hätten, der auch ihn verpflichte. Er könne doch unmöglich etwas "auf den Markt bringen", das stilistisch oder inhaltlich schlechter sei als jene Werke, die seine Brüder geschrieben hätten.
Vielleicht - man möchte es hoffen - finden sich bei der Durchsicht des Nachlasses Aufzeichnungen zur Biographie des letzten Kaisers.
Es ist vorderhand nicht bekannt, ob es noch einen Nachlaß von Karl von Unruh gibt und ob darin dieses Manuskript erhalten ist. Dem Wortlaut nach scheint es doch weitgehend inhaltlich fertig gewesen zu sein. Einstweilen freuen wir uns an den Lebenserinnerungen der Prinzessin Viktoria Luise und den darin enthaltenen Worten:
"Die Geheimgruppen von Personen, welche hinter der Weltpolitik ihre Fäden zogen, waren so mächtig, daß familiäre Einflüsse gegen diese nicht aufkommen konnten, trotz aller Versuche."

Der Einfluß solcher Personengruppen scheint heute ungebrochener den je zu sein.

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*) Diese Briefe können doch eigentlich nur durch Menschen in den Auktionshandel gekommen sein, die nach dem Tod von Mathilde Ludendorff in ihrem Haus gelebt haben oder Zugang zu demselben hatten. Dieser Personenkreis ist eigentlich sehr eingeschränkt. (In der gleichen Auktion, in der der angeführte Kondolenzbrief des deutschen Kronprinzen zum Verkauf stand, wurden übrigens auch die Briefe an Erwin Würth (erneut) versteigert, die hier auf dem Blog schon behandelt worden sind.)
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  1. Viktoria Luise, Tochter des Kaisers - Mein Leben. Langen Müller 1984 (Lizenzausgabe für Komet-Verlag Köln)
  2. Pyta, Wolfram: Kurt von Schleicher, Gregor Strasser und Kronprinz Wilhelm gegen Hitler, 05.03.2018,  Katholische Akademie in Bayern AUDIO-Kanal, https://youtu.be/EOn0PFomPtA.
  3. Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm. Hrsg. von Karl Rosner, Cotta, Stuttgart, Berlin 1922 (Auszug: Tagesspiegel 2015) (Archive
  4. Ludendorff, Erich: Meine Kriegserinnerungen. Verlag Mittler und Sohn, Berlin 1919
  5. Wilke, E.: "Das Moltkezimmer des Generalstabs-Gebäudes nach dem Einzug des Kronprinzen" Karrikatur in: "Jugend",  4.2.1914
  6. Ludendorff, Mathilde: Eine beachtliche Äußerung. In: Der Quell, Folge 19, 9.10.1957, S. 911
  7. Ludendorff, Mathilde: Verspätete Erkenntnis der Wahrheit. In: Der Quell, Folge 23.5.1958, S. 477
  8. Breucker, Wilhelm: Die Tragik Ludendorffs. Eine kritische Studie auf Grund persönlicher Erinnerungen an den General und seine Zeit. Helmut Rauschenbusch Verlag, Stollhamm (Oldb) o.J. [1953] (Google Bücher)
  9. Totengedenken. Auf der Burg Hohenzollern starb im Alter von 69 Jahren Wilhelm, Kronprinz von Preußen. In: Der Quell, Folge 15, 9. 8. 1951, S. 682
  10. Gespräch mit Franz Freiherr Karg von Bebenburg. In: Wolfschlag, Claus M.: Augenzeugen der Opposition. Gespräche mit Hitlers rechten Gegnern. Verlag Zeitenwende, Dresden 2002, S. 88-94
  11. Biese, Franz: General Ludendorff in Sigurd v. Ilsemanns Aufzeichnungen "Der Kaiser in Holland". In: Mensch und Maß, 12. Jg., Folge 23, 9.12.1972, S. 1057 - 1078
  12. siehe "Sonderausgabe zur Königlichen Hochzeit in Potsdam am 27. August 2011" der Zeitschrift "Weißes Blatt - Magazin für Tradition und Geschichte" (pdf), eingestellt auf der Internetseite "Neue Deutsche Monarchie"
  13. Köhncke, Fritz: Karl von Unruh zum Gedächtnis. In: Mensch & Maß, 9. Jg., Folge 20, 23. 10. 1969, S. 940 - 943
  14. Fernsehserie "Der deutsche Adel" - Das Erbe des Kaisers, 2013, https://youtu.be/rtkB4kEs0Rg.
  15. Interview mit dem Deutschen Kronprinz 1932, https://youtu.be/KPCJiNWyUfQ.
  16. von der Heyde, Annette: Kaiserkinder, ZDF 2015, https://youtu.be/CiPUlvrxxMI.

Unser 2. Kennenlern-Treffen im Berliner Raum - Rückblick

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00:00 - Eindrücke vom letzten Wochenende
01:20 - Neue Teilnehmer-Zusammensetzung - Diesmal auch mit zwei kinderreichen Familien
03:30 - Künftig auch eine weibliche Tagungs-Leitung. Verbesserungen künftig: a) kultureller Teil muß immer noch mehr Beachtung finden, 
04:30 - b) es soll sich künftig auch an den Wochenenden - wenn möglich - eine Gemeinschaft bilden (u.a. Teilnahme aller an Gemeinschaftsverpflegung wäre gut dafür)
06:30 - Thema: "Des Menschen Seele" - 1. Die Seele als Wille, 2. Die Seele als Bewußtsein
07:30 - Gewünschte künftige Themen: 
- weitere Teile aus der Psychologie Mathilde Ludendorffs
- die Psychologie beseelter Sexualität Mathilde Ludendorffs
- Themen aus dem großen Themenfeld Evolution und Philosophie
- Aspekte des persönlichen Lebens Mathilde Ludendorffs
- Aspekte der Geschichte der Ludendorff-Bewegung
- Kindererziehung
- Kontaktbörse
11:05 - Gerhard Roth's Vortrag "Wie das Gehirn die Seele macht"
14:20 - Frage, die immer wieder aufkommt: Gibt es ein Fortleben nach dem Tod?
16:00 - Erb-Erinnern a) an die Unsterblichkeit der Einzeller oder b) an das religiöse Erleben unserer Vorfahren
18:40 - Wir wollen künftig auch mehrstimmig singen.
19:10 - Volksseele wird in der Gemeinschaft erlebt, auch wir können uns als Gemeinschaft erleben auf solchen Treffen.
20:00 - Vorgesehene nächste gemeinsame Termine zum Vormerken: 13.10., 17.11., sowie 24.11..
22:30 - Video-Produzenten können sich gerne noch einbringen.

Charles Lindbergh - Auf der Suche nach einer Philosophie, die das Überleben der westlichen Kultur ermöglicht

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Lindbergh's Bekenntnisschrift "Of Flight and Life" aus dem Jahr 1948

"Während ich die Ruinenfelder der deutschen Städte 
des Jahres 1945 überflog, wurde mir bewußt, 
daß der moderne Mensch, wenn diese Zivilisation 
fortdauern soll, die materielle Macht 
seiner Wissenschaft den spirituellen Wahrheiten 
seines Gottglaubens unterwerfen muß." (1948)

Mit der Person, mit dem Leben, Denken und Handeln des ersten Überquerers des Atlantiks in der Luft Charles Lindbergh (1902-1974) (Wiki) haben wir uns nun schon zehn Jahre lang immer einmal wieder beschäftigt, also seit Beginn unserer Blog-Arbeit (1-8). Für einen historisch denkenden Menschen, für einen Menschen, den wagemutige Taten begeistern, kann es immer Gründe geben, sich mit Charles Lindbergh zu beschäftigen. Aus solchen Interessen heraus hatten wir auch irgendwann die damals neueste "autorisierte" Lindbergh-Biographie von A. Scott Berg in die Hand bekommen (9). Aber auch diese Biographie hatte für sich selbst genommen noch nicht jene Jahre lange Beschäftigung mit Charles Lindbergh von unserer Seite aus auslösen können. Nur ein einziger Umstand war es, der für uns aus dieser Biographie hervorgegangen war. Es war der Umstand, der im Titel unseres ersten Blogartikels zu ihm benannt worden war: "Charles Lindbergh ist souverän gestorben" (1). 


Abb. 1: Charles Lindbergh
Nachträglich colorierte Aufnahme
Charles Lindbergh ist wie ein König gestorben. Er ist außerordentlich gelassen - aber zugleich mit innerer Stärke gestorben. Und das ganze Geschehen rund um sein Sterben, sein Handeln diesbezüglich, seine geäußerten Gedanken dabei ließen uns mit einem Schlag tiefer in Charles Lindbergh's Inneres schauen. Mit einem Schlag ließen sie ihn uns als einen sehr, sehr weisen, lebensstarken und lebensstolzen Menschen erkennen. Wer so sterben kann wie Charles Lindbergh, so wurde uns insbesondere beim Lesen jener Seiten bewußt, der muß auch in seinem übrigen Leben ein sehr beachtenswerter, außerordentlicher Mensch gewesen sein. Und zwar als Mensch selbst. Gar nicht einmal in erster Linie als Vollbringer irgendwelcher äußerlich angesehener Taten.

Indem wir danach fragten, ob es noch mehr Hinweise darauf gibt, daß Charles Lindbergh als Mensch etwas Besonderes war, fiel uns als erstes auf, daß er unmoralische Angebote von Seiten der Sensationspresse seiner Zeit schon als junger Mann - gleich nach dem Atlantik-Flug - ausschlagen konnte so wie es nur seltene, sehr souveräne Menschen werden tun können (2). Lindbergh war schon als junger Mensch - sozusagen - erhaben über die gelebten moralischen Werte und Normen seiner Mitwelt. Er stand ihnen innerlich frei und unberührt gegenüber. Geld für sich genommen konnte ihn nicht locken.

Jetzt im Nachhinein, wenn man Filmaufnahmen gerade auch des jungen Charles Lindbergh sieht (14, 16), dann fällt einem das ins Auge: in ihm lebte ein starker Stolz, eine innere Ruhe, ein In-sich-Ruhen dabei, aber ein unausgesprochenes Bewußtsein gegenüber allen Menschen, ein Bewußtsein, das schon in seinen Augen, in seinem Blick zu lesen ist, und das in etwa sagt: "Seid ihr so wie ihr seid - ich bin anders." Es ist das ein herrisches Bewußtsein, ein Bewußtsein, das einen über andere Menschen erhebt, ohne daß man dabei seine äußere Jovialität und Umgänglichkeit verlieren muß, ohne daß man dabei - notwendigerweise - Verachtung gegenüber den Menschen empfinden muß oder gar verbittert sein muß ihnen gegenüber. Und dennoch: ein herrische Stolz. Er wird das meiste im Leben und in den Lebensentscheidungen von Charles Lindbergh erklären können.*)

Auch mag das in nachträglich colorierten Aufnahmen deutlicher hervortreten als in den üblichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen.





Und indem wir im Jahr 2007 weiter fragten nach dem bestimmenden Kern, der Lindbergh leitete im Leben und im Sterben, fiel uns als nächstes ins Auge, daß Charles Lindbergh in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten mit drei deutschen Frauen drei Familien in Deutschland gegründet hatte, aus denen insgesamt sieben Kinder hervorgingen (3). Diese Tatsache war der Öffentlichkeit erst wenige Jahre zuvor bekannt geworden (10). Und bis heute ringt die Öffentlichkeit und ringen Menschen, die mit diesen Lebensinhalten Lindbergh's konfrontiert werden, mit der angemessenen moralischen Einordnung dieses Geschehens. Wir glaubten schon mit unserem ersten Blogartikel (1) den wertvollen seelischen Gehalt des Lebens von Charles Lindbergh begriffen zu haben und aus diesem Begreifen heraus fiel es nicht schwer, große Achtung und großen Respekt zu gewinnen gegenüber der Gründung dieser drei Familien durch Charles Lindbergh (3). Und wir arbeiteten ja deutlich genug heraus, welche zutiefst wertvollen seelischen Inhalte mit diesen drei "Ehen" verbunden gewesen sind (3). (Leider fällt es Filmdokumentationen und Zeitungsartikeln oft noch schwer, zu diesem Geschehen ein angemessenes Verhältnis zu entwickeln [16].)

Dann beschäftigten wir uns natürlich auch mit der politischen Seite des Lebens von Lindbergh (4, 6). Zu diesem sind inzwischen weitere Reden und Ansprachen Lindbergh's bekannt geworden (18, 19). Diese Seite einzuordnen fiel uns am wenigsten schwer. Denn wir selbst sind diesbezüglich sowieso immer schon ähnliche Querdenker gewesen wie Charles Lindbergh. Wir sind nicht der Meinung, daß die Politik der USA und ihrer Regierung unschuldig sind am Ausbruch und Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Und wir stehen deshalb völlig auf der Seite von Charles Lindbergh, wenn er diese Politik als damals prominentester, inneramerikanischer Kritiker scharf geißelte und angriff. Aber es war uns das eigentlich nur ein weiteres Zeugnis für seine innere Stärke, sich völlig unabhängig von seiner Mitwelt sein Urteil zu bilden und aus diesen Urteilen heraus auch seine Lebensentscheidungen zu treffen, und sei es auch, wenn er sich dabei gegen die gesamte gesellschaftliche "Klasse" stellte, in der er und seine Frau damals beheimatet waren.

Auch in den Tagebüchern seiner ersten Ehefrau und Flugbegleiterin Anne Morrow Lindbergh suchten wir nach Hinweisen, die uns die Lebenshaltung von Charles Lindbergh begreiflicher machen sollten (5). Seit er als junger Mensch Flieger geworden war, seit er Postflieger war, war er durch seinen Beruf ständig mit dem Tod konfrontiert. Immer wieder kamen in jenen Jahren Flieger durch Flugunfälle ums Leben. Wer so fortlaufend mit dem Tod konfrontiert ist, kann an diesem Umstand ernster werden, er kann daran menschlich reifen. Dieser Umstand scheint uns bei Charles Lindbergh vorzuliegen. Dann haben wir 2011 endlich die Lebenserinnerungen von Charles Lindbergh ausgewertet (7). Und wir haben ein schon 2007 erschienenes Buch von David M. Friedman über die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Charles Lindbergh und dem weltbekannten Chirurgen und Alternsforscher, dem Nobelreisträger Alexis Carrel (11) ausgewertet (7), eine Zusammenarbeit, in der ebenfalls die Auseinandersetzung mit dem Tod im Mittelpunkt stand.

1948 - Charles Lindbergh's Bekenntnisschrift: Die Suche nach einer neuen Philosophie

Vor zwei Jahren nun stießen wir bei der Arbeit an einem noch nicht veröffentlichten Buchprojekt (8) darauf, daß schon 1955 eine Veröffentlichung von Charles Lindbergh sehr offene Aufnahmebereitschaft fand bei einem naturwissenschaftlich interessierten Mitarbeiter der deutschen Ludendorff-Bewegung, die ja auch sonst eine Philosophie vertritt, die in Fragen und Antworten sehr viele Überschneidungen aufweist mit den Lebensinteressen und der Lebensphilosophie von Charles Lindbergh. In der damaligen Zeitschrift der Ludendorff-Bewegung mit dem Titel "Der Quell - Zeitschrift für Geistesfreiheit" erschien (in den Folgen vom 23. Juni und 9. Juli 1955) ein zweiteiliger Aufsatz1des in populärwissenschaftlicher Literatur sehr belesenen und diese korrekt wiedergebenden Wilhelm Knake (1900-1979)2. Es handelte sich um den ersten Aufsatz, den dieser überhaupt veröffentlichte. Und in diesem wies er darauf hin, daß mehrere naturwissenschaftliche Entdeckungen des 20. Jahrhunderts von der Philosophie Mathilde Ludendorffs intuitiv vorweggenommen worden waren. Er bringt schöne Zitate von Bertrand Russel, Werner Heisenberg und Pascual Jordan über die Verantwortung der Wissenschaft, ihre Forschungsergebnisse in einer Weise zu deuten, daß dadurch das materialistische Zeitalter eher überwunden als vertieft wird. Im zweiten Teil seinen Aufsatzes setzt Wilhelm Knake dann fort:
Wie sehr dieses Problem der Gegenwart ernst denkende Menschen bewegt, können uns die Worte eines Mannes mit weltbekanntem Namen bezeugen, die aus seiner Erschütterung nach dem Besuch der Ruinenfelder deutscher Städte am Ende des zweiten Weltkrieges niedergeschrieben sind. Der erste Atlantiküberquerer mit dem Flugzeug Charles Lindbergh, faßt seine Eindrücke und Erkenntnisse in folgende schwerwiegende Worte zusammen:
„… Ich erkenne jetzt, wenn Gott auch nicht so wirklich erfaßt werden kann, wie ich als Kind mir das wünschte, daß seine Allgegenwärtigkeit doch bei jedem Blick in jeder Handlung, bei jedem Ereignis verspürt werden kann. Ich verstehe nun, daß die geistige Wahrheit für eine Nation wesentlicher ist als die Standfestigkeit ihrer Stadtmauern. Wenn die Handlungen eines Volkes nicht mehr von dieser Wahrheit geleitet werden, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, daß ihre Mauern brechen, wie es in Berlin, München und Nürnberg geschah.
Unsere Rettung, unsere einzige Rettung beruht darin, die Waffen der westlichen Wissenschaft durch den Geist einer westlichen Philosophie, geleitet von den göttlichen Wahrheiten zu kontrollieren. Sie beruht in der Ausgeglichenheit der Seele, Geist und Körper unserer Menschen. Ohne diese Kontrolle und ohne diese Ausgeglichenheit können auch unsere militärischen Siege keinen dauerhaften Frieden, unsere Gesetze keine wirkliche Gerechtigkeit, unsere Wissenschaft keinen wahren Fortschritt erzielen.“
Diese wenigen hier zitierten Worte faszinierten auch uns wieder einmal so sehr, daß wir der Frage nachgegangen sind, wo sie eigentlich herstammen (denn der Autor Wilhelm Knake nannte seine Quelle für dieses Zitat nicht). Und es stellte sich heraus, daß es sich um zwei Absätze von verschiedenen Seiten des 1948 auf Englisch erschienen Büchleins „Of Flight and Life“ von Charles Lindbergh handelte. Es handelte sich um ein Büchlein, das erst vier Jahre später - 1952 - auf Deutsch erschienen ist3. Es handelte sich quasi um eine sehr bedeutende Bekenntnisschrift von Charles Lindbergh. Sie ist im gleichen Jahr erschienen wie der Roman „1984“ von George Orwell. Daß der Lebensweg, das Denken und Handeln von Charles Lindbergh aufgrund seiner Naturwissenschafts-Nähe in vielen Punkten sich berührt mit der Philosophie von Mathilde Ludendorff, darauf ist in unseren Blogbeiträgen seit 2007 in verschiedenen Aufsätzen hingewiesen worden. Und dieser Umstand kann nun noch durch den Hinweis auf die genannte Schrift von Charles Lindbergh aus dem Jahr 1948 ergänzt werden.

Im Jahr 1948 hatten viele Menschen in den USA, Großbritannien und in Frankreich nicht nur begonnen zu erkennen, sondern auch öffentlich darüber zu sprechen, daß der Sieg über „Nazideutschland“ eigentlich gar kein Sieg gewesen war. Und Charles Lindbergh, der 1941 der prominenteste und auch verhaßteste Gegner des Eintritts der USA in diesen europäischen Krieg gewesen war, war nun - neben George F. Kennan und anderen - einer der ersten, der dieser Erkenntnis mit der genannten Schrift Ausdruck verliehen hat. Er fragte darin (eig. Übersetzung)5:
Haben wir in einem tieferen Sinne gewonnen? (…) Die meisten der Angelegenheiten, für die wir kämpften, sind nicht gelöst. Unsere zugrunde liegenden Ziele sind nicht erreicht worden. Unser Sieg hat der Welt keinen Frieden gebracht. Er hat weder demokratische Ideale verwirklicht noch die Sicherheit der Nationen. (…) Stalin hält nun in Besitz das meiste von dem, um das wir kämpften, damit es Hitler nicht erhalten würde.
Man sieht gleich, daß solche Worte nicht von einem höher Eingeweihten der Freimaurerei geschrieben worden sein können oder von einem höheren Beamten der CIA, die beide mit dem Zweiten Weltkrieg genau das erreicht hatten, was sie erreichen wollten, und die nun die Welt auf "Kalten Krieg""umstellen" wollten. Und dafür waren ihnen Leute wie Kennan oder Lindbergh "nützlich". Aber um solcher mehr politischer Einsichten willen ist diese Bekenntnis-Schrift von Lindbergh gar nicht einmal geschrieben worden. Sondern es geht ihm inzwischen schon um viel grundlegendere Dinge. Deshalb hätte Knake aus dieser Schrift auch noch viel umfangreicher zitieren können als er es mit dem vergleichsweise kurzen Zitat machte. Und das soll quasi im folgenden nachgeholt werden.

Der wissenschaftliche Materialismus muß durch Philosophie gebändigt werden

Worüber Lindbergh in seiner Schrift gar nicht spricht, was nur auf dem Umschlag der englischsprachigen Ausgabe erwähnt wird, ist seine langjährige wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem französischen Nobelpreisträger, dem Zellphysiologen Alexis Carell bei der Erforschung der Frage, ob die Organe eines Menschen - und damit längerfristig auch der Mensch selbst - durch die Wissenschaft biologisch „unsterblich“ gemacht werden kann. Lindbergh interessierte sich für diese Forschungen, weil er schon seit seiner Kindheit über ähnliche Fragen nachdachte, über Fragen also, die spannender Weise auch die Ausgangsfrage der Philosophie Mathilde Ludendorffs war (in Auseinandersetzung mit den Lehren von August Weismann über die "Unsterblichkeit des Einzellers").

Und als Erfinder einer Perfusionspumpe, die aus dem lebenden Körper entnommene Organe funktionsfährig erhalten konnte, wußte Lindbergh durchaus allein um die sehr schwierigen rein "technischen", bzw. "medizinischen" Probleme eines solchen Unsterblich-Machens. Aber für ihn wie für seinen hochgeschätzten Freund Alexis Carrel handelte es sich um Grundlagenforschung, nicht um angewandte Forschung. (Das wird gleich aus seinen Worten deutlich werden.) Es ging auch ihm um die Frage, warum der Mensch von der Evolution eigentlich nicht als ein biologisch unsterbliches Wesen erschaffen worden ist. Warum müssen wir sterben? Warum ist es so schwierig, mehrzelliges Leben körperlich unsterblich zu machen? Das Rätsel des Todes hatte Lindbergh schon als Junge im Angesicht des Kadavers einer toten Kuh ergriffen, auf den er weit drin im abgelegenen, einsamen Wald bei seinen Streifzügen stieß. Lindbergh's Freund Carrel war schon 1944 gestorben und Lindbergh hat zwar auch mit den wissenschaftlichen Nachfolgern von Carrel Kontakt gehalten, die auch Lindbergh's Erfindung weiter nutzten und weiter entwickelten, nämlich die genannte Perfusionspumpe. Aber Lindbergh war inzwischen - offenbar - bewußt geworden, daß auch diese Art der Forschung seine Fragen nach dem Rätsel des Todes und damit nach dem Sinn des Lebens nicht beantworten konnte, jedenfalls nicht sehr bald beantworten konnte. Vermutlich hatte ihn an der Zusammenarbeit mit Carrel doch noch mehr der faszinierende Wissenschaftler Carrel - oder Wissenschaft überhaupt - interessiert als nun genau das spezielle Thema, mit dem er selbst dabei befaßt gewesen war, und das er ja nun auch gar nicht weiter fortführte mit wissenschaftlicher Arbeit wie er es sicher gekonnt hätte. Und genau in diesem Zusammenhang ist seine Schrift von 1948 zu sehen. Und genau auch zu den Gründen für diese Lebensentscheidung Lindbergh's - nicht mehr weiter in der Forschung arbeiten zu wollen - gibt sie auch schon den einen oder anderen Anhaltspunkt. - Da der englische Originaltext von Lindbergh von einer Eindeutigkeit und Präzision in der Aussage bestimmt ist und zugleich ein Fluidum atmet, die allesamt bei jeder Übersetzung verloren zu gehen scheinen, wird im folgenden größtenteils auch zunächst der Originaltext zitiert. Es sei all denen, denen es leicht fällt, empfohlen, sich auf den englischen Originaltext zu konzentrieren. Lindbergh schreibt schon im Vorwort (ebd., S. vi)6:
In attacking scientific materialism, I fully realize that science has become the victim of its technologists, as religion has become the victim of its fanatics.
Also:
Wenn ich den wissenschaftlichen Materialsimus angreife, dann erkenne ich in vollstem Umfang, daß die Wissenschaft ebenso ein Opfer der Technologen geworden ist wie die Religion (schon lange) ein Opfer ihrer Fanatiker ist.
Und:
Just as the spiritual truths of Christ and Laotzu were perverted by the temporal exploration of Christian and Taoist creeds, the intellectual truths of great scientists are being perverted by the material exploitation of industry and war.
Übersetzt:
So wie die spirituellen Wahrheiten von Jesus Christus und Laotse pervertiert wurden durch die zeitgebundene Ausbeutung in Form des christlichen oder taoistischen Glaubens, so werden heute die intellektuellen Wahrheiten der großen Wissenschaftler pervertiert durch ihre materielle Ausbeutung in der Industrie und im Krieg.
Lindbergh:
Hiroshima was as far from the intention of the pure scientist as the Inquisition was from the Sermon on the Mount.
Übersetzt:
Hiroshima lag ebenso weit außerhalb der Absichten der reinen Wissenschaftler wie die Inquisition außerhalb der Absichten der Bergpredigt lag.
An diesen Aussagen wird erkennbar, daß Lindbergh auch bezüglich seiner wissenschaftlichen Arbeit mit Carrel den Mißbrauch der Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeit mitbedacht hat. Im übrigen mag Vergleich natürlich für jene hinken, die die Bibel etwas genauer lesen als das Lindbergh getan haben mag. Aber es soll damit nur wiedergegeben werden, von welchen Grundgedanken und von welchem Grundtenor diese Schrift von Charles Lindbergh erfüllt ist. Lindbergh hatte unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mehrmals Deutschland besucht und unter anderem auch mit Hermann Göring und führenden Luftwaffen-Generälen das Gespräch gesucht. Das Ehepaar Lindbergh hatte damals sogar überlegt, ganz nach Deutschland zu ziehen, zumindest für einige Jahre. Und Anne Morrow Lindbergh veröffentlichte damals auch eine Schrift, die in den USA als dem Dritten Reich gegenüber zu verständnisvoll empfunden wurde. Nun, 1948, schrieb Charles Lindbergh über das persönliche Erlebnis der deutschen zerbombten Städte unmittelbar bei Ende des Zweiten Weltkrieges (ebd., S. 21):
In Germany, I learned that if this civilization is to continue, modern man must direct the material power of his science by the spiritual truths of his God.
Also:
In Deutschland wurde mir bewußt, daß der moderne Mensch, wenn diese Zivilisation fortdauern soll, die materielle Macht seiner Wissenschaft den spirituellen Wahrheiten seines Gottglaubens unterwerfen muß.
Der Schrift merkt man an, daß Lindbergh nicht besonders viel von den innerdeutschen religiösen Auseinandersetzungen während des Dritten Reiches mitbekommen hat, von der Suche nach einer neuen Religion. Und deshalb wird er auch nie etwas gehört haben von der Philosophie der schon mehrmals genannten Mathilde Ludendorff, die womöglich gerade für jemanden wie ihn zu jenen philosophischen Anliegen, die im folgenden deutlich werden, und die ihm damals auf den Fingern brannten, bedenkenswerte Antworten gegeben hätte.

Jahrhunderte formten den europäischen Menschen


Lindbergh schreibt vielmehr aus einem weitgehend US-amerikanischen Erfahrungshintergrund heraus:
The quality of a civilization depends on a balance of body, mind, and spirit, measured on a scale less human than divine.
Übersetzt:
Der Wert einer Zivilisation hängt ab von einem Gleichgewicht zwischen Körperlichkeit, Denken und Spiritualität, gemessen mit einem weniger menschlichen als vielmehr heilig-göttlichen Maßstab.
Wir werden gleich sehen, daß mit der schlichten Verwendung allein eines solchen Wortes wie „body“ bei Lindbergh sehr viele Implikationen verbunden sind, daß diese Verwendung gesehen werden muß vor dem Hintergrund seiner langjährigen intensiven Zusammenarbeit mit Alexis Carrel in der Erforschung von Körpergewebe und Organen. Es wird sehr bald deutlich, daß man diese Worte Lindbergh's sehr genau lesen muß, um zu erkennen, welches Gewicht ihnen zukommt. Zumal wenn man eine deutsche Übersetzung derselben liest, liest man allzu leicht und schnell über sie hinweg. Lindbergh weiter (ebd., S. 40f):
Our western civilization represents a balance achieved by our forebears through thousands of years of struggle. We are the children of marriages influenced by the culture of Greece, guided by the sermons of Christ, inspired by the death of martyrs, instructed by western knowledge, protected by western arms. (…) We have in our very tissues qualities it has taken millions of lifetimes and scores of generations to achieve.
Übersetzt:
Unsere westliche Zivilisation repräsentiert ein Gleichgewicht, daß unsere Vorfahren erlangten in tausendjährigen Kämpfen. Wir sind die Kinder von Heiraten, die beeinflußt wurden durch die Kultur Griechenlands, die geleitet wurden durch die Lehren von Christus, die inspiriert wurden durch den Tod der Märtyrer, die belehrt wurden durch westliches Wissen, die beschützt wurden von westlichen Waffen. (…) In unserem eigenen Körpergewebe tragen wir Eigenschaften, die zu gewinnen Millionen von Leben und zahllose Generationen nötig waren.
Mit „tissue“, also Körpergewebe, hatte sich Lindbergh in der Zusammenarbeit mit Carrel intensiv beschäftigt. Um so interessanter, daß er diesen Begriff hier in erheblich erweiterter Bedeutung benutzte. Wobei in Erinnerung behalten werden sollte, daß diese Worte niedergeschrieben wurden lange vor der Entdeckung der molekularen Struktur unserer Erbsubstanz und der sich darauf aufbauenden Erkenntnisse:
We are surrounded by a culture it has taken centuries to create. (…) From the spirit of Christ, from the mind of science, from the bodily inheritance of farmers and pioneers, from such elements, western man has achieved a balance unequalled by any civilization in the past.
Lindbergh will es seinen Lesern wirklich eindringlich klar machen, was übersetzt heißt:
Wir sind umgeben von einer Kultur, für die es Jahrhunderte brauchte, um geschaffen zu werden. (…) Aus dem Geist von Christus, aus dem Denken der Wissenschaft, aus dem körperlichem Erbe von Bauern und Pionieren, aus solchen Elementen hat der westliche Mensch ein Gleichgewicht erreicht, das unerreicht ist von jeder anderen Zivilisation der Vergangenheit.
Charles Lindbergh macht nicht viele Worte. Seine Schrift umfaßt in der englischsprachigen Ausgabe nur 56 großbedruckte Seiten. Dennoch bringt er in Worten wie den eben zitierten den ganzen Stolz seiner Gegenwart, den ganzen Stolz unserer Kultur vor der Weltgeschichte zum Ausdruck. Es wird deutlich, wie viel Gewicht in jedem einzelnen seiner Worte liegt. Um so mehr muß man deshalb auch jeden einzelnen Satz auf sich wirken lassen. Er argumentiert vor dem Hintergrund nicht nur einer mindestens dreitausendjährigen europäischen Kulturgeschichte, sondern - mehr noch - vor dem Hintergrund des Wissens um jene Jahrtausende langen genetischen Selektionvorgänge, die erst jenen Menschenschlag hervorbrachten, der dann wiederum unsere Kultur hervor bringen konnte, einen Menschenschlag, auf den Lindbergh - offensichtlich - stolz ist.

Wie muß eine Philosophie beschaffen sein, um dem wissenschaftlichen Materialismus in die Schranken zu weisen?


Und schon nach diesem nur sehr kurzen Rückblick in die Vergangenheit blickt er in die Zukunft:
To survive, we must keep this balance. To progress, wie must improve it. Science is upsetting it with an overemphasis of mind and a neglect of spirit and body.
Also:
Um nun zu überleben, müssen wir uns in diesem Gleichgewicht halten. Um voranzuschreiten, müssen wir dieses Gleichgewicht weiter entwickeln. Die Wissenschaft zerstört dieses Gleichgewicht durch eine Überbetonung des Denkens und eine Verneinung der Spiritualität und der Körperlichkeit.
Er schreibt:
We are becoming the slaves of science, slaves of its war-machines, its mines, its factories, its offices and balance-sheets, its bureaucracy and regulations. Living in rented apartments, jamming roads and subways, punching time-clocks, sitting paunchily (dt.: dickwanstig) at desks, cramming the minds of his children with technical knowledge (…) modern man sacrifices health of body and freedom to the scientific idol of his time. Onto its altar go the smell of earth, the feel of weather, sound of wind and cricket (Wildtiere), vision of fields and rivers, warmth of friendship, understanding of children, even the contemplation of God; all these are given over to a metallic, intellectual existence. (…) Scientific man has enthroned knowledge as his idol, and turned his back on God. He has begun a ceremonial dance to which there is no end.
Übersetzt:
Wir werden zu Sklaven der Wissenschaft, zu Sklaven ihrer Kriegsmaschinen, ihrer Bomben, ihrer Fabriken, ihrer Büros und Buchhaltungs-Tabellen, ihrer Bürokratie und ihrer Regulierungen. Wir leben in gemieteten Wohnungen, pfropfen Straßen und Untergrundbahnen voll, drücken auf Stoppuhren, sitzen dickwanstig an Schreibtischen, verstopfen die Köpfe unserer Kinder mit technischen Details. (...) Der Mensch der Moderne opfert die Gesundheit seines Körpers und die Freiheit dem wissenschaftlichen Popanz seiner Zeit. Auf dem Altar liegen der Geruch der Erde, das Fühlen des Wetters, das Geraune des Windes und der Wildtiere, der Anblick der Felder und Flüsse, die Wärme der Freundschaft, das Verständnis der Kinder, sogar das Erleben Gottes; all das opfern wir einer metallischen, intellektuellen Existenz. (...) Der wissenschaftliche Mensch hat als sein Idol das Wissen gesetzt, er hat dem Göttlichen den Rücken gekehrt. Er hat einen kultischen Tanz begonnen, bei dem kein Ende vorgesehen ist.
Er sagt dann, daß die Wissenschaft durch eine größere moralische Kraft kontrolliert werden muß („... unless science is controlled by a greater moral force”):
We must control it by a philosophy reaching beyond materialism, a philosophy rooted in the character of man and nourished by the eternal truths of God. A philosophy, like human life itself, cannot be imprisoned in a formula of words. It too must be living, growing, changing.
Übesetzt:
Wir müssen die Wissenschaft durch eine Philosophie kontrollieren, die den Materialismus überwindet, eine Philosophie, die die Natur des Menschen berücksichtigt und die genährt wird durch die ewigen Wahrheiten über das Göttliche. Ebenso wie das menschliche Leben darf auch eine Philosophie nicht in die Kerkermauern der Worte gefangen gesetzt werden. Sie muß ebenso leben, sie muß mitwachsen, sich muß sich ändern.
Lindbergh weiter:
It must combine the logic of the mind with the wisdom of the heart and merge both with the spirit's intuition. It must be strong enough to make science the servant of man, not his master. (…) It must hold the respect and warrant the cooperation of every people. Upon its truths, we must build a faith that can withstand the materialism of these times.
Also:
Eine solche Philosophie sollte die Logik des Verstandes und die Weisheit des Herzens miteinander verbinden und sie sollte beide verschmelzen mit dem intuitiven Erleben des menschlichen Geistes. Sie sollte stark genug sein, die Wissenschaft zur Dienerin des Menschen zu machen, nicht zum Tyrannen des Menschen. (…) Sie sollte sich Respekt verschaffen können und jedes Volkes Zusammenhalt gewährleisten. Auf ihren Wahrheiten sollten wir einen Glauben errichten, der dem Materialismus unserer Zeit Widerstand leistet.
Lindbergh weiter:
How can such a philosophy be created, be transformed into action? (…) The answer lies in that quality with which man only, of all earthly life, is gifted. In each man ist a spark (Funke) able to kindle new fires of human progress, new light for the human spirit. This ember (Glut) may lie dormant through centuries of darkness or it may be fanned to flames by the winds of a crisis, sweeping over the earth, bringing others to life with its light and warmth. When enough of these fires are burning, they create a new dawn of spiritual understanding; the flame of a great people is formed. (…) It is from man, the individual, not from governments or churches that these sparks must come. They precede the flame of civilization, the light of religion, and they must be forever rekindled. (…)
We must search our own souls. If we truely believe in values above material things, all that is material must, sooner or later, adapt itself to them – our customs, our marriages, our laws, our taxes, our methods of thinking an living, our relationships with others, even the outcome of our wars.
Also:
Wie kann eine solche Philosophie erschaffen werden, wie umgesetzt werden ins Handeln? (…) Die Antwort liegt in jener Eigenschaft, die unter allen Lebewesen der Erde allein dem Menschen verliehen ist. In jedem Menschen glimmt ein Funke, der ein neues Feuer des menschlichen Fortschritts entzünden kann, ein neues Licht des menschlichen Geistes. Diese Glut mag ruhen durch Jahrhunderte der Dunkelheit oder sie mag zu Flammen entzündet werden durch den Wind einer Krise, mag sich über die Erde ausbreiten, mag andere mit ihrem Licht und ihrer Wärme lebendiger machen. Wenn genügende dieser Feuer brennen, werden sie die Morgenröte eines neuen religiösen Verstehens mit sich bringen; die Flamme eines großen Volkes ist dann empor gewachsen. (…) Diese Funken sollten vom individuellen Menschen selbst ausgehen, nicht von Regierungen, nicht von Kirchen. Diese Funken gehen der Flamme der Zivilisation voran, dem Licht der Religion und es ist notwendig, sie immer wieder neu zu entzünden. (…)
Es ist notwendig, unsere eigenen Seelen zu finden. Wenn wir wirklich an Werte glauben, die über materielle Dinge hinausgehen, dann sollte alles, was materiell ist, früher oder später sich selbst an diese Werte anpassen - unsere Gewohnheiten, unsere Ehen, unsere Gesetze, unsere Steuern, unsere Methoden des Denkens und Lebens, unsere Beziehungen mit anderen, sogar der Ausgang unserer Kriege.
Was für edle und anspruchsvolle Ziele hier formuliert werden. Lindbergh wußte darum. Er wußte, daß er seinen Mitmenschen hier ein Ziel zeigte, zu dessen Erreichung - oft - weite Wege notwendig wären. Und womöglich auch deshalb kommt er dann zunächst auf sich selbst zu sprechen, auf seine eigenen Irrtümer und auf seinen eigenen Weg der „Umkehr“7:
Ich bin als ein Schüler der Wissenschaft aufgewachsen. Ich kenne ihre Faszination. Ich fühlte die gottgleiche Macht, die dem Menschen durch die Wissenschaft verliehen ist, die Kraft von tausend Pferden unter den Fingerspitzen, die Eroberung des Raumes durch merkurische Geschwindigkeiten, die unsterbliche Perspektive der höheren Sphären/Luftschichten. (…) In meiner Jugend war mir die Wissenschaft wichtiger als der Mensch, wichtiger als Gott. (…) Die allgegenwärtigen Wahrheiten Gottes waren durch Dogma und Tradition verschleiert. Die Wissenschaft allein war greifbar und klar. (…) Wie die meisten jungen Menschen betete ich die Wissenschaft an. Ich war beeindruckt von ihrem Wissen. Ihre Fortschritte gingen über die wildesten Träume des Menschen hinaus. (…) Im Erlernen derselben schien der Schlüssel zu liegen für alle Mysterien des Lebens.
Um das "Mysterium des Lebens" also war es ihm womöglich gerade auch in der Zusammenarbeit mit Alexis Carrel gegangen. Mit ihm zusammen hatte er die Wissenschaft angebetet. Ob Lindbergh die weiteren Gedanken auch schon mit Carrel erörtert hatte? Er schreibt weiter:
Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu erkennen, daß die Wissenschaft mit all ihrem Glanz nur eine mittlere Zone der Schöpfung erhellt, die mit ihrem Anfang und ihrem Ende an die Ewigkeit grenzt. (...) 
Ich habe gesehen, daß die Wissenschaft, die ich anbetete und die Luftfahrt, die ich liebte, die Kultur zerstörte, der sie, wie ich erwartet hatte, dienen sollte. (…) Wie kann jemand für das Idol der Wissenschaft arbeiten, wenn sie das Opfern von Städten voller Kinder fordert, wenn sie aus Menschen Roboter macht und wenn sie ihre Augen blind macht für das Göttliche?
Womöglich hatte er Sorge, daß auch die Ergebnisse seiner Zusammenarbeit mit Alexis Carrel den Menschen zu Robotern machen könnte. Er schreibt:
When we worship God and live by His spiritual values, the knowledge and infinite complexity of science are channeled by a wisdom beyond human capability. Then, instead of making us the slaves of its industries, science sharpens the higher senses by removing the drudgery (Plackerei) from life. Then, instead of smothering (ersticken) religion with its masses of data and logic, it intensifies religious truth by cleansing it of ignorance and superstition. (…) Then the tempo of life adjusts itself to the tempo of the spirit, and to the development of intellect is added the boundless freedom of the soul.
Übersetzt:
Wenn wir Gott verehren und im Sinne Seiner spirituellen Werte leben, dann wird das Wissen und die unendliche Komplexität der Wissenschaft geleitet durch eine Weisheit jenseits des menschlichen Vermögens. Dann wird die Wissenschaft anstatt uns zu Sklaven der Industrie zu machen, die höheren Seelenfähigkeiten schärfen, in dem sie vom Leben die Mühsahl nimmt. Dann wird sie - anstatt die Religion mit den Unmengen ihrer Daten und ihrer Logik zu ersticken - die religiösen Wahrheiten intensivieren, indem sie sie von Unwissenheit und Aberglauben reinigt. (…) Dann wird sich das Tempo des Lebens an die Geschwindigkeit des seelischen Lebens anpassen. Und die Entwicklung des Wissens wird ergänzt durch die endlose Freiheit der Seele.
Es steht ja außer Frage, daß sich Lindbergh auch über solche Themen - beispielsweise - mit seinen drei deutschen Frauen unterhalten hat. Schließlich war eine der dreien ja die Übersetzerin seiner Schriften ins Deutsche. Auch das wird man also berücksichtigen dürfen, wenn man diese drei Ehen betrachtet. Lindbergh schreibt:
Der Mensch, der im Irdischen endgültige Ziele anstrebt, (…) erkennt, daß diese sich wie der irdische Horizont ständig weiter zurückziehen, ohne daß er jemals erreicht wird. (…)
Das ist womöglich auch leicht und direkt auf seine gemeinsamen Forschungen mit Carrel zu beziehen. Er schreibt weiter:
So entdecken wir, daß die Ziele von gestern nichts anderes sind als die Ausgangspunkte von heute. Unserer Väter „Krieg zur Beendigung aller Kriege“ brachte unserer Generation einen neuen Krieg. Wir wiederum haben Hitler-Deutschland besiegt nur, um erkennen zu müssen, daß ein Krieg mit Sowjetrußland unseren Horizont verdüstert.
Im selben Jahr hat George Orwell ganz genauso gedacht als er "1984" schrieb. Lindbergh sagt weiter, wir müssen nach dem Weg der Seele ebenso suchen, wie wir nach den Entdeckungen der Wissenschaft gesucht haben. Und ergänzt:
We must consider the problems that face us until the desire for their solution takes on the strength of a prayer.
Also:
Wir müssen über die Probleme, mit denen wir es zu tun haben, so lange nachdenken, bis der Wunsch nach ihrer Lösung die Kraft eines Gebetes annimmt.
Auch hier sei ergänzt: Wer solche Dinge schreibt, geht Ehen anders ein als ein seelenloser Materialist. Lindbergh sagt8:
Es ist notwendig, aus den Predigten von Jesus zu lernen, aus der Weisheit des Laotse, aus den Lehren Buddhas. In diesen, in der Bibel der Hebräer, in der Philosophie Griechenlands, in den indischen Veden und in den Schriften der Heiligen und Mystiker besitzen wir einen Schatz der großen religiösen Wahrheiten, die der Mensch durch die Jahrtausende in Augenblicken höchster Erleuchtung gefunden hat.
Unsere Aufgabe ist es, diese Wahrheiten zu verstehen, sie von den Dogmen zu trennen, die sie umgeben, und sie auf unser modernes Leben anzuwenden. Es ist notwendig, Kraft zu ziehen aus den vergessenen Tugenden der Einfachheit, der Bescheidenheit, der Kontemplation und des Gebets.
Sieht man sich das Buch „Triumph des Unsterblichkeitwillens“ von Mathilde Ludendorff an, so beginnt auch dieses Buch mit einer Kritik der rein materialistischen Deutung der Ursachen der Evolution durch den wissenschaftlichen Materialismus des Charles Darwin. Man hat das Gefühl, daß Lindbergh nicht nur aufgrund dieses Umstandes in dieser Philosophie sehr viel von dem gefunden hätte, was er in dieser Schrift von 1948 suchte. Beide - Mathilde Ludendorff und Charles Lindbergh - suchten auf ähnlichen Wegen und mit ähnlichen Ergebnissen, um die Gefahren im Zeitalter des wissenschaftlichen Materialismus zu bannen. Und so ist die Begeisterung des Autors Wilhelm Knake schon über die wenigen von ihm angeführten Worte Charles Lindbergh's nachvollziehbar. Bei vollständiger Kenntnis der Schrift, aus der er zitierte und des Lebens dessen, der sie herausbrachte, ist sie noch viel deutlicher nachvollziehbar. An späterer Stelle kommt Knake auf diese Schrift zurück:
Klar liegt der einzige Rettungsweg, von dem auch der Flieger Charles Lindbergh gesprochen hat, vor den Augen all derer, die das Schöpfungswunder aus den philosophischen Werken Mathilde Ludendorffs in sich aufgenommen haben.

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1Knake, Wilhelm: Die Verantwortung der heutigen Wissenschaft. In: Der Quell, Folge 12, 23.6.1955, S. 554-560
2Bading, Ingo: Wilhelm Knake - Ein Autodidakt als naturwissenschaftlicher Autor. Ein Autor naturwissenschaftlicher Aufsätze der Jahre 1955 bis 1961 in der Zeitschrift "Quell". Auf: Studiengruppe Naturalismus, 18. September 2015, http://studiengruppe.blogspot.de/2015/09/wilhelm-knake-ein-autodidakt-als.html
3Lindbergh, Charles A.: Vom Fliegen und vom Leben. Holle-Verlag, Darmstadt 1952 (80 S.) (OA: Of Flight and Life, 1948)
4.....
5Lindbergh, Charles A.: Of Flight and Life. Charles Scribner's Sons, New York 1948, S. 25
7Original: “I grew up as a disciple of science. I know its fascination. I have felt the godlike power man derives from his machines – the strength of a thousand horses at one's fingertips; the conquest of distance through mercurial speed; the immortal viewpoint of the higher air. (…) To me in youth, science was more important than either man or God.”

8Original: „We must learn from the sermons of Christ, the wisdom of Laotzu, the teaching of Buddha. In these, in the Bible of the Hebrews, in the philosophy of Greece, in the Indian Vedas, in the writings of saints and mystics, we have a record of the great religious and moral truths discovered by man throughout the ages at his moments of highest inspiration. Our mission ist to understand this truths, to separate them from the dogma which surrounds them, and to apply them to our way of modern life. We must draw strength from the forgotten virtues of simplicity, humility, contemplation, prayer.”


Unternahm Charles Lindbergh "symbolische Flüge" im Auftrag des CIA?


Soweit unsere bisherigen Veröffentlichungen und Abhandlungen über Charles Lindbergh. Soweit eine jüngste Internetrecherche erkennen läßt, sind vorerst keine weiteren grundlegenden Neuerkenntnisse über das Leben von Charles Lindbergh bekannt geworden oder zu erwarten, zumindest nicht so grundlegende wie jene, die schon in den eingangs genannten früheren Blogartikeln referiert worden sind. In einer Filmdokumentation des Jahres 2006 kann man auch Filmaufnahmen von Charles Lindbergh aus seinen Altersjahren sehen (21)(im Teil 3). 2010 wurde eine Auswertung der Briefe von Charles Lindbergh an Brigitte Hesshaimer veröffentlicht (12). Insbesondere sind aber in den letzten Jahren mehrere Film- und Radio-Dokumentationen zugänglich geworden (13-17, 21), in denen nicht nur die neueren Biographen von Charles Lindbergh persönlich zu Wort kommen und zu sehen sind (Schröck, Friedman), sondern - kurzzeitig - auch einige seiner deutschen Kinder (21). Und in ihnen kann man insbesondere den jungen Charles Lindberg auch im bewegten Bild sehen, wobei - wie oben schon gesagt - sein ruhiger, stolzer Blick auffällt. (Der Tonfall all dieser neueren Dokumentationen muß einem nicht durchgängig stimmig erscheinen - aber das ist man ja heutzutage eh gewohnt, zumal gegenüber Menschen, die nicht dazu neigen, sich stromlinienförmig zu verhalten.)

Charles Lindbergh ist schon im Jahr 1926 Freimaurer geworden. Daß sein Nachdenken, Schreiben und Handeln allerdings davon stärker beeinflußt worden wäre, daß sich in all diesem etwa irgendwo deutlichere Elemente irgendeiner "Freimaurer-Ideologie" finden würden, das ist bislang nirgendwo zu erkennen. Dazu war Lindbergh ein viel zu selbständiger Charakter. Seine politische Gegnerschaft gegen den Kriegseintritt der USA zwischen 1939 und 1941 spricht ja genau die gegenteilige Sprache. Neuerdings machen wir uns aber mehr bewußt als vielleicht zuvor, daß ja vermutet wird, daß Charles Lindbergh nach 1945 weltweit für den US-amerikanischen Geheimdienst, den CIA, gearbeitet habe (16) (Aussage von Herbert Schröck in 18'41):
Überall, wo es Weltkrisen gab - ob in Persien, ob in Südostasien, Vietnam - überall war Lindbergh vorher anwesend. Deswegen bin ich mir sicher, daß er sehr eng mit der CIA verbandelt war.
Doch auch diesbezüglich muß man nicht anfangen, in Lindbergh einen besonders "tief" Eingeweihten finden zu wollen. Sollte er wirklich im Dienste der damaligen verbrecherischen, kriegstreiberischen Ziele des CIA gearbeitet haben, kann das höchstens darauf beruhen, daß ihm in diesen Zeiten noch nicht in vollem Umfang klar war, für welche Ziele und Methoden letztlich die Arbeit des CIA steht. Wir wollten diesen Hinweis jedenfalls nicht verschweigen. Ein "geschöntes" Bild von Lindbergh, das nicht auf vollständiger Wahrheit beruht, liegt bestimmt nicht in unserem Interesse. Warum er also all diese Reisen in Krisengebiete unternahm, oft, bevor sie zu Krisengebieten wurden, muß einstweilen als ungeklärt erachtet werden. Vielleicht wurde Lindbergh mit dem subjektiven Gefühl dort hingeschickt, er könne durch seine Beratung dort "Schlimmeres" verhüten. Geheimdienste arbeiten ja gerne mit dem sogenannten "Wissensgefälle" zwischen den Vorgesetzten und den Ausführern von Arbeitsaufträgen.

[Ergänzung 6.11.17] Übrigens war Lindbergh ja in genau diesem Sinne auch schon 1938 und 1939 nach Deutschland geschickt worden. Womöglich hat er - so kommt einem der Gedanke - bei all diesen seinen Reisen - sich selbst unbewußt - "symbolische Reisen" unternommen im Sinne seiner okkultverblödeten Vorgesetzten innerhalb des CIA. In privaten Zuschriften wurde uns etwa einmal geschrieben, daß auch die Landung des Mathias Rust 1987 auf dem Roten Platz in Moskau (Wiki) in einem solchen Zusammenhang gesehen werden könne und müsse, auch wenn sich Rust selbst dieses Zusammenhanges gar nicht bewußt wäre. Die Freimaurerei hat auch bei der Einweihung des Völkerschlachtdenkmales von Leipzig viele uneingeweihte Menschen symbolische Handlungen begehen lassen, ohne daß diese Menschen wußten, daß es sich dabei um symbolische Handlungen im Sinne der Freimaurerei handelte. Und noch heute erklären okkultverblödete Freimaurer ihren Lesern dann im Brustton der Überzeugung, daß dieser Umstand den symbolischen Wert der Handlung an sich nicht schmälere (siehe andere Beiträge hier auf dem Blog).

Immer wieder wird gemunkelt, daß das Luftschiff Hindenburg und sein Verbrennen in solche symbolischen Handlungen eingeordnet werden könnte. Und so vielleicht auch noch viele Luftfahrt-Missionen, die gar nichts mit Lindbergh zu tun hatten. Von viel okkult-symbolischer Bedeutung wird auch hinsichtlich der Raktenforschung geraunt (GA-j! 10/2016). [Ergänzung Ende.]

Lindbergh's Kinder und Enkel


In einem Video auf Youtube (14) erzählt Reeve Lindbergh, die jüngste amerikanische Tochter Lindberg's, 2008 wie sie ihre neuen deutschen Verwandten wenige Jahre zuvor auf einer Europareise nacheinander kennen gelernt hat. Und man spürt ihre - "gemischten" - Gefühle dabei sehr gut durch. Auch spricht sie davon, daß nicht alle der drei deutschen Frauen von Lindbergh begeistert waren darüber, daß seine drei deutschen Familien öffentlich bekannt wurden, ja, daß sich eine derselben wirklich geschämt habe deshalb.

Wir entdecken außerdem, daß in der Folge 14 vom 15. September 1996 auf S. 24 der "Siebenbürgischen Zeitung" sich offenbar die Todesanzeige - womöglich - für eine Schwägerin von zwei der deutschen Frauen von Charles Lindbergh findet, also der beiden Hesshaimer-Schwestern, die ja aus der deutschen Volksgruppe in Siebenbürgen stammten. Es ist da angeführt:
Edith Copony verwitwete Hesshaimer, geborene Clompe * am (...) in Kronstadt/Siebenbürgen + (...) in Bad Heilbrunn.
In Liebe und Dankbarkeit:
  • Edith von Stein-Lausnitz, geb. Hesshaimer 
  • Verena Gräfin von Moy, geb. von Stein-Lausnitz und Guy Graf von Moy mit Theresa, Assunta, Yvonne und Clemens 
  • Alexander von Stein-Lausnitz
  • Albert von Stein-Lausnitz
  • Marietta Hesshaimer, Vago Hesshaimer, Christoph Hesshaimer
  • Brigitte Hesshaimer, Dirk Hesshaimer, Astrid Lemoine, geb. Hesshaimer mit Isabelle und Charles-Eduard, David Hesshaimer, 
  • Adolf Hesshaimer und Daga Hesshaimer, geb. Folberth 
  • Margrit Drotleff, geb. Hesshaimer und Hans-Gert Drotleff mit Isabelle, Van ....
Es sind die beiden Hesshaimer-Schwestern Marietta und Brigitte angeführt, mit denen Lindbergh seine Familien gegründet hatte und es sind die jeweiligen gemeinsamen Kinder angeführt. Von diesen starb schon 2015 Dyrk Hessheimer (Süddt. Ztg.). Er hinterließ keine Kinder.

Insgesamt bleibt weiterhin der Eindruck vorherrschend, daß weder die deutsche noch die US-amerikanische "veröffentlichte" Meinung dem Leben und Denken von Charles Lindbergh volle Gerechtigkeit wiederfahren lassen können oder wollen. Das schmälert die eigentliche, innere Bedeutung des Lebens von Charles Lindbergh aber in keiner Weise.

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*) Eine deutsche Philosophin, deren philosophische Fragen und Antworten den philosophischen Fragen und Antworten von Charles Lindbergh am nächsten kommen - Mathilde Ludendorff (1877-1966) benannte diesen ihr wesentlichen und wertvollen menschlichen Stolz mit dem Begriff "Gottesstolz" (20).

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  1. Bading, Ingo: Charles Lindbergh ist souverän gestorben. Auf: Studium generale, 31.5.2007, http://studgendeutsch.blogspot.com/2007/05/charles-lindbergh-ist-souvern-gestorben.html
  2. Bading, Ingo: Ein dritter Weg zwischen Atheismus und Monotheismus?. Auf: Studium generale, 2.6.2007, http://studgendeutsch.blogspot.com/2007/06/ein-dritter-weg-zwischen-atheismus-und.html
  3. Bading, Ingo: Ein "absolut einzigartig" Liebender - Charles Lindbergh. Auf: Studium generale, 9.6.2007, http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/06/ein-absolut-einzigartig-liebender.html
  4. Bading, Ingo: Charles Lindebergh - Hätten die USA 1941 seiner Politik folgen sollen?. Auf: Studium generale, 11.6.2007, http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/06/charles-lindebergh-htten-die-usa-1941.html
  5. Bading, Ingo: "Der Tod ist gleich hier, neben dir." - Aus dem Leben des Flugpioniers Charles Lindbergh. Auf: Studium generale, 24.6.2007, http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/06/der-tod-ist-gleich-hier-neben-dir-aus.html
  6. Bading, Ingo: Charles Lindbergh's berühmteste Rede in De Moines am 11. September 1941 - Originalaufnahme. Auf: Studium generale, 10.7.2007, http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/07/charles-lindbergh-berhmteste-rede-in-de.html
  7. Bading, Ingo: "Ein Flieger war ich und schlürfte den Wein der Götter" Charles Lindbergh - Warum müssen Menschen sterben? Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 10. November 2011, http://studgenpol.blogspot.de/2011/11/ein-flieger-war-ich-und-ich-schlurfte.html
  8. Bading, Ingo: Erörterungen rund um naturwissenschaftliche Fragen in der Ludendorff-Bewegung 1941 bis 1961. Unveröffentlichtes Buchmanuskript, 147 Seiten, erarbeitet 2015
  9. Berg, A. Scott: Charles Lindbergh - Ein Idol des 20. Jahrhunderts. 1999 (engl. Original: Lindbergh. G.P. Putnam's Sons, New York 1998)
  10. Schröck, Rudolf: Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh. Der berühmteste Flugpionier aller Zeiten; seine wahre Geschichte. Heyne, München 2005
  11. Friedman, David M.: The Immortalists. Charles Lindbergh, Dr. Alexis Carrel, and Their Quest to Live Forever. HarperCollins Publishers, New York 2007
  12. Kröncke, Gerd: Charles Lindbergh - Der Amerikaner und die Hutmacherin. Süddeutsche Zeitung, 11. Mai 2010, http://www.sueddeutsche.de/panorama/charles-lindbergh-der-amerikaner-und-die-hutmacherin-1.661513http://www.sueddeutsche.de/panorama/charles-lindbergh-so-einsam-war-der-adler-nicht-1.668436
  13. Danuta Harrich-Zandberg (Drehbuch und Produktion), Harrich, Walter (Regisseur): Charles Lindbergh. The True Story. DIWA Film GmbH, 2005 (mit A. Scott Berg, Astrid Bouteuil, David Hesshaimer, Dyrk Hesshaimer) [nicht auf Youtube]
  14. Costelle, Daniel; Clarke, Isabelle: Charles Lindbergh in Color. 2007, https://www.youtube.com/watch?v=RyqL6IUr0DA
  15. Lindbergh, Reeve: Reflects on her Father, Charles Lindbergh. Mai 2008, https://www.youtube.com/watch?v=nK1C1rb_4EM
  16. Nolan, Clare: Secret Lives of Charles Lindbergh. National Geographic Television, USA 2009. Deutsch: Das Doppelleben des Charles Lindbergh. [Reihe: Geheimnisse der Geschichte], Dokumentation, 45 Minuten, zdf info 2011, https://www.youtube.com/watch?v=6Q_Tc07zLUQ oder hier https://www.youtube.com/watch?v=yXu9Zbk3cSM oder https://www.youtube.com/watch?v=oitcrqFpD_A
  17. Becker, Herbert: Charles Lindbergh - Nationalheld mit Doppelleben. Radio Wissen, Bayerischer Rundfunk/ARD, 15.05.2017 (22 Min.), http://www.ardmediathek.de/radio/radioWissen/Charles-Lindbergh-Nationalheld-mit-Dop/Bayern-2/Audio-Podcast?bcastId=5945518&documentId=42833898http://www.br.de/themen/wissen/lindbergh-charles-flugzeug-100.html
  18. Lindberg, Charles: Neutrality and War. (Speaks on a United European Race.) Radioansprache vom 13. Oktober 1939, https://www.youtube.com/watch?v=sAlCDMp-Y3c
  19. Lindbergh, Charles: Pleads for independence. Anfang 1940, https://www.youtube.com/watch?v=5IIq-NYItYMhttps://www.youtube.com/watch?v=CZTAWKv4VWY
  20. Bading, Ingo: Zur Evolution des menschlichen Verantwortungsbewußtseins - Eine Mitschrift von Vorträgen Gerold Adams aus dem Jahr 1993. Die Deutsche Volkshochschule, 11. Mai 2017, http://fuerkultur.blogspot.de/2017/05/zur-evolution-des-menschlichen.html
  21. Charles Lindbergh Declassifield. USA 2006 (ImdD) Zugänglich auf Spanisch. Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=WO9CAQpbLDE, Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=df6so_frU8k, Teil 3: https://www.youtube.com/watch?v=19bUnWVck78

Lauter Weite Wege

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Der Weg des Rechtskonservativen Bernhard C. Wintzek und seiner Zeitschrift "Mut"

Unsere Reihe "Lauter Weite Wege" (frühere Beiträge: 1-3) soll durch einen weiteren Beitrag ergänzt werden, nämlich einen zu dem rechtskonservativen Publizisten Bernhard C. Wintzek (geb. 1943) (Wiki). Mit etwa 16 Jahren wird es gewesen sein, um das Jahr 1983 herum, als der Blogautor ein eifriger Leser seiner Zeitschrift "Mut" (Wiki) gewesen ist. Damals kam er sich dabei irrsinnig toll vor. Er hat, wenn er sich recht erinnert, dem Empfang einer neuen Folge teilweise sogar entgegen gefiebert. Das war alles so bunt, so neu, so frisch, was da geschrieben wurde. Es war die gleiche Zeit, in der man auch Karl Hoeffkes' (geb. 1954) (Wiki) "Träumer, Streiter, Bürgerschreck" (1982) in die Finger bekommen hatte und in der man sich von diesem das eigene Lebensgefühl nicht unbedeutend hat beeinflussen lassen.
Laßt mich nur in meinem Sattel gelten
bleibt in euren Hütten euren Zelten
und ich reit froh in alle Ferne
über meiner Mütze nur die Sterne.
So sagte man sich mit Johann Wolfgang von Goethe, sattelte seine Haflingerstute Lilofee und tat es diesem Goethe gleich. In der jugendlichen Stimmung jener Zeit nahm man auch die Zeitschrift "Mut" wahr. Sie flößte einem manches Selbstbewußtsein ein. Das führte zum Beispiel dazu, daß man im Geschichtsunterricht die Politik Bismarcks gegenüber den Einschätzungen derselben durch den linksliberal sozialisierten, aber sehr differenziert argumentierenden Lehrer Lechler widersprach. Noch erstaunter war man, als einer der Kollegen von Herrn Lechler, im Geschichtsunterricht Kopien eines Aufsatzes ausgerechnet aus dieser Zeitschrift "Mut" verteilte. Er sagte nicht, woher er den Aufsatz hatte. Aber es war einem völlig klar und es war einem zumute wie im Wilhelm Busch-Wort:
"Du weißt Bescheid, ich weiß Bescheid - und allen macht's Vergnügen!"
Abb. 1: Büchlein des Jahres 1975
In der aktuellen Ausgabe des "Informationsbriefes der Bibliothek für Konservatismus" wird man nun darauf hingewiesen (4), daß diese Zeitschrift ihr Erscheinen im August 2017 eingestellt habe. - Was, jetzt erst? Sie war schon lange der Wahrnehmung entglitten. Wohl noch in den 1980er Jahren, als sich die Zeitschrift äußerlich immer mehr in eine Kunstzeitschrift verwandelte und in ihr vermehrt vor allem betulich Schöngeistiges zu lesen war. Auch drang einem das Gerücht an das Ohr, daß der Herr Wintzek teure Autos fahren würde. Anfangs war man ja noch begeistert, in der Zeitschrift so reichhaltig Gemälde der europäischen Kunstgeschichte zu finden. Aber irgendwann einmal nahm das Ganze doch überhand. - Wie auch immer: Erinnert man sich an "Mut", assoziiert man damit ... "der Jugendzeiten für und für", assoziiert man damit den Stimmungsgehalt, von dem man damals erfüllt war. Die Wiedervereinigung war noch in weiter Ferne, niemand glaubte mehr an sie oder erwartete sie. Bis auf einen selbst, bis auf Prinzessin Lilofee - und die Zeitschrift "Mut".

Ja - und was aus Träumen alles werden kann. - Und was liest man heute auf Wikipedia? Zum Schluß hat sogar "Extremismusforscher" Armin Pfahl-Traughber höchstselbst in dieser Zeitschrift publiziert, da sie sich schon seit langem zu einer "liberal-konservativen" gewandelt hätte!! Wenn das kein Lackmus-Test für staatsnahe Linientreue ist, welcher soll es dann noch sein? Wahrlich ein weiter Weg von der NPD zu Armin Pfahl-Traughber, wahrlich, wahrlich. Er ist also möglich. Und es ist nie zu spät, auf den Weg der Tugend zurück zu kehren. Zahlreiche CDU-Politiker wie Friedrich Zimmermann, Helmut Kohl, Horst Köhler haben für diese Zeitschrift geschrieben oder auch Leute wie Ralf Dahrendorf, Ralph Giordano. Nun, 10.000 Abonnenten wollen unterhalten sein. Und mit Deutschen kann freilich allerhand gemacht werden, zumal, wenn sie sich in ihrem Gemüt ein "patriotisches" Hinterstübchen aufbehalten haben, wohlgemerkt: ein Hinterstübchen, so wie es damals üblich war in CDU-Kreisen und den ihnen nahe stehenden Kreisen.

Die Zeitschrift weckt Jugenderinnerungen


Es beschleicht einen ein komisches Gefühl, zwischen einstigen "Träumern, Streitern und Bürgerschrecks" nun solche Leute wieder zu finden. Gott hab sie alle - und den Herrn Bernhard C. Wintzek - selig. Der genannte Bericht im "Informationsbrief", verfaßt sicherlich von Karlheinz Weißmann, läßt die Geschichte dieser Zeitschrift folgendermaßen Revue passieren (4):
Kaum eine politische Zeitschrift in Deutschland hat in den Jahren ihres Bestehens weltanschaulich einen so weiten Weg zurückgelegt wie die Monatszeitschrift Mut.
Und eine solche Beurteilung will etwas heißen, wenn man die ach so vielen "weiten" Wege vor dem inneren Auge Revue passieren läßt der vielen rechtsrevolutionären Denker der Generation von Bernhard C. Wintzek. Von diesen Wegen haben wir ja hier auf dem Blog schon einige szenisch beleuchtet (1-3). Weiter erläutert der - - - "Hohepriester der Konservativen Revolution" Karlheinz Weißmann (4):
Mit Beginn der 1980er Jahre dann wandelte sich das Blatt: Schrille politische Töne traten mehr und mehr in den Hintergrund,
... "schrille politische Töne", gemeint sind Aussagen wie "Unsere Väter waren keine Verbrecher" (s. Abb. 1) ...
die Gestaltung wurde deutlich gediegener, so daß der Leser Mitte der achtziger Jahre ein inhaltlich wie  optisch hochwertiges Magazin in den Händen hielt - was sich fortan auch im Preis niederschlug. Die nun folgenden Jahre können als die  produktivsten des Blattes angesehen werden, zumal die Autorenschaft einem Who‘s who konservativer Publizistik glich: Von dem kaum 30jährigen Studienrat  Karlheinz Weißmann über die Germanistin Gertrud Höhler, den Politikwissenschaftler Klaus Hornung, den Sozialphilosophen Günter Rohrmoser, den Historiker Werner  Maser, den Soziologen Ernst Topitsch bis hin zu Ernst Jünger reichte der Reigen der Autoren. Eine  besondere  Note  erhielt Mut durch die regelmäßigen Beiträge des  konservativen Publizisten Gerd-Klaus Kaltenbrunner. Er verlieh den Heften eine „abendländische“ Grundierung, die sich in zahlreichen philosophischen, theologischen und kulturgeschichtlichen Betrachtungen niederschlug, aber auch von Esoterischem nie ganz frei war. Mit Beginn der neunziger Jahre häutete sich Mut ein weiteres Mal.  Konservative verschwanden zusehends aus der Autorenliste, und das Blatt öffnete sich immer mehr für liberale, später auch linke Autoren. Infolge einer schweren Erkrankung Wintzeks mußte Mut im August 2017 mit Heft 591 eingestellt werden.
Statt "Lauter Dritte Wege" wie Karlheinz Weißmann im Jahr 2000 einmal eine Festschrift für Armin Mohler benannt hatte (herrje, und wie weit führte auch von dort schon der Weg wieder weg), möchte man da doch heute schon eher sagen: Lauter Weite Wege. Und Wege immer Drumherum um nachhaltige kulturelle und demographische Sicherung des Überlebens der Völker auf der Nordhalbkugel.
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  1. Bading, Ingo: Alain de Benoist - Er hat "biologische Fragestellungen""allzu sehr in den Vordergrund gerückt" - Früher, liebe Freunde, früher! Heute weiß er es besser! Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 7. Oktober 2015, http://studgenpol.blogspot.de/2015/10/alain-de-benoist-er-hat-biologische.html
  2. Bading, Ingo: Alain de Benoist - Ein rechtskonservativer Hijacker. Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 11. Oktober 2015, http://studgenpol.blogspot.de/2015/10/alain-de-benoist-ein.html
  3. Bading, Ingo: Henning Eichberg ist gestorben - Ein Rückblick auf seine mysteriöse geistige Entwicklung - Sein Weg von einem sehr fortschrittlichen, ja revolutionären politischen und wissenschaftlichen Denker hin zu einem immer noch - immerhin - anregenden Denker. Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, Juni 2017, http://studgenpol.blogspot.de/2017/06/henning-eichberg-ist-gestorben-ein.html
  4. o.V.: Mut. In: Agenda, Informationsbrief der Bibliothek des Konservatismus, Ausgabe 8, Oktober 2017, https://www.bdk-berlin.org/wp-content/uploads/2017/10/AGENDA-9-Onlineversion.pdf 

Charakterbildung als Wissenschaft - Der "Wirtschaftswoche" wird sie wichtig

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Die "Behavioral Economics" 
- Sie beginnen zu verstehen, daß es auf Charakterbildung ankommt

Schon seit vielen Jahren kann man beobachten, daß der Soziobiologe Ernst Fehr (geb. 1956) (Wiki) (1, 2) in Zürich in seinem Fachbereich "Behavioral Economics" hervorragende wissenschaftliche Arbeit leistet. Er publiziert sie in führenden Wissenschaftsjournalen der Welt. Und das nicht nur über nebensächliche Themen, sondern darüber, wie Altruismus, Aufopferungsbereitschaft in modernen Gesellschaften eigentlich funktionieren kann, ohne daß diese Handlungsmotivationen durch die in Gesellschaften ebenfalls vorhandenen Handlungsmotivationen zur Bosheit (engl. "spite") oder durch die mangelnde Fähigkeit zum Belohnungsaufschub ("Geduld") außer Kraft gesetzt werden. Er erforscht also, um es einfacher zu sagen, wie sich das Gute gegenüber dem Bösen behaupten kann oder durchsetzen kann in Gesellschaften, wie das Gute verteidigt werden kann gegen die überall zu beobachtenden boshaften Handlungsantriebe wie: Betrug, Täuschung, Lüge, Verschwörung, Trittbrettfahren, organisierte Kriminalität, Regierungs-Kriminalität, sowie Verrat an den eigenen Landes- und Volksinteressen.

Abb.: Ausschnitt eines Wandgemäldes 1913/14, von Arthur Kampf (1864-1950):
“Fichtes Rede an die deutsche Nation” (Gehalten Winter 1807 bis 1808).

Ernst Fehr hat einen Bruder Gerhard Fehr (3). Dieser berät Journalisten und Marketing-Leute auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse seines Bruders im Bereich der "Behavioral Economics". Hier findet also ein sehr intensiver Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis statt. Und zwar auf einem Gebiet, das im Grunde das zentrale Gebiet der gesamten alternativen Öffentlichkeit ist. Nur hat die gesamte alternative Öffentlichkeit davon noch gar nicht Kenntnis genommen. Noch nicht einmal - soweit übersehbar - der am meisten akademisch ausgerichtete Teil derselben, als welcher vielleicht die "Wissensmanufaktur" von Andreas Popp gekennzeichnet werden kann. (Womöglich beschäftigt man sich auch dort lieber mit abseitigeren und esoterischeren Themen - ?) Auch im Zusammenhang mit dem Suchwort Ken Jebsen finde ich derzeit keine Hinweise im Internet auf das gleichzeitige Suchwort Ernst Fehr.

Die Frage von Ernst Fehr lautet so schlicht wie möglich: Wie können wieder Redlichkeit und Ehrlichkeit und Vertrauen in der Öffentlichkeit, in der Politik und im Wirtschaftsleben hergestellt werden? Und da ist es doch sehr schön, zugleich bei dem Einsatz von zwei Brüdern auch das Phänomen des Verwandtenaltruismus eine Rolle spielen zu sehen. Von Ernst Fehr findet sich jedenfalls ein aktuelles Interview in der Wirtschaftswoche (1). In diesem wird er zu seiner provokanten Aussage befragt, daß er "Ökonomie (versteht) als Wissenschaft von der Charakterbildung". Sollte man nicht sehr glücklich sein, wenn man merkt, daß man in Zeiten lebt, in denen in der Wissenschaft (noch? - oder schon wieder? oder erst jetzt?) Erkenntnisse gewonnen werden, die um solche Themen kreisen? Diese Frage wird ganz und gar ohne Zynismus gestellt. Oftmals stellen fortgeschrittene Gesellschaften die ihnen wesentlichsten Fragen erst ganz zuletzt.

Die zitierte Erkenntnis von Ernst Fehr trifft voll ins Schwarze, wenn man mich nach den innersten Anliegen auch dieses Blogs und seines Bloginhabers fragen würde. Und man kann sogar bereit sein und noch einen Schritt weiter gehen und Wissenschaft selbst verstehen als Charakterbildung. Aber das ist noch einmal ein anderes Thema. Aber dieser Gedanke ist natürlich auch kurz und schnell erläutert: (Natur-)Wissenschaft fragt - im besseren Sinne ideologiefrei - nach der Wahrheit. Dadurch formt sie ja ohne Frage Charakter. Zumindest bei denen, die sich durch sie entsprechend formen lassen wollen. Wie begründete Ernst Fehr im Oktober 2017 seine Meinung in der Wirtschaftswoche:
Es gibt etwa eine Korrelation der durchschnittlichen Geduld der Menschen in Regionen und Staaten und deren Volkseinkommen pro Kopf. Geduldige Menschen sparen mehr und investieren mehr in Human- und Sachkapital. Ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist zudem Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen - etwa in Geschäftspartner und Institutionen - führt volkswirtschaftlich zu geringerer Regelungsdichte und höherer Flexibilität. Wo Unehrlichkeit verbreitet ist, kommen viele wechselseitig vorteilhafte Tauschakte mangels Vertrauen nicht zustande, die Vertragsgestaltung wird aufwendig und teuer. Wichtig ist auch, was Ökonomen positive Reziprozität nennen: Wenn ein Chef seine Mitarbeiter fair behandelt, reagieren die mit höherer Produktivität. Überwiegt dieses Verhaltens- und Vertrauensmuster in einer Volkswirtschaft, wächst sie stärker als andere. (...) Wo die Leute besonders unehrlich sind, liegt auch das Wirtschaftswachstum besonders niedrig.
Geduld im Sinne der Spieltheorie ist (lt. Wiki) "die Fähigkeit oder Bereitschaft, etwas ruhig und beherrscht abzuwarten oder zu ertragen". Dieses Konzept wird auch gerne in Bezug gesetzt zu dem wissenschaftlichen Konzept von der Fähigkeit zum Belohnungsaufschub (4) ("delayed gratification") (Wiki). Es kann also durchaus noch ein bisschen mehr umfassen als nur im engeren Sinne "Geduld" und "abwarten" und "ertragen". Es kann umfassen das Inkaufnehmen von Entbehrungen, von Mühen, von Entsagung, also so etwas wie das, was der Begründer der Soziologie Max Weber einstmals als "Askese" benannte, als die "außerweltliche" (des Mittelalters) und die "innerweltliche" (der Neuzeit). Aber auf Wikipedia werden noch viele andere schöne, passende Begriffe dazu in Bezug gesetzt. So etwa das Konzept der "Zeitpräferenz" (Wiki).

Insgesamt möchte man glauben, daß es für die alternative Öffentlichkeit großen Sinn machen könnte, die Aktivitäten der Brüder Fehr unter Beobachtung zu halten und dabei lernend mitzunehmen, was dort mitzunehmen sein könnte, bzw. dasselbe selbständig weiter zu denken. Natürlich formulieren sie ihre Gedanken so, daß sie möglichst "politisch korrekt" klingen. Denn das stellt ja eine gewisse Überlebensrationalität in der heutigen Wissenschaft dar. Aber Ernst Fehr ist keiner, der wissenschaftlich besonders viel Blatt vor den Mund nimmt vor den Egoismen und egoistischen bis korrupten Einstellungen heutiger Banker. Er hat diese nämlich wissenschaftlich untersucht. Im tiefsten sachlichen Inneren dessen, was hier erforscht und in der Praxis auch erprobt wird, handelt es sich um eine der wesentlichsten Auflehnungen gegenüber der Korruptheit des heutigen politischen und wirtschaftlichen Systems auf der Nordhalbkugel, an die ich mich innerhalb der Wissenschaft erinnern kann.

Charakter wird viel mehr durch Emotionen als durch Wissen gebildet


Denn die Auflehnung geschieht durch (naturwissenschaftsnahe) Wissenschaft. Dazu wird vermutlich in nächster Zeit noch mehr zu sagen sein. Der wesentlichste Gedanke zu all dem ist zunächst einmal: Es kommt - wie schon anklingt - noch viel mehr auf Charakter als auf Wissen an. Dieser Gedanke wird seit etwa einem Jahr verschiedentlich hier auf dem Blog ventiliert. Charakter aber, so soll dieser Gedanke hier ein wenig weiter fortgedacht werden, wird durch Emotionen gebildet. Wenn wir unseren eigenen Charakter bilden wollen - und was wäre denn eigentlich notwendiger als das? - dann kommt es darauf an, an unseren Emotionen zu arbeiten. Der wesentlichste Punkt erscheint mir dabei: Das bestehende politisch-hedonistische System im eigenen Innern nicht mehr mit zustimmenden Emotionen zu belohnen. Vielleicht mag das auf den ersten Blick banal klingen.

Aber es ist keineswegs gesagt, daß derjenige, der von der tiefen Korruptheit unseres Systems weiß, deshalb auch schon seine Emotionen ihm gegenüber innerlich umgestellt hätte. Emotionen liegen viel tiefer und werden - schon biographisch gesehen - im vorrationalen Raum geformt. Sie werden etwa durch Musik und Rhythmus geformt, lang bevor im menschlichen Leben überhaupt das Denken anfängt. Dies ist auch der Grund, weshalb griechische Philosophen wie Sokrates der vorherrschenden Musik in einem Staat eine so hohe Bedeutung zugemessen haben. Auch chinesische Staatsphilosophen haben das getan. Sie wußten, daß wenn man die Musik in einem Volk, in einer Gesellschaft verändert, man dadurch einen Staat leichter zum Zusammenbruch bringen kann als durch äußere Kriege.

Unsere Emotionen werden außerdem durch Geschichten geformt, die wir uns erzählen - in Büchern und sehr früh im heutigen Leben auch in bewegten Bildern (vor allem vor der "Flimmerkiste"). Stimmt es nicht? Haben wir nicht alle in uns positive Emotionen gegenüber den Filmen, die wir in der Jugend gesehen haben? Sei es die Sesamstraße, sei es Flipper, sei es Lassie, sei es "Unsere kleine Farm"? Der Autor dieser Zeilen ist Jahrgang 1966 - bitte gerne auf den eigenen Jahrgang anwenden. Andere Jahrgänge mögen früh in der Jugendzeit zum Beispiel positive Emotionen gegenüber der Krimiserie "Derrick" entfaltet haben. Bekanntlich hat auch das starke Aufwühlen der Jugend während des Dritten Reiches noch die Emotionen lange danach bestimmt. (Etwa auch jener "zornigen jungen Männer", die in ihrem antifaschistischen Zorn immer gerne verschwiegen, daß sie vor 1945 sehr stramme Nationalsozialisten waren.) Auch die DDR wirkt emotional massiv nach. All das nur als erste Beispiele. Diese Emotionen bestimmen auch massiv politische Entscheidungen - in die eine oder andere Richtung.

Es gilt also mehr noch als das Wissen die Emotionen in uns so umzustellen, daß man dabei nicht in tiefste Bitterkeit, in tiefsten Zynismus oder in unflätiges, andere Menschen provozierendes, beleidigendes, herabsetzendes Benehmen ausartet. Bekanntlich gelingt das auch vielen AfD-Politikern und Pegida-Rednern oder Internet-Kommentatoren - bewußt oder unbewußt - nicht immer. Auch all die vielen Lehren der Zeit von 1968 vom "zivilen Ungehorsam" und vom "subversiven Aktionismus" müssen heute nicht in jedem Fall dazu verleiten, Handelnde und Zuschauende zu edleren Menschen zu machen. Woran vielleicht schon ein wenig erahnbar wird, um welche Herausforderungen es sich hier handeln könnte. Wenn wir genauer hinschauen, dann sind wir heute alle zutiefst mit Hedonismus durchtränkt, imprägniert und belohnen das bestehende System fortlaufend immer noch mit zustimmenden Emotionen, selbst wenn wir rein vernunftmäßig demselben schon lange mit Ablehnung gegenüber stehen.

Der Kakao sind - Emotionen


Erich Kästner hat das einmal genannt: Den Kakao trinken, durch den wir vorher gezogen worden sind.

Genau das ist gemeint. Mit Kakao meint er Emotionen, nicht vornehmlich Wissen.

Diese Neuausrichtung von Emotionen ist deshalb so schwer, weil fortlaufend ablehnende Emotionen zu pflegen in einer Umwelt, in der die sogenannte Dienstleistungs-Mentalität nach außen hin gelebt wird, die ständig von dem Angehörigen das Zeigen von positiven, freundlichen, zustimmenden Emotionen fordert, sehr, sehr schwer ist und sozusagen die größte Form von Entbehrung, Askese und Altruismus darstellen könnte, die denkbar ist. Genau über solche womöglich gesellschaftlich noch längst nicht genug begriffenen Dinge ist künftig hier auf dem Blog deshalb auch noch genauer nachzudenken. Es geht das - im Grunde - immer nur durch die eigene Innenschau und das Arbeiten an sich selbst, an den eigenen Emotionen.

Es sind das zugleich auch Dinge, die wissenschaftlich gut erforscht sind und noch weiter erforscht werden in den evolutionär ausgerichteten Verhaltenswissenschaften aller Wisssenschaftsdisziplinen. Sie ranken sich um wissenschaftliche Konzepte, die vor allem erstmals von Robert Trivers in die Wissenschaft eingeführt wurden und rund um Begriffe kreisen wie "moralistische Aggression" ("moralistic aggression"), altruistisches Bestrafen ("altruistic punishment") (Wiki), bzw. "teure Bestrafungen" ("costly punishment"). Aber nun bei alle dem in meinem Sinne mehr auf innere Emotionen und Bewertungen bezogen als - wie gegenwärtig in der Wissenschaft noch vorherrschend - auf gar zu krasse äußere Handlungen. Und diese Emotionen würden sich genau damit auf Charakterbildung auswirken.

Man muß Ernst Fehr dankbar sein für seine Forschungen und ebenso Gerhard Fehr für seine Öffentlichkeitsarbeit. Erst jüngst wieder wurde durch "FehrAdvice" auf einen wesentlichen Forschungsartikel hingewiesen (6), wodurch aufgezeigt ist, wie sehr man mit den Brüdern Fehr am Puls der Zeit ist und bleibt. In diesem Forschungsartikel wird gezeigt, daß beim "altruistischen Bestrafen" der Mensch dazu neigt, bei kleineren Vergehen heftiger zu reagieren als bei größeren. Das ist auf äußeres Handeln bezogen. Genau das ist der Punkt. Auch unsere Emotionen - oder vor allem unsere Emotionen - können mit größeren Vergehen emotional kaum angemessen umgehen. Oft sind sie viel zu groß für unsere bewußt klein gemachten und gehaltenen "Teddybär-" oder "Teletubbies-"Emotionen. Unsere Emotionen kommen angesichts der Größe der Vergehen oft kaum noch mit. Wir ertragen es höchstens noch, im politischen Kabarett von der Größe derselben zu hören. Und nur noch selten machen wir uns dabei bewußt, über was wir im politischen Kabarett alles lachen.

Alles Zeichen dafür, daß wir mit großen Vergehen zwar "rational" recht gut umgehen können. Unsere Vernunft arbeiten schon ganz gut. Aber das heißt noch lange nicht, daß wir sie emotional verdaut hätten oder ihnen auch nur ansatzweise gerecht geworden wären, daß wir wie erwachsene, reife Menschen damit umgehen. Oder möchte man es als erwachsenes, reifes Verhalten bezeichnen, "alles zu zerschlagen" ("Macht kaputt, was euch kaputt macht" - wieder so ein destruktiver 1968er-Spruch). Aber kaputt Machen ist für sich gesehen - und zumal unter heutigen Umständen - keinesfalls schon Charakterbildung. Die Gemengelage der Emotionen im eigenen Innern könnten bei allem äußeren Zerstören ganz unverändert bleiben oder sogar noch flacher und noch banaler werden.

Anarchische Tendenzen sind kontraproduktiv


Die anarchischen Tendenzen, mit denen man oftmals schon glaubte, die Gesellschaft voranbringen zu können, sie wirken sich zerstörend aus - wohin man nur blickt.

Vielmehr könnte es darauf ankommen, die nicht-kooperierenden und bestrafenden Emotionen auf die größeren und größten Vergehen zu richten, die wir heute in unserer Gesellschaft erkennen können. Wo erkennen wir sie eigentlich? Eher bei uns oder eher bei anderen? Es könnte durchaus auch Sinn machen, den weisen Grundsatz zu beachten, daß man eher den Dorn im Auge eines anderen sieht, als den Balken im eigenen Auge, daß also jeder - jeder! - dazu neigt, die eigenen Fehler erst einmal bei den Mitmenschen zu entdecken, im "feindlichen" System, bevor man sie - günstigstenfalls und spätestens über diesen Umweg - dann womöglich auch einmal bei sich selbst entdeckt. Es dürfte sogar gesagt werden, daß das der menschlich normale Weg ist, daß man leichter die Fehler der anderen sieht als seine eigenen. Auch darüber, über die Selbsttäuschung (self deception) hat Robert Trivers schon nachgedacht.

Hat man diese Fehler bei anderen oder "im System" entdeckt, merkt man (vielleicht), daß man die Emotionen nicht nur auf die Fehler der Mitmenschen richten muß, sondern auch auf die eigenen Fehler. Freilich, die Mitmenschen sind eine Hilfe, können eine große Hilfe sein, wenn man den genannten Zusammenhang beachtet. Aber sie können es nur, soweit sie stark sind und zu "Fehlermanagement" gewillt und befähigt. Auch diese Fähigkeit hat nicht sehr weite Verbreitung heute. Denn sie setzt ja schon emotionale Askese, Entbehrung voraus. Aber wollen wir nicht alle "happy" und "fröhlich" sein und erst einmal und vor allem und vorwiegend positive, angenehme Gefühle haben? Und wollen wir deshalb oft nicht zu viel über uns selbst und unser Verhältnis zur Welt nachdenken? Lieber gedankenlos sein?

Doch ohne die genannte innere Distanz, ohne die genannte innere Neuausrichtung der Gefühle gegenüber eigenen Fehlern und denen anderer erscheint Charakterbildung im Sinne einer Veredelung des Menschen kaum möglich. Nur so könn(t)en wir wieder Deutsche werden im Sinne - etwa - von Johann Gottlieb Fichte (1742-1814) (Wiki). Dieser sagte in einer völkischen Aufbruchbewegung vor 200 Jahren in seinen "Reden an die deutsche Nation" (Abb. 1) etwas, was von patriotischen Dummbratzen gerne in der plumpest möglichen Weise verstanden wird, nämlich: "Deutsch sein und Charakter haben, ist ohne Zweifel gleichbedeutend."

Aber ganz ohne Frage dachte er dabei an andere Dinge als heute in der Politik so gemeinhin als "Charakter haben" verstanden wird und werden kann. Wenn es überhaupt noch Sinn macht, über ein solches Phänomen gerade im Bereich der Politik zu sprechen. Es dürfte sehr schwer sein, sich selbst gegenüber diesen Zustand aufrecht zu erhalten oder zu erwerben, wenn man Politiker ist. Aber Politiker sind ja keineswegs die einzigen, die es damit schwer haben.

Halten wir also fest: Es könnte die primäre Notwendigkeit heute darin bestehen, nicht irgendwelche äußeren politischen Veranstaltungen zu besuchen oder zu stören oder sich an einzelnen Politikern abzuarbeiten. Sondern: daran zu arbeiten, bessere Menschen zu werden. Und zwar jeder von uns für sich selbst. Gewiß: Eine Parole, für die man nicht so leicht Zustimmung bei vielen Menschen wird finden können. Was ja genau das Problem ist, das hier erörtert wurde.
__________________________________________________
  1. “Politisch nicht sehr korrekt” - Interview mit Ernst Fehr in der WirtschaftsWoche, 4.11.2017, http://www.wiwo.de/my/erfolg/campus-mba/ernst-fehr-politisch-nicht-sehr-korrekt/20521672.html?ticket=ST-1358728-SZmzhkfYWxhIEuCPU7Ht-ap4; erneut auf FehrAdvice, 10. Dez. 2017, https://fehradvice.com/blog/2017/12/10/politisch-nicht-sehr-korrekt-interview-mit-ernst-fehr-in-der-wirtschaftswoche/
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Fehr 
  3. https://fehradvice.com/ueber-uns/fehradvice-im-video-portraet/
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Belohnungsaufschub
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Strafe_(Spieltheorie)
  6. https://fehradvice.com/blog/2016/11/10/altruistic-punishment-im-sinne-der-allgemeinheit-warum-grobe-verstoesse-seltener-geahndet-werden-als-kleine/
  7. https://en.wikipedia.org/wiki/Punishment
  8. https://en.wikipedia.org/wiki/Third-party_punishment
  9. Bading, Ingo: Um so größer die Gesellschaft, um so geringer die Großzügigkeit? - Oder bestätigen auch Ausnahmen die Regel? Studium generale, 31. August 2008, http://studgendeutsch.blogspot.de/2008/01/um-so-grer-die-gesellschaft-um-so.html
  10. Bading, Ingo: Ist Gott der "Bestrafer""von dritter Seite" im allgegenwärtigen sozialen "Third party-punishment"-Spiel? Studium generale, 28. Januar 2008, http://studgendeutsch.blogspot.de/2008/01/ist-gott-der-bestrafer-von-dritter.html

Ein wenig Kunst

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Heute: Bilder des norwegischen Malers Edvard Much

Die Bilder des norwegischen Malers Edvard Munch (1863-1944) (Wiki) und das Lebensgefühl, das sie zum Ausdruck bringen, gehören schon lange zum Grundkanon - sozusagen - des abendländischen Kulturbewußtseins. Aber auch für sie gilt, was für alle Kunst und Kultur gilt, und was Goethe in die Worte gefaßt hatte:
"Was du ererbt von deinen Vätern (und Müttern) - erwirb es, um es zu besitzen."
Damit soll gesagt sein: Kultur, die nicht von jeder Generation neu mit- und nacherlebt wird und über dieses Nacherleben zum eigenen Besitz gemacht wird, ist tot.

Edvard Munch - Am Sterbebett

Edvard Munchs eigene Mutter starb, als er selbst gerade einmal sechs Jahre alt war. 


Edvard Munch - Trost

Edvard Munch hatte noch fünf Geschwister, von denen die meisten - wie Edvard - von Kindheit an immer wieder unter schwerer Depression litten.


Edvard Munch - Tod des Bohemiens (1915/17)

Kulturell war sein keineswegs wohlhabendes Elternhaus anregend, vor allem aber sind es Eindrücke von Krankheit, Tod und Trauer, zu denen Munch in seiner Kunst immer und immer wieder zurück kehrt. Auch zur gefühlsmäßigen Zerrissenheit in den Beziehungen zwischen den Geschlechtern.


Edvard Munch - Die tote Mutter und das Kind (1901)

Natürlich hat es vor allem etwas mit dem Zeitbewußtsein zu tun, wenn Edvard Munch einerseits gerade diese Erfahrungen zum künstlerischen Ausdruck drängen und wenn es andererseits ein Publikum gibt, das dem Ausdruck dieser Erfahrungen große Aufgeschlossenheit entgegen bringt - und auch bringen kann, weil es dafür noch genügend seelische Widerstandskraft und Stärke gibt.


Edvard Munch - Vorfrühling in Åsgårdstrand (1905) 

Es ist ja klar, daß eine Gesellschaft, in der "Dressur durch Verwöhnung" vorherrschend ist, solche Kunst heute nur noch auf wenig volle Aufgeschlossenheit und innere Anteilnahme stoßen kann.



Edvard Munch - Kniender weiblicher Akt

Schon sein erstes bedeutendes Gemälde war 1885/86 das berühmte Gemälde "Das kranke Kind".


Edvard Munch - Tot des Marat (1907)

In dem Gemälde "Tod des Marat" ist es vor allem die Figur der Frau, der das Interesse des Künstlers gilt, ihre Erfahrung, ihr Erleben.


Edvard Munch - Am Sterbebett (1915)

Wieder und wieder kam Edvard Munch in neuen Varianten und Versionen auf ähnliche Themen zurück.


Edvard Munch - Melancholie 


Es ist die tiefe Wahrhaftigkeit, die einen aus den Gemälden von Edvard Munch anspricht. Und sie ist den Menschen heute notwendiger den je.

Wilhelm Furtwängler - Der bedeutendste Dirigent seiner Zeit

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Die "Ära Furtwängler" und die "Ära Karajan" 
- Wären sie nicht geeigneter zur Benennung der Epocheneinteilungen des 20. Jahrhunderts überhaupt?

Das politische Geschehen des 20. Jahrhunderts war voller Abgründe und Ekelhaftigkeiten. Doch parallel dazu hat sich bis eine große Höhe der Geistigkeit und Kultur erhalten. Eigentlich ist dieser Umstand kaum verständlich. Auf der einen Seite eine solche Verworrenheit, eine solche Unzahl an Verbrechen an den Völkern und Kulturen - und auf der anderen Seite schwingt sich das Kulturleben - geradezu mühelos - immer wieder zu höchsten Höhen auf. Dieser Umstand wirft mancherei Fragen auf.

Eine der ersten könnte lauten: Warum sprechen wir hinsichtlich des Zwanzigsten Jahrhunderts eigentlich immer und zuerst von dem Jahrhundert einiger "bedeutender" Unheilsgestalten der Geschichte, von dem Jahrhundert Stalins, Hitlers, Churchills oder Roosevelts? Warum sprechen wir nicht lieber - zum Beispiel - - - - von dem Jahrhundert Wilhelm Furtwänglers, von dem Jahrhundert Herbert von Karajans? Muß man in letzter Instanz eine solche Kennzeichnung nicht für viel angemessener halten? Denken wir - sagen wir: bei der Eiszeit zuerst an die vielen Grausamkeiten, die zwischen Menschen vorkamen - oder an die Höhlenmalereien und Elfenbeinschnitzereien? Denken wir bei der antik-griechischen Kultur zuerst an die vielen Grausamkeiten - oder an die Bildwerke und Bauwerke, die wir bis heute bewundern? Denken wir beim Mittelalter an die vielen Grausamkeiten und unbarmherzigen Tyrannen - - - oder nicht doch eher an die Dome?

Und war es nicht gerade das sehr bewußte - oder unbewußte - Ziel aller Geschichtegestaltung des 20. Jahrhunderts, uns von der Kultur der Vorfahren zu trennen? Ist es denn gelungen? Nein, mühelos schwingt sich das Gottlied der Kultur über die Zeiten hinaus und bringt uns in Sphären würdigen Menschseins. Auch heute noch. Und so wollen wir heute den Blick einmal auf Wilhelm Furtwängler richten, einen der großen, bedeutenden Menschen des 20. Jahrhunderts.


Abb. 1: Wilhelm Furtwängler - (Wohl) Nachträglich kolorierte Aufnahme

Wilhelm Furtwängler (1886-1954) (Wikiengl) muß seine Zeitgenossen beeindruckt haben in einem Ausmaß wie man es sich heute wohl kaum noch vorstellen kann. Nur wenn auch heutige Musikexperten (1) und zahllose Dirigenten heutiger Zeit oder in der Zeit nach Wilhelm Furtwängler über Wilhelm Furtwängler sprechen, gewinnt man einen Eindruck davon. Für die meisten Dirigenten seit Wilhelm Furtwängler ist er das große Vorbild. Auch für Herbert von Karajan war er das große Vorbild (neben Toscanini). Vielleicht kann eine - sicherlich - nachträglich kolorierte Fotografie Furtwänglers etwas von dem Faszinierenden  der Persönlichkeit Furtwänglers einfangen und deutlich machen (Abb. 1).

Es gibt viele Möglichkeiten, sich über Leben und Persönlichkeit von Wilhelm Furtwängler kundig zu machen, auf Wikipedia, Youtube und in ("Offline-")Bibliotheken (1-34). Als erstes fällt da auf, daß zumindest gegenwärtig eine Annäherung an das Leben von Wilhelm Furtwängler über das englischsprachige Wikipedia viel leichter und differenzierter möglich ist als über das deutschsprachige. Insbesondere auf dieses englischsprachige wird im folgenden auch häufig Bezug genommen, zumal der hier vorliegende Beitrag bis auf weiteres ganz ohne Besuch von Offline-Bibliotheken verfaßt worden ist (der aber dringend zur Klärung vieler weiterer Fragen notwendig wäre).

In einer schon älteren Film-Dokumentation (die derzeit leider nur auf Englisch verfügbar zu sein scheint) (4) wird eine erste respektvolle Begegnung mit seinem Leben möglich. Man gewinnt insbesondere einen Eindruck von den Jugendjahren Furtwänglers, von einem Aufenthalt in Griechenland als junger Mensch als er seinen Vater zu einer Ausgrabung nach Ägina begleitete und von seinen Gefühlen, die er damals in Briefen an seine Verlobte zum Ausdruck brachte. Furtwänglers langjährige Privatsekretärin Berta Geissmar (Wiki, engl) schrieb 1944 über Furtwänglers Jugend (11; zit. n. engl. Wikipedia; eigene Übersetzung):
Furwängler wurde im Skifahren so gut, daß er fast Spitzen-Fähigkeiten darin erreichte. .... Fast jeder Sport zog ihn an: Er liebte Tennis, Segeln, Schwimmen .... Er war ein guter Reiter.
Im Internet findet sich eine Fotografie, wie Furtwängler Anfang der 1930er Jahre hoch zu Pferde zu einer Orchesterprobe in Bayreuth ritt. Es wird auch berichtet von seiner Liebe zum Bergsteigen und Klettern. Nach dem Namen seines Bruders ist sogar ein Berggipfel benannt, weil dieser aus dem Bergsteigen einen Beruf gemacht hat. All solche Dinge erscheinen einem doch wichtig, wenn man Furtwängler sonst in Bild- und Tondokumenten immer nur als älteren Dirigenten wahrnehmen kann.

1900 bis 1907 - Furtwänglers erste große Liebe


Abb. 2: Bertele von Hildebrand
Die erste große Liebe eines Lebens kann einen großen Glanz und hellen Schein über das ganze weitere Leben werfen. So jedenfalls scheint es bei Wilhelm Furtwängler gewesen zu sein. Er und seine Geschwister waren in guter Freundschaft verbunden mit den Kindern des Bildhauers Adolf von Hildebrand (1847-1921) (Wiki, engl). Man musizierte gemeinsam, man machte gemeinsame Touren in die Berge. Und eine der Töchter der Hildebrands war Bertele von Hildebrand. Beide lernten sich im Jahr 1900 kennen als Furtwängler 15 Jahre alt war. Schon ein Jahr später verlobten sie sich. Und sie blieben fünf Jahre miteinander verlobt, bis zu Furtwänglers 20. Lebensjahr. Es scheint sich bei beiden um frühreife Menschen gehandelt zu haben. Sie bezeichneten beide die Verlobung später als Ehe. 1909 heiratete Bertele den Komponisten Walter Braunfels (1882-1954) (Wiki) (33). Und es wird berichtet, was Bertele nach dem Tod beider Männer über ihre Beziehung zu Furtwängler erzählte (34, S. 32):
Die Beziehungen zwischen Wilhelm Furtwängler und Walter Braunfels blieben zeitlebens davon überschattet, daß der Komponist Bertele von Hildebrand geheiratet hatte, die mit Wilhelm Furtwängler verlobt gewesen war. Drei Jahre nach beider Tod schilderte Bertele Braunfels die entscheidende Begegnung mit dem gleichaltrigen „Willy“ im Dezember 1900: „den jungen Furtwängler sah ich erst wieder, als er vierzehn Jahre alt war. ... Er war vollkommen ausgewachsen (wurde da auch gleich 15 Jahre alt), sehr schlank und groß; blondes wild gelocktes Haar; sehr starke Augenbrauen über seinen feurigen, schönen, ausdrucksvollen Augen. ..... Er hatte etwas Sieghaftes und machte mir gleich einen riesen Eindruck. ... Im darauffolgenden Winter verlobten wir uns. ... Wir glichen Zweien, die tief verbunden in großer Liebe durch Länder ziehen. Nicht versunken ineinander, sondern in die Herrlichkeit, die uns aufging und uns umgab, und das Hauptland war die Musik, durch das er mich führte. Nach fünf Jahren fühlten wir „die Qualen der langen Verlobung, waren längst reif zu heiraten, aber viel zu jung. ... Er schrieb auch viel weniger, kam dann zu Weihnachten auf ein paar Tage und löste selbst die Verlobung auf. ... Plötzlich wachte er dann auf und das war furchtbar. ... Er schrieb mir: All das vom Fortgehen ist ja falsch, ich will dich wiedersehen so bald wie möglich, ich laß mir meine Hoffnung nicht nehmen.“ Furtwänglers Werben blieb jedoch vergeblich, Bertele von Hildebrand hatte sich inzwischen Walter Braunfels zugewandt, den sie 1909 heiratete. Die Briefe, die Willy und Bertele während ihrer Verlobungszeit gewechselt hatten - sie bezeichneten sie im Rückblick als Ehe - bewahrten sie beide auf.
Abb. 3: Bertele von Hildebrand
in der Verlobungszeit mit Furtwängler
Es scheint: Wer einmal im Leben so starke, nach innen gekehrte und gerichtete Liebe erlebt hat und wer zugleich manche geniale Begabung in sich trägt, aus dem muß danach etwas werden. Es muß geradezu so sein. Eine große Liebe kann durch ein ganzes Leben tragen. - Der Autor dieser Zeilen möchte an dieser Stelle einmal nicht verschweigen, dass ihn die Fotografie von Bertele, insbesondere Abbildung 1, sehr stark an seine eigene erste grosse Liebe erinnert, wobei auch bei dieser eine Begabung im Bereich der Musik, ja, des Komponierens vorlag. Und er möchte aus eigener Erfahrung sagen, dass so etwas das eigene, weitere Leben in tiefer, ja tiefster Weise prägen kann, sowohl was den Anspruch an das Leben betrifft, das Wissen um die Möglichkeiten seelischens Seins - als auch, insofern es ein Wissen um die grossen Gefährdungen eines solchen mit sich bringen kann.

1907, als Furtwängler 21 Jahre alt war, starb sein Vater. Furtwängler mußte nun für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Er tat dies mit Dirigieren.

In einer ganz hervorragenden BBC-Radiodokumentation aus dem Jahr 1964 (3), veröffentlicht zehn Jahre nach dem Tod Furtwänglers, erhält man ebenfalls einen geradezu hinreißenden Zugang zu dem Musizieren Furtwänglers. Zu dieser Zeit zitterte sozusagen die Erinnerung an Furtwänglers Musizieren in der Musikwelt weltweit noch "nach". Dieser Umstand kommt in vielen gebrachten Interviews zum Ausdruck. Um sich in die englische Sprache der Sendung hinein zu hören, macht es Sinn und es lohnt sich, einzelne Passagen der Sendung zwei mal zu hören.

Als Furtwängler 1921 in Hannover die 8. Sinfonie Bruckners dirigierte (3)(5'03ff), sagte der Orchesterleiter einen Tag nach dem Konzert zu seinem Schüler: "Ja, es war ein wundervolles, wundervolles Konzert, aber er holt die Seele aus einem heraus, deshalb kann man so etwas höchstens zwei mal im Monat machen, es wäre sonst zu harte Arbeit für uns." Es waren seine Aufführungen der Bruckner-Sinfonien, mit denen Furtwängler seine frühen Erfolge hatte.

Insbesondere die Wiedergabe des Cembalo-, bzw. Klaviersolos des Brandenburgischen Konzerts Nr. 5 von Johann Sebastian Bach, gespielt von Furtwängler selbst, zieht einen unmittelbar in Bann (3) (etwa 11'00). Auch das, was Berthold Goldschmidt, Hans Keller und Daniel Barenboim über Furtwänglers Bach-Interpretation sagen, ist sehr interessant (3) (10'25-16'32):
Die Kritik mochte Furtwänglers Bach nicht, obwohl sie den enormen Erfolg seiner Aufführung der Brandenburgischen Konzerte anerkannte. Bei der nächsten Probe sagte Furtwängler dazu: "Zu viele Menschen denken, daß wenn sie von der Musik von Bach nicht gelangweilt sind, sie nicht im richtigen Stil gespielt worden ist."
Auch die gebrachte Interpretation einer Bruckner-Sinfonie, zu der womöglich ansonsten nicht jeder leicht Zugang finden würde, spricht unmittelbar an. Ab 44'33 erzählt eine Tochter - offenbar eines Fahrers oder Hausmeisters von Furtwängler über diesen (3) (44'33):
Ich erinnere mich immer an seine Kraft sich zu konzentrieren, die etwas wirklich sehr Außerordentliches war. Seine Art, in der er aus dem gewöhnlichen, alltäglichen Leben heraus und hinüber wechseln konnte zu seinem eigenen Leben. Zum Beispiel konnte er eine halbe Stunde vor dem Beginn seines Konzerts beim Essen sitzen und wenn mein Vater kam und sagte: "Sie müssen jetzt kommen, der Wagen steht schon draußen", dann konnte er sagen: "Oh, ... warten Sie einen Moment, ich möchte ein kleines Nickerchen machen." Und auf seinem Stuhl sitzend schlief er für fünf Minuten ein. Und als er wieder aufwachte, war er in einer völlig anderen Welt. Man konnte ihn immer noch ansprechen und er antwortete auf die Fragen. Aber irgendwie war er weit weg.
Er konnte zwei Stunden im Garten sitzen und ganz ohne Partitur vor einem imaginären Orchester dirigieren, ohne sich um die Kinder zu kümmern, die um ihn herum spielten, so erzählt sie.

Der "Damenwald" hinter Wilhelm Furtwängler


Über Furtwänglers sehr besonderes Verhältnis zu Frauen berichtet die langjährige Privatsekretärin, mit der Furtwängler auch lange Telefonate führte, die später von der Gestapo abgehört wurden, womit ihn die Nazis auch zu erpressen versuchten (zit. n. Wiki):
Er war ein Genie, zusammengesetzt aus intellektueller Direktheit und fast exzessiver Schüchternheit, dessen Ängstlichkeit ihn bei jedem gesellschaftlichen Anlaß geradezu unsichtbar machte, der aber eine so große Anziehungskraft auf Frauen ausübte, daß sie, wenn sie nicht seinem musikalischen Genie zum Opfer fielen, stark von seiner Persönlichkeit eingenommen wurden.
A "genius compounded of intellectual directness and an almost excessive shyness: whose timidity made him efface himself in any gathering, but who had such a great attraction for women that, if they did not fall victim to his musical genius, [they] were fascinated by his personality."
Und von solchen Frauen scheint es unglaublich viele gegeben zu haben. Seine zweite Ehefrau spricht von einem ganzen "Damenwald", der hinter Furtwängler gestanden habe, als sie ihn 1940 kennenlernte (7). Indem man sich diese Frauenbekanntschaften ansieht, bekommt man zugleich auch einen guten Einblick in das deutsche Kulturbürgertum der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Denn diese Frauen stammen mehrmals aus recht bekannten Familien. Im Internet findet man dazu aber einstweilen nur bruchstückhafte Ausschnitte. Das folgende wird also künftig nach Bibliotheksbesuch noch zu ergänzen sein.

Furtwängler hatte zwei Söhne und vier Töchter: Wilhelm (Geburtsjahr nicht bekannt), Dagmar (geb. 1920), Friederike (geb. 1921), Iva (geb. 1922), Almut (geb. 1934) und Andreas, sein letztes Kind. Sie hatten wohl alle andere Mütter.

Seit 1911 kannte Furtwängler die Schauspielerin Elisabeth Huch (1883-1956), eine Tochter der deutschen Schriftstellerin Marie Huch (1853-1934) (Wiki), (Diese war wiederum Tochter des deutschen Schriftstellers Friedrich Gerstäcker (1816-1872) (Wiki), eines zu seiner Zeit sehr bekannten und viel gelesenen Reiseschriftstellers. Er schrieb im etwas "gefühlvollen" Stil der damaligen Zeit.) Furtwängler wollte Elisabeth Huch heiraten. Aber da sie zwei Jahre älter war als er, wollte sie darauf nicht eingehen. Und das, obwohl er zeitlebens für sie die große Liebe ihres Lebens war und blieb. So berichtet es ihre gemeinsame Tochter Friederike Huch (spätere verheiratete Kunz) 2010 (8). Als sie ihn später dann doch heiraten wollte, so erzählt die Tochter weiter,
war er berühmt geworden und hatte unendlich viele Erlebnisse.
Gemeint ist natürlich: mit Frauen. Aus diesen Frauenbekanntschaften, -affären und aus den Beziehungen mit diesen gingen mehrere uneheliche Kinder hervor. 1920 wurde (offenbar) Furtwänglers uneheliche Tochter Dagmar Bella geboren (MyHeritage), die spätere Pianistin Dagmar Bella-Sturli (1920-1999), die (offenbar) mit ihrem Vater auch Konzerte gab (s. Google Gruppen). Außerdem gab es noch den unehelichen Sohn Wilhelm "Willi" Furtwängler.

Abb. 4: Wilhelm Furtwängler, 1920er Jahre
1921 wurde die schon genannte Tochter Friederike Huch in München geboren. Sie ist Anfang der 1940er Jahre Schauspielerin geworden und wurde selbst nach dem Krieg Mutter von sieben Kindern. In einem Interview des Jahres 2010 blickt sie sehr gelassen auf ein rundum erfülltes Leben zurück. Sie sagt auch, daß sie ein ausgesprochenes Wunschkind ihrer Mutter gewesen war (8). Und ähnliches berichtet Furtwänglers zweite Ehefrau Elisabeth auch über die anderen unehelichen Kinder Furtwänglers, die in dieser Zeit geboren wurden (n. Shirakawa):
Die Frauen, von denen er Kinder hatte, waren alle über dreißig und sie wußten alle sehr genau, was sie taten - Sie verstehen, was ich meine. Wilhelm aber hatte niemals im geringsten die Absicht, sie zu heiraten, auch wenn er mit ihnen immer in gutem Einvernehmen blieb.
Eine seiner Geliebten war eine Frau Hutchinson, die 1922 die gemeinsame Tochter Iva Hutchinson auf die Welt brachte. Er hatte offenbar mit Mutter und Tochter noch bis 1935 einen gemeinsamen Haushalt. Sie lebten in München. 1935 aber kam es aber (offenbar) zu einer Trennung mit ihr. Die Beziehung hatte unter den langen Zeiten der Abwesenheit Furtwänglers gelitten. Eine Bekannte war bei einem Gespräch beider miteinander anwesend und schrieb anschließend in einem Privatbrief (GB):
Da er die Frau zu lange allein ließ, ist nun vieles schwierig geworden. (...) Darum reist er ab.
Verstanden war dies von ihr so, daß Furtwängler um der Trennung von dieser Frau willen 1935 die ihm angebotene Stelle in New York annehmen wollte, die er dann doch nicht annahm, was auch viele politische Gründe und Folgen hatte.

Am 22. Mai 1923 heiratete Furtwängler die gleichaltrige Dänin Zitla Lund, eine außerordentlich schöne Frau, die er erst drei Monate zuvor kennen gelernt hatte. Zitla Lund war zum Zeitpunkt des Kennenlernens in zweiter Ehe mit einem Millionär verheiratet gewesen. Aber Furtwänglers außerordentlicher Charme scheint ausgereicht zu haben dafür, daß sie sich sofort scheiden ließ, um Furtwängler zu heiraten. Elisabeth Furtwängler erzählte dem Furtwängler-Biographen Shirakawa, daß Zitla ihr einmal gesagt habe, daß sie so wohlhabend geblieben wäre, wenn sie mit ihrem zweiten Ehemann zusammen geblieben wäre, und daß sie sich wundern muß, warum sie ihn für Furtwängler verlassen habe. (Die zweite Ehefrau Wilhelm Furtwänglers macht in vielen ihrer Äußerungen einen gefühlsmäßig außerordentlich "nüchternen", ja, unbeseelten Eindruck, so daß man sich wundern muß, daß Furtwängler mit ihr sein letztes Lebensjahrzehnt verheiratet war. Das Interview mit ihr muß nicht unbedingt den besten Eindruck von Furtwängler selbst und auch von ihr geben. Auch in den eben getätigten Ausführungen hebt sie außerordentlich materielle Motive für das Bedauern darüber hervor, sich haben scheiden zu lassen um eines anderen Mannes willen.) Die Anziehung zwischen Zitla Lund und Wilhelm Furtwängler scheint nicht von langer Dauer gewesen zu sein, beide scheinen schon ziemlich bald nach der Hochzeit andere Beziehungen eingegangen zu sein. - Die Schauspielerin Irmgard (Irme oder Irma) Schwab (1905-1995) (MyHeritage) (GB) stammte aus Weil der Stadt und wurde dort (nach freundlichen Auskünften von W. Schütz, Stadtmuseum Weil der Stadt)
1905 als Tochter des praktischen Arztes Dr. med. Ernst Schwab (*23.10.1863 in Öhrringen, † 11.9.1907 in Weil der Stadt) und seiner  Ehefrau Agnes, geb. Schöninger (Tochter des Ochsenwirts August Schöninger  in Weil der Stadt) geboren. Sie lebte in der Nachkriegszeit in Weil der Stadt, später in München.
1934 hat sie die gemeinsame Tochter Almut bekommen, spätere verheiratete Hahn. In der Ausgabe der Furtwängler-Briefe aus dem Jahr 1965 sind auch Briefe an seine Tochter Almut enthalten und es ist in den Briefen von ihr die Rede (GB). Bis 1941 hatte er fünf bekannte uneheliche Kinder. Und manche vermuteten, daß es noch uneheliche Kinder gab, die nicht bekannt wurden. (Wenn jetzt die Menschen - wie der Autor dieser Zeilen - auf MyHeritage ihre Gene sequenzieren lassen, könnten noch weitere Nachkommen Furtwänglers festgestellt werden.)






Auf die berufliche Karriere Furtwänglers soll im vorliegenden Beitrag nicht eingegangen werden, auch nicht auf die vielen überlieferten Tonaufnahmen von Konzerten, die Furtwängler gegeben hat. Von diesen kann man sich ja auf Youtube heute leicht einen Eindruck verschaffen.

1933 - Für Furtwängler sind die Nazis eine "Schweinerei"


Kraftvoll setzte sich Furtwängler 1933 und danach für deutsches Kulturbewußtsein ein. Es ist eine Freude, Furtwängler zu erleben, wie geradezu "saftig" er es den Nazis wieder und wieder "gab". Und es ist hochgradig bedauerlich, daß so viele Verehrer Furtwänglers im In- und Ausland sich darüber noch heute oft so wenig scheinen freuen zu können, nur weil Furtwängler in späteren Jahren des Dritten Reiches - gegen seine eigenen Prinzipien - zwei oder drei Konzerte mit eindeutigerem politischen Bezug gegeben hat. Meines Erachtens fällt das kaum ins Gewicht, wenn man sieht, mit welcher lebendigen Freudigkeit der Furtwängler die Nazis aus tiefster Seele verachtet und gehaßt hat und wie er auch - zumindest in den Anfangsjahren - dabei aus seinem Herzen nie eine Mördergrube gemacht hat. In der deutschen Musik geschah damals das gleiche wie in der deutschen Physik und Naturwissenschaft: Hervorragende Wissenschaftler jüdischer Herkunft verloren ebenso ihre Stellen wie hervorragende Künstler jüdischer Herkunft. Furtwängler stand an der Spitze des deutschen Musiklebens. Und er wurde seiner Stellung vollkommen gerecht. Anfang Mai 1933 schrieb er an Goebbels ein sehr, sehr schönes Schreiben, aus dem nur die folgenden Kernsätze gebracht seien. Den Kampf der Nationalsozialisten gegen die Verflachung des Kulturlebens begrüßte Furtwängler, aber, so schrieb er weiter:
 
Wenn dieser Kampf sich auch gegen wirkliche Künstler richtet, ist das nicht im Interesse des Kulturlebens. Schon weil Künstler, wo es auch sei, viel zu rar sind, als daß irgendein Land sich leisten könnte, ohne kulturelle Einbuße auf ihr Wirken zu verzichten. Es muß deshalb klar ausgesprochen werden, daß Männer wie Walter, Klemperer, Reinhardt usw. auch in Zukunft in Deutschland mit ihrer Kunst zu Worte kommen müssen. Deshalb noch einmal: Unser Kampf gelte dem wurzellosen, zersetzenden, verflachend destruktiven Geiste, nicht aber dem wirklichen Künstler, der in seiner Art immer, wie man seine Kunst auch einschätzen möge, ein gestaltender ist und als solcher aufbauend wirkt. 
Ich unterstreiche seine Worte drei und vier mal. Im Juni 1933 notierte er sich in Vorbereitung auf ein Gespräch mit Goebbels (zit. n. Wiki): 
Die jüdische Frage in der Sphäre der Musik: eine Rasse brillanter Leute! 
(Rückübersetzt von: "The Jewish question in musical spheres: a race of brilliant people!")
Auch diesen Satz unterstreiche ich drei oder vier mal und freue mich an ihm. Die Nazis waren Barbaren. Punkt. 1934 nannte Furtwängler Hitleröffentlich einen "Feind der Menschheit" und die politische Situation in Deutschland eine "Schweinerei". Und daran soll man sich nicht freuen? Im September 1935 berichtete der Bariton Oskar Jölli, ein Parteimitglied, an die Gestapo, daß Furtwängler gesagt hatte (zit. n. Wiki):
Die an der Macht sollten alle erschossen werden, es wird sich nichts ändern, so lange das nicht geschehen ist.
Ob man Erschießen befürworten soll, bleibe dahin gestellt. Das ist einem Rechtsstaat nicht angemessen. Erich Ludendorff zum Beispiel hatte in jener Zeit gefordert, sie sollten alle vor Gericht gestellt werden, das hätte ja reichen sollen. Bis Januar 1936 durfte Furtwängler auf Befehl Hitlers nicht mehr dirigieren. Dann boten ihm Hitler und Goebbels teure Geschenke an. Furtwängler lehnte sie ab. Hitler gegenüber war er keineswegs derart bestechlich wie es etwa Paul von Hindenburg war, dessen Bereitschaft zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler mit seinem hoch verschuldeten ostpreußischen Gut Neudeck "erkauft" werden konnte von den Nazis (siehe andere Beiträge hier auf dem Blog). In Bayreuth kam es erneut zu einem Gespräch zwischen Hitler und Furtwängler. Ein Mitglied der Familie Wagner - Friedelind Wagner (1918-1991) (Wiki, engl) - erlebte es persönlich mit und berichtete darüber (in Rückübersetzung) (zit. n. Wiki): 
Ich erinnere mich, daß sich Hitler an Furtwängler wandte und ihm sagte, daß er sich dazu durchringen solle, sich für Propagandazwecke der Partei benutzen zu lassen, und ich erinnere mich, daß Furtwängler das kategorisch ablehnte. Hitler wurde wütend und sagte Furtwängler, daß für diesen Fall ein Konzentrationslager für ihn bereit stünde. Furtwängler antwortete leise: "In diesem Fall, Herr Reichskanzler, wäre ich wenigstens in guter Gesellschaft." Hitler konnte noch nicht einmal antworten und verließ den Raum. 
(Rückübersetzung von: I remember Hitler turning to Furtwängler and telling him that he would now have to allow himself to be used by the party for propaganda purposes, and I remember that Furtwängler refused categorically. Hitler flew into a fury and told Furtwängler that in that case there would be a concentration camp ready for him. Furtwängler quietly replied: "In that case, Herr Reichskanzler, at least I will be in very good company." Hitler couldn't even answer, and vanished from the room.)
Was für herrliche Worte, die da einem Diktator ins Angesicht gesprochen wurden. Furtwängler brachte Hitler dieselbe Haltung entgegen wie zu gleicher Zeit - unter anderem - das Ehepaar Erich und Mathilde Ludendorff, dem Hitler ja auch verschiedentlich mit KZ und Ermordung drohte. Und über all das soll man sich nicht freuen? Nun, vieles davon wurde ja damals in der großen Öffentlichkeit gar nicht bekannt. Und zumindest der große italienische Dirigenten-Kollege Furtwänglers, Toscanini, freute sich gar nicht über Furtwängler. Er kritisierte auf den Salzburger Festspielen desselben Jahres Furtwängler dafür, daß er überhaupt für das Dritte Reich arbeite. Furtwängler versuchte, sich durchgehend an den Grundsatz zu halten, daß er Politik und Kunst voneinander streng trennte. Nur bei ganz wenigen Gelegenheiten gelang es den Nationalsozialisten, ihn zu übertölpeln oder mehr oder weniger zu erpressen, diesen Grundsatz nicht einzuhalten. Furtwängler jedenfalls war klar wie selten jemand dem deutschen Widerstand gegen Hitler und den Nationalsozialismus zuzurechnen.


Abb. 5: Furtwängler und der Bühnenbildner Emil Preetorius (Wiki) in Bayreuth 1937

Furtwängler kritisierte in einem Brief an Winifred Wagner, den er zugleich an Hitler, Göring und Goebbels schickte, daß sie das Erbe Richard Wagners verraten würde, indem sie rassische und nicht künstlerische Maßstäbe bei der Wahl der Künstler anwende würde, und indem sie ihr "Vertrauen in die Macht des autoritären Staates" setze.  Furtwängler war also immer noch absolut freimütig.


Furtwängler hatte in seiner Jugend von einem Schüler seines Vaters zeitweise Klavierunterricht erhalten. Es war dies der Archäologen, Kunsthistoriker und Musikwissenschaftler Walter Riezler (1878-1965) (Wiki), der damals auch Hauslehrer in der Familie von Hildebrand war. 1933 hat Riezler - als Befürworter der modernen Kunst - seine Stellung als Museumsleiter in Stettin verloren, ebenso wie die von ihm heraus gegebene Kunstzeitschrift "Form". 1936 veröffentlichte Riezler aus seiner Zurückgezogenheit heraus ein Beethoven-Buch. Furtwängler schrieb dafür das Vorwort. 1938 erschien das Buch auch in den USA (35).

Gleich nach dem Anschluß Österreichs im März 1938 sah Furtwängler eine Hakenkreuzfahne in dem Wiener Konzertsaal, in dem er dirigieren sollte. Er ließ sie abhängen, bevor er anfing zu dirigieren. Weiterhin: absolut freimütig.

1939 nahm er den Orden der Ehrenlegion der französischen Regierung an. Das wurde in Deutschland als Affront empfunden und in der deutschen Presse durfte darüber nicht berichtet werden. Er handelte weiter absolut freimütig.


Nach Beginn des Krieges weigerte sich Furtwängler allezeit, in von Deutschland besetzten Gebieten - insbesondere in dem von ihm sehr geliebten Frankreich - zu konzertieren. Nur bei einem Konzert in Prag machte er eine Ausnahme. Und dort spielte er den Nationalkomponisten der Tschechen: Smetana.


1940 - Seine zweite Ehe bahnt sich an


Nun noch ein Blick in sein Privatleben in dieser Zeit. Zwischen 1936 und 1940 war Wilhelm Furtwängler - unter anderem - mit Maria Daelen befreundet und liiert, eine Ärztin, die vorher schon mit vielen anderen Männern liiert war. Sie stammte aus der ersten Ehe ihrer Mutter Katharina von Kardorff-Oheimb (1879-1962) (Wiki). Letztere war eine privat, frauenrechtlich und politisch umtriebige Frau gewesen. Sie galt zeitweise - Mitte der 1920er Jahre - als politische Beraterin des deutschen Reichskanzlers Gustav Stresemann
(Wiki). Sie war in ihrem Leben mit vier Ehemännern verheiratet und hatte sechs Kinder bekommen. Ihr bekannter und einflußreicher liberaler politischer Salon in Berlin wurde - beispielsweise - 1930 in einem Gedicht von Kurt Tucholsky verspottet. Der Tenor des Gedichtes lautete: Sie könne noch so geziert-betulich-geistreich fortschrittlich sein in ihrem Salon, die roten Arbeiterbataillone seien "schneller" als sie und würden über sie und ihr Wirken hinweg gehen. Und wie nebenbei wirft dieses Gedicht ein Licht auf die Frage, warum so viele Deutsche damals die NSDAP gewählt haben. - Über ihre Tochter Maria Daelen nun lernte Furtwängler auch deren jüngere Halbschwester kennen, die damalige Elisabeth Ackermann, die aus der zweiten Ehe der gemeinsamen Mutter hervorgegangen war. Im Juni 1940 wurde diese Elisabeth Ackermann mit vier Kindern Kriegerwitwe, nachdem ihr erster Mann als Soldat in Paris beim Hantieren mit Schußwaffen tödlich verunglückt war. Viele Details über ihr Leben hat diese Elisabeth Furtwängler (1910-2013) (Wiki) erst 2007 in einem Buch veröffentlicht, über das es im Klappentext heißt (Amaz, 2007):

Mit vier Kindern und im Alter von 30 Jahren wird sie Kriegerwitwe und lernt 1940 den 25 Jahre älteren Dirigenten kennen. Er ist mit Maria, ihrer Lieblingsschwester liiert. Daß er sich für Elisabeth entscheidet, ist der Ausgangspunkt tiefgreifendster Konflikte. Davon zeugen die etwa 500 Briefe, von denen in diesem Buch zum ersten Mal eine prägnante Auswahl abgedruckt wird. Die Dokumente zeigen ganz neue Facetten des Musikgenies Furtwängler und geben einen tiefen Einblick in das Innenleben seiner ihm ergebenen und doch selbstbewußten Ehefrau.
In dieses Buch also muß unbedingt noch ein Blick geworfen werden, wenn ein vollständiges Bild von Person und Wirken von Wilhelm Furtwängler gewonnen werden soll. Im Sommer 1941 schickt Wilhelm Furtwängler Elisabeth Ackermann sein Porträt mit Widmung und zeigt ihr sein Haus in Potsdam. Seinen Annäherungsversuch, der heute recht eindeutig als "sexuelle Belästigung" gelten würde, weist sie da noch mit einem kräftigen Rippenstoß zurück. Aber am 1. Januar 1942 fahren die beiden Schwestern nach Wien, um Furtwängler zu treffen. Und dort verliebt sich Elisabeth in Wilhelm Furtwängler. Das charakterisiert sie im Interview sehr schön. Es sei gewesen, wie wenn Amor seine Pfeile versendet und dabei ganz "Unschuldige" träfe. Eine irre Zeit! Und irgendwie auch irre Leute. Nun durfte sie Furtwängler auch küssen. Und sie war am Abend danach damit "zufrieden". Und nun begann ein intensiver Briefwechsel zwischen Wilhelm Furtwängler und Elisabeth Ackermann. Im Juni 1942 sahen sie sich in Heidelberg wieder, wo die Mutter Furtwänglers lebte. Furtwängler sprach ihr gegenüber gleich von Ehe. Elisabeth sagte im Interview noch lange nach seinem Tod dazu:
Ehe - der Furtwängler, ausgerechnet er, mit diesem - ich meine, wie soll ich sagen - "Damenwald" hinter ihm!
Wie gesagt: Irre Leute. Nun, und doch wurde diese Ehe schließlich geschlossen, in aller Heimlichkeit. Aber das "Ja!" habe Furtwängler sehr laut heraus gerufen auf dem Standesamt.



Abb.: Wilhelm Furtwängler (1944?)


1944 - "Große Hochachtung bringt der Führer Furtwängler entgegen"


Zurück zur Politik. Zu dieser können im vorliegenden Beitrag natürlich noch nicht alle Zusammenhänge vollständig dargestellt werden. Aber am 4. März 1944 schreibt Joseph Goebbels in sein Tagebuch:

Große Hochachtung bringt der Führer Furtwängler entgegen. Er hat sich in nationalen Fragen tadellos benommen; das werden wir ihm nach dem Kriege nicht vergessen. Der Führer hat angeordnet, daß ihm ein Bunker gebaut ...
Dieser Bunker wurde ihm tatsächlich in sein Wohnhaus in Berlin gebaut. Furtwängler weigerte sich aber, ihn zu benutzen. Er ließ sich weiterhin nicht kurzerhand "Geschenke" geben. Goebbels schrieb weiter in sein Tagebuch:

Er ist nie Nationalsozialist gewesen, hat auch nie ein Hehl daraus gemacht.
Das hätte Juden und Emigranten ausgereicht, um ihn als einen der ihren zu erachten, als eine Schlüsselfigur der sogenannten "inneren Emigration". Furtwänglers Haltung gegenüber ihnen, den Nationalsozialisten, hätte sich nie geändert. Er sei eine "Persönlichkeit aus einem Guß", auch sei er im Bombenkrieg nicht aus Berlin "ausgerissen wie viele andere sogenannte Künstler", sondern habe sich voll in den Dienst seines Berliner Publikums gestellt. Englisch (zit. n. Wiki):
"Furtwängler has never been a National Socialist. Nor has he ever made any bones about it. Which Jews and emigrants thought was sufficient to consider him as one of them, a key representative of so-called 'inner emigration'. Furtwängler['s] stance towards us has not changed in the least ...."
Nun, was von dem "Lob" eines Joseph Goebbels zu halten ist - nach der einen oder anderen Richtung hin - ist ja allgemein bekannt. Wenn es im Dritten Reich auch viele "falsche Fufziger", verlogene Politiker gab - Goebbels war sicherlich einer der verlogensten unter ihnen. Der Justizminister Gürtler sagte dazu in anderem Zusammenhang, daß Goebbels es fertig brächte, noch aus der hell leuchtendsten Wahrheit ein Lüge zu machen.
 

1946 - Wilhelm Furtwänglers "Entnazifizierung"


Ein Mann wie Wilhelm Furtwängler mußte "entnazifiziert" werden, man glaubt es kaum. Und nichts ist kennzeichnender für diese sogenannte "Entnazifizierung" wie dieser Umstand. Der zum Deutschenhasser und "Antideutschen" gewandelte deutsche Schriftsteller Thomas Mann, der schließlich sogar Kriegsverbrechen wie die Zerstörung seiner Heimatstadt Lübeck schönredete, schrieb - wie konnte es wohl anders sein - eine Schrift gegen Wilhelm Furtwängler, den auch er bis 1933 verehrt hatte. Am 6. August 1946 hatte ein "Deutscher Prüfungsausschuß" festgestellt:
Der Deutsche Prüfungsausschuß ist der Ansicht, daß Herrn Dr. Wilhelm Furtwängler das Dirigieren gestattet werden kann. Der Ausschuß ist nicht der Ansicht, daß Herrn Dr. Furtwängler zur Zeit eine direktorale Tätigkeit übertragen werden sollte.
In der Begründung hieß es:
Belastend für Herrn Dr. Furtwängler ist, daß er den Widerstand, den er anfangs gegen die kulturpolitischen Forderungen des Dritten Reiches leistete, 1935 aufgab und von diesem Zeitpunkt ab - zumindest für die deutsche Öffentlichkeit - mit dem Gewicht seiner künstlerischen Bedeutung den kulturellen Interessen des Dritten Reiches diente. Diesem Verhalten stand keine antifaschistische Aktion von Bedeutung gegenüber.
Nun, er hatte nicht den kulturellen Interessen des Dritten Reiches gedient, sondern den kulturellen Interessen Deutschlands. Aber das konnten Leute wie Thomas Mann und Menschen seines Geistes damals nicht mehr auseinander halten. Furtwängler beantragte schließlich auf eigenen Wunsch einen Entnazifizierungsprozeß gegen sich. Das Vorgespräch dazu fand am 10. Dezember 1946, die Verhandlung fand am 11. und 17. Dezember 1946 statt. Furtwängler sagte darin gegen die Kritik von Thomas Mann (zit. n. Kanzog 2013):
Meint Thomas Mann wirklich, daß man im Deutschland Himmlers nicht Beethoven musizieren durfte? Konnte er sich nicht denken, daß niemals Menschen es nötiger hatten, es inniger und schmerzlicher ersehnten, Beethoven und seine Botschaft der Freiheit und Menschenliebe zu hören, zu erleben, als gerade die Deutschen, die unter dem Terror Himmlers leben mußten? Ich konnte Deutschland in seiner tiefsten Not nicht verlassen!
Erst in letzter Zeit findet mehr Berücksichtigung, daß Furtwängler in Deutschland den Unterhalt zu zahlen hatte für fünf Kinder, daß diese Kinder unter seinem Schutz standen, ebenso deren Mütter. Wie konnte er sich da - ohne große Not - einfach aus dem Staube machen? Es gibt da viele Umstände zu berücksichtigen. Darüber soll an dieser Stelle auch gar kein abschließendes Urteil gefällt werden. Am 1. Juli 1947 - nachdem er als "Minderbelasteter" eingestuft worden war von der Entnazifierungsbehörde - schrieb Furtwängler einen persönlichen Brief an Thomas Mann und bat ihn um eine Aussprache. In seiner Antwort zeigte sich Thomas Mann unversöhnlich und sagte das von Furtwängler gewünschte Treffen ab. Auf einen zweiten Brief Furtwänglers antwortete Mann gar nicht mehr. In sein Tagebuch schrieb er nur: "Neues, langes Schreiben von Furtwängler, töricht."


Abb. 6: Sonderbarerweise rücken einem auch nur "irgendwie" kolorierte Aufnahmen
Menschen aus der Zeit der Schwarz-Weiß-Fotografie viel näher

Ein Klima des Hasses und der Unversöhnlichkeit zwischen zwei erklärten Gegnern des Nationalsozialismus und Hitlers. Man glaubt es kaum.

1951 - "Das Größte und das Wesentlichste an der Zauberflöte ist der Adel der Natur"


Es ist eine Tonaufnahme überliefert, in der Wilhelm Furtwängler 1951 Fragen von Musikstudenten an der Hochschule für Musik in Berlin beantwortet (2). Hier kann man manche schöne Äußerung von ihm hören. Man hört auch sein berühmtes "Zögern" heraus, wie er noch während des Sprechens um Ausdruck ringt. Über die Auswahl von Sängerinnen sagt er bei diesem Anlaß etwa die schönen Worte (2):
Ich weiß aus Erfahrung soundso viele Fälle, wo Sängerinnen, die ich für technisch ziemlich mäßig hielt, viel mehr gewirkt haben als andere, die technisch absolut fabelhaft waren.
Ist es nicht so? Was hilft alle Vollkommenheit in der technischen Beherrschung einer Sache, wenn das eine fehlt: die Seele? Oder wenn auch nur die Fähigkeit fehlt, Seele wirksam nach außen mitzuteilen. Es wird gesprochen über die Natur der Mozart-Oper "Die Zauberflöte" und wie man sie aufführen solle (1951; 9'20):
Sie meinen also, ob man's (aufführen solle) als Märchen, ob man's als Weihefestspiel oder ob man's als Singspiel oder als Operette (aufführen solle)? [Heiterkeit im Publikum] Ja, ... das liegt an der Zauberflöte. Das ist ein einzigartiges Werk in dieser Beziehung. (...) Das Genre der Zauberflöte ist eigentlich auch nicht zu definieren als solches. (...) Es ist zum Teil eine Freimaurer-Oper (...), zum Teil ist es zu einem Vorgänger der späteren Operette [geworden - durch die nachmalige Entwicklung] ... - allerdings in einer ganz hohen Weise, nicht wahr. Es ist der Versuch, wie soll man sagen, absolut gemeinverständlich, bis zum äußersten gemeinverständlich zu sein, ohne irgendetwas von den hohen, den höchsten Ambitionen auf zu geben, die Mozart in sich trug. Und das ist das Einzigartige daran. Und es ist ganz falsch, es ist meiner Meinung nach ein falscher Intellektualismus, sozusagen, wenn man das nun restringieren will auf irgend etwas. Wenn man also nur das Märchen sieht oder wenn man es als große Schau-Oper macht oder nur als Weihe-Festspiel. Man muß eben verstehen, daß da die ganze Natur drin ist. ... Hier ist eine Idee, daß grade keine Idee (da) ist, sondern etwas viel Größeres. Darin liegt das ganz Einzigartige dieses Werkes. ... Die Zauberflöte ist das reifste und das unbegreiflichste Werk der ganzen Weltliteratur.
Und er sagt (2; Min. 13'09):
Das Größte und das Wesentlichste an der Zauberflöte ist der Adel der Natur, der aus allem, jeder musikalischen Bildung spricht. Und dieser Adel, das ist Eigentum von Mozart. Das heißt also, nicht nur des Menschen Mozart, man kann auch sagen, des ganzen Menschentums, was hinter ihm steht, das ist ganz Europa in gewissem Sinne. Aber nicht nur die Epoche, sondern ein ganz- .... Und dieses Menschentum ist eigentlich das Wesentliche. (...) Warm, schlicht, einfach und edel. (...) Diese Art von hoher Naivität. Das ist so schwer, weil wir heute im allgemeinen unsere Naivität verloren haben und sie wieder suchen.
Als Wilhelm Furtwängler starb, stand sofort als ein Nachfolger allerorten Herbert von Karajan bereit. Und soweit man sieht, ist er allseits als würdiger Nachfolger Wilhelm Furtwänglers empfunden worden. Über ihn soll ebenfalls noch ein Beitrag erscheinen, so daß die größte Zeit des 20. Jahrhunderts abgedeckt worden ist: Die "Ära Furtwängler" (1922-1954) und die "Ära Karajan" (1955-1989), jene Epocheneinteilung des 20. Jahrhunderts, die vermutlich die einzig erinnerungswürdige ist. Karajan jedoch lebte und erlebte nicht den erschütternden Zwiespalt, den Wilhelm Furtwängler noch kurz vor seinem Tod mit 68 Jahren spürte, nämlich daß er zeitlebens glaubte, in seinem Leben - eigentlich - versagt zu haben. Noch während seiner letzten Krankheit schrieb Furtwängler in einem Brief (zit. n. 3; 1'21'00)(eigene Rückübersetzung aus dem Englischen):
Die Arbeit eines Dirigenten ist am Abend nach dem Konzert vorbei. Deshalb ist das Dirigieren eine Tätigkeit, die auf (verwehendem) Klang beruht. Im Angesicht der Nachwelt ist eine vollendete Komposition mehr wert als ein ganzes Leben als Dirigent. Deshalb erscheint mir Komponieren als die dringlichere Aufgabe. Unglücklicherweise verführten mich die Umstände der Welt und ich widmete dieser Aufgabe zu wenig Zeit. Heute hat mich meine schwere Krankheit an mein Versäumnis erinnert.
Was ist unsere Antwort auf dieses fast letzte Lebenszeugnis Furtwänglers?

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Korrigiert und ergänzt nach Auskünften 
von W. Schütz, Stadtmuseum Weil der Stadt:
9.8.2019

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  1. Kaiser, Joachim: Warum gilt Furtwängler als größter Dirigent aller Zeiten? Kaisers Klassik-Kunde, Folge 11. In: Süddeutsche Zeitung, 27. Juli 2009, http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/30009/kaisers-klassik-blog, https://youtu.be/TTLm8EsC2KU
  2. Werner Egk und seine Studenten befragen Wilhelm Furtwängler. Aufgenommen am 27. Februar 1951 in der Hochschule für Musik in Berlin), https://youtu.be/adHEtPF4sy8
  3. Wilhelm Furtwängler 1886-1954. A commemorative programme on the tenth anniversary of his death. Transmitted by the BBC Third Programme on Monday 30th November 1964, Compiled and introduced by Christopher Nupen, Produced by Christopher Sykes, 1 Std., 20 Min., https://youtu.be/9NTO1VItLmE
  4. Furtwängler Dokumentation - Wilhelm Furtwängler Interviews und Biographie. 1 Stunde. Auf Englisch. o. J., https://youtu.be/L2D_vGdwsUo
  5. Wright, Stephen: Pultstars unseres Jahrhunderts. 1. und 2. Teil. 1994https://www.youtube.com/watch?v=0VA_tvZYpPI
  6. Szábo, István: Taking Sides. Spielfilm, 2001https://youtu.be/V5fo4hEe1RQ
  7. Jan Schmidt-Garre: So war er. Maria Furtwängler blickte auf ihr Leben mit dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler. Bayerischer Rundfunk, pars media 2004, https://youtu.be/TYtzewocufs?t=5m6s
  8. Furtwängler-Tochter Friederike Kunz erzählt von Wilhelm Furtwängler (Juli 2010). Youtube-Kanal "Music Film Art" von Ute Neumerkel, 2012, https://youtu.be/r8yxzMJSmGQ
  9. Friederike Kunz erzählt - Kostproben aus 2 DVDs Familiengeschichte. Ohne Datum, http://uteneumerkel.de/filme_Kunz_Kostproben.html
  10. Briefwechsel Furtwängler - Goebbels. Deutsche Allgemeine Zeitung, 11. April 1933; abgedruckt in Paul Meier Benneckenstein (Hg.): Dokumente der deutschen Politik, Band 1: Die Nationalsozialistische Revolution 1933, bearbeitet von Axel Friedrichs. Berlin, 1935, S. 255-58; http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/German84.pdf
  11. Geissmar, Berta: The Baton and the Jackboot: Recollections of Musical Life. London and Edinburgh: Morrison and Gibb ltd. 1944; Deutsche Übersetzungen: Musik im Schatten der Politik. Atlantis, Zürich, 1951; Taktstock und Schaftstiefel. Erinnerungen an Wilhelm Furtwängler. Vorwort und Anmerkungen von Fred K. Prieberg. Dittrich, Berlin 1996
  12. Riess, Curt: Furtwängler, Musik und Politik. Scherz, Bern 1953
  13. Höcker, Karla: Begegnung mit Furtwängler. Bertelsmann 1956; Wilhelm Furtwängler: Begegnungen und Gespräche. Rembrandt, 1961; Die nie vergessenen Klänge. Erinnerungen an Wilhelm Furtwängler. Arani, 1979, 1999
  14. Furtwängler, Wilhelm: Briefe. Mit vier Bildnissen und einem Handschrift-Faksimile. Hrsg. von Frank Thiess, F. A. Brockhaus, Wiesbaden 1965 (GB)
  15. Furtwängler, Elisabeth: Über Wilhelm Furtwängler. Brockhaus, Wiesbaden 1979; 4. Auflage, Atlantis-Musikbuch-Verlag, Zürich/Mainz 2006
  16. Prieberg, Fred K.: Kraftprobe. Wilhelm Furtwängler im Dritten Reich. Brockhaus, Wiesbaden 1986
  17. Schönzeler, Hans-Hubert: Furtwängler. Portland, Oregon: Timber Press 1990
  18. Kraus, Gottfried (Hg.): Ein Maß, das heute fehlt. Wilhelm Furtwängler im Echo der Nachwelt. 1991
  19. Shirakawa, Sam H.: The devil’s music master - the controversial life and career of Wilhelm Furtwängler. Oxford Univ. Press, New York 1992 (GB)
  20. Ardoin, John: The Furtwängler Record. Portland, Oregon: Amadeus Press 1994
  21. Schmidt-Garre, Jan: Furtwänglers Liebe, Filmessay. Auf DVD bei Arthaus
  22. Haffner, Herbert: Furtwängler. Parthas, Berlin 2003 (GB)
  23. Straub, Eberhard: Die Furtwänglers. Geschichte einer deutschen Familie. Siedler Verlag, München 2007 (In der Hauptsache handelt das Buch von Wilhelm Furtwängler)
  24. Lang, Klaus: Elisabeth Furtwängler - Mädchen mit 95 Jahren? Novum Publishing, 2007 (Amaz)
  25. Misha Aster: Das Reichsorchester. 2007
  26. Furtwängler, Wilhelm: Aufzeichnungen 1924-1954. Hrsg. v. Elisabeth Furtwängler und Günter Birkner. Schott Music, Mainz 2009‎ 
  27. Dietrich Fischer-Dieskau: Jupiter und ich. 2009
  28. Roncigli, Audrey: Le cas Furtwängler. Paris: Imago 2009
  29. Lang, Klaus: Wilhelm Furtwängler und seine Entnazifizierung. Shaker Media Verlag, Aachen 2012 (Rez.: Udo Badelt)
  30. Kanzog, Klaus: Offene Wunden. Wilhelm Furtwängler und Thomas Mann. Vortrag in der Furtwängler-Gesellschaft, Berlin, 12. Mai 2013 http://www.furtwaengler-gesellschaft.de/download/Kanzog_Vortrag1.pdf
  31. Wilhelm Furtwängler In Diskussion / Werkverzeichnis Wilhelm Furtwängler. Amadeus Verlag (Bernhard Päuler), Winterthur, Schweiz
  32. Götz Teutsch: Wilhelm Furtwängler in den Fängen der Nazis. Der philharmonische Salon, 6. und 13. Mai 2018https://www.berliner-philharmoniker.de/konzerte/kalender/details/51195/
  33. Pollems, Katrin: “Ganz München ist eben so mit Künstlertum durchtränkt…” - Walter Braunfels: Kindheit und Jugend. o.J. [nach 1980], http://www.walter-braunfels.de/wb-html/deutsch/kindheitjugend
  34. Walter Braunfels (1882-1954). Eine Ausstellung der Walter-Braunfels-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Deutschen Oper Berlin. http://www.walter-braunfels.de/wb-html/wp-content/uploads/2015/05/broschuere-Walter-Braunfels-ger3.pdf
  35. Rietzler, Walter: Beethoven. Atlantis, Berlin 1936; E.P. Dutton, New York 1938 (mit einem Vorwort von Wilhelm Furtwängler) (Archiv)

Peder S. Krøyer, Marie Krøyer und Hugo Alfvén - Eine vergangene Welt

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Die Skagen-Künstler - Unbeschwertheit, Fröhlichkeit, Glück, Gelassenheit, Ruhe im Kulturleben Europas vor 1914

Wendet man sich nach langen, kulturlosen Zeiten einmal wieder der Kultur zu, so kann es so leicht sein, überrascht zu werden. Man könnte zum Beispiel eines morgens im Radio noch einigermaßen verschlafen den "Tanz des Hirtenmädchens" hören  (6). Das Musikstück könnte auffälliger Weise den ganzen Tag über in einem nachklingen. Und es könnte einen veranlassen, nach seinem Schöpfer, seinem Komponisten zu fragen. Und indem man sich mit diesem Komponisten beschäftigt, könnte man - nach einer Weile - auch auf die Bilder eines dänischen Malers norwegischer Abstammung stoßen, namens Peder S. Krøyer (1851-1909) (Wikiengl). Weil der betreffende Komponist nach dem Tod dieses Malers fast zwanzig Jahre lang mit der vormaligen Frau dieses Malers verheiratet war, einer Frau, die dieser Maler in zahlreichen, zum Teil weltberühmten festgehalten hat (s. z.B. Abbildung 1), und die man über diese besser wohl kennenlernen kann als über so vieles andere.

Abb. 1: Peder S. Krøyer - Marie Krøyer, 1890

Nanu, wie konnte dieser Maler solche eindrucksvollen Bilder malen? Bilder, denen sogar ein eigener Wikipedia-Artikel gewidmet ist (Wiki). Und das mit Recht, wie man sich sogleich sagen muß. Was sind denn das für Leute? Und nun wühlt man sich statt in das Leben eines Komponisten in das Leben eines Malers hinein, dieses Peder S. Krøyer, fragt nach seinen Werken, seinen Lebensumständen.

Und erneut findet sich so viel. Eine ganze verlorene, vergangene Welt. Man findet die Welt der "Skagen-Künstler" (Wiki). Skagen, ein Küstendorf im Norden Dänemarks war - sozusagen  - das dänische Worpswede in der Zeit vor 1914. Und auch hier - wie in Worpswede: Eine verlorene Welt. Eine Welt, in die man voller Sehnsucht blickt, mit geradezu zaghafter, trauriger, wehmütiger Neugier (1, 2). Wer war denn das? Was waren denn das für Leute? So viel Glück! Gab es das einmal? Wirklich? Hier auf dieser Erde? Ein so lebendiges, fruchtbares Kulturleben? Dessen Lebensfäden sich von Nordjütland über ganz Europa hinweg bis hinunter nach Sizilien zogen? Ist Frieden möglich? Diese Bilder, sie werfen so viele Fragen auf. Aber sie geben zugleich Antworten, zusammen mit Fotografien, zusammen mit komponierter Musik. Und all das sollte dann doch eigentlich Beweis genug sein ....


Abb. 2: Peder S. Krøyer - "Hip, hip, hurra!, 1888

Während es damals im deutschen Sprachraum eine Alma Mahler (1879-1964) (Wiki) gab, die in erster Ehe verheiratet war mit einem weltberühmten Komponisten, später ein Verhältnis hatte mit einem weltberühmten Maler, ein zweites mal verheiratet war mit einem weltberühmten Architekten, schließlich eine Verbindung einging mit einem berühmten Schriftsteller, während es in Schweden und Deutschland August Strindberg gab und seine erschütternden Erlebnisse in Ehen, während es in Norwegen und Deutschland Edvard Munch gab, der Bilder malte wie "Der Schrei", während es in Norddeutschland die Künstlerkolonie Worpswede gab, der eine Künstlerin angehörte, mit der der deutsche Dichter Rainer Maria Rilke verheiratet war - - - in dieser Zeit gab es in Dänemark die "Skagen-Maler". Und unter diesen war das Künstlerehepaar Peder S. Krøyer und Marie Krøyer das bedeutendste, bekannteste. Als das Paar aus Paris nach Dänemark zurückkehrte und Marie Krøyer, diese schöne Frau, nach der neuesten Pariser Mode gekleidet war ... da blickten alle Menschen diesem Paar hinterher, wie im Märchen. Da geht Marie, die schönste Frau Kopenhagens ....

... Das wundersame Märchen "Es war einmal ...."

1888 lernten sie sich kennen, ein Jahr später heiratete der 38-jährige Maler Peder S. Krøyer, genannt Søren, Marie Triepke (1867-1940) (Wiki). Marie war damals 22 Jahre alt. Ihre Eltern waren zwar Deutsche, lebten aber zumeist in Kopenhagen. In Augsburg jedoch fand die Hochzeit statt.

Der Stolz des Malers Krøyer auf Marie, die Begeisterung für sie ist auf keinem der vielen Bilder, die er von ihr gemalt hat, verhohlen. Weltberühmte Bilder sind darunter wie "Sommerabend am Skagener Südstrand" (1893) oder "Sommerabend am Strand von Skagen" (1899) (Wiki).

Abb. 3: Peder S. Krøyer - Ferdinand Meldahl, 1882

Für diesen Blogbeitrag ist nur eines der schönsten dieser Bilder von Marie herausgegriffen (siehe Abb. 1). Es steht den zeitgleichen Bildern eines Lovis Corinth wohl nicht nach. - Oder sollte der Pinsel geworfen werden nach demjenigen, der solche Vergleiche überhaupt anstellt? ... Kreuziget ihn, steinigt ihn!

Über viele Bilder von P. S. Krøyer, die einen nicht auf den ersten Blick beeindrucken, möchte man hinweg gehen, weil zunächst der Eindruck entsteht, es handele sich um etwas zu seichte, gar zu "melancholische", süßliche Bilder. Aber nein. Auf gar keinen Fall. Schaut man genauer hin, umfangen sie einen mit einer Atmosphäre so großen Friedens, einer solchen inneren Ruhe und Ausgeglichenheit. Das mag zum Beispiel auch gelten für das Gemälde "Hip, hip, hurra!" von 1888. Im Internet findet man, was die inzwischen schon verstorbene junge Bloggerin Linda 2016 über dieses Gemälde ganz richtig schrieb (Linda 2016) (3):
Auf einem Bild meines Lieblings-Skagenmalers, P.S. Krøyer wird auch ordentlich gefeiert. „Hip, Hip, Hurrah!“ ist der Titel eines seiner berühmten Werke (...). Das Bild zeigt einige der Skagenmaler, die vergnügt beisammen sitzen, anstoßen und offensichtlich etwas zu feiern haben. Ich mag das Bild sehr. Ich mag es auch, mit Freunden zusammen zu sein und das Leben zu genießen. Uns geht es so gut, daß wir das manchmal vergessen. Das Bild erinnert mich jedes Mal daran, daß mein Glück nicht selbstverständlich ist und ich es hüten muß wie einen Schatz.

Abb. 4: Søren und Marie Krøyer, Doppelportrait, 1890 (jeder von beiden malte den anderen)

Oft aber auch müssen wir überhaupt erst einmal diesen inneren Frieden in uns finden, der auf dem Gemälde ausgedrückt ist, um diesem Gemälde seinen ganzen Wert dann auch abgewinnen zu können.

1895 kam die Tochter Vibeke zur Welt. Die vielen gehaltvollen historische Fotografien dieser Zeit (1, 2) geben einen Eindruck von dem beseelten Familienleben, von dem Schönheitssinn in den damaligen Künstlerfamilien in Skagen, von ihren Wohnungen, ihren Einrichtungen. So vieles erinnert an Worpswede, an die Heimatbewegung, an diese große Sehnsucht nach Frieden, Schönheit, Geborgenheit, Ausgeglichenheit.

Wenn man das Glück sieht, die Gelassenheit, die innere Selbstsicherheit, die innere Erfülltheit, die auf diesen Gemälden und in den historischen Fotografien zum Ausdruck kommen, ist man betroffen, daß all dem nur grob zehn Jahre Dauer beschieden sein sollte. Was muß Søren Krøyer für ein Mensch gewesen sein, daß er all dem Ausdruck geben konnte, aber dann psychisch so sehr erkrankte, daß er zeitweise in die Nervenheilanstalt eingewiesen werden mußte (ab 1900). War es zu viel des Glückes für ihn geworden?

Im Mittelpunkt fast der meisten seiner bedeutendsten Gemälde steht immer nur sie, Marie. Sie, sie, sie. Nun, man erinnere sich: So gehört sich das doch eigentlich auch für einen großen Künstler. Könnte von Titian, könnte von Rembrandt, von Renoir, von Lovis Corinth oder wie sie alle heißen, könnte von ihnen etwa etwas anderes gesagt werden? Als daß "sie" im Mittelpunkt stand? Sie, sie, sie? Oh, wir Menschen, wir sind gebannt von Schönheit und sinken dann ins Grab.

Aber auch schon Krøyer's Portrait von Ferdinand Meldahl aus dem Jahr 1882 spricht unmittelbar an, aus einer Zeit, in der es Marie in seinem Leben noch nicht gab. So ruhig, so klar, so friedvoll (Abb. 3) (Wiki). Wer diesen - porträtierten - Menschen zum Freund hat - dem sollte doch eigentlich nichts Böses im Leben mehr geschehen, so ist der Eindruck. Und geschähe es doch, so wäre es zu bestehen - - - wie auch immer.

Hugo Alfvén, ein Komponist, tritt in die Welt der Maler


Der schwedische Komponist Hugo Alfvén (1872-1960) (Wiki, engl) wirkt  in dieser Welt der Skagen-Künstler fast ein wenig wie ein Fremdkörper. Und irgendwie hat ihn Krøyer auf seinem letzten großen Gemälde aus dem Jahr 1906 - "Sonnwendfeuer am Strand von Skagen" (Wiki) - auch so dargestellt: Nun, nach der Trennung Marie's von ihm ein Paar mit Hugo Alfvén. Der junge 30-jährige schwedische Komponist galt in diesem Kreis als oberflächlich. Dennoch verliebte sich die 35-jährige Marie auf Sizilien in ihn. Das zerrüttete ihre Ehe mit Søren zusätzlich zu dem Umstand seiner wiederholten psychischen Erkrankung.

Ihr Ehemann lud Hugo Alfvén schließlich zum Wohnen im gleichen Haus in Skagen ein. 1905 ging aus der Beziehung zwischen Marie und Hugo Alfvén die spätere Schauspielerin Margita Alfvén (1905-1962) (Wiki) hervor. Nach ihrer Geburt wünschte Marie die Heirat mit Hugo Alfvén. Dieser jedoch erklärte ihr - seinem Ruf als oberflächlicher Mensch offenbar tatsächlich gerecht werdend - er könne sie nicht heiraten, da er schon verlobt sei (4). Nun, man erinnere sich doch an so viele andere Künstler-Ehen und -Beziehungen der damaligen Zeit (von denen einige oben erwähnt wurden), um zu verstehen, daß auch ein solches Schicksal nicht gar so ungewöhnlich sein mußte.

Marie verbrachte dennoch seither die meiste Zeit mit Hugo Alfvén, ihre Tochter Vibeke auf deren Wunsch hin mit ihrem Kindermädchen bei ihrem Vater zurücklassend.

Abb. 5: Die Welt der Schären, die Welt von Hugo Alfvén

In die vormalige, hinreißende Idylle, in dieses friedvolle Leben, in diese glückliche Ehe war das Leid eingebrochen, tief - und fast eine Welt war unwiderbringlich zerstört. Man glaube nicht, daß moderne Verfilmungen (4) dem damaligen Leben gar zu leicht gerecht werden könnten oder würden. Dazu ist unsere Zeit zu weit von der damaligen entfernt. Dazu sind auch die seelischen Bedürfnisse der meisten Menschen von heute, auch der Filmschaffenden von der seelischen Erfülltheit der damaligen Menschen viel zu weit entfernt. Wer wollte diesen damaligen Zauber festhalten? Müßte er nicht selbst Künstler sein, von ähnlicher Sehnsucht erfüllt wie die Menschen und Künstler damals? Das wäre doch das mindeste ...

1909 starb der Maler so vieler kostbarer Gemälde mit 58 Jahren: Peder S. Krøyer. Konnte er für diese Welt ersetzbar sein? Nein. Und doch ist auch der Autor dieser Zeilen auf ihn erst nach dem 50. Lebensjahr zum ersten mal aufmerksam geworden. Ist Krøyer im deutschen Sprachraum ausreichend bekannt? Womöglich dürfen diesbezüglich Zweifel geäußert werden.

Hugo Alfvén und Marie Krøyer, sie heirateten 1912 doch, obwohl letztere wußte, daß ihr zweiter Ehemann auch Beziehungen zu anderen Frauen hatte. Sie wünschte sich für ihre beiden Töchter einen Vater. Alfvén hinwiederum hatte mit der Heirat auch deshalb gezögert, weil er zu Lebzeiten des bekannten Malers Krøyer fürchten mußte, um seines Ehebruches willen seine Stelle als Chorleiter in Uppsala zu verlieren.

Nun folgten noch einmal friedvolle Jahre. Ja, auch in Hugo Alfvén muß - vielleicht ebenfalls durch die Verbindung mit Marie Krøyer - ein Übermut gewachsen sein, ein Übermut, der sich spätestens im Jahr 1916 Ausbruch verschaffte in seinem berühmten "Tanz des Hirtenmädchens" (6).

Der "Tanz des Hirtenmädchens" (1916)


1916, als die Tochter Margita 11 Jahre alt war (und Vibeke 21), komponierte Hugo Alfvén das Ballett "Der Bergkönig" und darin den "Tanz des Hirtenmädchens" (6). Ist darin noch einmal die ganze Welt des Künstler-Idylls von Skagen vor 1914 zusammen gefaßt? Der Friede, der Übermut, die Lebensfreude, der Überschwang? Es handelt sich um ein Musikstück, das so viel Schwermut, so viel Mißmut vertreiben kann, ja, das allen Mißmut geradezu im Keim ersticken hilft.*) Darf man diesen Tanz vielleicht auch hören als eine Erinnerung an den so unbeschwerten, fröhlichen Maler Peder S. Krøyer, der sieben Jahr zuvor gestorben war, an seine Ehe, an das übermütige, stolze, selbstbewußte Glück dieser Ehe, das sich in allen seinen Bildern dieser Zeit wieder findet, und das der damalige Ehemann seiner Frau auch gönnte, als er selbst es - für sich - schon verloren hatte (siehe sein Gemälde von 1906)? Was für ein stolzer, freier Mensch muß Krøyer gewesen sein.

Peder S. und Marie Krøyer, Hugo Alfvén - sie gehören zu uns. Wir wollen uns durch all die schlimmen Schicksale, die zwischen uns und der fernen, vergangenen Zeit vor 1914 liegen, nicht mißmutig machen lassen, nicht uns den alten Übermut, nicht die alte Fröhlichkeit, die alte Sorglosigkeit, Unbeschwertheit, Gelassenheit nehmen lassen. Nein, sie gehören zu uns, immer, sie sind immer da. Wenn wir nur wollen. Niemand kann sie uns nehmen, niemand darf sie uns nehmen, niemand soll sie uns nehmen.

Niemand auch darf sich und andere im Unklaren lassen darüber, daß es die Frauen sind, die uns glücklich machen und die uns zu Hochleistungen in der Kunst und im Kulturleben anfeuern, begeistern, auffordern, ihre Schönheit, ihre Stille, ihre Ruhe, ihre Anteilnahme. Immer wieder ist das die Erfahrung, die der kulturbewußte, dem Seelischen aufgeschlossene Mensch machen muß, immer wieder ist das die Erkenntnis, zu der er zurück kehrt. Wohl ihm, wenn er zu dieser Erkenntnis zurück kehrt, zurückkehren kann.

Denn wie so oft, wie so leicht, wie so unendlich leicht lassen wir uns von unserem Weg abbringen.

Verfolgen wir noch ein wenig die privaten Schicksale weiter.

1928 wollte Hugo Alfvén sich scheiden lassen, seine Frau Marie wollte aber zu diesem Zeitpunkt nicht.

1936 wurde die Ehe dann dennoch geschieden.

Nach der Scheidung heiratete Hugo Alfvén Carin Wessberg (1891-1956) und blieb mit ihr bis zu ihrem Lebensende zusammen.

1940 starb Marie Krøyer. Sie starb mit 73 Jahren vereinsamt in Stockholm. Diese Frau. - Wir wissen oft nicht, wohin uns das Leben führt.

1957, ein Jahr nach dem Tod seiner zweiten Frau, schrieb Alfvén mit 75 Jahren im volkstümlichen Stil das Ballett "Der verlorene Sohn". Es handelt sich um anmutige, zauberhafte Melodien, vor allem Polka's (8). Auch der Satz manches wunderschönen Volksliedes stammt von Hugo Alfvén (9, 10). Hugo Alfvén hat auch Gemälde hinterlassen, er hat Lebenserinnerungen hinterlassen, die sehr schön zu lesen sein sollen und in denen viele Abenteuer aufgezeichnet sein sollen.

1959 heiratete Hugo Alfvén mit 77 Jahren sogar noch ein drittes mal, und zwar die 68-jährige Anna Lund (1891-1990).

Ein Jahr später, 1960, starb auch er. Seine Musik lebt weiter. So wie die Gemälde von Peder S. Krøyer noch viele Generationen fröhliche und beseelte Menschen gefangen nehmen werden, nicht zuletzt - - - von der Schönheit Marie's.

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*) Es gibt auch ein skandinavisches Saxophon-Quartett, das diesen "Tanz des Hirtenmädchens" sehr schön spielt (7). (Als Besonderheit kommt dazu, daß dessen junge Musiker auch optisch auffallen ...) 

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  1. Marie Krøyer - Fotografien, https://www.marie-kroyer.dk/
  2. Marie Krøyer - Fotografien, auch von Wohnung und Einrichtung, http://www.kunstnerhjemiskagen.dk/
  3. Linda: Die Skagenmaler - Søren und Marie Krøyer. Auf dem Internetblog "Dänemark, wo das Glück wohnt", http://www.xn--dnemarkwodasglckwohnt-51b97c.de/die-skagenmaler-soren-und-marie-kroyer/
  4. Marie Krøyer, Spielfilm, Dänemark 2012, (Wiki), http://net.adjara.com/Movie/main?id=3305http://zeilenkino.de/die-liebe-im-lichte-daenemarks-ueber-marie-kryer-von-bille-august
  5. Aaselind: Marie Krøyer, Danish Painter in Skagen. Kunstblog, 30.11.2012, https://aaselind.wordpress.com/category/hugo-alfven/
  6. Alfvén, Hugo: Tanz des Hirtenmädchens ("Vallflickans dans", engl. "Dance of the Shepherd Girl" oder "Hermaidens Dance") aus dem Ballett "Der Bergkönig" (Bergakungen"), op. 37 (1916-23), gespielt vom "Royal Scottish National Orchestra" geleitet von Niklas Willén, https://youtu.be/0sez0LzN3Sk?t=11m53s, auch: https://youtu.be/WavIvzYiV5o
  7. Alfvén, Hugo: Tanz des Hirtenmädchens, gespielt vom Skandinavischen Saxophon-Quartett (2011), https://youtu.be/Sd7z-WW4nro
  8. Alfvén, Hugo: Das Ballett "Der verlorene Sohn" ("Den förlorade sonen", engl. "The Podrigal Son") (1957), https://youtu.be/eHKoqbJYpvI
  9. Uti vår hage - Schwedisches Volkslied, Satz: Hugo Alfvén, https://youtu.be/6LPuMZ_gq6w
  10. Och jungfrun hun går i ringen, (Deutsch: Zum Tanze da ging ein Mädel), Schwedisches Volkslied, Satz: Hugo Alfvén, https://youtu.be/P_yAlO84LiE

Um der Kunst willen - Leidenswilligkeit und Leidensfähigkeit

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Die weltberühmte koreanische Sopranistin Sumi Jo
- Ihre Kindheit und Jugend in Korea

In Abwendung von so viel Nichtigem, Scheußlichen und Banalen, das uns politisch, menschlich und kulturell umgibt kann es so wertvoll sein, diese oder jene Dokumentation, dieses oder jenes Interview, manches Konzert anzusehen und anzuhören, die es derzeit auf Youtube zu finden gibt über den deutschen Dirigenten Herbert von Karajan (1908-1989) (Wiki) und über seine Schülerin, die deutsche Violinistin Anne Sophie Mutter (s.a. GooglePlus). Man darf diese Video's alle für sehens- und hörenswert erachten. Man erfährt hier, daß sogar der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt sich in einem Interview sehr positiv über Herbert von Karajan ausgesprochen hat. Unmittelbar nach dem Tod Wilhelm Furtwänglers Ende 1954 begann die "Ära Karajan" im deutschsprachigen, europäischen und weltweiten Musikleben. Und sie endete erst mit seinem Tod im Jahr 1989. Es waren gute Jahre und es kann wertvoll sein, sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Abb. 1: Herbert von Karajan, 1987
Wenn man etwa eine Karajan-Biographie liest (etwa die von Franz Endler), in der all das diplomatische "Ränkespiel" auf nationaler und internationaler Ebene rund um den "Tyrannen", den "Despoten", den "Herrscher", den sich seiner Macht bewußten "Renaissance-Menschen" Herbert von Karajan zu Darstellung kommt, kommt einem zugleich der Gedanke, daß künftig die Zeit zwischen 1955 und 1989 nicht mehr benannt werden wird nach den ekelhaftesten Aspekten dieser Jahre, also nicht mit Begriffen wie "Adenauer-Ära", Zeit des "Kalten Krieges", Zeit des weltweiten Regierungs- und False Flag-Terrorismus, "Terrorjahre" oder welchen verbrecherischen, ekelhaften Aspekt man sonst für diese Zeit herausgreifen will. Nein, man wird mit den benutzten Benennungen dann nicht mehr in erster Linie die Aufmerksamkeit auf die ekelhaften, verbrecherischen, banalen, schändlichen, schamvollen Dinge richten. So wie wir die Bismarck-Zeit nach dem hervorragendsten Menschen benennen, der damals in Deutschland, in Europa und der Welt Friedenspolitik betrieben hat, von allen Seiten anerkannt und geschätzt, so wird künftig die Zeit zwischen 1955 und 1989 die "Ära Karajan" heißen. Und genug.

Und damit wäre dann auch jener Bereich benannt, in dem Deutschland seine Weltgeltung behielt, auch noch in einer Zeit, in der es ansonsten politisch und kulturell ein Bild beispielloser Schande abgegeben hat und abgibt.





Schon im Jahr 2007 war auf unserem Blog die Aufmerksamkeit gerichtet worden auch auf jene Filmsequenz, in der man unmittelbar daneben steht, als Herbert von Karajan 1988 die bedeutende Sopranistin unserer Zeit entdeckte, die Koreanerin Sumi Jo (geb. 1962) (Wiki) (s. St.gen.2007).  Das wurde letztes Jahr noch einmal in überarbeiteter Form veröffentlicht (s. Für Kultur2017). Schon bei der Zurkenntnisnahme dieser Filmsequenzen und der Weltkarriere von Sumi Jo konnte bei manchem Zuschauer die Frage entstehen, wie diese Frau eigentlich in Südkorea aufgewachsen ist, was sie erlebt hat, wie sie zu jenem Menschen wurde, der da 1988 bei Herbert von Karajan vorsang. Und endlich - seit knapp einem Jahr - kann man auf Youtube darauf eine Antwort finden (Yt)!! Dieser Umstand ist der eigentliche Anlaß für den vorliegenden Blogartikel.

In der Dokumentation werden viele Stationen der Lebensgeschichte von Sumi Jo von Schauspielern nachgespielt. So entsteht eine sehr "rührende" Geschichte. Dadurch daß Sumi Jo aber zwischendurch immer wieder selbst zu Wort kommt im Interview über ihre Lebensgeschichte, erhält die Dokumentation eine sehr große Authentizität. Diese Form der Dokumentation einer Lebensgeschichte ist im Westen wohl nicht so gebräuchlich, aber eigentlich gar nicht schlecht.

Der Film wendet sich ins Heroische


Alles fühlt sich in dieser Dokumentation - natürlicherweise - sehr "koreanisch" an. Sumi Jo ist in Korea selbst schon sehr früh als Wunderkind entdeckt worden. An einer Stelle drohte ihr Vater mit dem gemeinsamen familiären Selbstmord, als sie begann, ihr Musikstudium schleifen zu lassen, da sie innerhalb von Korea keine Herausforderungen mehr fand, zugleich in einen jungen Mann verliebt war und nur noch in Disco's ging. Und dann die abrupte Wendung: Ihre Lehrerin schlägt ihr vor, ins Ausland zu gehen, ins Land des Gesanges, nach Italien. Sumi Jo verläßt Lehrerin, Eltern und ihre große Liebe: Um der Kunst willen verzichtet sie auf alles. Der Film wendet sich ins Heroische.

Aber man darf das eindrucksvoll finden. Noch heute spricht die ebenfalls von Karajan entdeckte Geigerin Anne-Sophie Mutter davon, daß es in den ostasiatischen Ländern deshalb so viele musikalische Spitzentalente gibt, weil der Ehrgeiz, die Leidensfähigkeit und Leidenswilligkeit um der Kunst willen dort noch viel größer sind. Dieser Umstand ist auch an dem Lebensweg von Sumi Jo aufzeigbar. Es werden schließlich ihre Leidensjahre in Italien dargestellt, in denen sie täglich Italienisch lernte, Gesang studierte und nur vier Stunden in der Nacht schlief, in denen es ihr schwer fiel, all die vielen unterschiedlichen Ratschläge der Gesanglehrer auf sich anzuwenden und unter den verwirrenden Eindrücken ihren eigenen Stil zu finden.

Mit Leidenschaft bringen die koreanischen Regisseure das "Hecheln" vor die Kamera, das zu den Übungen des Gesangsunterrichts in Italien gehörte, und dessen sehr komische Wirkung auf das koreanische Publikum man auch als Regisseur offenbar empfand. An solchen Szenen ist deutlich spürbar, daß diese Dokumentation nicht auf europäisches Publikum berechnet sein kann. Und genau dieser Umstand macht sie zugleich auch so authentisch. - Leider gibt es für den zweiten Teil der Dokumentation (Yt) noch keine englischen Untertitel. Und so auch leider nicht von so vielen anderen verfügbaren Dokumentationen in koranischer Sprache über das Leben dieser Sumi Jo, das von so viel Leidenschaft erfüllt ist und in der Lage ist, jeden Zuschauer so durch und durch lebendig zu machen, selbst wenn er längst zu Wachs geworden sein sollte. Aber in einem anderen Video (Yt) erzählt Sumi Jo immerhin, wie sie in den drei Jahren, bevor sie 1988 bei Herbert von Karajan vorsang, sich oft verloren gefühlt hätte auf den internationalen Bühnen:
"I often felt lost on the international stage."
Es wird auch in der ersten Dokumentation nachgespielt wie ihre Manager ihr vorschlagen, um der internationalen Karriere willen einen europäischen Namen anzunehmen. Sie spricht schließlich davon, daß das Zusammentreffen mit Karajan so gewesen wäre als ob sie einen Lehrer getroffen hätte:
"Meeting Karajan was like meeting a mentor."
Er gab ihr den gebührenden Platz im weltweiten Musikleben. Und natürlich war das möglich, ohne den Namen zu ändern. Womöglich wäre aber Sumi Jo ohne Karajan nie so berühmt geworden wie sie es heute ist. Diese Frage darf man wohl stellen. Deshalb sei in diesem Beitrag auch noch einmal das Video eingestellt von den acht Minuten im Leben von Sumi Jo, die dieses Leben die Wendung hin zur Weltkarriere machen ließ (s. Yt, es liegt auch vor: hier und hier mit englischen Untertiteln). Das Besondere und die Seltenheit dieser Filmaufnahme besteht ja eben darin, daß hier der Zuschauer unmittelbar daneben sitzen darf, wie eine außergewöhnliche musikalische Begabung - quasi mitten aus der künstlerischen Alltagsarbeit heraus - von einem so schöpferischen, kongenialen Menschen wie Karajan entdeckt wird.




Bekannterweise sind von Karajan viele der begabtesten Musiker unserer Zeit entdeckt worden. Aber natürlich war nicht in jedem Fall ein Filmteam - geradezu wie "nebenbei" - dabei und filmte mit (1). Man wird also selten so unmittelbar das Geschehen nacherleben können wie hier, würde es auch noch so anschaulich in Worten der Erinnerung wiedergegeben werden.

Zum Beispiel gibt es auch seit 2017 ein schönes Video, in dem die Sängerin Gundula Janowitz in eben jenem Jahr 2017 außerordentlich eindrucksvoll über ihre Zusammenarbeit mit Karajan - und auch das Ende dieser Zusammenarbeit berichtet (Yt, 2017). Das Ende der Zusammenarbeit ergab sich daraus, daß Karajan wünschte, daß Gundula Janowitz Beethovens "Fidelio" für ihn singen sollte. Gundula Janowitz fühlte sich aber noch nicht reif genug dazu und spielte ihm in der Gesangsprobe dazu eine gar zu naive Sängerin vor. Sie tat dies, weil sie sich nicht traute, ihm rundweg abzusagen. Karajan durchschaute sie aber sofort (!) und wünschte sich dann, daß sie später mit ihm den Fidelio machen würde. Und man darf es in der Tat bedauern, daß es dazu nicht mehr kam. Gundula Janowitz machte den Fidelio nämlich dann - entgegen der Absprache - mit Leonard Bernstein. Und sie erzählt, daß Bernstein sie von Anfang an ebenso wenig mochte wie sie ihn. Und sieht man Aufnahmen von der dabei entstandenen Inszenierung, wird einem klar, wie Gundula Janowitz tatsächlich - ohne Karajan - so ganz und gar "mißraten" konnte in einer Rolle wie dem Fidelio. Und man empfindet zugleich den riesen großen Verrat an der Kunst, den Karajan empfand als er hörte, die Janowitz singt den Fidelio für Bernstein. Danach jedenfalls wollte er nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten und verabschiedete sich, wie sie berichtet, sehr höflich von ihr. - Außerordentlich krass. Im Musikleben um Herbert von Karajan ist überall so viel "Leben" drin, so viel "Dramatik", so viel pure Kraft und Leidenschaft. - Aber nun abschließend nur noch einige weitere Videos mit Sumi Jo.





Hier singt sie die "Königin der Nacht" und es wird ein kleiner Überblick über die "Legende" dieser Sängerinnen-Karriere gegeben (Yt).




Hier singt sie den "Frühlingsstimmen" -Walzer von Johann Strauß,
Die Lerche in blaue Höh' entschwebt,
der Tauwind weht so lau;
sein wonniger milder Hauch belebt
und küsst das Feld, die Au.
Der Frühling in holder Pracht erwacht, – ah, ah, ah –
alle Pein zu End' mag sein,
alles Leid, entfloh'n ist es weit!

Schmerz wird milder, frohe Bilder,
Glaub' an Glück kehrt zurück;
Sonnenschein – ah – dringt nun ein, – ah –
alles lacht, ach, ach, erwacht!
Sonnenschein …

Die Lerche in blaue Höh' entschwebt, …



Hier singt sie "Wiener Blut" von demselben.
Ich spür' es,
das Wiener Blut.
Wiener Blut,
Wiener Blut!
Eig'ner Saft,
Voller Kraft,
Voller Glut,
Du erhebst,
Du belebst
Unser'n Mut!
Wiener Blut!
Wiener Blut!
Was die Stadt
Schönes hat,
In dir ruht!
Wiener Blut,
Heiße Flut!
Allerort
Gilt das Wort:
Wiener Blut!
Und hier erzählt sie ein bißchen, wie sie sich auf einen Auftritt vorbereitet. Und hier gibt es ein sehr interessantes 25-minütiges Interview aus dem Jahr 2005 mit Sumi Jo im "New York Public Radio", in der sie einiges über ihr Leben und ihren Beruf erzählt. Auch über die Oper des nächsten Abends "La Sonambula" ("Die Schlafwandlerin"), eine Oper des Italieners Vincenzo Bellini (1801-1835).
______________________________________________
  1. Froemke, Susan; Gelb, Peter; Dickson, Deborah: Karajan at the Salzburg Festival. Rehearsal (Probe) and backstage from the Salzburg Festival. Deutsch: Karajan in Salzburg, 1 h 22 min, Sony, 1988, http://www.medici.tv/en/documentaries/karajan-in-salzburg-deborah-dickson-susan-froemke/, auch https://www.youtube.com/user/cagin/videos

"Alexander Dugin und die rechtsextremen Netzwerke" (2007)

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Vorbemerkung: Am 1. Mai 2014 habe ich den folgenden Aufsatz-Entwurf abgespeichert, den ich seither niemals abschließend bearbeitet hatte. Gerade sehe ich aber, daß in diesem Aufsatz-Entwurf meine erste Begegnung mit Alexander Dugin festgehalten ist, und daß ich dabei - sofort - alle Zusammenhänge, die ich bis heute bezüglich Dugin glaube sehen zu können, schon mit einem mal sah. Ich möchte diesen Aufsatz-Entwurf darum unverändert veröffentlichen. Wesentlich und neu sind eigentlich nur seine beiden letzten Abschnitte ab "Die Dan Brown-Industrie".

Der Satanismusroman "Das Foucault'sche Pendel" von Dan Brown


Die "Holocaust-Industrie"

Bis mindestens in die 1980er Jahre hinein musste die "Holocaust-Industrie" (Noam Finkelstein) alle paar Jahre, mindestens alle drei bis fünf Jahre eine neue Sau durch's Dorf treiben. Wir erkennen heute, aus dem historischen Abstand und mit dem Wissen um die Involviertheit der Geheimdienste aller Länder in all dieses "Sautreiben" besser die Systematik, die dahinter stand. Dieses Sautreiben nannte sich dann ganz offiziell "Vergangenheitsbewältigung". Es war nichts als Propaganda. Der Holocaust als Public Relation-Aktion. Denn wenn es um die Warnung vor Menschheitsverbrechen an sich gegangen wäre, hätten ja im gleichen Zuge oder in ähnlich öffentlichkeitswirksamer Weise immer auch mindestens die zeitgleichen (vorhergehenden und nachherigen) kommunistischen Verbrechen behandelt werden müssen. Sind sie aber nicht. Also nichts weiter als Propaganda. - Hey, wacht doch mal auf! Denkt doch mal nach!

Ein paar Einzelheiten dazu: Weihnachten 1959 die von östlichen Geheimdiensten inszenierten Hakenkreuzschmierereien an der Kölner Synagoge und von da ab dann in der ganzen westlichen Hemisphäre bis nach Australien hinunter. Und da es zuvor von den Diensten aller Länder - vermutlich in Camp David zwischen Eisenhower und Chruschtschow - abgesprochen war (so vermutet es Armin Mohler in "Vergangenheitsbewältigung"), drückten die westlichen Medien nicht nur beide Augen, sondern auch noch alle Hühneraugen zusätzlich zu und gerieten in Empörung über den "Neonazismus" in Deutschland, der da wieder sein greuliches Haupt erheben würde, anstatt die Drahtzieher dieser Hakenkreuzschmierereien zu benennen, zu denen es gleich von Anfang an viele Verdachtsmomente gab.

Gerne ließ man die Truppe von Armin Mohler rund um Franz Josef Strauß da auf die wahren Drahtzieher schon gleich zu Anfang in aller Öffentlichkeit hinweisen. Wenn diese Hinweise aus dieser Ecke kamen, musste das damals als ein Hinweis darauf gelten, dass die breite Öffentlichkeit sie nicht beachten brauchte! 10 Punkte für die Drahtzieher!

Nun, 1960 dann die Entführung Adolf Eichmanns aus Argentinien - was schon viel früher hätte geschehen können, aber offenbar nicht in den Zeitplan der PR-Aktion gepasst hätte - und der Prozess gegen ihn in Jerusalem. Legendäre Bücher entstanden. "Eichmann in Jerusalem" etc. pp.. 1965 dann der große Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main. Es gab dort einen regelrechten Zeugentourismus. Reihenweise wurden Zeugen aus Polen nach Frankfurt eingeladen. Niemand kam auf den Gedanken, dass man zeitgleich auch einen Prozess hätte machen können gegen die Täter etwa in den polnischen Konzentrationslagern nach 1945. Es wäre ein Sakrileg gewesen, damals darauf hinzuweisen. Womöglich ist es das heute noch. Dabei ist es absurd hoch Zehn. Das ein Sakrileg zu nennen. Verbrechen sind Verbrechen. Aber wo Propaganda wirksam ist, gerät das normale menschliche Denken und Urteilen aus den Fugen.

Es sollen nicht alle Stationen aufgeführt werden dieses "Sautreibens". Erinnert sei hier nur noch: Anfang der 1980er Jahre der sechsteilige Fernsehfilm "Holocaust". Einer der Filme, die meine Generation prägte, imprägnierte sozusagen. Dann 1985 der durch Jürgen Habermas zur Einschüchterung der deutschen Historikerschaft und Publizisten ausgelöste und in seiner Einschüchterung bis heute außerordentlich wirksame "Historikerstreit".

Dann noch Mitte der 1990er Jahre die breite öffentliche Diskussion um das Holocaust-Mahnmal. Spätestens aber ab dem Jahr 2005 wurde es um solches Sautreiben ruhiger. Es war das Jahr, in dem der Aufsatz "Natural History of Ashkenazy Intelligence" erschien und in der "New York Times" und im "Economist" an prominenter Stelle behandelt wurden und der vom Leiter der ADL Teddy Foxman grünes Licht erhielt, womit antizipiert war, dass künftig ein Denken auf der Linie von Kevin MacDonald - Judentum und Antisemitismus als gruppenevolutionäre Strategien - möglich wäre, und dass man das nicht noch zusätzlich beschleunigen dürfe durch weiteres unbedachtes Sautreiben. Seitdem tritt die Israellobby auffallend zurückhaltender auf. (Nun, so ganz kann sie sich an diese Zurückhaltung noch nicht immer und überall gewöhnen - Henrik Broder und Co. seligen Angedenkens.)

Die "Dan Brown-Industrie"

Indem man aber nun gerade "Das Foucaultsche Pendel" von Umberto Eco liest und sich Gedanken macht, mit welcher Zielrichtung dieser Roman wohl veröffentlicht worden ist, geht einem durch den Kopf, dass man parallel zu dem "Sautreiben" der Holocaust-Industrie wohl auch ein "Sautreiben" der, nennen wir sie einmal die "Dan Brown-Industrie" nachzeichnen könnte. Oder besser gesagt der "östlichen Esoterik-" oder "Tibet-Industrie". Man könnte auch sagen "Erik von Däniken"- oder Kopp-Verlag-Industrie. Denn um nichts anderes geht es dabei. Eine Fülle von prominent veröffentlichten "Verschwörungs-Romanen" und von "Verschwörungs-Literatur" treibt seit Jahrzehnten in schöner Regelmäßigkeit immer wieder neu die gleiche Sau durch's Dorf. Wobei es - selbstredend - wie auch bei der Holocaust-Industrie eine wunderschöne Gemengelage von "Fact and Fiction" gibt, von bewußt eingeblendeten und bewusst ausgeblendeten Tatsachen. Sprich: Propaganda. Es seien auch hier wieder nur einige wenige "Glanz- und Höhepunkte" dieser Jahrzehnte langen PR-Aktion genannt:
1968 - "Erinnerungen an die Zukunft" von Erich von Däniken
1972 - "Der Speer des Schicksals" von Trevor Ravenscroft
1988 - "Das Foucaultsche Pendel" von Umberto Eco
1994 - "Das schwarze Reich" von E. R. Carmin (eigentlich keine Sau, sondern ein echtes Sachbuch)
2000 - "Illuminati" von Dan Brown (OA.: "Angels & Demons")
2003 - "Sakrileg" von Dan Brown (OA.: "The da Vinci Code")
Diese Liste ist sicherlich leicht zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Auf Amazon gibt es derzeit 176 deutschsprachige Kundenrezensionen zu dem Roman "Das Foucaultsche Pendel" (1988) von Umberto Eco.

Man müßte sie einmal alle gründlich durchsehen, ob hier schon einmal irgendwo das geäußert wird, was andeutungsweise in "Alexander Dugin und die rechtsextremen Netzwerke" (2007) erörtert wird. Bis auf weiteres scheint es das erste und einzige Buch überhaupt zu sein, das wenigstens andeutungsweise unterstellt, dass Umberto Eco nicht eine ironische Parodie auf Verschwörungstheorien geschrieben hat, sondern schlicht eine reale Verschwörung schildert, die Umberto Eco selbst deshalb natürlich auch sehr gut bekannt ist, und die er unter einer der "tausend Masken des Meisters", hier unter der Maske der nur leicht angedeuteten überlegen-ironischen Infragestellung quasi wie ein Sachbuch zu lesend darstellt.

Umberto Eco Parodist von Verschwörungstheorien oder Logenpropagandist?

Dass also Umberto Eco selbst ein Teil der Verschwörung ist, die er schildert und dass er mit seinem Roman Werbung für diese Verschwörung macht. Die Nagelprobe darauf ist eigentlich leicht gemacht: Liest man zeitgleiche echte Sachbücher über dieselben Themen, die Eco behandelt, weisen sie niemals diese thematische Breite auf, die Eco aufweist. Sie haben jeweils immer nur Einblick in einen viel beschränkteren Sektor der Gesamtthematik. Etwa nur die Templer, etwa nur die Synarchie oder nur der Satanismus usw.. Aber Eco greift aus dem Vollen. Und das mit unglaublich instinktsicherem Griff. Alles "sitzt", kein Griff erfolgt in "dümmliche" Spekulationen, die gar nicht zum Thema gehören würden. Nein, immer bewegt sich Eco mit seinen Themen im Hauptstrom der Mythen und Legenden der Dan Brown-Industrie.

Wozu wäre das eigentlich nötig, wenn man nur einen Roman schreiben wollte? Da hätte man doch freie Wahl, könnte seiner Phantasie und Spekulation die Zügel schießen lassen. Das aber tut Eco keineswegs. Derjenige, der sich mit den Themen seines Buches nur annähernd auskennt, sieht sofort, dass dieser Roman von seinem sachlichen Gehalt her wie ein Sachbuch gelesen werden könnte. Dass er vom sachlichen Gehalt her die Grenzen eines solchen Sachbuches jedenfalls nie überschreitet.

In dem genannten Buch über die "rechtsextremen Netzwerke" heißt es (1, S. 84f):
Eco konnte die für seinen Roman dokumentierten Hintergrundkenntnisse auch deshalb erwerben, weil zur Entstehungszeit des Buchs ein enger Austausch zwischen französischen und italienischen Esoterikern stattfand, geleitet von den Wertvorstellungen des "faschistischen Guru" (Eco) Julius Evola.
Es ist bemerkenswert, daß Eco aus der Fülle des esoterischen Angebots, das Italien in jenen Jahren überflutete, jene Beispiele wählte, die auch für die Parvulesco-Dugin-Bewegung charakteristisch sind. (...) Die Templer, um die es in Ecos Buch vor allem geht, spielen auch in der Parvulesco-Dugin-Bewegung eine Rolle. (...)
Daß es wirklich geheime Verbindungen in der Nachfolge d'Alveydres gibt - das ist die Pointe von Ecos Buch. Dugin hat z.B. (...) ein Kapitel Saint-Yves d'Alveydre gewidmet. (...) Gibt es die Synarchen wirklich?
Das Buch bejaht diese Frage dann, die natürlich auch noch aus vielerlei anderer Hinsicht bejaht werden kann. Darüber gibt es ja eine umfangreiche, wenngleich zumeist nur in französischer Sprache erschienene Literatur. Auch beispielsweise Heinrich Mann beschäftigt sich in einem Spätwerk mit dieser Synarchie.
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  1. Ivanov, Vladimir: Alexander Dugin und die rechtsextremen Netzwerke. Fakten und Hypothesen zu den internationalen Verflechtungen der russischen Neuen Rechten. Mit einem Vorwort von Andreas Umland. ibidem, 2007

"Söhne der Sonne" - Die Indogermanen Asiens

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00:00:00 - Einleitung: Die genetische Geschichte Europas ist in den Grundzügen schon gut verstanden. Wie aber sieht es aus mit der genetischen Geschichte Asiens, hier vor allem Asiens westlich und nördlich von China?

00:03:45 - Ethnische Rückzugsräume, Rand- und Reliktbevölkerungen haben in der Weltgeschichte mehrfach große weitere Bedeutung bekommen - sowohl in Europa wie in Asien. Beispiele dafür: Blätterhöhle in Westfalen, Schweriner See, östlicher Ostseeraum noch lange nach der Neolithisierung, Baikalsee-Fischer noch lange nach der Indogermanisierung als Vorfahren der Turkvölker.

00:09:35 - Man findet im deutschsprachigen Raum keine Berichterstattung über den derzeitigen recht faszinierenden Forschungsstand zur genetischen Geschichte Asiens, also der Archäogenetik, Ancient-DNA-Forschung (1-3). Deshalb mache ich darüber dieses Video, obwohl ein solcher Vortrag von kompetenterer, fachwissenschaftlicher Seite gehalten werden sollte. Immerhin behandelt der Kanal "RuStAG Netzwerk 2.0" (nicht "Virulent National"!)  schon die (inzwischen etwas veraltete) Haplotypen-Genetik.

00:13:26 - Erst West-, dann Ostwanderung der Schnurkeramiker als Shintashta- und Andronowo-Kultur bis an die Grenzen Chinas. Damit ergeben sich zwei genetisch unterschiedliche Phasen der Geschichte der indogermanischen Völker des Steppenraumes, einmal die ursprüngliche Yamnaya-Kultur (3.300 v. Ztr.) mit nur geringen genetischen Anteilen anatolisch-neolithischer Herkunft und ab 2.100 v. Ztr. die Shintaschta-Kultur der Ukraine und die Andronovo-Kultur Sibiriens als Nachkommen der Schnurkeramiker Mitteleuropas.

00:26:30 - Die erste europäische Zuwanderung nach Indien, ebenso wie die Hethiter in Anatolien weisen bislang zwar beide kaukasische, aber beide keine spezifisch indogermanische Herkunft auf.

00:31:19 - Um Anteilnahme für die indogermanische Völkerwelt zu wecken, werden aus ihrer reichen kulturellen Vielfalt exemplarisch die 36 tocharischen Königreiche entlang der Seidenstraße (ab 2.000 v. Ztr.) und das Königreich der Sogder in Samarkand vorgestellt, sowie der Fernhandel der Sogder mit Kamel-Karawanen weit in das Tang-zeitliche China hinein, wo diese einerseits als "Exoten" vielfältige Darstellungen in der chinesischen Kunst gefunden haben und andererseits auch hohe Regierungsbeamte werden konnten.

00:34:45 - Die hunderte von europäischen tocharischen Wüstenmumien am Westrand Chinas gewähren die aller faszinierendsten Einblicke auch in unsere eigene mitteleuropäische Bronzezeit, die nur denkbar sind, da der Erhaltungszustand ihrer Körper, ihrer Tätowierungen, ihrer Kleidung, ihres Schmucks, ihrer hölzernen Grabausstattungen so hervorragend ist wie nirgends sonst in der indogermanischen Welt.

00:54:45 - Restvölker in Rückzugsräumen der Weltgeschichte können - aus diesen Rückzugsräumen heraus und nach erneuten genetischen und kulturellen Neuanpassungen - ganze neue Zeitepochen der Weltgeschichte einläuten und dominieren. Dies wird am Beispiel der Hunnen/Turkvölker/Mongolen aufgezeigt, deren Vorfahren einst von allen Seiten von Indogermanen umgeben und "umzingelt" waren, die dennoch ihre genetische, sprachliche und kulturelle Eigenart erhalten haben und mehrere tausend Jahre später selbst das Ruder der weltgeschichtlichen Entwicklung Asiens in die Hand genommen haben, nämlich in der Spätantike und mit dem Untergang von hunderten indogermanischer Königreiche, Fürstentümer, Stämme und Völker in Asien.

01:08:33 - In den neuesten Studien schälen sich immer mehr "Geister"-Völker des Kaukasus-Raumes als wichtige Vorfahren der genetischen Geschichte sowohl einerseits 1. Indiens als andererseits 2. Anatoliens und schließlich 3. der Indogermanen heraus.

01:13:00 - Die genetische Geschichte der Skythen zwischen Ungarn und dem Altai-Gebirge. Es wird auf die genetische Einmischung von Hunnen, bzw. Turkvölkernn in die unterschiedlichen Stämme und Konföderationen des großen Völkerstammes der skythischen Völker hingewiesen. Die Skythen in Ungarn weisen gar keine hunnischen Einmischungen auf, während nördlich des Tianshan die skythischen Reitervölker (Saken) schon bis zur Hälfte hunnischer Abstammung sein konnten. Im Zusammenhang mit diesen skythischen Mischvölkern entstanden dann fast rein hunnische, turksprachliche Völker wie die Xiongnu der Mongolei, die seit der Spätantike in Asien den Lauf der Weltgeschichte bestimmten.
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  1. Allentoft et. al. 2015 (Eske Willerslev): Population genomics of bronze age Eurasia. Nature Magazine 
  2. Damgaard et. al. 2018 (Eske Willerslev): The first herders and the impact of early Bronze Age steppe expansions into Asia. Science Magazine, 9. Mai 2018
  3. Damgaard et. al. 2018 (Eske Willerslev): 137 ancient human genomes from across the Eurasian steppes. Nature Magazine, 9. Mai 2018
  4. Bading, Ingo: Die Frühbronzezeit in den Fürstentümern der Seidenstraße. 4. November 2007, http://studgendeutsch.blogspot.com/2007/11/die-vor-wenigen-wochen-erffnete.html 
  5. Bading, Ingo: Aufsatzreihe zu den Sogdern und Tocharern, 2007, http://studgendeutsch.blogspot.com/search/label/Sogder
  6. Bading, Ingo: Neue Forschungen zur Entstehung der Indogermanen. Wie entstanden die modernen europäischen Völker? - Ancient-DNA-Forscher David Reich berichtet über den aktuellen Forschungsstand. 2. Juli 2017, http://studgendeutsch.blogspot.com/2017/07/neue-forschungen-zur-entstehung-der.html
  7. Bading, Ingo: Aufsätze zur Indoeuropäer-Frage, 2007-2017, http://studgendeutsch.blogspot.com/search/label/Indoeurop%C3%A4er
  8. Bading, Ingo: Aktuellste schriftliche Blogbeiträge seit 2018 immer auf: https://plus.google.com/+IngoBading
  9. London, Jack: Ein Sohn der Sonne. http://gutenberg.spiegel.de/buch/ein-sohn-der-sonne-10086/1
  10. Wade, Lizzie: Ancient DNA untangles South Asian roots. In: Science, 20 Apr 2018: Vol. 360, Issue 6386, pp. 252 DOI: 10.1126/science.360.6386.252, http://science.sciencemag.org/content/360/6386/252.full
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